Diagnostik und Therapie von Schlafstörungen. Rhythmen und Unregelmäßigkeiten des Schlaf-Wach-Zyklus


Seminararbeit, 2006

23 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Gliederung

0 Einführung

1 Schlafzyklen
1.1 Der REM-Zyklus
1.2 Der Non-REM-Zyklus
1.3 Störungen des Schlafzyklus’

2 Schlafrhythmus und Schlafdauer
2.1 Entstehung und Auflösung
2.2 Externe Einflüsse
2.3 Hormonelle Einflüsse

3 Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus’
3.1 Das Jet Lag Syndrom
3.1.1 Symptome
3.1.2 Präventions- und Behandlungsmaßnahmen
3.2 Schlafstörungen durch Schichtarbeit
3.2.1 Symptome
3.2.2 Maßnahmen gegen Schlafstörugen durch Schichtarbeit
3.3 Das „Delayed Sleep Phase - Syndrom“ (DSPS)
3.4 Das „Advanced Sleep Pha se - Syndrom“ (ASPS)
3.5 Das „Non-24h-Sleep-Wake -Syndrom“

4 Exkurs: Die Diskussion um den idealen Schulbeginn

5 Stressbedingte Dyssomnien
5.1 Berufsbedingte und externe Stressoren als Auslöser
5.2 Partnerschaftsbedingte und Interne Stressoren als Auslöser

Literaturverzeichnis

0 Einführung

Die Begriffe „Schlafrhythmus“, „Schlafzyklus“, „Schlaf-Wach-Rhythmus“ und „Schlaf- Wach-Zyklus“ beschreiben unterschiedliche Phänomene bzw. Prozesse:

So definiert der Schlafrhythmus die Häufigkeit des Schlafens einer Person am Tag. Im Säuglingsalter bezeichnet man den Schlafrhythmus als polyphasisch, da das Baby zu verschiedenen Tageszeiten schläft. Kleinkinder und ältere Menschen leben meist nach einem biphasischen Rhythmus: Sie schlafen nachts und mittags. Zwischen ‚Einschulung und Ruhestand’ folgen die Mehrzahl der Menschen einem monophasischen Rhythmus: Geschlafen wird entweder nachts oder - in besonderen Fällen - am Tage (Clarenbach et al., 1991). Der Schlafzyklus bezeichnet die Periodik von REM- und Non-REM-Phase. Schlaf-Wach-Rhythmus und Schlaf-Wach-Zyklus hingegen kennzeichnen die Beziehung, die zwischen Schlafen und Wachen an einem Tag besteht.

1 Schlafzyklen

Im Laufe der Evolution hat sich ein vom Gehirn gesteuerter Biorhythmus zwischen Schlaf und Wachsein herausgebildet, der nicht zuletzt für den Energiehaushalt von besonderer Bedeutung ist. Vor allem bei Kälte wird der Kalorienverbrauch im Schlafzustand drastisch reduziert. Damit sparen wir Energie für den Tag und stärken unsere Kräfte zum Überleben (Hobson, 1990).

Unser Gehirn richtet sich mit Hilfe einer „inneren Uhr“ nach den Licht- und Temperaturveränderungen in der Umwelt. Hobson (1990) meint dazu:

„Es handelt sich vielmehr um einen im Gehirn erzeugten Rhythmus, der den Veränderungen der Umwelt vorgreift und zu entsprechenden Verhaltensanpassungen führt“ (a.a.O., S.39).

Man kann also von einem im Gehirn erzeugten Schlafrhythmus ausgehen. Diese innere Uhr gibt uns nicht nur vor, dass wir morgens aufstehen, sondern schätzt auch noch ab, wie lange gewisse Umweltbedingungen (z.B. Sonnenschein) andauern werden. Bei dieser Art der Steuerung spielt das Müdigkeitsgefühl eine wichtige Rolle. Die Funktionsweise unseres eigenen Schlaf-Wach-Zyklus‘ ist somit nicht nur von äußeren Einflüssen abhängig, sondern beruht auch auf Signalen, die aus unserem eigenen Organismus kommen (a.a.O., S.39f).

