Politische Bildung in der Weimarer Republik

Die sozialistische Arbeiterbildung und die bürgerlich-liberale Volkshochschulbewegung


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2008

27 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Die Weimarer Republik
2.1. Zur politischen Lage
EXKURS: Demokratie in der Weimarer Republik
2.2. Erwachsenenbildung bis 1918

3. Politische Erwachsenenbildung
3.1. Arbeiterbildung und Arbeiterschulung in der KPD und USPD
3.2. Bildungsarbeit der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften

4. Die Volkshochschulbewegung
4.1. Die Abendvolkshochschule
4.2. Die Heimvolkshochschule

5. Zusammenfassende Schlußbetrachtung

6. Bibliographie und Quellen
6.1. Literatur
6.2. Internetquellen

1. Einleitung

Die Epoche der Erwachsenenbildung in der Weimarer Republik ist nicht nur unter historischen, sondern auch unter aktuellen Fragestellungen von eminenter Bedeutung. Denn der quartäre Bildungsbereich erhielt in jener Zeit, insbesondere durch die bedeutungsvolle Volkshochschulbewegung, einen paradigmatischen Charakter, den er sich bis heute gehalten hat. Ein neues Verständnis zwischen dem Verhältnis von Staat und Erwachsenenbildung entwickelte sich – standen sie von Beginn an in stetigem Konflikt, so bewegten sie sich in der Weimarer Zeit erstmals auf einander zu. Der Staat erkannte erstmals seine bildungspolitischen Pflichten gegenüber dem quartären Bildungsbereich an, die Erwachsenenbildung erhielt Verfassungsrang.

Aber auch die Parteien sowie größere gesellschaftliche Gruppen gewannen nach und nach eine positive Einstellung zur Volksbildung, deren gesellschaftlicher und politischer Relevanz nun außer Frage stand. So wurde die Volksbildung, deren demokratietheoretischer Ursprung eine gesellschaftintegrierende Funktion war, auch ein gewichtiges Instrument zur Durchsetzung politischer und weltanschaulicher-ideologischer Ziele der verschiedensten gesellschaftlichen Kräfte.

Diese Arbeit soll einerseits Informationen über die Bildungsarbeit der Parteien in der Weimarer Republik geben, anderseits soll die auch die dominierende Volkshochschulbewegung beleuchtet werden. Im ersten Kapitel der vorliegenden Seminararbeit werden die historischen Grundlinien und die pädagogischen Ausgangsbedingungen um 1919 nachgezeichnet. Anschließend wird die Bildungsarbeit der Kommunistischen Partei sowie die der Sozialdemokratie und der Gewerkschaften beschrieben und analysiert. Auf die bürgerlich-liberale Theorie der Volksbildung wird in Kapitel 4 eingegangen: die dominierende (Abend-) Volkshochschulbewegung und das konträre Konzept der Heimvolksschulen werden untersucht und miteinander verglichen. Schließlich wird eine zusammenfassende Schlussbetrachtung diese Studie abrunden.

Für die Ausarbeitung der vorliegenden Seminararbeit dienten vorrangig die umfassende und einschlägige Literatur von Josef Olbrich und das Herausgeberwerk von Franz Pöggeler, zudem stellte auch die Studienarbeit von Susanne Schlanstedt aus dem Jahre 2005 eine große Hilfe dar. Ich habe versucht, auch zeitgenössisches Schriftgut, wie z.B. die Schriften von Theodor Bäuerle von 1924 oder Leo Friedjung von 1931, in meine Arbeit einzubauen, um ein authentisches Bild der damals vorherrschenden Bildungstheorien zu zeichnen. Ferner halfen mir auch viele Werke, die in dieser Arbeit nicht explizit zitiert wurden, einen umfassenden Gesamteindruck über die politischen sowie gesellschaftlichen Strömungen und Entwicklungen in der Weimarer Zeit zu gewinnen. Hier sind vor allem das Herausgeberwerk von Karl Dietrich Bracher zu nennen und das Buch „Die Weimarer Republik“ von Eberhard Kolb, einem „ der besten Kenner der Geschichte der Weimarer Republik “.[1] Schließlich griff ich auch auf einschlägige Quellen des Internets zurück, um Lücken zu füllen, die die mir zur Verfügung stehende Literatur nicht abdeckte - der Verfassungstext der Weimarer Republik wurde beispielsweise online bezogen.

