Alles in Ordnung?

Die Wiederherstellung der ordo in Strickers „Der kluge Knecht“


Trabajo de Seminario, 2009

18 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Der Stricker und sein Werk

3. Die Geschichte vom listigen Untergebenen - Der Kluge Knecht
3.1 Der Inhalt der Erzählung
3.2 Die Form der Erzählung

4. Gevüge kündikeit - Die Auslegung der Erzählung
4.1 Die Wiederherstellung der Ordnung als Gesamtkonzept
4.2 Die Kritik an Hedda Ragotzky

5. Fazit

6. Literaturverzeichnisse
6.1 Text
6.2 Forschungsliteratur

1. Einleitung

Der mittelhochdeutsche Dichter Stricker ist Mythos und Mysterium zu gleich. Seine gattungsübergreifenden Werke lieferten ein entscheidender Beitrag zur deutschen Dichtung. Auch seine kleineren Verserzählungen gelten als bahnbrechend. Über den Dichter und seine Lebensumstände ist hingegen wenig bekannt. Ebenso wirft die Analyse seiner Erzählungen immer wieder Fragen auf. Über ihre Intention und die zu Grunde liegende Moral ist häufig debattiert worden.

Am Beispiel von Strickers Erzählung „Der kluge Knecht“ soll in dieser Arbeit folgenden Fragen nachgegangen werden: Welche Absicht verfolgt der Dichter mit seiner Erzählung? Gibt es eine eindeutige Moral und lässt sich diese gar in ein strickerisches Gesamtkonzept einbauen?

In einem einführenden Kapitel soll zunächst, aber in gebotener Kürze der Dichter vorgestellt und sein Gesamtwerk skizziert werden. Im Anschluss wird die Verserzählung nacherzählt und in ihren entscheidenden Passagen zitiert werden. Den Hauptteil der Arbeit bildet schließlich eine Gegenüberstellung und Auswertung verschiedener Forschungsmeinungen. Im Zentrum der dargelegten Debatte steht dabei die gevüge kündikeit als zentrale Eigenschaft des Knechts und ihre Auslegung.

Als Textgrundlage dient die anerkannte Fassung von Hanns Fischer in ihrer vierten, von Johannes Janota überarbeiteten, Auflage.1

2. Der Stricker und sein Werk

Als ein „unsicheres Unterfangen“2bezeichnet Sabine Böhm den Versuch, von Texten auf die historische Person eines Autors zu schließen. Ihre eigene, umfassende Analyse des Strickers beschreibt sie gar als „reine Hypothese“3. Nur in wenigen Werken gibt der mittelhochdeutsche Poet selbst Informationen über seine Person preis. So beschreibt er sich in „Der Pfaffe Amis“ als fahrender Sänger. Ob dies jedoch der Wahrheit entspricht oder lediglich eine „literarische Selbsstilisierung“4ist, lässt sich nicht mit Sicherheit klären. Weitere Hinweise auf den Autor liefern nur wenige, ebenfalls zeitgenössische Werke5, sowie die Analyse seines literarischen Schaffens.

Seine Schaffenszeit liegt vermutlich zwischen 1220 und 1250.6Sein Geburts- wie Wirkungsort kann im südlichen Frankenland angesiedelt werden.7Mit großer Wahrscheinlichkeit handelt es sich um einen Berufsdichter nichtadliger Abstammung, der wirklich durch die Lande zog, um sein Können an verschiedenen Höfen und Plätzen vorzuführen.8Weder seine Zugehörigkeit zum Bürgertum noch ein Posten im Umfeld der Kirche lassen sich anhand seiner Werke eindeutig feststellen.9Dennoch kannte er sich in der theologische Lehre aus und griff biblische Elemente in seinen Texten auf.10Auch darüber hinaus weisen seine Texte Verweise und Anleihen zu älteren Texten der (vor-)höfischen Literatur, der antiken Mytholgie, Fabeln oder etwa lateinischen Quellen auf.11Kurzum, so wenig sich über den Stricker sagen lässt, mit Gewissheit war er ein gebildeter und belesener Mann mit einem weitreichenden Wissenshorizont.

