Flavius Claudius Julianus, oder Julian “Apostata“ (der Abtrünnige) stellt sich der gesamten
Rezeption römischer Geschichte auch noch 1600 Jahre nach seinem Tode als Phänomen dar. Kaum
ein anderer Kaiser des Imperium Romanum wurde durch den Lauf der Geschichte so vielfach
interpretiert wie die Figur des „letzten heidnischen Herrschers“.
Die überwiegend christliche Geschichtsschreibung des Mittelalters sah nur Julians Abwendung vom
Christentum und bewertete ihn als „Ketzer“. Im Zuge der Aufklärung, wird er jedoch schon als
erster „Vorkämpfer für religiöse Toleranz“ gesehen.
Auch im 19. und 20. Jahrhundert bietet Julian die Möglichkeit um ihn als „Bundesgenossen“ bei
„antirömischen Affekt[en]“ erscheinen zu lassen. Julian steht mit seiner Wiederherstellung des
alten Glaubens für die hellenistischen Werte der Antike.
Um so bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Julian so viel Aufmerksamkeit gewidmet wird,
obwohl er nur 20 Monate als Kaiser regierte. Schon der griechische Kirchenvater und Zeitgenosse
Julians, Gregor von Nazianz(329-390), prophezeite um 363 n. Chr., dass sich viele mit der
„Tragödie oder Komödie dieser Epochen“ befassen werden.
[...]
Über die historische Figur des letzten Heiden oder des ersten Griechen auf dem Kaiserthron, gibt es
also sehr viele unterschiedliche Darstellungen durch 1600 Jahre der Geschichtsschreibung hindurch.
Der glückliche Zufall wollte es, dass von und über Julian sehr viele Schriftstücke erhalten geblieben
sind, mehr als von jedem anderen Kaiser dieser Zeit. Aus diesem Sammelsurium, dass von der
„Verteufelung“ durch die Christen bis zur „Vergöttlichung“ durch die Heiden reicht, wobei jedoch
die reale historische Figur zu erkennen, schwer fällt. Ich werde in der folgenden Arbeit versuchen
mich dieser Figur zu nähern und den Weg des Knaben mit kaiserlicher Abstammung zum Herrscher
über das Römische Reich zu skizzieren und der Frage nachzugehen, warum der Mann scheiterte,
obwohl viele Zeitgenossen in ihm einen vir egregius et rem publicam insigniter moderaturus-“einen
hervorragenden Mann, der das Reich vorzüglich verwaltet hätte“, sahen.
[...]
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Römische Reich im 4. Jh. nach Christus
3. Julians Jugend und Lehrjahre
4. Studienjahre in Kleinasien und Athen
5. Die erste Bewährung
6. Vom Caesar zum Augustus
7. Der Perserfeldzug
Schlussbetrachtungen
1. Einleitung
Flavius Claudius Julianus, oder Julian “Apostata“ (der Abtrünnige) stellt sich der gesamten Rezeption römischer Geschichte auch noch 1600 Jahre nach seinem Tode als Phänomen dar. Kaum ein anderer Kaiser des Imperium Romanum wurde durch den Lauf der Geschichte so vielfach interpretiert wie die Figur des „letzten heidnischen Herrschers“[1].
Die überwiegend christliche Geschichtsschreibung des Mittelalters sah nur Julians Abwendung vom Christentum und bewertete ihn als „Ketzer“[2]. Im Zuge der Aufklärung, wird er jedoch schon als erster „Vorkämpfer für religiöse Toleranz“[3] gesehen[4].
Auch im 19. und 20. Jahrhundert bietet Julian die Möglichkeit um ihn als „Bundesgenossen“ bei „antirömischen Affekt[en]“[5] erscheinen zu lassen. Julian steht mit seiner Wiederherstellung des alten Glaubens für die hellenistischen Werte der Antike.
Um so bemerkenswerter ist die Tatsache, dass Julian so viel Aufmerksamkeit gewidmet wird, obwohl er nur 20 Monate als Kaiser regierte. Schon der griechische Kirchenvater und Zeitgenosse Julians, Gregor von Nazianz(329-390), prophezeite um 363 n. Chr., dass sich viele mit der „Tragödie oder Komödie dieser Epochen“ befassen werden[6].