2. Die Weimarer Republik

2.1. Zur politischen Lage

Die Weimarer Republik ging Ende des Ersten Weltkriegs aus der Novemberrevolution hervor. Am 19. Jänner 1919 wurden die Wahlen für die Nationalversammlung[2] abgehalten, bei der diejenigen Parteien, die eine (präsidentiell-) parlamentarische Republik als zünftige Staatsform anstrebten – SPD[3], Zentrum[4] und DDP[5] -, eine Dreiviertelmehrheit erreichen konnten. Aufgrund der massiven Unruhen im Vorfeld, trat die Nationalversammlung nicht in Berlin, sondern in Weimar, Thüringen zusammen.[6] Dort wurde Friedrich Ebert (SPD) am 11. Februar zum 1. Reichspräsidenten ernannt sowie Philip Scheidemann zum Reichsministerpräsidenten gewählt. Ein halbes Jahr später, am 11. August 1919, wurde schließlich die von der Nationalversammlung mit überwältigender Mehrheit angenommene Verfassung von Ebert unterzeichnet und in Kraft gesetzt. Zwei Tage später wurde die sogenannte „Weimarer Koalition“[7] vereidigt. Deutschland wurde zu einer demokratischen, konstitutionellen, rechtsstaatlichen, föderalistischen Republik auf Grundlage der Volkssouveränität, mit Gewaltentrennung und einem präsidentiell-parlamentarischen Regierungssystem.[8]

Die politischen Bedingungen waren zu Beginn der Weimarer Zeit denkbar schwierig, hieß es doch die Kriegsniederlage zu bewältigen und die folgenreichen Bedingungen der Siegermächte gemäß dem Versailler Friedensvertrags zu erfüllen. Das wirtschaftliche und soziale Dilemma der neugegründeten Republik sowie die Dolchstoßlegende[9] machte es für die Bürger des Deutschen Reiches schier unmöglich das neue demokratische System zu akzeptieren und ein Nationalgefühl zu entwickeln.[10] Die seit 1917 brodelnden Unruhen im Volk wollten nicht abreißen, überall im Reich bildeten Mittelständler und Bauern antirevolutionäre, bewaffnete Selbstschutzverbände. Im Oktober 1923 erreicht die Inflation ihren Höhepunkt, die Putschversuche links- und rechtsextremer Gruppierungen scheiten jedoch, auch Hitlers „Marsch auf Berlin“ wird jäh gestoppt.

Die Währungsreform 1924 läutete schließlich einen Wirtschaftsaufschwung und die „Goldenen Zwanziger Jahre“ ein - die junge Demokratie schien trotz aller Spannungen und Konflikte zunehmend erfolgreich.

EXKURS: Demokratie in der Weimarer Republik

Die Weimarer Verfassung mit ihrem ausgeprägten Demokratiebegriff galt zu ihrer Zeit als eine der fortschrittlichsten Verfassungen überhaupt und gilt selbst heute noch in der Geschichtswissenschaft als eine der demokratischsten des 20. Jahrhunderts.[11] Mit der Gründung der Weimarer Republik erhielten erstmals Frauen das aktive und passive Wahlrecht. An den Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung beteiligten sich schließlich rund 78 Prozent der wahlberechtigten Frauen und 9,6 Prozent der Abgeordneten waren weiblich. Viele Grundrechte der Weimarer Verfassung flossen in das heute geltende Gesetz für die Bundesrepublik Deutschland ein. Auch das Wahlalter wurde von 25 auf 20 Jahre gesenkt und selbst direktdemokratische Instrumente, wie die Möglichkeit von Volksentscheiden oder –begehren war laut Verfassung vorgesehen.[12]