Dieser Schlafrhythmus steht in enger Beziehung zu unserer Körpertemperatur, welche im Laufe des Tages um bis zu einem Grad Celsius schwankt. Zur Mittagszeit ist die Temperatur am höchsten, in der Nacht erreicht sie ihren Tiefpunkt und sie ist darüberhinaus an die Stoffwechselaktivität korrelativ gekoppelt. Der Schlaf dient vor allem der Energieeinsparung, da der Mensch im Ruhezustand wenig Kalorien verbraucht und seine Körpertemperatur am niedrig gehalten werden kann.

In Tierreich spielt der Gesichtspunkt der Energieeinsparung noch eine wesentlich größere Rolle. Ein besonders Beispiel ist hier der Winterschlaf. Aber auch die Unterschiede zwischen tag- und nachtaktiven Tieren sind z:T. mit dem Energiehaushalt in Zusammenhang zu verstehen.

Die im sog. Zeitisolationsbunker erzielten Ergebnisse der Aschoff-Weverschen Experimente zeigten, dass der Mensch einen annähernd 24 Stunden langen Tagesrhythmus beibehält, auch wenn keine äußeren „Zeitgeber“ wie Sonnenlicht oder Uhren vorhanden sind. Eine Versuchsperson im Zeitisolationsbunker, die einen Schlaf-Wach-Rhythmus von knapp 25 Stunden hatte, glaubte nach 29 Tagen erst 28 Tage hinter sich gebracht zu haben. Man geht davon aus, dass der Hypothalamus die innere Uhr beherbergt, die durch äußere Reize, wie Tageslichtrhythmen, immer wieder synchronisiert werden muss. Robert Y. Moore ermittelte, dass diese Synchronisation im Nucleus suprachiasmaticus (kurz NSC) stattfindet, der im Kreuzungspunkt der beiden von den Augen kommenden Sehnerven liegt. Es gibt auch eine Sehfaser, „Tractus retinohypothalamicus“ genannt, die die Informationen über das Tageslicht zur „inneren Uhr“, d.h. zum NSC, weiterleitet.

Der Mensch hat eine natürlich gegebene Neigung, etwas weniger zu schlafen, als es ihm Umweltbedingungen wie Sonnenscheindauer und Arbeitsplanung erlauben bzw. nahelegen. Die heutigen Arbeits- und Schulanfangszeiten, die i.d.R. tageslichtunabhängig sind, haben erheblich gravierendere Auswirkungen auf den menschlichen Biorhythmus, als man bisher annahm (Hobson, 1990, S.44).

Am Beispiel „jet-lag“ lässt sich besonders gut verdeutlichen, wie schwer es uns fällt, unseren Tagesrhythmus z.B. durch einen früheren Sonnenaufgang zu „korrigieren“: Es fällt es uns wesentlich schwerer, früher ins Bett zu gehen, als länger wach zu bleiben bzw. früher aufzustehen.

Der menschliche Schlaf lässt sich in 3-4 Schlafzyklen unterteilen. Jeder Zyklus dauert zirka anderthalb Stunden. Der Ablauf eines Zyklus lässt sich anhand einer Messung elektrischer Strömungen am Körper bestimmen, da bei jedem Schlafzyklus andere Spannungsverhältnisse vorherrschen. Man unterscheidet folgende Schlafzyklen:

Absteigender Zyklus I: Kurz vor dem Einschlafen sendet das Gehirn Alphawellen mit einer Frequenz von annähernd zehn Hertz. Sobald man eingeschlafen ist, verringert sich die Frequenz dieser Wellen auf ca. fünf Hertz. Dies ist der erste Schlafzyklus unmittelbar nach dem Einschlafen.

Zyklus II: Das zweite Stadium des menschlichen Schlafes lässt sich an Wellen mit einer Frequenz von etwa zehn Hertz.bestimmen.

Zyklus III ist mit einer Wellenfrequenz von drei Hertz die sogenannte Tiefschlafphase. Den Zyklus IV, gekennzeichnet durch die sogenannten Deltawellen (ca. 1 Hz), nennt man auch Non-REM-Schlaf.

Ist der Zyklus IV durchlaufen, so setzen sich die Zyklen in umgekehrter Reihenfolge bis zum Aufsteigenden Zyklus I fort.