Julian ist der letzte Kaiser der Claudischen Dynastie und der einzige Kaiser, der sich vom christlichen Glauben abwandte und wieder die alten Götter verehrte. Er war der Neffe Constantins des Großen, welcher den christlichen Glauben als erster neben dem paganen Glauben zuließ.Er erklärte sie als „religio lecita“ in seinem Mailänder Edikt von 313 mit den Worten, „Wir gewähren den Christen und allen anderen das freie Recht, derjenigen Religion anzugehören, die ein jeder sich auswählt“[7]. Mit dieser Familienzugehörigkeit war Julian nach Constantins Tod am 22. Mai 337 nach Chr. den Nachfolgestreitigkeiten preisgegeben. Julian und sein Bruder Gallus überlebten als
einzige das „Hinmorden“[8] der gesamten Verwandtschaft, nachdem die Söhne Constantins, Costantinus II., Flavius Julius Costantius II und Flavius Julius Constans, sowie ein Neffe Constantins, Flavius Dalmatius, dessen Erbe übernahmen[9]. An dessen Ende nur noch Constantius II. als Alleinherrscher stehen sollte.
Am Ende sollte er, von der Soldateska[10] wegen seiner Jugend verschont gebliebene, jedoch einer der Kaiser werden, welche uns bis heute beschäftigen.
Julian steht ungewollt, gleichermaßen symbolhaft für die Umwälzungen des 4. Jahrhunderts im Imperium Romanum.
Über die historische Figur des letzten Heiden oder des ersten Griechen auf dem Kaiserthron, gibt es also sehr viele unterschiedliche Darstellungen durch 1600 Jahre der Geschichtsschreibung hindurch. Der glückliche Zufall wollte es, dass von und über Julian sehr viele Schriftstücke erhalten geblieben sind, mehr als von jedem anderen Kaiser dieser Zeit. Aus diesem Sammelsurium, dass von der „Verteufelung“ durch die Christen bis zur „Vergöttlichung“ durch die Heiden reicht, wobei jedoch die reale historische Figur zu erkennen, schwer fällt. Ich werde in der folgenden Arbeit versuchen mich dieser Figur zu nähern und den Weg des Knaben mit kaiserlicher Abstammung zum Herrscher über das Römische Reich zu skizzieren und der Frage nachzugehen, warum der Mann scheiterte, obwohl viele Zeitgenossen in ihm einen vir egregius et rem publicam insigniter moderaturus -“einen hervorragenden Mann, der das Reich vorzüglich verwaltet hätte“[11], sahen.
2. Das Römische Reich im 4. Jh. nach Christus
Das 4. Jahrhundert war für das Römische Reich ein Jahrhundert des Zerfalls und des Umbruchs. Die Grenzen waren unsicher geworden und das Reich litt an einer territorialen Überdehnung. Im Osten des Reiches wurde die Grenze immer wieder durch das erstarkende Perserreich bedroht, vom Norden aus durch die Goten und Alamannen. Durch die vielen Usurpationen war der Kaiser nicht mehr ein Garant von Stabilität, und das Aufkommen des Christentums spaltete das Reich[12]. Steht noch am Anfang des Jahrhunderts die brutale Christenverfolgung des Kaisers Diocletian(246-315), entspannt sich die Lage erst mit dem Machtantritt des Maxentius am 28. Oktober 306[13] und dem „Toleranzedikt“ des Galerius(250-311) von 311. Am Ende des 4. Jahrhunderts sollte das Christentum unter Kaiser Theodosius(347-395) zur Staatsreligion erhoben werden. Diese fundamentale Umwälzung innerhalb eines Jahrhunderts sollte dann auch einer der zentralen Berührungspunkte des Kaisers Julian werden.
Das Ringen der Religionen hatte längst begonnen und Julian versuchte zu einer Zeit „das Ruder herum zu reißen“ als der christliche Glaube in weiten Teilen der Bevölkerung schon tief verankert war. Julian wurde deswegen in Antiochia nicht akzeptiert und flüchtet auf Grund seiner inneren Zerrissenheit nach „Aussen“, in einen Feldzug mit den Persern. In diesem scheint er das Ziel gehabt zu haben jung und heldenhaft, gleichsam eines Achill oder Alexander, ruhmreich in der Schlacht zu sterben, als er ohne Rüstung dem Feind entgegentrat und schließlich 363 durch einen feindlichen Speer den Tod findet[14]. So schreibt der Historiker, Lehrer und Verehrer Julians, Libanios in seiner Klage über Julian (or. 17,3) „So wie der Tod Hektors das Ende Trojas ankündigt, so weist der Tod Julians auf den Untergang Roms“[15]. Diese Ansicht lässt sich auch heute noch vermehrt antreffen, denn viele sehen in Julian den letzten „wahren“ römischen Kaiser.
