F. Scott Fitzgeralds New York

„Setting“ als Bedeutungsträger in Fitzgeralds Werk "The Great Gatsby"


Dossier / Travail de Séminaire, 2008

22 Pages, Note: 1,7


Extrait


Aufbau

1 Einleitung

2 East Egg
2.1 Das Haus der Buchanans

3 West Egg
3.1 Nick Carraways Haus
3.2 Jay Gatsbys Haus

4 Das Valley of ashes

5 New York
5.1 158. Straße
5.2 Fifth Avenue
5.3 42. Straße
5.4 Das Plaza Hotel

6 East – West: Geographische Lagen als Symbol

7 Fazit

8 Bibliographie

1 Einleitung

Die schönste Schilderung ist wertlos, wenn sie nur sich selbst feiert.

Alles Geschehende muss einem hinter ihm verborgenem Vollzug

dienen, der nicht auf die Lösung des Konflikts, sondern auf Enthüllung

des Sinns hinsteuert.[1]

Dieses Zitat des Schriftstellers Frank Thiess drückt aus, welche Bedeutung von der Schilderung des Handlungsumfeldes ausgeht, außer der, dass sie dem Leser beschreibt an welchem Schauplatz er sich befindet. Nach Cleanth Brooks’ und Robert Penn Warrens Werk Understanding Fiction liegt der Sinn der Beschreibung des Settings nicht in der wirklichkeitsnahen Exaktheit, sondern in dem, was sie für die Erzählung leistet.[2] Dies sei zum Einen, die Unterstreichung des Charakters der Akteure, wobei Brooks und Warren bemerken, dass Setting nicht ausreiche um einen Charakter darzustellen, es verfeinert bloß das Bild. Zum Anderen beeinflusse das Setting die Atmosphäre des Geschehenden, es kann zum Beispiel Heiterkeit, Beklemmung oder Schmerz vermitteln. Allerdings sei die Schilderung und Empfindung dieser Umgebung die des Erzählers und daher subjektiv. Der Leser bekomme also ein durch die Wahrnehmung und Emotionen des Erzählers gefiltertes Bild vermittelt.[3] F. Scott Fitzgerald ist ein Meister der Disziplin Bedeutung durch Setting zu transportieren. Diese Arbeit soll nun darstellen, wie der Autor in seinem Werk The Great Gatsby verfährt: Welche symbolträchtigen Schauplätze er verwendet und wie er Natur und Landschaft als Bedeutungsträger einsetzt.

Fitzgerald unterteilt die Welt seines Romans in vier Hauptsettings: 1. East Egg; 2. West Egg; 3. the valley of ashes; and 4. New York City. Diese vier Haupteile enthalten zwei weitere Unterteilungen: East Egg beinhaltet nur das Haus der Buchanans, wobei West Egg Nick Carraways und Jay Gatsbys Häuser mit einbezieht. Zum Valley of ashes gehören Wilsons Autowerkstatt, Michaelis’ Restaurant und auch das Werbeplakat des Augenarztes Dr. T.J. Eckleburg. New York City beinhaltet die Büros in denen einige der Akteure arbeiten, die Wohnung, die Tom Buchanan für seine Geliebte Myrtle Wilson gemietet hat, sowie das Plaza Hotel, in dem die entscheidende Kraftprobe zwischen Tom und Gatsby stattfindet. Jeder dieser Schauplätze sagt etwas über die Werte und Einstellungen der Menschen, die dort wohnen oder arbeiten. East Egg, wo Daisy and Tom Buchanan wohnen ist ein Ort des „alten Geldes“. Die Menschen, die sich dort ansiedeln sind es seit Generationen gewöhnt, über Reichtum zu verfügen und müssen sich daher mit ihm nicht rühmen oder ihn über die Maßen darstellen. Nick Carraway hat sich im neureichen West Egg nieder gelassen, sein Geld reicht nicht aus, um ein Haus in East Egg zu erwerben. Auch Gatsby wohnt in West Egg und zwar aus dem Grund weil sein Geld „neu“ ist und er nicht über den sozialen Status verfügt, um in East Egg akzeptiert zu werden. Sein Haus und sein gesamtes Auftreten ( zum Beispiel das Tragen eines rosafarbenden Anzugs) wird in East Eggs Welt des Understatements als vulgär und geschmacklos angesehen. Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass Gatsby am Ende vom Osten zu Grunde gerichtet wird und dass Nick sich entschließt, zurück in den Mittleren Westen zu gehen.

