Das Verhalten der Zentrumspartei im Angesicht des Ermächtigungsgesetzes


Studienarbeit, 2009

19 Seiten, Note: 3,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Katholische Grundlage des Zentrums

3 Die Politik des Zentrums bis zum 30.01.1933
3.1 Die Reichskanzlerschaft von Heinrich Brüning
3.2 Unbedingte Verfassungstreue

4 Die Politik des Zentrums ab dem 30.01.1933
4.1 Die Forderungen an die neue Reichsregierung
4.2 Der letzte Wahlkampf und der Reichstagsbrand
4.3 Verhandlungen und Gespräche vor dem Ermächtigungsgesetz
4.4 Das Ermächtigungsgesetz

5. Papen und Kaas in Rom

6 Schluss

Literatur- und Quellenverzeichnis

1 Einleitung

Diese Hausarbeit untersucht und analysiert die Politik der Deutschen Zentrumspartei (Zentrum) im Angesicht des „Gesetzes zur Behebung der Not von Volk und Reich“ (Ermächtigungsgesetz) vom 24. März 1933 - jenes Gesetz, mit dem sich die Parteien des Reichstages im Jahre 1933 selbst entmachteten und ihre Befugnisse Reichskanzler Adolf Hitler überließen.

Aufgrund der Ausschaltung der gesamten Mandatsträger der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) und von acht Abgeordneten der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) im Zuge der „Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat“ (Reichstagsbrandverordnung) vom 28. Februar 1933 wurde das Ermächtigungsgesetz nur scheinlegal verabschiedet. Doch selbst nach dieser gesetzeswidrigen Manipulation benötigten die Nationalsozialisten immer noch die Stimmen des demokratisch gesinnten Zentrums, um das Gesetz verabschieden zu lassen. Dem Zentrum kam als Vertretung der katholischen Mitte bei der Abstimmung als viertstärkste Partei im Reichstag somit eine entscheidende Rolle zu. Ihr Verhalten bedarf daher besonderer Aufmerksamkeit.

Was diese Partei im Rahmen ihres Einflusses getan hat, soll in dieser Arbeit die Fragestellung bilden. Welche Gründe sie zur Zustimmung bewogen hat und welche Alternativen es gab, wird dabei von besonderer Bedeutung sein. Der methodische Ansatz wird eine hermeneutisch divergierende Argumentationsstruktur sein. Die Positionen von Historikern werden aufeinander aufbauend zu einer Synthese zusammengefasst. Diese Arbeit analysiert mit Unterstützung von Quellen das Verhalten der handlungstragenden Personen.

Zuerst wird diese Arbeit im ersten Teil auf die katholische Grundlage der Partei eingehen, da die Grundlage die Politik des Zentrums maßgeblich beeinflusste. Darauf-hin wird das Verhalten des Zentrums gegenüber Hitler vor dessen Ernennung zum Reichskanzler (30.01.1933) analysiert. Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf dem zweiten Teil der Arbeit. Hier werden konkret die Gründe nach dem des Zentrums, die zur Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz führten, erforscht.

Die Analyse der Zentrumspolitik in Bezug auf das Ermächtigungsgesetz bezieht sich im Wesentlichen auf die Zeit vom Rücktritt des Reichskanzlers Heinrich Brüning (30.05.1932) bis zum Inkrafttreten des Ermächtigungsgesetzes (24.03.1933). Diese zeitliche Eingrenzung wurde gewählt, da seit der Kanzlerschaft von Brüning das Parlament als politische Instanz übergangen wurde und sich das Zentrum nach dessen Rücktritt erstmals in der Weimarer Republik in die Rolle der Opposition gedrängt sah. Die innenpolitische Auseinandersetzung mit Hitler trat in die entscheidende Phase. Es offenbarte sich eine folgenreiche Änderung in der Haltung der Parteiführung des Zentrums.

