Die zeitgenössische Sozialphilosophie analytischer Prägung erklärt kollektive Handlungen und die Konstitution gemeinschaftlicher Institutionen auf Basis individueller Intentionen und Handlungen. Margaret Gilbert führt gemeinsame Handlungen (joint actions) von Menschen auf „joint commitments“ zurück, die die Mitglieder einer Gruppe verpflichten, ein gemeinsames Ziel gemeinschaftlich zu verfolgen.
Hannah Arendt ergründet in ihrem Werk „Vita Activa“, was es heißt, dass Menschen gemeinsam handeln. Dabei reduziert sie diese in Abgrenzung von Gilbert nicht auf individualistische Atome, sondern beschreibt Handeln als spezifisch menschliche Eigenschaft, die der Grundbedingung der Pluralität des menschlichen Lebens entspricht und die Einzigartigkeit einer Person in Interaktion mit der Mitwelt hervorbringt. Sie betont, dass Handeln im öffentlichen Bereich der Gemeinschaft stattfindet und den politischen Raum konstituiert, der gerade nur dort bestehen kann, wo Viele in der Vielfalt ihrer Perspektiven gemeinsame Angelegenheiten miteinander aushandeln.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- MENSCHLICHE BEDINGTHEIT, DINGWELT UND DAS BEZUGSGEWEBE MENSCHLICHER ANGELEGENHEITEN
- MACHT, GEWALT UND FREIHEIT.
- VERZEIHEN UND VERSPRECHEN
- DIE MASSENGESELLSCHAFT
- JOINT ACTIONS UND DAS HANDELN IM BEZUGSGEWEBE MENSCHLICHER ANGELEGENHEITEN.
- LITERATUR
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Dieser Text analysiert die Theorie des Sozialen von Hannah Arendt im Kontext der zeitgenössischen Sozialphilosophie. Er beleuchtet die Grenzen der konzeptionellen Erklärung von kollektivem Handeln und gemeinschaftlicher Institutionen durch individualistische Intentionen, wie sie von Margaret Gilbert vertreten wird. Der Text untersucht, wie Arendts Theorie des Handelns als spezifisch menschlicher Eigenschaft, die der Pluralität des Lebens entspricht, eine alternative Perspektive auf die Konstitution von Gemeinschaft und Politik bietet.
- Kritik an individualistischen Ansätzen zur Erklärung von kollektivem Handeln
- Hannah Arendts Theorie des Handelns und ihre Verbindung zur Pluralität
- Der öffentliche Bereich als Ort des Handelns und der Konstitution von Politik
- Die Bedeutung der vita activa und ihre drei Grundformen: Arbeit, Herstellen und Handeln
- Die Bedingtheit des Menschen durch die Welt und die Anwesenheit anderer
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Der Text stellt die zentrale Problemstellung dar: Die Unzulänglichkeit individualistischer Theorien zur Erklärung von Gemeinschaftsphänomenen. Er führt das Konzept der „joint commitments“ von Margaret Gilbert ein und kritisiert dessen Reduktion von kollektivem Handeln auf individuelle Intentionen.
- Menschliche Bedingtheit, Dingwelt und das Bezugsgewebe menschlicher Angelegenheiten: Dieses Kapitel präsentiert Arendts Konzept der vita activa, das die grundlegenden menschlichen Tätigkeiten in Arbeit, Herstellen und Handeln unterteilt. Der Fokus liegt auf der Beschreibung des Handelns als spezifisch menschlicher Tätigkeit, die sich in der Pluralität des Lebens entfaltet.
- Macht, Gewalt und Freiheit: Dieses Kapitel befasst sich mit Arendts Analyse der Beziehung zwischen Macht, Gewalt und Freiheit. Die Macht entsteht aus dem Handeln und der Interaktion im öffentlichen Raum, während Gewalt eine instrumentalisierte Form der Macht darstellt. Freiheit wird im Kontext der politischen Partizipation und des Handelns verstanden.
- Verzeihen und Versprechen: Dieser Abschnitt beleuchtet Arendts Reflexionen über die Bedeutung von Verzeihen und Versprechen im Kontext des politischen Lebens. Verzeihen ermöglicht die Auflösung von Konflikten und die Wiederherstellung von Beziehungen, während Versprechen die Grundlage für Vertrauen und gemeinsame Handlung bilden.
- Die Massengesellschaft: Dieses Kapitel befasst sich mit Arendts Analyse der Massengesellschaft und ihrer Folgen für die politische Gemeinschaft. Die Massenmenschen zeichnen sich durch einen Verlust an politischer Handlungsfähigkeit und einer Orientierung an Individualität und Konsum aus.
- Joint Actions und das Handeln im Bezugsgewebe menschlicher Angelegenheiten: Dieses Kapitel vertieft die Kritik an Gilberts Konzept der „joint commitments“ und setzt Arendts Theorie des Handelns im Kontext der Analyse von gemeinsamen Aktionen. Es wird argumentiert, dass individuelles Handeln im öffentlichen Raum die Grundlage für gemeinschaftliche Prozesse und die Konstitution von Politik bildet.
Schlüsselwörter
Hannah Arendt, Vita Activa, Handeln, Pluralität, Gemeinschaft, Politik, Macht, Gewalt, Freiheit, Massengesellschaft, joint actions, Margaret Gilbert, individuelle Intentionen, öffentliche Raum, Bedingtheit, Dingwelt, Arbeiten, Herstellen.
- Quote paper
- Vera Ohlendorf (Author), 2008, Handlung und Pluralität, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146294