Spricht man jedoch heute von der Weimarer Republik, so fällt einem sofort die bekannte Phrase „Demokratie ohne Demokraten“ ein. Man hatte es letztlich verabsäumt, Institutionen im öffentlichen Dienst, in der Wirtschaft und in anderen wichtigen Einrichtungen zu demokratisieren. Verwaltungs-, Regierungs- und Justizbehörden arbeiteten ohne Kontrolle weiter wie in der Monarchie. Selbst extrem antidemokratisch eingestellte Beamte wurden nicht entlassen, die Führungsschicht im Heer, in der Verwaltung und der Justiz war großflächig antidemokratischer Natur. Neben dem Fehlen einer demokratischen Tradition war wohl vor allem das Gefühl der Bevölkerung, die Demokratie ist lediglich eine Auflage im Zuge des Versailler Friedens mit ein Grund für das Scheitern der Weimarer Republik.

2.2. Erwachsenenbildung bis 1918

Die Impulse für die um 1800 entstehende Erwachsenenbildung waren einerseits die aufkommende Aufklärung in Europa als auch die tief greifenden ökonomischen und sozialen Veränderungen, die im Zuge der Industrialisierung auftraten. Erstmals bildeten sich Bildungsgesellschaften und freie Vereine mit pädagogischem Ziel, die einem deutlich emanzipatorischem Ansatz verschrieben waren.[13] In diesen Organisationen wurden zunehmend auch sozialpolitische Themen diskutiert und so wandelten sich zu den Basen der aufkommenden Arbeiterbewegungen – die Arbeiterbildung und -bewegung beeinflussten sich somit gegenseitig.[14]

„Während der Revolution 1848 bezogen die Vereine konkret politische Aufklärung, Schulung und die Agitation der jeweiligen (politischen) Weltanschauungen in die Bildungsarbeit mit ein.“[15]

Die politischen Inhalte wurden recht früh der Grund für die strikte Trennung zwischen Arbeiterbildung und bürgerlich liberalen Erwachsenenbildung. Die Sozialistengesetze[16] von Otto von Bismark erschwerte die Arbeiterbildungsarbeit, die eben erst ihren Anfang genommen hatte. In Folge des Verbots erhielten allerdings Arbeiterbildungsvereine, Arbeitermusikvereine und -sportvereine als Tarnorganisationen der Parteien überaus großen Zulauf. Schulbildung, Wissen über politische und ökonomische Grundlagen, Kunst, Literatur, Theater und Geistes- und Naturwissenschaften sollten auch Arbeitern und Arbeiterinnen zustehen. So gründete Max Hirsch 1878 die Humboldt-Akademie, die erste Volksuniversität, mit dem Zweck, "solchen Personen, welche die Universität nicht besuchen können oder bereits verlassen haben, durch systematische Vortragscyklen und andere geeignete Mittel Gelegenheit zu einer harmonischen wissenschaftlichen Weiterbildung zu geben und sie in Zusammenbang mit den Fortschritten der sich entwickelnden Wissenschaft zu halten".[17]

Nach Aufhebung des Gesetzes konstituierte sich die Arbeiterbewegung, und im Zuge dessen auch die Arbeiterbildung neu. Mit der Zulassung der Gewerkschaften und der SPD kam es zur Einrichtung von Schulen mit hauptamtlichen Lehrkräften im Bereich der politischen bzw. gewerkschaftlichen Bildung. 1906 gründete die SPD, in Kontrast zu den katholischen Bildungseinrichtungen, ein zentrale Parteischule in Berlin, welche strikt am Marxismus und Wissenschaftlichen Sozialismus ausgerichtet war. Die Gewerkschaften setzten hingegen vorerst auf Allgemeinbildung sowie die berufliche Elementarbildung der Arbeiter.[18]

Die bürgerliche Erwachsenenbildung errichtete ihrerseits schon 1868 mit der „Gesellschaft für die Verbreitung von Volksbildung“ eine eigene Institution.