Das Valley of Ashes ist vollkommen gegensätzlich zu den beiden Eggs, denn dort leben die armen Menschen. Sie sind die Opfer der Reichen. Es wird buchstäblich charakterisiert vom Rauch, der durch die hier angesiedelten Müllverbrennungsanlagen entsteht. Symbolisch gesehen wird hier der Müll der reichen Stadtmenschen auf die armen hier Lebenden abgeladen. Das Valley of ashes, mit den geheimnisvollen Augen des Dr. Eckleburg kann auch als Symbol für die geistige Trockenheit und Leere der Welt des Romans stehen. New York City ist ein Symbol dessen was Amerika in den 1920ern war: Ein Ort, an dem alles geschehen konnte, wo haufenweise Geld gemacht wurde und der Schmuggel florierte. Außerdem war New York ein Ort für wilde Parties und Affären und bizarre Charaktere, die von Zeit zu Zeit auf Gatsbys Partys auftauchen. Die Motivation, Setting als eine Art moralischer Geographie einzusetzen, wird verstärkt durch den vorrangigen Symbolismus des Amerikanischen Osten und Mittleren Westen. Dieser Kontrast zwischen dem Osten und dem mittleren Westen gibt dem Roman als ganzem einen Rahmen: Nick zieht es in den Osten um am Aktienmarkt Fuß zu fassen und findet sich in der schwindelerregenden Welt des Jazz Ages im Sommer 1922 wieder. Er ist gleichermaßen fasziniert und angewidert von dieser Welt, so dass er letztendlich in den mittleren Westen und damit zu den Werten und Traditionen seiner Jugend, zurückkehrt.

2 East Egg

Die Unterteilung Long Islands in East Egg und West Egg entspricht nicht nur mit der realen Geographie sondern stellt auch eine symbolische Trennung zwischen den beiden Gruppen von Menschen dar, die die beiden Inseln bevölkern. Es handelt sich um eine soziale und moralische Trennung, die sich hartnäckig gegen eine Überwindung wehrt. Die Bewohner East Eggs blicken auf die „Neureichen“ West Eggs hinab und kaum einer von ihnen würde eine von Gatsbys mondänen Sommerparties besuchen. Das alte Geld mischt sich nämlich nicht mit dem Neuen. Ein Paradebeispiel für den erhabenen und als selbstverständlich empfundenen Reichtum der Menschen East Eggs ist das Haus von Tom und Daisy Buchanan.

2.1 Das Haus der Buchanans

Das Haus der Buchanans korrespondiert mit dem Charakter seiner Bewohner. Die Art, wie es „elaborate…..red and white“ (S. 14) die Bucht überblickt, spiegelt den Reichtum und die Überheblichkeit des Paars wieder. Der hohe Standort ihres Hauses stellt die dominante Position der Buchanans in der East Egger Gesellschaft dar. Tom ist sich seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten Klasse sehr bewusst und zählt sich als Mitglied einer dominanten Rasse. Er kaufte ein Herrenhaus im Kolonialstil mit all seinen Assoziationen wie Erhabenheit, Tradition und Langlebigkeit. Er denkt über sich selbst, dass er sich von den anderen Millionären East Eggs durch sein Bestehen auf die Unabhängigkeit seines Vermögens unterscheidet und durch seine Stellung als moderner Gutsherr, der zum Beispiel eine Garage in Ställe für seine Pferde verwandelt. Jedermann strebt nach Modernisierung durch Technik, doch Tom Buchanan steht durch seinen selbstverständlichen Wohlstand über den Dingen und läuft in diesem Fall gegen den Strom. Wie er zu Nick sagt, habe er von Menschen gehört, die Garagen aus ihren Pferdeställen machen, aber noch nie von jemand, wie ihm, der das Gegenteil tut (vgl. S.158) Fitzgerald bedient sich einer zu seiner Zeit neu aufkommenden Technik, dem filmischen Erzählen, um eine Landschaft, in diesem Fall einen Garten zu beschreiben. Wie durch eine bewegliche Kamera folgt der Leser der detaillierten Beschreibung des Gartens. Zügig folgt die Kamera dem Rasen so dass der Leser die Umgebung aus der Perspektive des Grases wahrnimmt. Dem Rasen eine Perspektive zukommen zu lassen stellt auch eine Personifizierung der Natur dar.

