In dieser Arbeit sollen der Don Juan-Stoff, sein Ursprung, seine Weiterentwicklung und Ausbreitung untersucht werden. Hierfür weren das „Urwerk“ („El burlador de Sevilla y convivado de piedra“), in dem die Figur des Don Juan das erste Mal auftaucht, und dessen Autor betrachtet. Dabei soll die Veränderung, welche der Stoff und insbesondere die Figur des Don Juan im Laufe der Zeit durch die Bearbeitung diverser Autoren erfahren haben, aufgezeigt werden. Weiterhin wird im ersten Teil dieser Arbeit intensiv die Frage nach dem Mythos bei Don Juan erötert. Mit Berücksichtigung des begrenzten Rahmens der Arbeit kann nicht jeder Aspekt ausführlich behandelt werden. Ziel dieser Arbeit ist es eher ein zusammenhängendes Verständnis des Don Juan-Stoffs und dessen literarische Bedeutung zu erzeugen.
Etwas vertiefend wird auf Molières Konzeption von Don Juan eingegangen, da er in Verbindung mit dem letzten Teil dieser Arbeit eine Rolle spielt. Den letzten Teil der Arbeit stellt dann die Untersuchung des französischen Dramas „Hernani“ von Vitor Hugo dar. Hierbei soll anhand genauer Textarbeit analysiert werden, ob und inwiefern dieses Werk von dem Don Juan-Stoff beeinflußt ist. Gegebenenfalls sollen auch die Parallelen zum „Urwerk“ oder auch zu dem Werk Molières hervorgehoben werden.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Der Ursprung des Don Juan-Stoffs
2.1. Allgemein zur Entstehung
2.2. „El burlador de Sevilla y convivado de piedra“
3. Die Frage nach dem Mythos
3.1. Einstieg in die Mythos-Thematik
3.2. Literatur und Mythos
3.3. Don Juan - ein Mythos ?
4. Ausbreitung und Modifikation des Stoffs sowie verschiedene Arten der Darstellung der Figur des Don Juan
4.1. Allgemeiner Überblick
4.2. Die Adaptation des Stoffs in den europäischen Nachbarländern
5. Der Einfluß des Don Juan-Stoffs auf das Werk „Hernani“ von Victor Hugo
5.1. Einleitung und Vorgehensweise der Untersuchung des Werks „Hernani“
5.2. Untersuchung zu „Hernani“
6. Schlußbemerkung
7. Literaturverzeichnis
1) Einleitung
In dieser Arbeit sollen der Don Juan-Stoff, sein Ursprung, seine Weiterentwicklung
und Ausbreitung untersucht werden. Hierfür weren das „Urwerk“ („El burlador de
Sevilla y convivado de piedra“), in dem die Figur des Don Juan das erste Mal auf-
taucht, und dessen Autor[1] betrachtet. Dabei soll die Veränderung, welche der Stoff
und insbesondere die Figur des Don Juan im Laufe der Zeit durch die Bearbeitung
diverser Autoren erfahren haben, aufgezeigt werden. Weiterhin wird im ersten Teil
dieser Arbeit intensiv die Frage nach dem Mythos bei Don Juan erötert. Mit Berück-
sichtigung des begrenzten Rahmens der Arbeit kann nicht jeder Aspekt ausführlich
behandelt werden. Ziel dieser Arbeit ist es eher ein zusammenhängendes Verständ-
nis des Don Juan-Stoffs und dessen literarische Bedeutung zu erzeugen.
Etwas vertiefend wird auf Molières Konzeption von Don Juan eingegangen, da er
in Verbindung mit dem letzten Teil dieser Arbeit eine Rolle spielt. Den letzten Teil
der Arbeit stellt dann die Untersuchung des französischen Dramas „Hernani“ von
Vitor Hugo dar. Hierbei soll anhand genauer Textarbeit analysiert werden, ob und
inwiefern dieses Werk von dem Don Juan-Stoff beeinflußt ist. Gegebenenfalls sol-
len auch die Parallelen zum „Urwerk“ oder auch zu dem Werk Molières hervorge-
hoben werden.