3. Julians Jugend und Lehrjahre
Julians Leben beginnt so dramatisch, wie es auch enden sollte. Der Knabe erblickte wahrscheinlich im Mai/ Juni des Jahres 331 in der, erst ein Jahr zuvor von Kaiser Konstantin zur zweiten Reichshauptstadt erhobenen Stadt Konstantinopel, das Licht der Welt[16]. Seine Mutter Basilina, die aus einer vornehmen Familie aus dem griechischen Osten des Reiches stammte, verstarb schon kurz nach der Geburt[17]. Sein Vater, Julius Constantius, war ein Halbbruder des Kaisers Constantins, mit welchem er den selben Vater, Constantius I. Chlorus, teilte[18]. Julian hatte noch einen älteren Bruder, der überleben sollte und Constantius Gallus gerufen wurde, dieser stammte aus der ersten Ehe seines Vaters mit Galla. Die anderen beiden Kinder aus dieser ersten Ehe, ein weiterer Sohn der jedoch früh verstarb und eine Tochter, bleiben „schemenhaft“[19].
Als Julian sechs Jahre alt war, verlor der Halbweise in den Wirren der Nachfolgestreitigkeiten nach
dem Tod des Kaisers Constantin am 22. Mai 337[20], seinen Vater und viele seiner Verwandten und wurde zum Vollweisen[21]. Ob die Morde an Julians Verwandschaft von dem Sohn Constantins, Constantius II. ausgingen ist unklar, eindeutig ist jedoch, dass dieser den größten Nutzen daraus zog
und die Tat zumindest billigte, als er keine Ermittlungen gegen die Mörder einleitete und das Vermögen der Familie des Julian konfiszierte, wie man es bei Verurteilten tat[22].
[...]
[1] Bringmann, Klaus: Kaiser Julian, in: Clauss, Manfred [Hrsg.], Gestalten der Antike, Darmstadt 2004. (S.11)
[2] Rosen, Klaus: Julian, Kaiser, Gott und Christenhasser, Stuttgart 2006. (S. 397)
[3] Rosen, Klaus: Julian, Kaiser, Gott und Christenhasser, Stuttgart 2006. (S. 10)
[4] Ebd.
[5] Ebd.
[6] Ebd.(S.7)
[7] Laktanz, MP. 48,2, in: Demandt, Alexander: Geschichte der Spätantike, Das Römische Reich von Diocletian bis Justinian 284- 565 n. Chr., München 1998. (S. 53)
[8] Mommsen, Theodor: Römische Kaisergeschichte, nach den Vorlesungs-Mitschriften von Sebastian und Paul Hensel 1882/86, Hrsg. von Barbara und Alexander Demandt, München 1992. (S.536)
[9] Demandt, Alexander: Geschichte der Spätantike, Das Römische Reich von Diocletian bis Justinian 284- 565 n. Chr., München 1998. (S.60)
[10] Bringmann, Klaus: Kaiser Julian, in: Clauss, Manfred [Hrsg.], Gestalten der Antike, Darmstadt 2004. (S.21)
[11] Eutrop X 16.
[12] Bringmann, Klaus: Kaiser Julian, in: Clauss, Manfred [Hrsg.], Gestalten der Antike, Darmstadt 2004. (S.13)
[13] Demandt, Alexander: Geschichte der Spätantike, Das Römische Reich von Diocletian bis Justinian 284- 565 n. Chr., München 1998. (S.44)
[14] Rosen, Klaus: Julian, Kaiser, Gott und Christenhasser, Stuttgart 2006. (S. 7)
[15] Demandt, Alexander: Geschichte der Spätantike, Das Römische Reich von Diocletian bis Justinian 284- 565 n. Chr., München 1998. (S.85)
[16] Bringmann, Klaus: Kaiser Julian, in: Clauss, Manfred [Hrsg.], Gestalten der Antike, Darmstadt 2004. (S.17)
[17] Ebd.
[18] Ebd.
[19] Ebd.
[20] Bringmann, Klaus: Kaiser Julian, in: Clauss, Manfred [Hrsg.], Gestalten der Antike, Darmstadt 2004. (S.20)
[21] Rosen, Klaus: Julian, Kaiser, Gott und Christenhasser, Stuttgart 2006. (S. 70)
[22] Bringmann, Klaus: Kaiser Julian, in: Clauss, Manfred [Hrsg.], Gestalten der Antike, Darmstadt 2004. (S.21-22)
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