Nachweispflicht

Ein Aufsatz zum Urteil des EuGH vom 4. 12. 1997 (C-253/ 96)


Projektarbeit, 2009

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


I) Untersuchungsgegenstand

Der vorliegende Aufsatz zum Urteil des Gerichtshofes (5. Kammer) vom 04.12.1997 beruht auf der Vorlage des Landesarbeitsgerichts Hamm zur Vorabentscheidung (Art. 234 EGV, vormals Art. 177 EWG) in fünf verschiedenen Vorlagefragen zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen gemäl3 Richtlinie (RL) 91/ 533, Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c.

Im Sachverhalt ging es um die Ablehnung einer Höhergruppierung der Kläger, Kampelmann u. A., durch die jeweiligen Arbeitgeber. Begründet wurde dies mit dem fehlenden Nachweis der erforderlichen Bewährungszeit in der jeweiligen Vergütungs- und Fallgruppe. Irrelevant war die Mitteilung des jeweiligen Arbeitgebers von gegenteiligen Informationen. Nach erhobener und abgewiesener Klage vor dem Arbeitsgericht legte das Berufungsgericht dem EuGH die Fragen vor.

Frage 1) Führt Gemeinschaftsrecht zu einer Umkehr der Beweislast? Hat in den Ausgangsverfahren der Arbeitgeber dartun müssen, dass die schriftlich mitgeteilte ursprüngliche Eingruppierung unzutreffend gewesen sei? Wird die Beweislast zugunsten des Arbeitnehmers verbessert, indem der Mindestkatalog des Artikel 2 Absatz 2 der RL sicherstellen will, dass der Arbeitnehmer in den dort aufgeführten Punkten bei der Durchsetzung seiner vertraglichen Ansprüche bei arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen nicht in Beweisnot gerät?

Frage 2) Falls Frage 1 bejaht wird: Sind die Bestimmungen aus Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c Ziffer ii der RL gegenüber dem privatrechtlich als Arbeitgeber handelnden Staat seit dem 01.07.1993 unmittelbar anwendbar, weil

- die Bundesrepublik Deutschland die Nachweisrichtlinie bis zum 30.06.1993 (letzter Tag der Umsetzungsfrist) nicht (vollständig) umgesetzt hat,
- die genannten Bestimmungen der Nachweisrichtlinie inhaltlich unbedingt und damit ohne weiteren Umsetzungsakt anwendungsfähig sind,
- die Nachweisrichtlinie dem einzelnen Arbeitnehmer Rechte gegenüber dem als Arbeitgeber handelnden Staat einräumt.

Frage 3) Falls Frage 2 bejaht wird: Ist die Wertigkeit der Stelle in dem Sinn zu verstehen, dass der Arbeitnehmer, wenn seine Eingruppierung nach der tariflichen Vergütungsordnung zwingend die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale einer bestimmten Fallgruppe einer Vergütungsgruppe voraussetzt, aus der mitgeteilten Einstufung in eine bestimmte Vergütungs- und Fallgruppe ersehen können mul3, ob er an einem Bewährungs- oder Vergütungsgruppenaufstieg teilnimmt?

Frage 4) Falls Frage 3 bejaht wird: Bindungswirkung? => Mul3 der Arbeitgeber so lange an der dem Arbeitnehmer mitgeteilten Wertigkeit der Stelle festhalten, bis er den Nachweis der fehlerhaften Eingruppierung erbracht hat? Oder wenigstens so lange, wie er diesem nicht schlüssig darlegt (etwa in Form einer Arbeitsplatzbewertung), dass er ihn irrtümlich fehlerhaft eingestuft hat? Oder dass sich die Wertigkeit der Tätigkeit im Laufe der Zeit oder durch Tarifänderung vermindert hat?

Frage 5) Falls Frage 4 bejaht wird: Ist die deutsche Umsetzung der RL gemäß § 4 Satz 2 NachwG mit der Folge als gemeinschaftskonform anzusehen, dass diese älteren Nachweismitteilungen, die den Anforderungen der umgesetzten, bzw. mangels Umsetzung unmittelbar anwendbaren Nachweis-richtlinien genügen, weiterhin mit der Folge Gültigkeit haben, dass der Arbeitgeber dann, wenn er sich hierzu durch eine neuere Nachweismitteilung (hier: Vergütungsmitteilung im Prozess) in Widerspruch setzt, die inhaltliche Richtigkeit der neueren Mitteilung beweisen muß?