2. Der Ursprung des Don Juan-Stoffes
2.1. Allgemein zur Entstehung
Der Don Juan-Stoff, der zu den meist bearbeiteten literarischen Stoffen überhaupt
zählt, hat seinen Ursprung in der spanischen Literatur. Den stofflichen Grundriß
bildet das Werk „El burlador de Sevilla y convivado de piedra“, welches bereits
1613 verfaßt, jedoch erst 1630 gedruckt wurde. Der spanische Mercedarier-Mönch
Gabriel Tellez, der unter dem Pseudonym Tirso de Molina schrieb, ist der Verfas-
ser dieses Werks. Tirso de Molina ist einer der eintscheidensten Dramatiker seiner
Zeit in Spanien. Auch wenn man bei der Betrachtung seiner Konzeption die Ver-
wendung bzw. Anlehnung an schon zuvor bekannte traditionelle Stoffe, historische
Figuren oder Elemente der spanischen Kultur- und Literaturgeschichte feststellen
kann, ist doch allein Molina derjenige, der den Grundstein für den berühmten Don
Juan-Stoff gelegt hat.[2] In seinem Werk findet die erste Gestaltung des Don Juan statt
und die Hauptfigur - Don Juan Tenorio - ist somit die älteste Ausprägung der Don
Juan-Darstellungen. Der Spanier Tirso de Molina führte durch sein Werk die Figur
des Don Juan die Weltliteratur ein. Aus diesem Grund nenne ich sein Werk auch das
„Urwerk“ des Don Juan-Stoffs.
In seinem Drama verbindet er zwei Stoffkomplexe: die Liebesabenteuer eines exten-
siven Verführers und die göttliche Bestrafung durch das Auftreten einer steinernen
Statue.[3]
2.2. „El burlador de Sevilla y convivida de piedra“
Um die Grundkonzeption des Don Juan-Stoffes zu erkennen, scheint es mir sinnvoll,
die Handlung des Stücks etwas genauer darzustellen. Außerdem ist es von großer
Wichtigkeit, zu verstehen, daß Don Juan im ursprünglichen Sinn nicht nur der Ver-
führer par excellence ist - wie er heute im populären Verständnis gesehen wird -,
sondern auch noch andere wesentliche Merkmale ihn ausmachen.
Die Handlung des Werks von Tirso de Molina
Nach einem erfolgreichen aber in letzter Minute entdeckten Liebesabenteuer mit der
Herzogin Isabella von Neapel, für dessen Gelingen sich Don Juan als Herzog Octa-
vio ausgibt, kann dieser durch die Hilfe seines Onkels unerkannt fliehen. Um seinen
Neffen zu schützen, beschuldigt dieser Isabellas Verehrer, den Herzog Octavio, sie
verführt zu haben. Auf der Flucht landet Don Juan auf Grund eines Schiffbruchs am
Strand con Tarragona. Dort trifft er auf das Fischermädchen Tisbea, die er sofort be-
gehrt, durch ein Heiratsversprechen verführt und sie kurz darauf gleich wieder ver-
läßt.
Der König von Kastilien erfährt inzwischen von Don Diego, dem Vater Don Juans,
daß sein Sohn Isabella täuschte und verführte. Zeitgleich erscheint Octavio als Flüch-
tender an jenem Hof und bittet um Schutz vor der Rache des Königs von Neapel.
Der König verlobt Octavio mit Doña Anna, der Tochter seines Freundes Don Gon-
zalez, um Octavio für das geschehene Unrecht zu entschädigen und um des Friedens
Willen mit dem König von Neapel. Ursprünglich hatte der König seinem Freund
aus Dank und großer Freundschaft versprochen, dessen Tochter mit Don Juan zu
verloben. Um nun aber die Ehre der beiden Frauen zu retten, sollte diese Octavio
und Don Juan Isabella heiraten. Doch bereitet Don Juan in diesem Moment schon
wieder sein nächstes Abenteur vor.