„Diese Richtung vertrat die alte Vorstellung von der Allmacht der Bildung: Diese diene der Lösung der sozialen Frage, solle aber auch die politische und kulturelle Nationswerdung fördern und sozialistischen Bestrebungen entgegenwirken.“[19]

3. Politische Erwachsenenbildung

Ganz im Gegensatz zur bürgerlich-liberalen Volksbildung, „die in eklatanter Selbsttäuschung, ausgehend von der Ideologie der Eigenständigkeit der Erwachsenenbildung, von dem gesellschaftlich bedingten Charakter der Bildung absehen zu können glaubte und die somit gegen die eigene erklärte Absicht zu einem Instrument des Bürgertums wurde,“[20] hat sich die Arbeiterbildung als Element der marxistischen Arbeiterbewegung verstanden und war somit auch ein Teil des umfassenden revolutionären, politischen Kampfes.[21]

[...]


[1] Heinrich August Winkler in „Die Zeit Online“, Juni 2002

[2] Die neugegründete KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) um Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg boykottierte die Wahl.

[3] Sozialdemokratische Partei Deutschlands; hervorgegangen aus der MSPD (Mehrheitssozialdemokratische Partei Deutschlands), von der sich 1917 die USPD (Unabhängige Sozialdemokratische Partei Deutschlands) abgespalten hatte

[4] Deutsche Zentrumspartei; war bis 1933 als Vertreterin des katholischen Deutschlands eine der wichtigsten Parteien des Kaiserreichs und der Weimarer Republik

[5] Deutsche Demokratische Partei (1918-1930), später: Deutsche Staatspartei (DStP) bis 1933

[6] Vgl. Schlanstedt 2005, 5

[7] Koalition aus der SPD, dem katholischen Zentrum und der linksliberalen DDP

[8] Für eine grafische Darstellung zur Weimarer Verfassung siehe auch:

http://www.lsg.musin.de/geschichte/geschichte/isb/Plakatanalyse/Modell1/1-2.gif (03.08.2009)

[9] Die Dolchstoßlegende ist eine von den deutschen Militärs initiierte Verschwörungstheorie, die die Schuld an der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg insbesondere den Sozialdemokraten in die Schuhe zu schieben versucht. Vgl. z.B. Kolb 2002, 38f

[10] Vgl. Bracher 1998,42

[11] Vgl. http://wapedia.mobi/de/Deutsche_Republik (07.08.2009)

[12] Vgl. Bracher 1998, 51

[13] Siehe hierzu Balser 1959, 11ff

[14] Vgl. Schlanstedt 2005, 9

[15] Schlanstedt 2005, 9

[16] Das 30 Paragraphen umfassende Sozialistengesetz verbot sozialistische und sozialdemokratische Organisationen und deren Aktivitäten im Deutschen Reich außerhalb des Reichstags und der Landtage. Vgl. Originaltext auf http://www.documentarchiv.de/ksr/soz_ges.html (07.08.2009)

[17] Aus Meyers Konversationslexikon 1888, Band 8, S. 8790. Verfügbar unter:

http://www.peter-hug.ch/lexikon/humboldtakademie/08_0790 (07.08.2009)

[18] Vgl. Olbrich 2001, 135ff

[19] Olbrich 2001, 136

[20] Olbrich 1977a, 17

[21] Vgl. Ebd., 17

Fin de l'extrait de 27 pages

Résumé des informations

Titre
Politische Bildung in der Weimarer Republik
Sous-titre
Die sozialistische Arbeiterbildung und die bürgerlich-liberale Volkshochschulbewegung
Université
University of Vienna
Note
1,0
Auteur
Année
2008
Pages
27
N° de catalogue
V144761
ISBN (ebook)
9783640544165
ISBN (Livre)
9783640544486
Taille d'un fichier
537 KB
Langue
allemand
Mots clés
Weimarer Republik, Arbeiterbildung, Volkshochschule, Politische Bildung, Gewerkschaften, Weimar, Heimvolkshochschule, Gewerkschaftsschule, Räteschule, KPD, USPD, SPD, Abendvolkshochschule, DDP, Dolchstoßlegende
Citation du texte
Gerhard Paleczny (Auteur), 2008, Politische Bildung in der Weimarer Republik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/144761

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