Im Gegensatz zur Person des Stricker lässt sich sein Gesamtwerk besser, wenn auch nicht vollständig, einordnen und eingrenzen. Dabei umfasst sein Schaffen eine große Spannweite. Des Strickers Repertoire beinhaltet den Artusroman „Daniel von dem blühenden Tale“, die Überarbeitung des Rolandsliedes „Karl der Große“, sowie die Schwanksammlung „Der Pfaffe Amis“.12Daneben verfasste er zahlreiche Gedichte und kurze Verserzählungen, zu denen auch „Der kluge Knecht“ zählt.13Mit seinem Gesamtwerk hat der Stricker die Verserzählung „in der deutschen Literatur pergamentfähig gemacht.“14

„[...] das Märe ist eine in Reimpaarversen abgefaßte, fiktive, weltliche, mit menschlichem Personal arbeitende Erzählung mittleren Umfangs.“15

Die große Herausforderung bei der Analyse eines Strickerwerkes ist dabei vor allem die Vielschichtigkeit seines Autors. „[Der Stricker] ist sowohl ein moralisierender Didaktiker als auch ein guter Erzähler, die Dinge werden sowohl konkret beim Namen genannt, als auch hintergründig und mehrdeutig formuliert.“16

Gerade diese Hintergründig- und Mehrdeutigkeit tritt bei dem Märe „Der kluge Knecht“ deutlich zu Tage. Hierin liegt der Grund für das rege Interesse der Forschung an der Erzählung und den auseinander gehenden Meinungen der Wissenschaftler. Doch worum geht es in dem Märe vorder- wie hintergründig und wie entsteht die besagte Komplexität?

3. Die Geschichte vom listigen Untergebenen - Der Kluge Knecht

Strickers „Der kluge Knecht“ zählt zu seinen bekanntesten Kurzerzählungen. Die Geschichte dieses Eheschwanks erfreute sich dabei ab der Mitte des 13. Jahrhunderts großer Beliebtheit und ist neben der strickerschen Version noch in anderen Varianten überliefert.17In allen Erzählungen gelingt es einem Protagonisten durch List und Geschick, den Betrug einer Ehefrau aufzudecken.

Doch was genau lässt der Stricker seinen Erzähler berichten und mit welchen Besonderheiten verleiht er seiner Version die individuelle Note?

3.1 Derlnhalt derErzählung

1 „Hoeret, waz einem manne geschach,

an dem sin elich wip zebrach beide ir triuwe und ir reht.“18

Schon der Beginn des Promythions macht deutlich, welche Geschichte der Stricker in „Der kluge Knecht“ aufgreift. Als Rahmenhandlung dient die Erzählung einer Ehefrau, die ihren Mann, ein Bauer, mit dem Pfarrer betrügt. Sobald der Bauer zur Arbeit auf die Felder geht, macht sich die Bäuerin für den Besuch des Pfarrers fertig und bereitet ihm ein köstliches Mahl. Der Knecht der Familie weiß von dem Seitensprung, verschweigt ihn jedoch, weil er befürchtet den Zorn seines Herrn zu spüren zu bekommen.19

Um seinen Meister auf das Unrecht aufmerksam zu machen, ohne jedoch selbst der Unglücksbote zu sein, wendet der Knecht eine Reihe von Listen an. Zunächst verlangt er ein besonders Frühstück und lässt sich, zum Unmut der Frau, beim Speisen Zeit.20 Nachdem Knecht und Bauer schließlich doch aufgebrochen sind, gibt erster vor, seine Handschuhe und Mütze vergessen zu haben und macht sich daher auf den Rückweg.20

„Tougen als ein diep“21 dringt der Knecht darauf in das Bauernhaus ein, in dem die Ehefrau bereits das Mahl für den Pfarrer bereitet. Auch der Bauer kehrt schließlich zurück, um den ausbleibenden Knecht zur Eile zu treiben.22 Aus Angst versteckt sich der mittlerweile eingetroffene Pfarrer im hintersten Winkel unter einer Bank.23 Der Knecht konnte all dies mit ansehen.

Erneut steht er jedoch vor dem Dilemma seinem Herrn die Wahrheit nicht sagen zu können, ohne selbst in die Schusslinie zu geraten. Abermals greift er zu einer List und überredet seinen Herrn, zunächst das von der Frau bereitete Mahl zu sich zu nehmen.24 Um nicht selbst den Pfarrer zu verraten, sondern den Bauern selbst auf die richtige Spur zu setzen, erzählt der Knecht während der Mahlzeit eine Geschichte, die er vermeintlich einst selbst erlebt hat. Drei mal zieht er dabei Parallelen von seiner Erzählung zur Situation des Bauern und seiner Frau. Ein vierter „Hinweis“ leitet schließlich die Aufdeckung des Betrugs ein.