Um die Zustimmung des Zentrums zum Ermächtigungsgesetz ist in den 70er und 80er Jahren eine intensive Auseinandersetzung entstanden. Die erste umfangreiche Darstellung des Verhaltens des Zentrums lieferte aber bereits Karl Dietrich Bracher mit seinem im Jahre 1960 erstmals erschienenen Werk „Die nationalsozialistische Machtergreifung“. Eingehend beschäftigte sich Bracher mit den Motiven des Zentrums, die zur Zustimmung zum Ermächtigungsgesetz führten. Dazu haben Angst vor Terror und Entlassung von Zentrumsbeamten gezählt sowie das Vertrauen in die von Hitler versprochenen Verfassungsgarantien[1]. Detlef Junker bereitete im Jahre 1969 in seiner politikwissenschaftlichen Arbeit über „die Deutsche Zentrumspartei und Hitler“ den weiteren Weg der Forschung über das Verhalten des Zentrums im Angesicht des Ermächtigungsgesetzes. Seiner gewagten These, die Zustimmung des Zentrums sei zum großen Teil von seinem Trierer Parteivorsitzenden Prälat Ludwig Kaas abhängig gewesen, der im Angesicht eines möglichen Reichskonkordates agierte[2], konnte Rudolf Morsey allerdings nicht folgen. Zusammen mit Erich Matthias gab Morsey im Jahr 1984 das Sammelwerk über das „Ende der Parteien der Weimarer Republik“ heraus. Die Thesen von Morsey konkretisieren die Ansichten von Bracher und ergänzen diese um weitere bedeutende Ursachen. Hierzu haben die Fehleinschätzungen über Hitler, die illusionäre Politik gegenüber der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP) und die autoritäre Politik des Parteivorsitzenden Kaas gehört[3].

Diese Studie über das Verhalten der Zentrumspartei im Angesicht des Ermächtigungs-gesetzes kann aufgrund ihres Umfangs nicht den Anspruch erheben ihr Thema erschöpfend behandelt und alle damit verbundenen Fragen gelöst zu haben. Das Verhalten des Zentrums in den späten Krisenjahren der Weimarer Republik bis zur Ernennung von Hitler zum Reichskanzler kann nur ansatzweise mit in die Analyse einbezogen werden. Die Bedeutung des Ermächtigungsgesetzes für die weitere Politik des nationalsozialistischen Regimes wird in dieser Arbeit wegen des fehlenden Bezugs nicht erforscht. Auf die Parteistruktur des Zentrums, die zur inneren Spaltung im Jahr 1933 führte, wird nur fragmentarisch eingegangen.

2 Katholische Grundlage des Zentrums

Das Zentrum wies in der Parteienlandschaft der Weimarer Republik zweierlei Besonderheiten auf. Zum Ersten wollte sie grundsätzlich überkonfessionell sein, bezog aber ihre Wählerschaft fast ausschließlich aus den katholischen Bevölkerungsschichten. Die Politik des Zentrums sei nicht einer Ideologie entsprungen, sondern orientiere sich mehr an christlichen und rechtsstaatlichen Prinzipien[4]. Des Weiteren war die Partei die einzige unter den deutschen Parteien, die nach Ambition und Realität eine Volkspartei war, die alle Schichten der katholischen Bevölkerung gleichermaßen umfasste. Daraus ergab sich eine besondere Verbindung zur katholischen Kirche in Rom. Geistliche waren stets im Zentrum vertreten. Diese enge Bindung zur Kirche habe sich im Laufe der Zeit jedoch als Belastung erwiesen[5].

Als der Parteivorsitzende des Zentrums Wilhelm Marx im Jahre 1928 zurücktrat, wurde auf dem Reichsparteitag in Köln am 8./9. Dezember 1928 erstmals in einer Kampfabstimmung zwischen drei Kandidaten entschieden. Schließlich setzte sich Kaas beachtlich klar durch. Die Mehrzahl der Parteianhänger wählte den Geistlichen in der Hoffnung, er könne die scheidenden Parteiflügel wieder zusammenfügen. Diese Wahl war allerdings Ausdruck der strukturellen Führungsschwäche in der Parteiführung und eine Besinnung auf den gemeinsamen verbindenden kirchlichen Ursprung.

Nach Rudolf Morsey habe im Jahre 1928 mit der Wahl von Kaas der letzte Abschnitt in der Geschichte des Zentrums begonnen[6]. Mit Übernahme des rechten Flügels schlug die Partei einen stark autoritären Kurs ein.

Klassenübergreifende Interessen mit der kirchlichen Doktrin zu verbinden forderte laufend einen innerparteilichen Ausgleich. Fortwährend versuchte die Partei einen Ausgleich zwischen den Koalitionspartnern der Weimarer Republik zu schaffen. Durch die Offenheit für linke wie rechte Parteien wurde das Zentrum zur staatstragenden Partei und gehörte zwischen 1919 bis 1930 sämtlichen Koalitionsregierungen an. „Diese „Schlüsselrolle“ hing auch damit zusammen, dass in der Weimarer Republik das normale Wechselspiel zwischen Regierung und Opposition […] nie zustande kommen konnte, weil die Stärke der extremen Parteien eine solide Mehrheitsfindung ausschloss.“[7] Somit konnte das Zentrum nur Minderheitenregierungen oder große Koalitionen mit den verfassungsloyalen Parteien eingehen.

