Eines der Merkmale der religiösen Lexik des Althochdeutschen ist, dass das aufkommende Christentum alte Rechtsvokabeln mit neuem christlichem Inhalt auflud.
Prägte die religiöse Lexik des Christentums im Althochdeutschen durch diese Einflüsse der Rechtssprache ein religiöses Klima, das besonders empfänglich für die Idee des Ablasshandels war? Ist der sprachliche Ausdruck des Christentums in Deutschland und eine damit einhergehende spezielle Färbung des Christentums ein auslösender Faktor für den verstärkten Missbrauch des Ablasshandels gewesen? War es nicht zufällig Luther, der sich als Erneuerer der deutschen Sprache und Begründer des Frühneuhochdeutschen einen Namen machte, der die herrschende, durch Sprache mitgetragene Weltsicht in Frage stellte, als er diese Missbräuche im exzessiven Ablass-handel der katholischen Kirche zu kritisieren begann?
Diese Arbeit möchte etwas darüber aussagen, ob in den Quellen Belege dafür zu finden sind, dass die religiöse Lexik im Zusammenhang mit der Bußpraxis die erste der vorgestellten Fragen und somit die Basis dieses Gedankenganges rechtfertigt. Dabei beschränkt sie sich auf Quellen, die sich möglichst in einer Zeit direkt vor beziehungsweise am Beginn des Ablasshandels bewegen. Die Lexik des Althochdeutschen wird anhand der Schuld- und Gerichtsvokabeln betrachtet - in den überlieferten Beichten aus dem 9./10./11. Jahrhundert , die in die gewünschte Zeit und das betroffene Themengebiet fallen und dem Weltuntergangsgedicht „Muspili“ aus dem 9. Jahrhundert, das Vorstellungen vom christlichen Endgericht darstellt, dabei aber noch Anklänge an heidnische Vorstellungen zeigt. Aus diesen Quellen werden relevante Begriffe aus dem oben angesprochenen Wortfeld untersucht. Eine Zusammenfassung zeigt, inwiefern es anhand der untersuchten Quellen gerechtfertigt ist, die religiöse Lexik im Althochdeutschen als Auslöser der besonderen Ausbreitung des Ablasshandels im deutschen Raum anzusehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- I. Standortbestimmung
- I.1 Der althochdeutsche Sprachraum vor der Mission
- I.1.1 Topografische Verortung
- I.1.2 Religiöse Vorstellungen der Germanen
- I.1.3 Rechtliche Vorstellungen der Westgermanen
- I.2 Begründung des Ablasshandels und religiöser Hintergrund
- I.1 Der althochdeutsche Sprachraum vor der Mission
- II. Untersuchung
- II.1 Die sprachliche Erschließung des Germanischen Raumes für das Christentum
- II.2 Exemplarische Untersuchung des Wortschatzes: Wörter der religiösen Lexik mit Verbindung zur Rechtswelt der Germanen
- II.2.1 Allgemeine Feststellungen
- II.2.2 Religiöse Lexik mit Verbindung zur Rechtswelt der Germanen in althochdeutschen Beichten
- II.2.3 Religiöse Lexik mit Verbindung zur Rechtswelt der Germanen im Muspili
- III. Auswertung
- III.1 Nichtsprachliche Aspekte
- III.2 Sprachliche Aspekte
- III.3 Resümee
- Abkürzungsverzeichnis
- Quellen
- Textausgabe
- Sekundärliteratur
- Wörterbücher
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht, ob die religiöse Lexik des Althochdeutschen durch die Übernahme und Umdeutung von Rechtsvokabeln ein Klima schuf, das für die Idee des Ablasshandels besonders empfänglich war. Die Arbeit setzt sich zum Ziel, anhand von Quellen aus dem 9. bis 11. Jahrhundert, insbesondere Beichten und dem Gedicht ,,Muspili", Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang zwischen der sprachlichen Gestaltung des Christentums und der Verbreitung des Ablasshandels im deutschen Raum zu finden.
- Einfluss der Rechtsvokabeln auf die religiöse Lexik des Althochdeutschen
- Zusammenhang zwischen der religiösen Lexik und der Bußpraxis
- Rolle des Christentums im althochdeutschen Sprachraum
- Religiöse Vorstellungen der Germanen im Kontext der Christianisierung
- Sprachliche Aspekte des Ablasshandels
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Forschungsfrage nach einem möglichen Zusammenhang zwischen der religiösen Lexik des Althochdeutschen und dem Erfolg des Ablasshandels im deutschen Raum. Kapitel I gibt einen Überblick über den althochdeutschen Sprachraum vor der Mission, inklusive der topografischen Verortung, den religiösen Vorstellungen der Germanen und den rechtlichen Vorstellungen der Westgermanen. Kapitel II untersucht die sprachliche Erschließung des Germanischen Raumes für das Christentum und analysiert exemplarisch den Wortschatz der religiösen Lexik im Kontext der Rechtswelt der Germanen, wobei die Beichten und das Muspili als Quellen dienen. Kapitel III fasst die Ergebnisse der Untersuchung zusammen und bewertet die sprachlichen und nichtsprachlichen Aspekte, um schließlich zu einem Resümee zu gelangen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die religiöse Lexik des Althochdeutschen, insbesondere auf Wörter der Schuld- und Gerichtsvokabeln. Im Zentrum stehen die sprachlichen Einflüsse des Christentums auf die germanische Rechtswelt und die Auswirkungen dieser Einflüsse auf die Bußpraxis und das religiöse Klima. Weitere wichtige Themen sind die Entwicklung des Ablasshandels, die religiösen Vorstellungen der Germanen und die Christianisierung des althochdeutschen Sprachraums.
- Arbeit zitieren
- Theresia Schreiber (Autor:in), 2009, Sprache und Weltbild , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/145637