"Heute lässt sich feststellen, dass in den Chefetagen der Unternehmen zunehmend "grünes" Denken Einzug hält. Die Zeiten, in denen Ökonomie und Ökologie als Gegensatz gesehen wurden, in denen Umweltschutz als "Jobkiller" und als negativer Standortfaktor bezeichnet wurde, gehören der Vergangenheit an..." (Rede von Bundesumweltminister Jürgen Trittin anlässlich der Preisverleihung "Ökomanager des Jahres 2000" in Berlin am 18.10.2000).
Mit Inkrafttreten des Umwelthaftungsgesetzes am 1. Januar 1991 rückte das Umweltrisiko von Betrieben in der Bundesrepublik Deutschland verstärkt ins Interesse sowohl politischer und juristischer als auch sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Diskussionen. Laut Grasser begründet dieses Gesetz eine "...verschuldungsunabhängige Haftung für Umweltschäden, die auch Schäden aus dem genehmigten Normalbetrieb einschließt" (2000. S. 7).
Das Umwelthaftungsgesetz stellt aber nur eine Ausprägung des zunehmenden Interesses an Umweltrisiken dar. Eine weitere zeigt sich im veränderten und zunehmenden Interesse verschiedener gesellschaftlicher Interessengruppen an technischen Innovationen und an als riskant wahrgenommenen unternehmerischen Aktivitäten. So musste beispielsweise der Ölkonzerns Shell 1995 aufgrund einer Kampagne der Umweltschutzorganisation Greenpeace auf die Versenkung seiner ausgemusterten Ölplattform "Brent Spar" im Atlantik verzichten. Im Zuge der Kampagne kam es zum teilweisen Boykott von Produkten des Ölkonzerns durch Verbraucher. Weit schwerer als die unmittelbaren finanziellen Folgen wogen jedoch die Imageschäden für den betroffenen Betrieb.
Dieses Beispiel rückt ausser dem zunehmenden öffentlichen Einfluss auf unternehmerische Aktivitäten und Entscheidungen, noch einen weiteren Aspekt ins Blickfeld: Die Risikowahrnehmung der Öffentlichkeit weicht von der Risikoabschätzung der Experten insofern ab, als dass die Öffentlichkeit technische Risiken, wie die der Kernkraft, Müllverbrennungsanlagen oder gentechnischen Anlagen, höher bewertet als die involvierten Experten (vgl. Jungermann & Slovic 1983).
GLIEDERUNG
1. Einleitung und Aufbau der Arbeit
2. Begriffsbestimmung und Definitionen: Risikokommunikation
2.1 Definitorische Ansätze
2.2 Akteure in Risikokommunikationsprozessen
2.3 Risikokommunikation als Forschungsgebiet
2.4 Anlässe und Ziele der Risikokommunikation
3. Umweltbeziehung und Verantwortungsbewusstsein von Unternehmen
3.1 Ökologische Anliegen der Unternehmensumwelt
3.2 Verantwortliches Verhalten von Unternehmen
3.3 Aktionen und Reaktionen von Unternehmen auf ökologische Veränderungen
4. Risikokommunikation als Strategie im Umgang mit
ökologischen Risiken
4.1 Verlauf und Zyklen von Risikokommunikationsprozessen
4.2 Die besondere Rolle der Medien in Risiko- kommunikationsprozessen
4.3 Ansätze zur Verbesserung der Risikokommunikation
5. Schlussbetrachtung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Erklärung
1. Einleitung und Aufbau der Arbeit
„Heute lässt sich feststellen, dass in den Chefetagen der Unternehmen zunehmend "grünes" Denken Einzug hält. Die Zeiten, in denen Ökonomie und Ökologie als Gegensatz gesehen wurden, in denen Umweltschutz als "Jobkiller" und als negativer Standortfaktor bezeichnet wurde, gehören der Vergangenheit an...“ (Rede von Bundesumweltminister Jürgen Trittin anlässlich der Preisverleihung "Ökomanager des Jahres 2000" in Berlin am 18.10.2000).
Mit Inkrafttreten des Umwelthaftungsgesetzes am 1. Januar 1991 rückte das Umweltrisiko von Betrieben in der Bundesrepublik Deutschland verstärkt ins Interesse sowohl politischer und juristischer als auch sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Diskussionen. Laut Grasser begründet dieses Gesetz eine „...verschuldungsunabhängige Haftung für Umweltschäden, die auch Schäden aus dem genehmigten Normalbetrieb einschließt“ (2000. S. 7).