„The lawn started at the beach and ran toward the frontdoor for a quarter of a mile, jumping over sun-dials and brick walks and burning gardens – finally when it reached the house drifting up the side in bright vines as though from the momentum of its run. The front was broken by a line of French windows, glowing now with reflected gold, and wide open to the warm windy afternoon, and Tom Buchanan in riding clothes was standing with his legs apart on the front porch.” (S.14)

Ebenfalls bemerkenswert ist Fitzgeralds darauf folgende Beschreibung des Wohnzimmers. Dem Leser wird ein großer, weißer, fast sphärenhafter Raum vorgestellt, in dem sich durch den hineinwehenden Wind alles bewegt.

The windows where ajar and gleaming white against the fresh grass outside that seemed to grow a little way into the house. A breeze blew through the room, blew curtains in on one end and out the other like pale flags, twisting them up towards the frosted wedding cake of the ceiling – and then ripped over the wine-colored rug, making a shadow on it as wind does on the sea. The only completely stationary object in the room was an enormous couch on which two young women were buoyed up as though upon an anchored balloon. They were both in white and their dresses were rippling and fluttering as if they had just been blown back in after a short flight around the house. I must have stood for a few moments listening to the whip and snap of the curtains and the groan of a picture on the wall. Then there was a boom as Tom Buchanan shut the rear windows and the caught wind died out about the room and the curtains and the rugs and the two young women ballooned slowly on the floor. (S. 16/17)

