Arbeitslosigkeit und Glück sind hochaktuelle und scheinbar gegensätzliche Themen, die hier vor dem Hintergrund zunehmender gesellschaftlicher und politischer Konflikte zusammengeführt werden. Am Beispiel der Erwerbslosigkeit werden Nutzen, Möglichkeiten und Grenzen der Glücksforschung für die Soziale Arbeit kritisch untersucht. Dazu werden zunächst wesentliche Theorien und empirische Befunde der Arbeitslosenforschung zusammengetragen. Das Verständnis dieses Problemfeldes wird durch zahlreiche Ergebnisse aus der Glücksforschung und Positiven Psychologie vertieft und so um eine positive Sichtweise erweitert. Daraus werden konkrete Möglichkeiten der psychologischen Bewältigung für Betroffene und Mitbetroffene abgeleitet. Allerdings ist dieses „happy coping“ in vielen Fällen begrenzt – wichtig ist vor allem der eigene Antrieb und die Unterstützung durch das soziale Netz.
Demgegenüber wird am Beispiel der Beratung, des Empowerment-Ansatzes und des Nutzens in eigener Sache gezeigt, dass es für Sozialarbeiter in mehrfacher Hinsicht fruchtbar sein kann, sich intensiver mit der Glücksforschung zu beschäftigen. Entscheidend ist die Ergänzung der sonst vorherrschenden defizitorientierten Wahrnehmung um eine positive, stärkenbezogene Sichtweise und die Steigerung des Problemlösungsvermögens durch reflektierten Optimismus und positive Stimmungen. Allerdings fördert nicht jeder institutionelle Kontext den Einbezug von Wohlbefinden, Zufriedenheit und Kreativität. Außerdem ist die Aneignung aktueller relevanter Erkenntnisse aufwändig, weil die meisten Veröffentlichungen über Glück den besonderen Anforderungen der Sozialen Arbeit nicht genügen. Der kulturelle Hintergrund angloamerikanischer Studien und Untersuchungen mit College-Studenten erschweren die Übertragbarkeit der Ergebnisse.
Eine selber durchgeführte Internetbefragung von 32 Erwerbslosen zeigt, dass die komplementäre Ausrichtung (Problem- und Glücksbezug) in mehrfacher Hinsicht nützlich ist. Ein Ergebnis ist, dass alle Erwerbslosen arbeiten wollen und dass Gelderwerb dabei nicht allein das zentrale Motiv ist. Solange Sozialpolitiker und Arbeitgeber glückspsychologische Zusammenhänge ignorieren, können sie keine sinnvollen Lösungen finden.
Während eigene Glücksstudien mit Hochrisikogruppen überaus fruchtbar sind, findet die positive Orientierung in den deutschen berufsethischen Prinzipien wenig Unterstützung. Die Bedeutung der Glücksforschung hängt in hohem Maße vom Selbstverständnis der Sozialen Arbeit ab.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- 1 Einleitung
- 2 Wesentliche Theorien und Stand der Arbeitslosenforschung
- 2.1 Definition und Bedeutung von Arbeit und Erwerbsarbeit
- 2.1.1 Definition von Arbeit und Erwerbsarbeit
- 2.1.2 Subjektive Bedeutung der Erwerbsarbeit
- 2.2 Definition von Erwerbslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit
- 2.3 Subjektive Bedeutung der Erwerbslosigkeit und Langzeitarbeitslosigkeit
- 2.3.1 Unbefriedigte Bedürfnisse durch Mangel an Erlebniskategorien
- 2.3.2 Reaktionsmöglichkeiten auf die Erlebnisleere
- 2.3.3 Haltungstypen, Phasenmodelle und Verlaufsmuster in der Erwerbslosigkeit
- 2.3.4 Stigmatisierung und Distanzierung
- 2.3.5 Distanzierung als Abwehrreaktion auf Stigmatisierung
- 2.3.6 Erwerbslosigkeit in der Familie: Rollenverständnis, Territorien, Kinder und Geschlecht
- 2.3.7 Erwerbslosigkeit und gesundheitliche Folgen
- 2.3.8 Erwerbslosigkeit und Identität
- 2.3.9 Fazit: zahlreiche notwendige Veränderungen durch Erwerbslosigkeit
- 3 Wesentliche Theorien und Stand der Glücksforschung in Bezug auf Erwerbslosigkeit
- 3.1 Glücksforschung und Glück - Einordnung und Definitionen
- 3.1.1 Definition und Einordnung der Glücksforschung
- 3.1.2 Definition und Messung von, Glück‘
- 3.2 Strukturmodell, Haupttheorien und -befunde zum subjektiven Wohlbefinden
- 3.2.1 Affektives Wohlbefinden: Positive und negative Affekte
- 3.2.2 Kognitives Wohlbefinden: Lebenszufriedenheit und Lebensbereichszufriedenheit
- 3.2.3 Subjektives Wohlbefinden und Persönlichkeit Extraversion und Neurotizismus
- 3.2.4 Kognitives Wohlbefinden - Aufwärts-, Abwärtsvergleiche und soziale Norm
- 3.2.5,Happiness Set Point und, Hedonic Adaption“
- 3.3 Steigerung des subjektiven Wohlbefindens - Coping by happiness?
