Das 1516 veröffentlichte Werk „Utopia“ von Thomas Morus hat den Utopien ihren Gattungsbegriff verliehen und damit ein völlig neues literarisches Genre hervorgebracht. In „Politische Utopien“ von Prof. Dr. Waschkuhn wird sogar von einem epochalen Einschnitt gesprochen, da die „Utopia“ ein neues politisch-soziales Idealbild darstelle, welches insgesamt einem neuem Weltverständnis, dem der Neuzeit, entspreche (vgl. Waschkuhn 2003, S. 44).
Aus diesem Grund verwundert es nicht, dass Morus´ Schrift in den vergangenen Jahrhunderten Gegenstand verschiedenster Interpretationsansätze geworden ist. Jenny Kreyssig stellt in ihrer Publikation „Die Utopia des Thomas Morus“ (1988) bereits fünf verschiedene Rezeptionsvarianten vor. Eine der wohl bekanntesten ist die kommunistische Rezeption des Politikers Karl Kautsky. Der bekannte Verfasser des theoretischen Teils des Erfurter Programms (1891) der Sozialdemokraten widmete sich in seinem Buch „Thomas More und seine Utopie“ von 1887 hauptsächlich der in der „Utopia“ vorgestellten Alternative zur bürgerlichen Gesellschaft. Kautsky erkannte, als Schüler von Karl Marx, den Kommunisten in Thomas Morus und „feiert ihn als Begründer eines nationalstaatlichen Kommunismus“ (Kreyssig 1988, S. 21) bzw. „als Vorläufer des utopischen Sozialismus“ (ebd.). Verwunderlich bleibt nur, dass Karl Marx zwar selbst die „Utopia“ des Thomas Morus studierte, sich aber vielmehr für die politökonomischen Aussagen interessierte und das Werk als ökonomisches Dokument der Anhäufung des Kapitals in der Frühen Neuzeit bezeichnete (vgl. Saage 2006, S. 37). Von einem Vorläufermodell des modernen Sozialismus war seinerseits jedoch nicht die Rede.
In den folgenden Ausführungen werden daher zunächst einige Grundsätze des Marxismus (Punkt 2) genannt, bevor im Gliederungspunkt 3 die kommunistische Utopia-Rezeption von Karl Kautsky im Mittelpunkt steht. Ziel soll es sein, zu erkennen, inwiefern kommunistische Merkmale in Morus´ „Utopia“ zu finden sind und ob es von Kautsky gerechtfertigt ist, Morus den Ruhm für die Eröffnung der Geschichte des Sozialismus zuzusprechen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Einige Grundsätze des Marxismus
- Kommunistische Rezeption Morus` „Utopia“ durch Karl Kautsky
- Die Wurzeln von Thomas Morus' Sozialismus
- Kritik Morus' an der Ökonomie Englands
- Morus' ideales kommunistisches Gemeinwesen
- Die Produktionsweise der Utopier
- Die familiären Verhältnisse der Utopier
- Politik, Wissenschaft und Religion der Utopier
- Kritik Kautskys am Sozialismus des Thomas Morus
- Beurteilung der kommunistischen Rezeption
- Zusammenfassung / Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der kommunistischen Rezeption von Thomas Morus' „Utopia“ durch Karl Kautsky. Ziel ist es, zu untersuchen, inwiefern kommunistische Merkmale in Morus' Werk zu finden sind und ob Kautskys Deutung von Morus als Begründer des Sozialismus gerechtfertigt ist.
- Die Wurzeln von Morus' Sozialismus und seine Kritik an der Ökonomie Englands
- Die Darstellung von Morus' idealem kommunistischen Gemeinwesen
- Kautskys Kritik am Sozialismus des Thomas Morus
- Die Beurteilung der kommunistischen Rezeption Kautskys
- Die Bedeutung von Morus' „Utopia“ für die Entwicklung des Sozialismus
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Relevanz von Thomas Morus' „Utopia“ als Gattungsbegriff für Utopien dar und skizziert die verschiedenen Rezeptionsvarianten des Werkes.
Kapitel 2 beleuchtet einige Grundsätze des Marxismus, die für die Rezeption von Morus' „Utopia“ relevant sind, insbesondere die Klassenlosigkeit und die ökonomischen und familiären Verhältnisse in einer kommunistischen Gesellschaft.
Kapitel 3 widmet sich der kommunistischen Rezeption von Morus' „Utopia“ durch Karl Kautsky. Dabei werden die Wurzeln von Morus' Sozialismus, seine Kritik an der Ökonomie Englands sowie seine Darstellung des idealen kommunistischen Gemeinwesens beleuchtet.
Kapitel 4 analysiert Kautskys Kritik am Sozialismus des Thomas Morus.
Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung und einem Fazit.
Schlüsselwörter
Thomas Morus, „Utopia“, Karl Kautsky, Kommunismus, Sozialismus, Kapitalismus, Klassenlosigkeit, Ökonomie, Produktionsweise, Familie, Politik, Wissenschaft, Religion, Kritik, Rezeption, Geschichte.
- Citation du texte
- Christina Täubert (Auteur), 2006, Karl Kautskys marxistische Interpretation der „Utopia“ des Thomas Morus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147634