Sein Freund, der Marquis de la Mote, wartet auf ein Zeichen Doña Annas, welche
seine Geliebte ist und mit der er noch die Erfüllung ihrer gemeinsamen Liebe erle-
ben will, becor sie die versprochene Verlobung mit dem ihr bis dahin namentlich
noch unbekannten Don Juan eingehen muß. Don Juan erfährt durch einen Zufall
vom Marquis Ort und Zeit des Treffens. Mit Hilfe eines weiteren Betrugs geht er
an Stelle des Marquis dorthin, wird allerdings von Doña Anna entlarvt. Als diese
nun ihren Vater, Gonzalez von Ulloa, zur Hilfe ruft, wird jener von Don Juan ersto-
chen. Ihm gelingt die Flucht und man nimmt an seiner Stelle den vermeintlichen Be-
sucher Doña Annas, den Marquis de la Mote, als Mörder fest.
Wieder auf der Flucht, trifft Don Juan auf eine Bauernhochzeit und verführt auf lis-
tige Weise die Braut Arminta.
Auf dem Rückweg nach Sevilla kommt er am Grabmahl des Gonzalez von Ulloa
vorbei und verspottet diesen auch noch, indem er das Standbild (Statue aus Stein)
des Toten zum Essen zu sich einlädt. Die Statue erscheint zum Abendessen und
spricht eine Gegeneinladung aus, die Don Juan leichtfertig annimmt.
In der Zwischenzeit werden am Königshof von Sevilla auch seine anderen Verfüh-
rungen und Betrügereien bekannt und das Todesurteil über ihn verhängt.
Wie vereinbart geht Don Juan des Nachts auf den Friedhof, um mit der Statue zu
dinieren. Nach Aufforderung der Statue gibt Don Juan ihr seine Hand, welche ihn
verbrennt. Die Bitte, noch schnell beichten zu dürfen, um von seinen Sünden even-
tuell doch freigesprochen zu werden, wird nicht erhört. Vor den Augen seines Die-
ners versinkt er mit der Steinstatue des Gonzalez.
Eine kurze Zusammenfassung der Darstellung Don Juans
Er steht im Mittelpunkt des konfliktgeladenen Geschehens und ist mit stark ausge-
prägten Charakterzügen ausgestattet. Er geht seinem hemmungslosen Trieb nach,
Frauen zu verführen; er ist bereit, zu töten und fordert auch gerne das Schicksal he-
raus. Er setzt sich ohne weiteres über alle gesellschaftliche Normen hinweg und
verspührt keine moralischen Bedenken, alle möglichen Mittel einzusetzen, um sei-
ne Ziele zu verfolgen. Um seinem Drang nach Verführung und Eroberung nachzu-
gehen, übertritt er ohne jegliche Angst uralte Tabus und Verbote genauso wie er
skrupellos die Gebote der christlichen Lehre mißachtet.[4]
Nach jeder erfolgreichen Verführung wendet er sich sofort der nächsten Frau zu.
Er ist ein leichtsinniger Genießer, der sein Handeln nie reflektiert und sich über
die Jenseitsvorstellung seiner Zeit nur lustig macht - bis er die göttliche Strafe am
eigenen Leib erfahren muß.
3. Die Frage nach dem Mythos
3.1. Einstieg in die Mythos-Thematik
Die Frage nach dem Mythos scheint mir in Bezug auf den Don Juan-Stoff sehr inter-
ressant, da in der Literaturwissenschaft teils von Mythos teils von literarischen Stoff
die Rede ist.
Das Wort „Mythos“ hat seine Wurzeln in der griechischen Sprache und könnte mit
„Wort“, „Rede“, „Erzählung“ oder auch „Fabel“ übersetzt werden.
Vom Ursprung her gehört dieser Begriff in den Bereich der Theologie oder der Reli-
gionswissenschaft. „Mythos“ könnte man definieren als das „Wort“ im Sinne einer
letztgültigen und deshalb nicht mehr zu begründenen Aussage. Diese Aussage be-
trifft die Existenz und Geschichte der Welt sowie die Menschen und führt alle Ge-
gebenheiten auf das Handeln von göttlichen Wesen bei ihrer Begegnung mit Men-
schen zurück. Das Handeln dieser göttlichen Wesen hat Wirkung auf den Himmel,
sowie auf die Erde und auch die Unterwelt. Der Mythos ist auf dem Boden des Po-
lytheismus erwachsen und ist auch im späten Monotheismus von großer Bedeutung.