Abwandlung Frage 4) Falls Frage 3 bejaht wird: Kann sich der Arbeitnehmer auf die Mitteilung seines Arbeitgebers über seine Eingruppierung mit der Maßgabe berufen, dass er nicht mehr die gründlichen und vielseitigen Fachkenntnisse, sondern nur noch die Erfüllung des für die begehrte Höhergruppierung erforderlichen Grades der selbständigen Leistung darlegen und beweisen muß, wenn seine Eingruppierung in die vom Arbeitgeber mitgeteilte Vergütungsgruppe das Vorhandensein gründlicher und vielseitiger Fachkenntnisse erfordert?

Abwandlung Frage 5) Falls Frage 4 bejaht wird: Genügen diese älteren Nachweismitteilungen, die den Anforderungen der umgesetzten, bzw. mangels Umsetzung unmittelbar anwendbaren Nachweis-richtlinie, weiterhin mit der Folge, dass der Arbeitgeber dann, wenn er sich hierzu nach Ablauf der Frist für die Umsetzung durch eine neuere Nacheismitteilung (hier: Mitteilung über den abweichenden Beginn der Bewährungszeit) in Widerspruch setzt, die inhaltliche Richtigkeit der neueren Mitteilung beweisen muß?

II) rechtliches Umfeld (Rechtsgebiet/ Rechtsgrundsätze)

Im vorliegenden Sachverhalt wird die Frage der Auslegung der RL 91/533 i. V. m. Nachweisgesetz sowie BAT § 22, Verg. Gr. Vb, Fallgr. 1c BAT (Angestellte in Versorgungsbetrieben) abgehandelt.

Im Wesentlichen ist hier die Fragestellung der Gültigkeit der RL 91/ 533 zur Pflicht des Arbeitgebers zur Unterrichtung des Arbeitnehmers über die für seinen Arbeitsvertrag oder sein Arbeitsverhältnis geltenden Bedingungen zu klären. Ausgangspunkt hierfür bildet die zeitlich verzögerte Umsetzung in nationales Recht, die nach dem in der RL genannten Zeitpunkt erfolgte. Inhaltliche Vorgaben der RL bilden die nachstehenden Sachverhalte:

1) Dokument, das Informationen über die wesentlichen Punkte des Arbeitsvertrages oder des Arbeitsverhältnisses enthält: Vermutung der Richtigkeit/ Beweis des Gegenteils/ Zulässigkeit (Artikel 2 Absätze 1 und 2 Buchstabe c).
2) unmittelbare Wirkung (Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c).
3) Beschränkung der Mitteilung auf die bloße Bezeichnung der Tätigkeit des Arbeitnehmers: Unzulässigkeit (Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c Ziff. ii).
4) Befreiung des Arbeitgebers von der Verpflichtung, den Arbeitnehmer über bereits mitgeteilte Punkte des Arbeitsvertrages oder des Arbeitsverhältnisses in Kenntnis zu setzen/ Zulässigkeit (Artikel 9 Absatz 2).

Die RL 91/ 533 wurde durch das Nachweisgesetz vom 20. Juli 1995 in deutsches Recht umgesetzt. Hierin setzt § 2 Absatz 1 Nr. 5 NachwG den Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe c der RL um: Niederschrift der wesentlichen Vertragsbedingungen: „Die Bezeichnung oder allgemeine Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit“. Mit § 4 NachwG wird Artikel 9 Absatz 2 der RL abgebildet. Im vorliegenden Sachverhalt erfolgten die Klageerhebungen alle vor Umsetzung der RL in nationales Recht.

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Nachweispflicht
Untertitel
Ein Aufsatz zum Urteil des EuGH vom 4. 12. 1997 (C-253/ 96)
Hochschule
Hochschule Mainz  (FB Wirtschaft)
Veranstaltung
Business Law
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
12
Katalognummer
V147585
ISBN (eBook)
9783640590667
ISBN (Buch)
9783640590957
Dateigröße
484 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachweispflicht, Aufsatz, Urteil, EuGH
Arbeit zitieren
Dipl.Betr.Wirtin, LL.M. Susanne Rösner (Autor:in), 2009, Nachweispflicht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147585

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