Vorliegende Arbeit versucht durch die Herausarbeitung eines bisher wenig beachteten, aber gleichzeitig bedeutenden Aspekts in der Theorie Adornos, einen Beitrag für eine mögliche Reaktualisierung seiner Arbeiten zu leisten. Dieser Aspekt, individuelles, durch die gesellschaftlichen Verhältnisse erzeugtes Leid, ist „innerhalb der Rezeption der Kritischen Theorie bislang leider weitgehend unerforscht geblieben“ (Honneth). Diesem Befund Honneths folgend, macht es sich vorliegende Arbeit zur Aufgabe, die Bedeutung von Leid in der Gesellschaftstheorie Adornos zu untersuchen und dessen Funktion zu explizieren. Die Ausrichtung meiner Arbeit folgt der Überzeugung, dass die Funktion von Leid als Motor für gesellschaftlichen Widerstand und Kritik, wie sie sowohl in der Kritischen Theorie im allgemeinen als auch speziell in den Werken Adornos zu finden ist, in den Ansätzen der neueren Kritischen Theorie konzeptuell unberücksichtigt bleibt.
Um die Bedeutung der Kategorie Leid in einen größeren theorie- und ideengeschichtlichen Zusammenhang zu stellen, wird in einem erstem Schritt die Idee der Kritischen Theorie und insbesondere die Bedeutung individuellen Leides darin skizziert. Nach der allgemeinen Auseinandersetzung mit der Kritischen Theorie wird Leid in der Theorie Adornos untersucht. Die Arbeit schließt mit einem Kapitel, welches die wesentlichen Befunde zusammenfasst und auf die These nach dem Mehrwert in Adornos Theorie in Gestalt des Leidensbegriffs zurückkommt.
Mit ihrer Ausrichtung leistet vorliegende Arbeit einen Beitrag in der theoretischen Diskussion um eine der Gegenwart angemessenen Kritischen Theorie. Eine bedeutende Aufgabe hierbei ist, die Tendenzen zur Verdinglichung sowohl - bereits klassisch formuliert – in der Ökonomie als auch durch Kommunikation in der Gesellschaft als ganzer freizulegen und deren Zusammenhänge zu untersuchen. Durch die Verteidigung vor-kognitiver Elemente und der hiermit verbundenen Kritik an der Theorie kommunikativen Handelns kann in diesem Zusammenhang, gleichsam indirekt, die negative, das heißt verdinglichende Seite einer Orientierung an kommunikativer Praxis dargelegt werden.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Kritische Theorie
- 2.1 Geschichtsphilosophie und Vernunft nach Hegel
- 2.2 Verblendungszusammenhang
- 2.3 Leid als Motor der Kritik bzw. Triebfeder für Widerstand
- 3. Adornos Gesellschaftstheorie: Die Liquidation des Individuums
- 3.1 Exkurs: Lukács
- 3.2 Die Gesellschaftstheorie Adornos
- 4. Adornos Subjekttheorie: Leiden und Erkennen
- 4.1 Ich-Schwäche
- 4.2 Leiden und Erkennen
- 5. Fazit und Vorausschau
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit zielt darauf ab, die Bedeutung des Leidensbegriffs in Theodor W. Adornos Gesellschaftstheorie zu reaktualisieren und dessen Funktion innerhalb der Kritischen Theorie zu explizieren. Der Fokus liegt auf einem Aspekt, der in der aktuellen Diskussion oft vernachlässigt wird: individuelles, gesellschaftlich erzeugtes Leid als Motor für Kritik und Widerstand. Die Arbeit analysiert Adornos Werke hermeneutisch und bezieht ergänzende Sekundärliteratur ein, um die Funktion des Leides zu verdeutlichen. Ein Vergleich mit Habermas' kognitivistischem Ansatz soll die spezifische Bedeutung des Leidensbegriffs bei Adorno hervorheben.
- Reaktualisierung des Leidensbegriffs in Adornos Werk
- Leid als Motor für gesellschaftlichen Widerstand und Kritik
- Analyse der Funktion von Leid in Adornos Gesellschaftstheorie
- Vergleich mit dem kommunikationstheoretischen Ansatz Habermas'
- Hermeneutische Interpretation von Adornos Schriften
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die Relevanz der Kritischen Theorie, insbesondere Adornos Werk, trotz des Vorwurfs der Veralterung heraus. Sie argumentiert für eine Reaktualisierung, indem sie sich auf den bisher wenig beachteten Aspekt individuellen Leides konzentriert. Die Arbeit verfolgt einen theorieimmanenten Ansatz und untersucht die Bedeutung und Funktion von Leid in Adornos Theorie hermeneutisch, wobei ergänzende Sekundärliteratur herangezogen wird. Der Vergleich mit Habermas' Ansatz wird als zukünftige Aufgabe skizziert.
2. Kritische Theorie: Dieses Kapitel skizziert die Kritische Theorie und die Bedeutung individuellen Leides innerhalb dieses Denkansatzes. Es legt die theoretischen Grundlagen für die folgende detaillierte Analyse von Adornos Werk. Die ausführliche Behandlung dieses Kapitels unterstreicht die zentrale Rolle des Leidensbegriffs sowohl für die Kritische Theorie im Allgemeinen als auch für Adornos spezifische Theoriebildung.