Die Vielzahl von Göttern im Polytheismus wird nach Funktionen wie z.B. in Bezug
auf Weltschöpfung, Schicksal und Tätigkeit der Menschen, Hüten des Rechts, Be-
strafung von Verstößen gegen das Recht etc. und ihrem Wohnort (Himmel oder Un-
terwelt) unterschieden. In Analogie zu den Menschen werden die Götter oft zu Göt-
terfamilien oder Geschlechtern zusammengefaßt. Im Bereich der Theologie und Re-
ligionswissenchaft unterscheidet man verschiedene Typen von Mythen nach Art des
Fragenkreises auf den sie Antwort geben. Spezifische Fragenkreise sind z.B.: Ent-
steheung der Welt (kosmologischer Mythos), Erschaffung des Menschen (anthropo-
logischer Mythos), endzeitliche Ereignisse (eschatologischer Mythos). Das Interesse
der Menschen an den Mythen erwächst aus dem Wunsch nach dem Verstehen der
der Welt und nach Lebensorientierung.
Bezüglich des Begriffes des Mythos seien hier nur ausschnittsweise Religionswis-
senchaft, Soziologie, Anthropologie, Ethnologie und die Psychoanalyse im Bereich
der Psychologie genannt.
Heutzutage wird der Begriff Mythos fälschlicherweise auf recht unterschiedliche
Sachverhalte angewandt. Oft werden damit Phänomene bezeichnet, die dem ursprüng-
lichen Sinn von Mythos nicht gerecht werden. So taucht der Begriff mittlerweile in
der Modewelt und der Welt der Konsumartikel auf und erhebt dort Modeerscheinun-
gen zu Mythen. Um ihre unerklärliche, phänomartige Stellung zu charakterisieren,
werden Kultfiguren aus Filmen, historische Personen mit besonderem Charisma, das
„religiöse“ Gerüst von Sekten, bestimmte weltanschauliche Grundeinstellungen sowie
politische Zielsetzungen in Bezug auf Gesellschaft als Mythos verändert.[5]
Inwieweit man hier von einer Veränderung der Begriffsbedeutung sprechen könnte,
wäre ein weiterer Diskussionspunkt, den ich an dieser Stelle aber nicht ausführen
möchte. Stattdessen soll nun genauer die Beziehung zwischen Literatur und Mythos
betrachtet werden.
3.2. Literatur und Mythos
Schon sehr früh werde Mythen ästhetisch geformt und in Dichtung transformiert. Da-
bei kommen beispielsweise einfache Reflexionsprozesse mit hinein, die den affirma-
tiven Charakter des Mythos beeinträchtigen. Auch später in der Mythenexegenese die-
nen berichtete Geschehen einer sekundären Deutung. In der Tradition der mythischen
Überlieferung werden die alten Kerne immer wieder abgewandelt und neu kombiniert.
Es treten neue Motive und Themenkreise hinzu, die später z.B. auch Einfluß auf das
griechische Drame und das griechische Epos haben.
In der Renaissance, Epoche einer breiten Neurezeption der antiken Mythologie, werden
die Mythen reindividualisiert und in einen ästhetisch-rethorischen Kanon eingeordnet:
die Mythologie wird ästhetischer Ausdruck der platonisch-christlichen Spaltung von
Ideal und Wirklichkeit. Es bilden sich in dieser Zeit auch neuere, sogenannte (Quasi-) Mythologeme heraus. Als solche werden z.B. Faust und Don Juan bezeichnet.[6]
[...]
[1] Hinweis zur Schreibweise: Im Text wird ausschließlich die männliche Schreibweise z.B. Autor ver-
wendet; selbstverständlich sind alle Aussagen ebenso in weiblicher Wortform zu verstehen.
[2] Gnüg, Hiltrud, Don Juan, München, S. 15
[3] Gnüg, Hiltrud, a.a.O., S.9
[4] Daemmerich, Ingrid & Horst S., Themen und Motive in der Literatur, Tübingen, 1987, S. 95
[5] Brockhaus Enzyklopädie, Mannheim, 1991, (19. Auflage), Band 15, S. 271 ff.
[6] Meyers Grosses Universallexikon, Mannheim, 1983, Band 9, S. 586
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