- 3.3.1 Sustainable Happiness Model
- 3.3.2 Studien mit gezielten glückssteigernden Aktivitäten
- 3.3.3 Optimismus und positive Illusionen
- 3.3.4 Stimmungsinduktion
- 3.3.5 Freunde, Computer und Fernsehen
- 3.3.6 Soziales Engagement, aktive Freizeitgestaltung und Sport
- 3.3.7 Therapieziel Glück
- 3.3.8 Humor
- 3.3.9 Erwerbslosigkeit und Glück – möglicher Nutzen
- 3.3.10 Zusammenfassung,happy coping‘
- 4 Bedeutung der Glücksforschung für die Soziale Arbeit
- 4.1 Bedeutung der Glücksforschung für die Klienten
- 4.1.1 Ausschlussgründe und Hindernisse
- 4.1.2 Bedingungen für die intrinsische Motivation
- 4.1.3,Happy coping' vs. soziale Arbeitsnorm
- 4.2 Bedeutung der Glücksforschung für die Praxis der Sozialen Arbeit
- 4.2.1 Erstes Beispiel: Glücksbezogene Beratung von Klienten
- 4.2.2 Zweites Beispiel: Glücksbezogenes Empowerment
- 4.2.3 Drittes Beispiel: Glücksbezug bei Sozialarbeitern
- 4.3 Bedeutung der Glücksforschung und Positiven Psychologie für die Soziale Arbeit als Profession
- 4.3.1 Glück als erweiterter Wissenschaftsbezug der Sozialen Arbeit
- 4.3.2 Glück als berufsethische Herausforderung
- 4.4 Zusammenfassung: Bedeutung der Glücksforschung und Positiven Psychologie für die Soziale Arbeit
- 5 Internetbefragung zum Thema,Erwerbslosigkeit und Glück‘
- 5.1 Entwurf des Fragebogens
- 5.2 Durchführung der Befragung
- 5.3 Auswertung der Befragung
- 5.3.1 Erwerbslosigkeit und maximale Lebenszufriedenheit
- 5.3.2 Deskriptive Datenanalyse
- 5.3.3 Kritische Beurteilung der Gültigkeit der Daten
- 5.3.4 Ergebnisse
- 5.4 Zusammenfassung und Interpretation der Studie
- 6 Fazit
- 7 Ausblick: Positiv in die Zukunft
- 8 Quellenverzeichnis
- 9 Anhänge
- 10 Abkürzungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Bachelor-Thesis untersucht die Bedeutung der Glücksforschung für die Soziale Arbeit am Beispiel der Bewältigung von Arbeitslosigkeit. Ziel ist es, den Einfluss von Glück und Lebenszufriedenheit auf die Lebensqualität von Menschen in Arbeitslosigkeit zu beleuchten und die Implikationen für die praktische Arbeit in der Sozialen Arbeit aufzuzeigen. Die Arbeit analysiert sowohl theoretische Ansätze der Arbeitslosenforschung und Glücksforschung als auch empirische Befunde, um das Zusammenspiel von Arbeitslosigkeit und Glück zu verstehen.
- Die Bedeutung von Arbeit und Erwerbsarbeit für das individuelle Wohlbefinden
- Die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit auf die psychische und soziale Gesundheit
- Die Rolle von Glück und Lebenszufriedenheit in der Bewältigung von Arbeitslosigkeit
- Die Möglichkeiten der Glücksforschung für die Praxis der Sozialen Arbeit
- Die Relevanz der Positiven Psychologie für die Entwicklung neuer Interventionsansätze in der Sozialen Arbeit
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Relevanz der Thematik und die Forschungsfrage deutlich macht. Kapitel 2 beleuchtet die wesentlichen Theorien und den Stand der Arbeitslosenforschung. Dabei werden Definitionen, subjektive Bedeutung und Folgen von Arbeitslosigkeit diskutiert. Kapitel 3 widmet sich der Glücksforschung und analysiert die Definition und Messung von Glück sowie die wichtigsten Theorien und Befunde zum subjektiven Wohlbefinden. Kapitel 4 untersucht die Bedeutung der Glücksforschung für die Soziale Arbeit, sowohl für die Klienten als auch für die Praxis. Es werden Beispiele für glücksbezogene Beratungsansätze und Empowerment-Strategien gegeben. Kapitel 5 präsentiert die Ergebnisse einer Internetbefragung zum Thema,Erwerbslosigkeit und Glück‘, welche Daten zur Lebenszufriedenheit von Arbeitslosen sammelt und analysiert.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Themen Arbeitslosigkeit, Glück, Lebenszufriedenheit, Soziale Arbeit, Positive Psychologie, Bewältigung, subjektives Wohlbefinden, Coping, Empowerment, Intervention, Internetbefragung, empirische Forschung. Die Studie stützt sich auf Erkenntnisse der Arbeitslosenforschung und Glücksforschung, um das Zusammenspiel dieser Bereiche und die Bedeutung für die Praxis der Sozialen Arbeit zu untersuchen.
- Arbeit zitieren
- Kirsten Vieth (Autor:in), 2010, Die Bedeutung der Glücksforschung für die Soziale Arbeit, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146034