Das Umwelthaftungsgesetz stellt aber nur eine Ausprägung des zunehmenden Interesses an Umweltrisiken dar. Eine weitere zeigt sich im veränderten und zunehmenden Interesse verschiedener gesellschaftlicher Interessengruppen an technischen Innovationen und an als riskant wahrgenommenen unternehmerischen Aktivitäten. So musste beispielsweise der Ölkonzerns Shell 1995 aufgrund einer Kampagne der Umweltschutzorganisation Greenpeace auf die Versenkung seiner ausgemusterten Ölplattform "Brent Spar" im Atlantik verzichten. Im Zuge der Kampagne kam es zum teilweisen Boykott von Produkten des Ölkonzerns durch Verbraucher. Weit schwerer als die unmittelbaren finanziellen Folgen wogen jedoch die Imageschäden für den betroffenen Betrieb.
Dieses Beispiel rückt ausser dem zunehmenden öffentlichen Einfluss auf unternehmerische Aktivitäten und Entscheidungen, noch einen weiteren Aspekt ins Blickfeld: Die Risikowahrnehmung der Öffentlichkeit weicht von der Risikoabschätzung der Experten insofern ab, als dass die Öffentlichkeit technische Risiken, wie die der Kernkraft, Müllverbrennungsanlagen oder gentechnischen Anlagen, höher bewertet als die involvierten Experten (vgl. Jungermann & Slovic 1983).
Als Gründen für diese Diskrepanz in der Wahrnehmung von Umweltrisiken zwischen Experten- und Laien, werden in der Literatur ein wachsendes Risikobewußtsein und eine sinkende Risikoakzeptanz vermutet oder um es positiver auszudrücken: ein gesteigertes Sicherheitsbewußtsein (Becker 1993, S. 344).
Wirtschaftliche Unternehmen scheinen durch diese Entwicklungen zunehmend in eine Akzeptanzkrise zu geraten, die sich vor allem im schwindenden Vertrauen der Öffentlichkeit in unternehmerisches Handeln zeigt. Diese Akzeptanzproblem ist nicht nur auf ein Defizit an geeigneten Informationen seitens der Unternehmen an die interessierte Öffentlichkeit bedingt, sondern auch Ausdruck einer Vertrauenskrise. Da moderne Techniken, Produktionsformen und wirtschaftliche Aktivitäten heute so komplex sind, dass sie für Laien kaum noch durchschaubar sind, also umfassende Kontrolle nahezu unmöglich wird, kann wohl davon ausgegangen werden, dass sich Vertrauen / Mißtrauen als dominantes Bewertungskriterium durchsetzten wird (Luhmann 1973).
Barber (1983) identifiziert in diesem Zusammenhang drei Bedeutungen von Vertrauen, von denen die ersten beiden für die Kommunikation von Unternehmen mit der Öffentlichkeit besonders wichtig zu sein scheinen: 1. Vertrauen in die Kompetenz, 2. Vertrauen in die Berücksichtigung kollektiver Interessen und 3. - mit dem zweiten Aspekt eng verknüpft - besteht die Befürchtung, dass die Industrie Neben- und Spätfolgen der Produktion selbst nicht in genügendem Maße beherrscht und daher Umwelt- und Gesundheitsschäden nicht vermeiden kann.
Das bedeutet, dass das Vertrauen in die Kompetenz im Sinne von Risiko-Management schwindet, also in die Fähigkeit, die Folgen des eigenen Handelns absehen und kontrollieren zu können.
Die klassische unternehmerische PR-Arbeit, so der Vorwurf von Röglin und Grebmer (1988), sind aufgrund ihrer Reaktivität und Manipulativität nicht mehr in der Lage dem heutigen gesellschaftlichen Umfeld gerecht zu werden und Vertrauen hinsichtlich unternehmerischer Entscheidungen aufzubauen, so dass sich die Frage stellt, wie Öffentlichkeitsarbeit unter diesen veränderten Bedingungen und Bewußtseinslagen aussehen muss.