Der Aufsteigende Zyklus I, der auch als REM-Schlaf bezeichnet wird, äußert sich in schnellen Augenbewegungen. Erst wenn der Mensch in diesem Stadium des Schlafens angelangt ist, beginnt er zu träumen. Morgens träumt man deshalb häufiger und länger.

1.1 Der REM -Zyklus

Aserinsky, der als Entdecker des Phänomens REM-Schlaf gilt, führte Untersuchungen über das Aufmerksamkeitsverhalten von Kindern im Wachzustand durch. Er stellte fest, dass sich die Augen schneller und häufiger bewegen, je wacher ein Kind ist. Dabei zeigte sich eine Häufung der Augenbewegungen in dem Moment, indem die Kinder einschliefen. Dieser Augenblick lässt sich mit Hilfe des EEG als Schlafstadium I bestimmen. Weiterhin ergab sich alle 90 bis 100 Minuten die Beobachtung eines Stillstands der Augenbewegungen und eine r darauffolgenden Phase, in der mehrere Minuten lang die Augen stark bewegt wurden. Diese Perioden der schnellen Augenbewegungen („Rapid Eye Movements“) traten gehäuft im Abschnitt Aufsteigender Zyklus I auf, also kurz vor dem Erwachen. Herzschlag und Atemfrequenz nahmen während der REM-Phase ebenfalls deutlich zu. Als William Dement (1969) Versuchspersonen während der REM-Phase weckte, konnten sie genau beschreiben, was sie gerade geträumt hatten.

1.2 Der Non-REM-Zyklus

Die Länge der Perioden vom Einschlafen bis zum Ende der ersten REM-Phase bzw. der Abstand zwischen zwei REM-Phasen bleibt relativ konstant. Der Anteil der REM-Phasen am Gesamtzyklus hingegen ist sehr variabel. Er nimmt während des Schlafes zu und erreicht im vierten Zyklus seinen Höhepunkt, sodass ungefähr 50% der REM-Phasen im letzten Drittel der Nacht vorkommen. Der Non-REM-Schlaf tritt hingegen in einem exakt reziproken Verhältnis auf. Im ersten Drittel der Nacht befinden sich mehr als 60% aller Non-REM- Phasen. Da die Verhältnisse zwischen REM- und Non-REM-Phasen stark aufeinander abgestimmt sind, lässt sich ableiten, dass es einen sog. „Zeitgeber“ im Gehirn gibt, der diese Zyklen koordiniert.

Insgesamt lässt sich sagen, dass der Schlaf zu Beginn vergleichsweise tief ist (vermehrte Non- REM-Phasen sind gleichbedeutend mit Tiefschlaf) und zum Ende hin abflacht. Schlafforscher gehen davon aus, dass der menschliche Organismus bei Schlafbeginn solche Non-REM- Tiefschlafphasen benötigt, um sich zunächst einmal vom Wachzustand ‚zu erholen‘. In diesen Tiefschlafphasen spart der Körper Energie ein, Herz- und Atmungsfrequenzen sind extrem niedrig. In durchgeführten Versuchen war es nur sehr schwer möglich, schlafende Probanden aus einem Non-REM-Zustand aufzuwecken. Die erwachten Personen benötigten eine Viertelstunde, um wieder in der Lage zu sein, klar zu denken und motorisch korrekte Bewegungen auszuführen.

Zum Ende einer Nacht hin fehlen solche Tiefschlafphasen. Es sind dann nur noch die Schlafstadien I und II messbar. Der Non-REM-Schlaf ist vergleichsweise leichter und die Versuchspersonen können problemlos geweckt werden.

1.3 Störungen des Schlafzyklus‘

Es ist davon auszugehen, dass der Schlaf im allgemeinen wenig anfällig ist für Störungen durch Lärm, Temperatur und Licht und die Organisation des Schlafrhythmus im Gehirn kaum beeinflusst werden kann. Genauer betrachtet, stellte sich jedoch in mehreren Untersuchungen heraus, dass durch eine Vielzahl von Umweltfaktoren den Schlafrhytmus (z.B. in Dauer und Intensität) verändern kann. Der Mensch schafft es jedoch zu lernen, sich auf gewisse Umwelteinflüsse (wie z.B. Lärmbelästigung an einer Bahnstrecke oder an einer Hauptverkehrsstraße) einzustellen und sich an sie zu gewöhnen.