3. Adornos Gesellschaftstheorie: Die Liquidation des Individuums: Dieses Kapitel analysiert Adornos Gesellschaftstheorie und deren Bezug zum individuellen Leid. Es beleuchtet, wie gesellschaftliche Verhältnisse das Individuum prägen und Leid erzeugen. Ein Exkurs zu Lukács erweitert den theoretischen Horizont und liefert zusätzliche Perspektiven auf die Thematik. Die Zusammenfassung der Gesellschaftstheorie Adornos zeigt auf, wie gesellschaftliche Mechanismen zur Unterdrückung des Individuums beitragen und Leid produzieren.
4. Adornos Subjekttheorie: Leiden und Erkennen: Dieser Abschnitt taucht tief in Adornos Subjekttheorie ein, indem er den Zusammenhang zwischen Leiden und Erkennen untersucht. Die „Ich-Schwäche“ wird als Konsequenz gesellschaftlicher Verhältnisse und als Voraussetzung für Erkenntnis verstanden. Der Fokus liegt auf der Analyse, wie Leid zum Prozess des Erkennens beiträgt und als notwendige Komponente für kritische Reflexion fungiert. Die Kapitelteile zu Ich-Schwäche und Leiden und Erkennen werden zusammenfassend betrachtet, um den Gesamtkontext der Subjekttheorie Adornos darzulegen.
Schlüsselwörter
Kritische Theorie, Theodor W. Adorno, Leidensbegriff, Gesellschaftstheorie, Subjekttheorie, Widerstand, Kritik, Habermas, Kommunikationstheorie, Reaktualisierung, Hermeneutik, Individuum, Gesellschaft, Erkennen.
Häufig gestellte Fragen zu: Reaktualisierung des Leidensbegriffs in Theodor W. Adornos Gesellschaftstheorie
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit reaktualisiert den Leidensbegriff in Theodor W. Adornos Gesellschaftstheorie und erklärt dessen Funktion innerhalb der Kritischen Theorie. Der Fokus liegt auf individuellem, gesellschaftlich erzeugtem Leid als Motor für Kritik und Widerstand – ein Aspekt, der in der aktuellen Diskussion oft vernachlässigt wird.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit analysiert Adornos Werke hermeneutisch und bezieht ergänzende Sekundärliteratur ein. Ein Vergleich mit Habermas' kognitivistischem Ansatz soll die spezifische Bedeutung des Leidensbegriffs bei Adorno hervorheben. Der Ansatz ist theorieimmanent.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt die Kritische Theorie, Adornos Gesellschaftstheorie und Subjekttheorie, den Leidensbegriff als Motor für gesellschaftlichen Widerstand und Kritik, den Vergleich mit Habermas' Ansatz und eine hermeneutische Interpretation von Adornos Schriften. Insbesondere wird die "Ich-Schwäche" als Konsequenz gesellschaftlicher Verhältnisse und Voraussetzung für Erkenntnis untersucht.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Kritischen Theorie (inkl. Hegel, Verblendungszusammenhang und Leid als Widerstandsmotor), ein Kapitel zu Adornos Gesellschaftstheorie (inkl. Exkurs zu Lukács), ein Kapitel zu Adornos Subjekttheorie (inkl. Ich-Schwäche und Leiden als Erkennen) und ein Fazit/Vorausschau.
Welche Schlüsselbegriffe sind relevant?
Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Kritische Theorie, Theodor W. Adorno, Leidensbegriff, Gesellschaftstheorie, Subjekttheorie, Widerstand, Kritik, Habermas, Kommunikationstheorie, Reaktualisierung, Hermeneutik, Individuum, Gesellschaft, Erkennen.
Was ist das zentrale Argument der Einleitung?
Die Einleitung betont die Relevanz der Kritischen Theorie und Adornos Werk trotz des Vorwurfs der Veralterung. Sie argumentiert für eine Reaktualisierung, indem sie sich auf den bisher wenig beachteten Aspekt individuellen Leides konzentriert.
Was ist das Ziel der Analyse von Adornos Gesellschaftstheorie?
Die Analyse von Adornos Gesellschaftstheorie beleuchtet, wie gesellschaftliche Verhältnisse das Individuum prägen und Leid erzeugen. Der Bezug zum individuellen Leid wird explizit untersucht.
Wie wird Adornos Subjekttheorie behandelt?
Adornos Subjekttheorie wird im Hinblick auf den Zusammenhang zwischen Leiden und Erkennen untersucht. Die "Ich-Schwäche" wird als Konsequenz gesellschaftlicher Verhältnisse und als Voraussetzung für Erkenntnis betrachtet.
Wie wird Habermas in die Arbeit eingebunden?
Ein Vergleich mit Habermas' kommunikationstheoretischem Ansatz dient dazu, die spezifische Bedeutung des Leidensbegriffs bei Adorno hervorzuheben. Dieser Vergleich wird teilweise als zukünftige Aufgabe skizziert.
Welche Art von Literatur wird verwendet?
Die Arbeit verwendet Adornos eigene Schriften und bezieht ergänzende Sekundärliteratur ein, um die Funktion des Leides zu verdeutlichen.
- Citation du texte
- M.Ed. Moritz Krell (Auteur), 2009, Der Leidensbegriff in der Kritischen Theorie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144352