Mit der Beantwortung genau dieser Frage soll sich in dieser Arbeit beschäftigt werden, indem das Thema Risikokommunikation unter umwelt-psychologischem Blickwinkel als Strategie unternehmerischen Umwelt-Risiko-Mangements dargestellt und ihre Anwendbarkeit auf die genannten aktuellen Veränderungen hin analysiert wird. Auf Grund dieser Zielsetzung und der nötigen Beschränkung im Umfang dieser Arbeit, geht es nicht darum, einzelne Industriezweige und damit verbundene spezielle Umweltrisiken zu thematisieren, sondern den Umgang wirtschaftlicher Unternehmen bzw. privatwirtschaftlich Industrie mit Umweltrisiken durch Risikokommunikation insgesamt und als Prozess zu analysieren.
Die vorliegende Arbeit kann nicht den Anspruch haben, das Thema umfassend und vollständig zu bearbeiten, aber es soll Denkanstösse und Informationen liefern, die zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema anregen sollen.
Aufbau der Arbeit:
Um sich dem gesamten Thema dieser Hausarbeit systematisch zu nähern, ist er zunächst wichtig, den Begriff (ökologische) Risikokommunikation inhaltlich und definitorisch einzugrenzen. In Kapitel 2.1 werden deshalb verschiedene Definitionsansätze vorgestellt und miteinander vergleichen, um hierauf aufbauend die wesentlichen Grundelemente betrieblicher Risiko-kommunikation identifizieren zu können. Ein wesentliches Element sämtlicher Risikokommunikationsprozesse sind die beteiligten Personengruppen, so dass diesen „Akteuren“ in Kapitel 2.2 ein eigener Abschnitt gewidmet wird. Hierauf aufbauend wird in Kapitel 2.3 ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung und den aktuellen Stand der Risikokommunikationsforschung gegeben. Im Anschluss daran werden allgemeine Anlässe und Ziele von Risikokommunikation aus einer Managementperspektive dargestellt und hinsichtlich ihrer jeweiligen Besonderheiten unterschieden.
Kapitel 3. hat zur Aufgabe, die Aktualität des Themas Umweltschutz und diesbezügliches Verantwortungsbewußtsein aus Sicht wirtschaftlicher Unternehmen bzw. industrieller Organisationen deutlich zu machen. Zunächst geht es in Kapitel 3.1 darum, die unterschiedlichen Veränderungen im Bereich der unternehmerischen Umwelt kurz zu skizzieren. Aus der Perspektive der Unternehmensumwelt soll deutlich werden, dass die Öffentlichkeit zunehmend kritisch auf Aktivitäten von Unternehmen reagieren, die Umweltbelastungen und technologische Risiken zur Folge haben können bzw. haben. In Kapitel 3.2 findet ein Perspektivenwechsel statt, wodurch das Verhalten von Unternehmen auf die veränderten Bedingungen seitens der Unternehmensumwelt in den Fokus gerückt wird. Um die Ergebnisse aus den Kapiteln 3.1 und 3.2 miteinander in Bezug zu setzten, wird in Kapitel 3.3 die Entwicklung von einer reaktiv passiven zu einer aktiv antizipatorischen unternehmerischen Risikokommunikation dargestellt, indem verschieden Konzepte aus der Risikoforschung analysiert werden.
In dem letzten Kapitel dieser Hausarbeit geht es darum, die in Kapitel 2 allgemein gehaltenen Inhalte zur Risikokommunikation konkret auf die in Kapitel 3 dargestellt aktuelle Situation wirtschaftliche Unternehmungen zu übertragen und ihre Relevanz und Anwendbarkeit in diesem Kontext zu analysieren. Zunächst sollen in Kapitel 4.1 verschiedene Konzepte zu den Phasen und dem idealtypischen Verlauf von Risikokommunikationsprozessen dargestellt werden. Diese Darstellung dient dazu, anhand von Lebenszyklus-konzepten besser beurteilen zu können, welche Themen in das Rampenlicht der Öffentlichkeit gelangen und wie sich diese Prozesse vollziehen, auf die Unternehmen einzugehen und zu reagieren haben. In Kapitel 4.2 geht es um die besondere Rolle der Medien in Risikokommunikationsprozessen und
-debatten, denen – wie gezeigt werden soll- als Akteur eine Schlüsselfunktion zukommt.
Abschliessend werden in Kapitel 4.3 verschiedene Ansätze vorgestellt, mit denen unter bestimmten Voraussetzungen die unternehmerische Risikokommunikation von ökologischen Risiken verbessert werden könnte.
