Als im Oktober 2005 die Polizei im Pariser Vorort Clichy-sous-Bois zwei verdächtige
Jugendliche verfolgte und diese schließlich beim dem Versuch, sich in einer
Hochspannungsanlage zu verstecken, starben, kam es anschließend zu mehrwöchigen
Krawallen im Großraum Paris.1 Im November 2007 ereignete sich in Villiers-le-Bel ein
Unfall zwischen einem Polizeiwagen und einem nicht zugelassenen Motorrad, das von
zwei Jugendlichen ohne Helm gesteuert wurde. Die Jugendlichen kamen dabei ums
Leben. Als Folge dieses Verkehrdramas wurden innerhalb von nur zwei Tagen weit
mehr als 100 Polizisten verletzt, ein Grossteil von ihnen durch Schusswaffen.2 Damit
haben sich die Ausschreitungen in Paris zu einem regelrechten Strassenkrieg entwickelt,
einer urbanen Kriegsführung, zumindest seitens der Unruhestifter.
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie es in Frankreich und speziell in
Paris zu derartigen Krawallen kommen konnte. Was sind die Ursachen für den Hass und
die Gewaltbereitschaft der meist jugendlichen Chaoten? Dabei soll der Gruppe der
Maghrebiner, also der Marokkaner, Algerier und Tunesier, besondere Aufmerksamkeit
geschenkt werden, denn „in Meinungsumfragen über den Grad der Antipathien gegen
Fremde stehen die Maghrebiner immer an erster Stelle“3. Im Pariser Becken stellen
Ausländer 37% der Bevölkerung und Maghrebiner in ganz Frankreich mit fast 1,7
Millionen Menschen über 30% aller Immigranten. Mehr noch:
„Wenn man in Frankreich […] die Kinder der Einwanderer nicht einfach in der
französischen Bevölkerung aufgehen lässt, dann stellen […] die Nordafrikaner in
Frankreich [mit ca. 2,5 Millionen] die größte Bevölkerungsgruppe islamischer
Herkunft in Europa dar.“4
Sie sind es, die automatisch in das Licht der Öffentlichkeit rücken, wenn es gilt, einen
Anstifter und Sündenbock für die Unruhen zu finden.
Zur Beantwortung der Leitfrage sollen verschiedene Aspekte und mögliche Ursachen
der Problemlage aufgegriffen werden. So ist in diesem Zusammenhang zu untersuchen,
inwiefern das französische Assimilationsmodell zu der beunruhigenden Entwicklung in
Pariser Banlieues beiträgt und beigetragen hat. Bereits 2005 sagte der damalige
Innenminister Sarkozy nach den Unruhen:„Das republikanische Integrationsmodell funktioniert nicht mehr. Wir müssen
eingestehen, dass es nicht ausreicht, eine formale Gleichheit zu proklamieren, um eine
wirkliche Gleichheit zu garantieren.“5 ...für die vollständige Einleitung siehe Kommentar
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Politische Kultur
- Das Assimilationsmodell
- Exklusion
- Städtebau
- Ethnizität
- Institutioneller Rassismus
- Soziale Probleme und Diskriminierung
- Politik
- Religion
- La Galère
- Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit den Krawallen in den Pariser Vorstädten und versucht, die Ursachen und Hintergründe der exzessiven Jugendgewalt zu beleuchten, insbesondere mit Blick auf die Immigranten aus dem Maghreb. Dabei wird untersucht, wie das französische Assimilationsmodell zu der Entwicklung in den Banlieues beiträgt und welche Rolle Exklusion, städtebauliche Aspekte, Ethnizität, institutioneller Rassismus, Politik und Religion spielen.
- Die Ursachen und Hintergründe der exzessiven Jugendgewalt in den Pariser Banlieues.
- Die Rolle des französischen Assimilationsmodells.
- Die Bedeutung von Exklusion und sozialer Ausgrenzung.
- Städtebauliche Aspekte und ihre Auswirkungen auf die Situation in den Vorstädten.
- Die Rolle von Ethnizität, institutionellem Rassismus, Politik und Religion.