Bei sehr intensiven und nicht gehäuft auftretenden Störungen kann es aber zu erheblichen Abweichungen des Schlafverhaltens vom normalen individuellen Muster und sogar zu Unterbrechungen im Schlafrhythmus kommen. Kendel und Schmidt-Kessen (1973) haben herausgefunden, dass Probanden bei einer Herabsenkung der Außentemperatur um 4 Grad Celsius deutlich häufiger als sonst REM- und Non-REM-Phasen durchschliefen. Bei einer Erhöhung der Temperatur um 5 Grad Celsius waren dagegen die REM- und Non-REM- Phasen deutlich kürzer. Auch Ziegler (1973) stellte fest, dass die Traumintensität bei niedrigeren Umgebungstemperaturen signifikant zunahm und bei höheren Temperaturen abnahm.

Natani und Shurley untersuchten 1973 Personen, die in der Antarktis überwinterten: Deren REM-Phasen waren auffällig kurz und die Probanden schliefen fast nie in Non-REM-Phasen. Sportliche Aktivität am Tage für zu einer u.U. beträchtlichen Erhöhung der Dauer des Non- REM-Schlafs in der Nacht (Baekeland & Lasky, 1966). Geistige Anstrengungen, wie z.B. Lernen, die kurz vor dem Einschlafen unternommen werden, verlängern die REM-Phasen signifikant (Hauri, 1969).

Karacan untersuchte 1970 den Tagesschlaf und ze igte, dass Vormittagsschlaf größtenteils aus REM-Phasen besteht, aber nicht den REM-Phasen-Anteil in der folgenden Nacht verringert. Nachmittagsschlaf hingegen ist vor allem aus Non-REM-Phasen zusammengesetzt ist und verkürzt die Non-REM-Phasen in der Nacht erheblich. Koella (1973) berichtet über eine Studie von Karacan (1969), in der sich zeigte, dass die Schwangerschaft einen erheblichen Einfluss auf das Schlafverhalten einer Frau haben kann und fasst die Ergebnisse wie folgt zusammen:

„Insbesondere REM-Schlaf und Stadium-4-Schlaf sollen in den späteren Monaten der Gestation vermindert sein, während in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft die Totalschlafzeit erhöht ist“ (Koella, 1973, S.66).

Selbstverständlich können Medikamente, Rausch- und Genussmittel das Schlafverhalten und den Schlafrhythmus eines Menschen in gravierender Weise verändern. Besonders Schmerzmittel beeinflussen die gesamte Schlafstruktur, sowohl unmittelbar nach der Einnahme als auch noch lange Zeit nach der Absetzung eines Medikamentes. In besonderer Weise stören Amphetamine, Cortison und koffeinhaltige Getränke das Einschlafverhalten. Die meisten Schlafmittel, aber auch Drogen wie Cannabis, Morphium und Heroin, die meisten Antidepressiva sowie Ethylalkohol hemmen den REM-Schlaf. Bei einer längerfristigen Einnahme von Schlafmitteln kann es sogar zu einem chronischen REM- Phasen-Entzug kommen, der u.U. sogar weitergehende psychische Störungen auszulösen vermag.

[...]

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Diagnostik und Therapie von Schlafstörungen. Rhythmen und Unregelmäßigkeiten des Schlaf-Wach-Zyklus
Hochschule
Freie Universität Berlin
Note
1,3
Autor
Jahr
2006
Seiten
23
Katalognummer
V147731
ISBN (eBook)
9783668014510
ISBN (Buch)
9783668014527
Dateigröße
646 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
schlafzyklen, schlafrhythmen, störungen, schlaf-wach-zyklus, diagnostik, therapie, schlafstörungen
Arbeit zitieren
Andreas Jüttemann (Autor:in), 2006, Diagnostik und Therapie von Schlafstörungen. Rhythmen und Unregelmäßigkeiten des Schlaf-Wach-Zyklus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147731

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