Die Leichtigkeit in der sich Daisy befindet, wird hier durch Tom (durch das Schließen der Fenster) beendet. Er holt sie in die schwere Realität ihrer traurigen Ehe zurück. Der „frosted wedding cake“ ist ein Symbol der Ehe der Buchanans: Zucker überzogen und unecht. Charakteristisch ist hier die häufige Erwähnung der Farbe Weiß. Weiß, die Farbe der Unschuld und Reinheit kleidet auch Daisy von Kopf bis Fuß, obwohl sie ganz und gar nicht rein zu sein scheint: „Daisy was popular in Chicago (…) moved with a fast crowd (…) but she came out with a absolutly perfect reputation. Perhaps because she doesn’t drink. It’s a great advantage not to drink among hard drinking people (…) you can time any little irregularity of your own so (…) that they don’t see or care.” (S. 108) Auch Jordan ist nicht so unschuldig, wie ihre “weiße Weste” suggeriert. In Wahrheit ist sie „incurably dishonest“ (S. 80) Besonders Tom, der Besitzer dieses „weißen Hauses“, der sich als Angehöriger der überlegenen weißen Rasse sieht, ist alles andere als unschuldig, denn er hintergeht und betrügt Daisy –und das nicht mal in aller Heimlichkeit, sondern: „he turned up in popular restaurants with her (…)“ (S.36). Neben der Farbsymbolik nutzt Fitzgerald auch das Wetter häufig als Bedeutungsträger. Den Nachmittag des Höhepunktes des Romans beschreibt Nick als „broiling, almost the last, (and) certainly the warmest (day) of the summer.” (S. 153) Durch die drückende Hitze entsteht eine Atmosphäre, die eine baldige Explosion erahnen lässt. Das unbarmherzige Wetter spielt auch in den Unterhaltungen der Charaktere die zentrale Rolle und kündigt die baldige Zerstörung von Daisys und Gatsbys Beziehung an. Die Andeutung von Gatsbys Untergang wird am deutlichsten in dem Moment, in dem Tom vom bevorstehenden Weltuntergang zu sprechen beginnt: „’It seems that pretty soon the earth is going to fall into the sun – or wait a minute - it’s just the opposite – the sun’s getting colder every year.’“(S. 157) Neben den Farben und der Temperatur auf dem Anwesen der Buchanans spielen auch die Räume eine symbolische Rolle. Es werden die Veranda und der Salon näher beschrieben, wobei die Einfachheit der Veranda mit dem grellen Schmuck des Salons kontrastiert. Das Décor in Letzterem stellt die Charaktere in einem anderen Licht dar, z. B. spiegelt die Zurschaustellung die Anmaßung der Buchanans wieder, wobei die Veranda die dunklere Seite der Charaktere offenbart. Obwohl sie sich zum Sonnenuntergang hin öffnet (vgl. S.21) wird sie später als mit einer tiefen Dunkelheit (deep gloom, S.28) befallen, beschrieben. Im Salon geben Daisy und Jordan sich als joviale Gastgeber und auf der Veranda zeigen sie sich lediglich bemüht, die Herren (Tom und Nick) höflich, auf angenehme Weise zu unterhalten und sich unterhalten zu lassen. (vgl. S. 22) Auf der Veranda wird auch Toms Gewaltpotential und sein Ungestüm, das sich vorher anhand seines Auftretens erahnen lies, sichtbar. Nick beschreibt, wie Tom ihn aus dem Salon auf die Veranda schiebt: „as though he were moving a checker to another square.“ (S. 21) Seine Aggressivität zeigt sich auch, als er Daisys Finger verletzt, während sich die Gesellschaft bei Nicks erstem Aufenthalt im Buchanan-Anwesen zum Abendessen niederlässt. Ebenfalls auf der Veranda realisiert Nick die Verdorbenheit und moralische Leere seiner reichen Freunde und stellt er fest, dass Daisys Ehe zu einer Farce verkommen ist. Die sonst so romantisch veranlagte Daisy ist in dieser Ehe verbittert und hat ihre Illusionen aufgegeben:

…four candles flickered on the table in the diminished wind. ‘Why candles?’ objected Daisy, frowning. She snapped them out with her fingers. (S.21)

[...]


[1] Frank Thiess: Die Wirklichkeit des Unwirklichen. Untersuchungen über die Tealität der Dichtung,

Hamburg 1954, S. 35.

[2] Vgl. Cleanth Brooks, Robert Penn Warren: Understanding Fiction. New York 1959², S. 647-648.

[3] Vgl. ebd. S. 647-649

Fin de l'extrait de 22 pages

Résumé des informations

Titre
F. Scott Fitzgeralds New York
Sous-titre
„Setting“ als Bedeutungsträger in Fitzgeralds Werk "The Great Gatsby"
Université
Christian-Albrechts-University of Kiel  (Englisches Seminar)
Cours
LitWis HS: Landscape in American Culture and Fiction
Note
1,7
Auteur
Année
2008
Pages
22
N° de catalogue
V145009
ISBN (ebook)
9783640555888
ISBN (Livre)
9783640556380
Taille d'un fichier
475 KB
Langue
allemand
Mots clés
Setting als Bedeutungsträger, The Great Gatsby, East Egg, West Egg, Valley of Ashes, Buchanan, Nick Carraway, 158. Straße, 42. Straße, New York City, Plaza Hotel, Geographische Lagen als Symbol, Wilsons Autowerkstatt, Dr. T. J. Eckleburg, Amerika der 1920er, Jazz Age, Long Island
Citation du texte
Julia Freund (Auteur), 2008, F. Scott Fitzgeralds New York, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145009

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