2. Begriffsbestimmung und Definitionen: Risikokommunikation
Im Kontext von Risiken bedeutet Kommunikation die Vermittlung von anschaulichen Bildern des eigenen Tuns oder der beabsichtigten Handlungen, um dem jeweils anderen die Bewertung dieser Handlungen zu ermöglichen (vgl. Röglin 1990). Diese Bewertung muss nach Röglin (1990, S. 32) respektiert werden und in die eigenen Entscheidungen jeweils wieder einfliessen.
Risikokommunikation ist somit nicht nur als eine wissenschaftliche Komponente des Konstruktes Risiko zu verstehen, sondern zeigt die soziale Bedeutsamkeit des gesamten Komplexes auf und wird damit zu einem konkreten, praxisrelevanten Problem (vgl. Wiedemann, Rohrmann & Jungermann 1990, S.3f.). Da Kommunikation über Risiken meist vor dem Hintergrund differenzierender Werte und unterschiedlicher Einstellungen geschieht, ist Risikokommunikation immer auch kontrovers (Obermeier 1990, S. 247).
Problemstellungen in Bezug auf Risikokommunikation lassen sich nach Wiedemann, Rohrmann und Jungermann (1990, S. 5) auf folgende drei Dimensionen beziehen:
- auf verschiedene Risikothemen, z.B. psychologische, soziologische, ökologische oder ethische Fragen
- auf verschiedene Technikbereiche, z.B. Energietechnik, Gentechnik oder I&K-Technik sowie
- auf verschiedene Akteure der Kommunikation, z.B. Wissenschaftler, Bürger, Journalisten, Unternehmen.
Wie in der Einleitung erwähnt, fokussiert die vorliegende Arbeit den Akteur wirtschaftliche Unternehmen, nimmt eine umweltpsychologische Perspektive ein und begrenzt sich nicht auf einen speziellen Technikbereiche.
2.1 Definitorische Ansätze
Der Begriff Risikokommunikation ist aufgrund seiner Komplexität schwer einzugrenzen. Pauschal betrachtet ist fast jede Kommunikation auch Risikokommunikation, da bei fast allen Kommunikationen über bestimmte Themen immer auch die Möglichkeit des Scheitern mit kommuniziert wird.
Es handelt sich also, vorwissenschaftlich formuliert, um eine Kommunikation über ein Risiko.
Da Risikokommunikation interdisziplinär verhandelt wird, wird der Begriff Risikokommunikation in der Konsequenz häufig mit differenzierten Inhalten belegt:
- Schanne (1996) definiert Risikokommunikation als eine Form der öffentlichen Kommunikation, die Beeinträchtigungen des individuellen und gesellschaftlichen Lebens thematisiert. Dazu gehören neben gesundheitlichen Risiken auch Faktoren der Lebensqualität.
- Wiedemann (1990) ordnet die Risikokommunikation denjenigen Kommunikationsprozessen zu, die sich auf die Identifizierung, Analyse, Bewertung sowie das Management von Risiken und die dafür notwendige Interaktion zwischen den Beteiligten beziehen.
- Laut Wulf (1996) besagt Risikokommunikation, daß verschiedene Parteien, Verwaltung, Politik, Öffentlichkeit, Wissenschaft, Gewerkschaft über das Ausmaß von Gesundheits- und Umweltrisiken kommunizieren. Dabei werden Aspekte der Faktizität potentieller Risiken und der davon betroffenen Personenkreise, ihre Reichweite und Möglichkeiten der Risikovermeidung und -vorsorge thematisiert.
- Rohrmann definiert Risikokommunikationen ähnlich wie Wulf (1996) indem er sie als Kommunikationsprozesse ansieht, "die der Informations-vermittlung und dem Informationsaustausch zwischen Personen, Gruppen und Institutionen über die Beschaffenheit, Bewertung und Bewältigung von Risiken für Mensch und Umwelt dienen" (1997, S. 51) .
Risikokommunikation umfaßt hierbei nicht nur Formen des direkten Austausches zwischen Unternehmen, gesellschaftlichen Gruppen, Bürgern und Politikern, sondern außerdem den indirekten Austausch über Medien, auf deren Sonderrolle in Kapitel 4.2 noch detailliert eingegangen wird.