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt den Kontext der Krawalle in den Pariser Banlieues dar und erläutert die Leitfrage der Arbeit: Wie kam es in Frankreich und speziell in Paris zu den Krawallen? Welche Ursachen liegen dem Hass und der Gewaltbereitschaft der meist jugendlichen Chaoten zugrunde?
- Politische Kultur: Dieses Kapitel befasst sich mit der politischen Kultur Frankreichs und ihren Besonderheiten. Es stellt dar, dass politisch motivierte, gewalttätige Proteste in Frankreich nicht ungewöhnlich sind und die Krawalle in den Banlieues möglicherweise von dieser Neigung der Franzosen beeinflusst wurden.
- Das Assimilationsmodell: Dieses Kapitel untersucht, inwiefern das französische Assimilationsmodell zu der beunruhigenden Entwicklung in den Pariser Banlieues beiträgt. Es werden Kritikpunkte am Assimilationsmodell aufgezeigt und die Frage gestellt, ob es ausreicht, eine formale Gleichheit zu proklamieren, um eine wirkliche Gleichheit zu garantieren.
- Exklusion: Das Kapitel beleuchtet die Rolle der Exklusion und sozialen Ausgrenzung in den Pariser Banlieues. Es wird dargestellt, wie die spezielle Situation in Frankreich dazu geführt hat, dass das Thema der sozialen Ausgrenzung wieder internationale Beachtung auf der politischen Bühne fand.
- Städtebau: Hier wird untersucht, inwiefern städtebauliche Fragen eine Rolle bei den Krawallen in den Banlieues spielen. Es wird auf den Bevölkerungsrückgang in Paris und die steigenden Bevölkerungszahlen in den Vorstädten eingegangen.
- Ethnizität: Dieses Kapitel analysiert, ob die Krawalle einen ethnischen Hintergrund haben. Es wird ein Vergleich zwischen amerikanischen Ghettos und französischen Banlieues hergestellt und die demographische Situation in den Vorstädten untersucht.
- Institutioneller Rassismus: Hier wird die Rolle des institutionellen Rassismus bei der Entstehung der Krawalle untersucht. Es wird die Frage aufgeworfen, ob institutioneller Rassismus ein Faktor für die Diskriminierung und Marginalisierung von Immigranten aus dem Maghreb ist.
- Soziale Probleme und Diskriminierung: In diesem Kapitel werden soziale Probleme und Diskriminierung als mögliche Ursachen für die Krawalle betrachtet. Es wird die Akkumulation sozialer Problemlagen in den Banlieues und die damit verbundene Diskriminierung beleuchtet.
- Politik: Dieses Kapitel analysiert die Rolle der Politik im Zusammenhang mit den Krawallen in den Banlieues. Es wird untersucht, wie politische Entscheidungen und die politische Kultur die Situation in den Vorstädten beeinflussen.
- Religion: Hier wird der Einfluss der Religion, insbesondere des Islams, auf die Krawalle untersucht. Es wird die Frage gestellt, ob der Islam ein Sündenbock für die Unruhen ist und ob es Anzeichen für eine wachsende Radikalisierung gibt.
- La Galère: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Konzept der "galère", einer Art Lebensform, die viele Jugendliche in den Banlieues prägt. Es wird auf die psychischen Prozesse und Folgen dieser Lebensform eingegangen.
Schlüsselwörter
Die zentralen Themen der Arbeit sind die Ursachen und Hintergründe der Krawalle in den Pariser Banlieues, die Rolle des französischen Assimilationsmodells, Exklusion, städtebauliche Aspekte, Ethnizität, institutioneller Rassismus, Politik und Religion. Die Arbeit befasst sich insbesondere mit der Situation von Immigranten aus dem Maghreb und analysiert, wie diese von den genannten Faktoren beeinflusst werden.
- Arbeit zitieren
- Thomas Kresin (Autor:in), 2008, Krawalle in Pariser Banlieues - Ursachen und Hintergründe exzessiver Jugendgewalt mit besonderem Blick auf Immigranten aus dem Maghreb, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147237