Einleitung
Die nationalsozialistischen Pläne für die Germanisierung Ostmittel- und Osteuropas sahen eine Bevölkerungspolitik von bisher unbekannten Ausmaßen vor. Für die annektierten Gebiete im Westen Polens sowie mit Beginn des Weltanschauungskrieges gegen die Sowjetunion auch für weite Teile Rußlands war die Ausrottung bzw. Umsiedlung eines
Großteiles der ansässigen Bevölkerung vorgesehen, um diese Gebiete langfristig für das Deutsche Reich zu sichern und die prognostizierte „Raumnot“ zu beheben. Die zügige Eroberung der Ukraine, Weißrußlands und des Baltikums „stellte den Landesplanern,
Städtebauern, Bevölkerungsökonomen und Agrarwissenschaftlern endlich ein Terrain zur Verfügung, wo sie ohne Rücksicht auf Menschen und gewachsene Strukturen jene „Neuordnung“ realisieren konnten, die sie in den letzten Vorkriegsjahren [...] entworfen hatten.“(1)
Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Planungen in den zwei Hauptämtern der SS, welche sich im Kompetenzwirrwarr der neu zu verteilenden Aufgabenbereiche erfolgreich durchsetzten. Im Mittelpunkt soll die Analyse der jeweiligen Generalpläne Ost von
Reichssicherheitshauptamt (Im Folgenden: RSHA) und vom Stabshauptamt des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums (Im Folgenden: RKF) stehen, wobei hier besonders die jeweils weiteste Planungsstufe besonders berücksichtigt werden soll, d.h. im Falle der RSHA der Generalplan Ost (Im Folgenden: GPO) von Anfang 1942 und
dessen Überarbeitung zum Gesamtplan Ost und im Falle des RKF die dritte Variante des GPO vom 28.5.1942.
[...]
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1 Siehe S.59 in Roth, Karl-Heinz: : „Generalplan Ost“ – „Gesamtplan Ost“. Forschungsstand, Quellenprobleme, neue Ergebnisse. In: Rössler, Mechthild und Sabine Schleiermacher (Hrsg.): Der „Generalplan Ost“. Hauptlinien der nationalsozialistischen Planungs- und Vernichtungspolitik. Hamburg 1993. S.25-95. [Künftig zitiert als Roth, Karl-Heinz]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Geschichte und Begründung deutscher Ostpläne
- Geschichtliche Vorläufer des Generalplanes Ost
- „Lebensraum“ in der NS-Ideologie
- Ziele um Umsetzung der Generalplanung
- Vom Polenfeldzug zum Generalplan Ost
- Die Ziele des RSHA- GPO und der dritten Variante des RKF-GPO
- Der GPO und die „Endlösung der Judenfrage“
- Umsetzung des Programms anhand von Versuchsiedlungen
- Der GPO im NS-System. Kontroversen.
- Kompetenzverteilung und Ämterkonkurrenz
- Die pragmatische Komponente des GPO: Doch nicht reine Ideologie?
- Schlußbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die unterschiedlichen Varianten des Generalplanes Ost, der während des Zweiten Weltkrieges von der SS zur geplanten Germanisierung Ostmittel- und Osteuropas entwickelt wurde. Die Arbeit konzentriert sich auf die Planungen des Reichssicherheitshauptamtes (RSHA) und des Stabshauptamtes des Reichskommissars für die Festigung deutschen Volkstums (RKF).
- Die geschichtliche Einbettung des Generalplans Ost und seine Verbindung zu früheren Ostplänen.
- Die Rolle des „Lebensraum“-Gedankens in der NS-Ideologie und seine Bedeutung für die Planung der deutschen Ostpolitik.
- Die verschiedenen Ziele und Umsetzungsmöglichkeiten der Generalpläne Ost des RSHA und des RKF, einschließlich der „Endlösung der Judenfrage“.
- Die Analyse von Testsiedlungen als Beispiel für die Umsetzung des GPO.
- Die Untersuchung der Kompetenzverteilung und Ämterkonkurrenz im Zusammenhang mit dem Generalplan Ost und die Frage nach der Bedeutung pragmatischer Faktoren für die Entstehung und Umsetzung der Pläne.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt die nationalsozialistischen Pläne für die Germanisierung Ostmittel- und Osteuropas vor und konzentriert sich auf die Analyse der Generalpläne Ost des RSHA und des RKF. Sie beleuchtet die historischen Vorläufer des Generalplans, die Bedeutung des „Lebensraum“-Gedankens für die NS-Ideologie und den Zusammenhang zwischen der Germanisierungspolitik und der „Endlösung der Judenfrage“.
- Geschichte und Begründung deutscher Ostpläne: Dieses Kapitel beleuchtet die geschichtlichen Wurzeln der deutschen Ostpläne im 19. und frühen 20. Jahrhundert und die Rolle des ersten Weltkriegs in der Entwicklung dieser Ideen. Es analysiert die Bedeutung des „Lebensraum“-Gedankens für die NS-Ideologie und zeigt auf, wie er zur Rechtfertigung der geplanten Expansion nach Osten und der Vernichtung oder Vertreibung der dortigen Bevölkerung diente.
- Ziele und Umsetzung der Generalplanung: Dieses Kapitel beschreibt die verschiedenen Ziele und Umsetzungsmöglichkeiten der Generalpläne Ost des RSHA und des RKF. Es analysiert die Rolle des Generalplans im Kontext des Zweiten Weltkriegs und der „Endlösung der Judenfrage“ sowie die geplanten Maßnahmen zur Umsiedlung und Ausrottung der Bevölkerung in den zu erobernden Gebieten.
- Der GPO im NS-System. Kontroversen.: Dieses Kapitel befasst sich mit der Frage der Kompetenzverteilung und Ämterkonkurrenz innerhalb des NS-Systems, insbesondere im Zusammenhang mit dem Generalplan Ost. Es analysiert die unterschiedlichen Strategien der beteiligten Behörden und die Rolle pragmatischer Faktoren in der Entstehung und Umsetzung der Pläne.
Schlüsselwörter
Generalplan Ost, Lebensraum, NS-Ideologie, Germanisierung, Ostpolitik, RSHA, RKF, Endlösung der Judenfrage, Testsiedlungen, Kompetenzverteilung, Ämterkonkurrenz, pragmatische Faktoren.
- Arbeit zitieren
- Thomas Podranski (Autor:in), 2001, Deutsche Siedlungspolitik im Osten - Die verschiedenen Varianten des Generalplan Ost der SS, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1467