Ebenso zur Risikokommunikation gehört die "communication obligation" (vgl. Kasperson 1986, S. 275), also die auf Vereinbarungen beruhenden Benachrichtigungspflichten bei Unfällen und Naturkatastrophen. Schließlich können auch öffentliche Meinungskundgaben und Konfliktaustragungen, wie sie z.B. bei Demonstrationen und öffentlichen Podiumsdiskussionen etc. denkbar sind, Risikokommunikation sein.
Nach der Sichtung einer Reihe von Begriffsbestimmungen hat Ruhrmann (1993, S. 11ff.) drei konstituierende Elemente der Definitionen festgehalten:
1. Die jeweiligen Kommunikatoren (Individuen, organisierte Akteure) kommunizieren in der Rolle als Entscheider, während die Rezipienten (Individuen, Gruppen, Publikum) die Position der Betroffenen einnehmen.
2. Die Aussagen werden als einseitiger Prozess oder als Interaktion übermittelt.
3. Strukturell wird Risikokommunikation entweder als einseitiger und gerichteter Prozess oder als zweiseitiger und ungerichteter, teilweise auch asymmetrischer Prozess beschrieben.
Resümierend entwickelte Ruhrmann (1993, S. 114ff.) zwei vorläufige Kriterien für Risikokommunikation, die von den meisten Definitionen zur Risikokommunikation aufgegriffen werden: Problembezug und Intentionalität.
Das Kriterium Problembezug meint, dass der Begriff Risikokommunikation die „problematischen und schwierigen Folgen eingetretener Schadensereignisse sowie ihre Hintergründe, Ursachen und Wirkungen (Ruhrmann 1993, S. 117) beinhaltet, während unter Intentionalität die erweiterten (z.T.) normativen Ansprüche der Risikokommunikation einer Ziel- und Zweckorientierung und Zielverwirklichung verstanden werden.
2.2 Akteure in Risikokommunikationsprozessen
Nachdem ein kurzer Überblick über die Inhalte und mögliche Differenzierungen von Risikokommunikation gegeben wurde, soll nun auf die an Risikokommunikationsprozessen oder Risikodebatten (vgl. Beck 1986, S. 25ff.) über ökologische Risiken beteiligten Personenkreise eingegangen werden.
Insgesamt kann Hennen (1990) zufolge zwischen sechs Typen von Akteuren (Arenen) im Rahmen der Risikokommunikation differenziert werden:
Die Industrie
Gerade die in der Öffentlichkeit stehenden Wirtschaftsunternehmen müssen sich der Kontrolle und Kritik der Öffentlichkeit aussetzen. Sie gelten als Produzent oder Betreiber riskanter Technologien. Dazu gehören z.B. Betriebe, die schadstoffproduzierende Anlagen bauen (z.B. Kraftwerke), Hersteller potentiell gefährlicher Produkte, Betreiber von Forschungseinrichtungen (z.B. Labors für gentechnische Experimente) sowie Transporteure von Gefahrengütern.
Risikokommunikation ist gerade bei Akzeptanzkrisen für Wirtschafts-unternehmen immer riskant, weil sie nie wissen können, ob die von ihnen herausgegebenen Informationen eine Diskussion entwickeln, die letztendlich ihre Interessen konterkariert (vgl. Compare 1995). Zu „vollmundige“ Unternehmensleitlinien können bei Nichteinhaltung einen Bumerangeffekt dahingehend bewirken, daß Unglaubwürdigkeit von den Konsumenten durch Protest und Boykott bestraft wird.
Risikokommunikation von Unternehmen umfaßt folgende Ansprüche, die Meier (1996) zusammengefaßt hat: Dazu gehört die Offenheit von unternehmerischen Entscheidungen gegenüber der Öffentlichkeit, die Offenheit gegenüber potentiellen Risiken von Produkten, Produktionen und Produktionsstandorten, die Akzeptanz von Unternehmensentscheidungen bei der dort ansässigen Bevölkerung sowie der Dialog mit der Öffentlichkeit über unternehmensspezifische Planungsentscheidungen.
Risikokommunikation sollte seiner Meinung nach ausserdem aktiv betrieben werden, um Glaubwürdigkeit, Respekt und Akzeptanz bei der Bevölkerung zu erreichen. Vom Anspruch her sollte die kritische Öffentlichkeit entsprechend nicht als Gegner, sondern als "Impulsgeber" verstanden werden.