So berichtete er, wie ein Wolf vor seinen Augen ein junges Schwein aus der Herde riss. Das Ferkel war dabei, so sagt der Knecht, genau so große wie das Schwein, was von der Bäuerin auf dem Feuer zubereitet wird.25

Um die Herde zu verteidigen, so berichtet der Knecht weiter, habe er etwas gesucht, um den Wolf zu verjagen und sei auch fündig geworden:26

„dö lägen breite steine dä der seleben wart mir einer,

240 der was groezer noch kleiner

wan als diu vochenz, diu dort stät.“27

[...]


1 Stricker: Der kluge Knecht, in: Hanns Fischer (Hg.): Der Stricker: Verserzählungen Bd.14, Tübingen 1979, S. 28 - 36.

2 Böhm, Sabine: Der Stricker. Ein Dichterprofil anhand seines Gesamtwerkes, Frankfurt am Main 1995, S. 245. (Im Folgenden zitiert, als: Böhm: Stricker).

3 Böhm: Stricker, S. 245.

4 Ragotzky, Hedda: Gattungserneuerung und Laienunterweisung in den Texten des Strickers (Studien und Texte zur Sozialgeschichte der Literatur 1), Tübingen 1981, S. 17. (Im Folgenden zitiert, als: Ragotzky: Gattungserneuerung).

5 Achnitz, Wolfgang: Ein maere als Bispel. Strickers Verserzählung „Der kluge Knecht“, in: Volker Honemann und Tomas Tomasek (Hg.): Germanistische Mediävistik (Münsteraner Einführungen: Germanistik4), S. 177- 203.

6 Vgl. Böhm: Stricker, S.11.

7 Vgl. Geith, Karl-Ernst: Art. Der Stricker, in: Die deutsche Literatur des Mittelalters. Verfasserlexikon Bd. 9 1995, Sp.417 - 449, Sp. 418. (Im Folgenden zitiert, als: Geith: Der Stricker).

8 Vgl. Böhm: Stricker, S. 245.

9Vgl. Böhm: Stricker, S. 245.

10Vgl. Geith: Der Stricker, Sp. 419.

11Vgl. Böhm: Stricker, S. 246.

12Vgl. Geith: Der Stricker, Sp. 419 - 449.

13Den Beweis, dass „Der kluge Knecht“ wirklich eine Erzählung des Stricker ist liefert u.a. Wolfgang Achnitz. (Vgl. Achnitz: Bispel, S. 182- 184).

14Haug, Walter: Schlechte Geschichten - böse Geschichten - gute Geschichten oder: Wie steht es um die Erzählkunst in den sog. Mären des Strickers?, in: Emilio Gonzalez und Victor Millet (Hg.): Die Kleinepik des Strickers. Texte, Gattungstraditionen und Interpretationsproblem (Philologische Studien und Quellen 199), Berlin 2006, S.9- 27, S. 9. (Im Folgenden zitiert, als: Haug: Geschichten).

15Achnitz: Bispel, S. 185.

16Böhm: Stricker, S. 247.

17Grubmüller, Klaus: Novellistik des Mittelalters. Märendichtung, Frankfurt am Main 1996, S. 1023 - 1026. (Im Folgenden zitiert, als: Grubmüller. Märendichtung).

18Vers 1- 3.

19Er vorhet, er würde im gehaz, ob er im des verjaehe, e er die Wahrheit saehe. Vers10 - 12.

20 Vgl. Vers 56 - 68.

21 Vgl. Vers 73 - 75.

22 Vers 80.

23 Vgl. Vers 100 - 104.

24 Vgl. Vers 125 - 127.

25 Vgl. Vers 178- 184.

26 Vgl. Vers 225 - 227.

27 Vers 237-241.

Final del extracto de 18 páginas

Detalles

Título
Alles in Ordnung?
Subtítulo
Die Wiederherstellung der ordo in Strickers „Der kluge Knecht“
Universidad
Ruhr-University of Bochum
Calificación
1,7
Autor
Año
2009
Páginas
18
No. de catálogo
V147841
ISBN (Ebook)
9783640578511
ISBN (Libro)
9783640578177
Tamaño de fichero
475 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Stricker, Knecht, Ordo, kluge, Hanns Fischer, mittelhochdeustsch, Verserzählung, Novellistik
Citar trabajo
Stephan Happel (Autor), 2009, Alles in Ordnung?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147841

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