3 Die Politik des Zentrums bis zum 30.01.1933

3.1 Die Reichskanzlerschaft von Heinrich Brüning

Als sich die große Koalition im März 1930 auflöste und dem Weimarer Parlamentarismus die Verantwortung entzogen wurde, wurde der Zentrumsabgeordnete Heinrich Brüning in Abhängigkeit vom Reichspräsidenten Paul von Hindenburg zum Reichskanzler eines Präsidialkabinetts ernannt. Das Bemühen Brünings um Unabhängigkeit von seiner Partei bezahlte das Zentrum mit einer Minderung seines Einflusses. Dieses Bemühen „fand im Vatikan wenig Gegenliebe. Es fiel dem Reichskanzler in einer Audienz bei Pius XI. am 8. August 1931 nicht leicht, den […] Papst davon zu überzeugen, dass er, Brüning, nichts zulassen werde, was dem Katholizismus […] schaden könnte.“[8] Der Vatikan habe sich gegen die Zentrumspolitik nach links aufgelehnt und in Prälat Kaas den geeigneten Mann für die Lösung dieses Kurses gesehen[9]. Im Sinne des generellen Trends der Politik der katholischen Kirche der Zwischenkriegszeit habe der Vatikan sich gedrängt gefühlt, aus Angst vor dem Bolschewismus die Prinzipien der Diktatur zu übernehmen[10].

[...]


[1] Karl Dietrich Bracher/Wolfgang Sauer/Gerhard Schulz, Die nationalsozialistische Machtergreifung. Studien zur Errichtung des totalitären Herrschaftssystems in Deutschland 1933/34. (Schriften des Instituts für politische Wissenschaft, Bd. 14.), Köln/Opladen 1962, S. 145-160.

[2] Detlef Junker, Die Deutsche Zentrumspartei und Hitler 1932/33. Ein Beitrag zur Problematik des politischen Katholizismus in Deutschland. (Stuttgarter Beiträge zur Geschichte und Politik, Band 4.), Stuttgart 1969, S. 171-193.

[3] Rudolf Morsey, Die Deutsche Zentrumspartei, in: Mattias, Erich/Morsey, Rudolf (Hrsg.), Das Ende der Parteien 1933. Darstellungen und Dokumente. Düsseldorf 1984, S. 324-367.

[4] Karsten Rupert, Die Deutsche Zentrumspartei in der Mitverantwortung für die Weimarer Republik. Selbstverständnis und politische Leitideen einer konfessionellen Mittelpartei, in: Becker, Winfried (Hrsg.), Die Minderheit als Mitte. Die Deutsche Zentrumspartei in der Innenpolitik des Reiches 1871-1933. (Beiträge zur Katholizismusforschung) Paderborn/München/Wien 1986, S. 88.

[5] Ulrich von Hehl, Die Zentrumspartei – Ihr Weg vom „Reichsfeind“ zur parlamentarischen Schlüsselstellung in Kaiserreich und Republik, in: Von der Dunk, Hermann/Lademacher Horst (Hrsg.), Auf dem Weg zum modernen Parteienstaat. Zur Entstehung, Organisation und Struktur politischer Parteien in Deutschland und den Niederlanden. (Kasseler Forschungen zur Zeitgeschichte, Bd. 4.), Melsungen 1986, S. 115.

[6] Rudolf Morsey, Die Deutsche Zentrumspartei, S. 290.

[7] Ulrich von Hehl, Die Zentrumspartei – Ihr Weg vom „Reichsfeind“ zur parlamentarischen Schlüsselstellung in Kaiserreich und Republik, S. 115.

[8] Rudolf Morsey, Die Deutsche Zentrumspartei, S. 301.

[9] Ebd., S. 301.

[10] Richard, Evans, Das Dritte Reich. Aufstieg, Band 1. München 2004, S. 465.

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Das Verhalten der Zentrumspartei im Angesicht des Ermächtigungsgesetzes
Hochschule
Universität zu Köln  (Historisches Institut)
Veranstaltung
Die nationalsozialistische Herrschaft 1933-1945. Probleme und Forschungsperspektiven.
Note
3,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
19
Katalognummer
V146847
ISBN (eBook)
9783640568451
ISBN (Buch)
9783640568321
Dateigröße
453 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Ermächtigungsgesetz, Zentrum, SPD, Gleichschaltung, Machtergreifung, Kaas, Hitler, Reichskonkordat
Arbeit zitieren
David Otten (Autor:in), 2009, Das Verhalten der Zentrumspartei im Angesicht des Ermächtigungsgesetzes , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/146847

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