Exponierte
Obwohl sich der Bereich von Risiken in vielen Fällen lokal nicht eingrenzen läßt, gibt es z.T. konkret benachteiligte Bevölkerungsschichten, die sich in unmittelbarer räumlicher Nähe einem höheren Risiko aussetzen. Dazu gehören Anwohner von Industrieanlagen, Beschäftigte, die an gefährlichen Produktionsprozessen beteiligt sind und schließlich auch die Nutzer einer riskanten Technologie.
(Interessierte) Öffentlichkeit
Dabei handelt es sich um Personengruppen, die keine Verursacher oder Exponierte sind, aber gleichwohl an der Problemdiskussion teilnehmen, weil sie sich von den Konsequenzen zumindest mittelbar oder langfristig betroffen fühlen oder Solidarität mit den unmittelbar Betroffenen dokumentieren möchten. Dazu werden einerseits die allgemeine, nicht organisierte Bevölkerung und andererseits organisierte Interessengruppen wie Bürgerinitiativen, alternative Bewegungen sowie Interessenverbände verschiedener Art (z.B. Gewerkschaften, Industrielobby, Umweltschutz-verbände, Kirchen, politische Parteien) gerechnet.
Regulative Instanzen
Dazu zählen staatliche Administration (Institutionen des Bundes, Länder und Gemeinden), die legislativ oder exekutiv für die Regelungen der jeweiligen Problemlage zuständig sind. Darunter fallen u.a. Parlamente, Genehmigungs-behörden und Aufsichtsämter.
Wissenschaftler
Wissenschaftler erheben den Anspruch, kompetente und unabhängige Bewertungsmaßstäbe für die Analysen und Auswirkungen von Risiken zu liefern. Sie stammen aus Universitäten, Forschungseinrichtungen oder alternativen Wissenschaftsinstituten (z.B. Forschungszentrum Jülich). Darüber hinaus nehmen sie als Sachverständige/Gutachter in diversen technische Gremien (z.B. TÜV, VDI) Kontrollaufgaben wahr.
Medien und Journalisten
Medien und Journalisten sollen im Rahmen der Berichterstattung Informationen über Technologien und die damit verbundenen Möglichkeiten und Gefahren vermitteln. Im Rahmen der journalistischen Selektions- und Gestaltungsprozesse fällt ihnen die Aufgabe zu, vor Risiken zu warnen und Handlungsanweisungen im Umgang mit Risiken zu formulieren. Sie sollten aufklären und sensibilisieren, um der interessierten Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, Kompetenzen im Kontext der Urteils- und Meinungsbildung zu erlangen, an die sich - zumindest idealtypisch - Partizipationsoptionen anschließen könnten. Journalisten sind nicht zwingend direkte Beobachter oder Augenzeugen des Geschehens, sondern müssen sich z.T. auf Agenturmeldungen verlassen. Sie konstruieren soziale Wirklichkeit und wählen Themen nach bestimmten Interessen in Form von Darstellungsmöglichkeiten und "Verkaufsstrategien" aus. Sachzwänge in Form eines unzureichenden Zeitkontingentes für eine adäquate Darstellung komplexer Risikophänomene erschweren eine informative Hintergrund-berichterstattung. Diese unterliegt zunächst den Selektionskriterien der darüber berichtenden Journalisten und damit zusammenhängenden Meinungen, Moden, Moralvorstellungen und daraus sich bildenden Urteilen.
Unmittelbare Konfliktparteien sind nach Rohrmann (1990, S. 330f.) meist Betreiber und Exponierte sowie die formal und gesetzlich zuständigen administrativen Instanzen. Bei vielen Konflikten über ökologische Risiken empfinden sich jedoch oft sehr viel mehr Gruppen der Gesellschaft als „betroffen“ – nämlich „...jener Teil der Öffentlichkeit, der dem jeweiligen Problemfall generelle (und nicht nur lokale) Bedeutung zuschreibt“ (Rohrmann 1990, S. 330). Außerdem sind meist auch die Wissenschaft und Medien an den Risikodebatten beteiligt, obwohl sie der Sache nach nicht unmittelbar betroffen sind (vgl. van den Daehl 1990).
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- Arbeit zitieren
- Julia Kutz (Autor:in), 2002, Risikokommunikation als Strategie von Unternehmen im Umgang mit ökologischen Risiken, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14651
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