Die Möglichkeiten der Steuerung von aggressivem Verhalten. Analyse in einer stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung


Hausarbeit, 2010

28 Seiten

Wioleta Kasprowska (Autor:in)


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

1. Hinführung zum Thema
1.1 Begründung für die Wahl des Themas
1.2 Begründung für die Wahl der Einrichtung

2. Auseinandersetzung mit der Theorie
2.1 Phänomene aggressives Verhalten
2.2 Aggressionstheorien
2.2.1 Die psychoanalitysche Theorie
2.2.2 Frustrations- Aggressionstheorie
2.2.3 Lerntheorie
2.2.4 Verstärkungslernen
2.2.5 Lernen am Modell
2.2.6 Signallernen
2.3 Interventionstechniken bei dem aggressiven Verhalten
2.3.1 Bewusste Ignorieren
2.3.2 Spannungsentschärfungen durch Humor
2.3.3 Affektive Zuwendung
2.3.4 Bestrafungen und Drohungen
2.3.5 Belohnungen
2.3.6 Hilfestellung zur Überbrückung des Hindernisses
2.3.7 Kommunikation
2.3.8 Erlaubnis und Verbot
2.3.9 Zeichnen geben
2.4 Kontrolle durch körperliche Nähe und Berührung
2.4.1 Rollenspiele
2.4 Auswirkungen den Interventionstechniken auf die Erzieher

3. Praxis Bezug
3.1 Benennung der Einrichtung
3.2 Begründungen für Wahl des Kindes
3.3. Beobachtungsdaten
3.3.1Beobachtungen des Kindes in der Praxis
3.3.2. Zusammenfassung der Beobachtungen mit anschließender Deutung
3.4 Situationsanalyse
3.4.1 Daten der Person

4. Didaktische Planung
4.1Ziele
4.1.1 Richtziele und Begründungen
4.1.2 Grobziele und Begründungen
4.2 Methoden für die Feinziele
4.2 Die Aktivität
4.3 Vorbereitung der Aktivität
4.3.1 Materialien
4.3.2 Absprachen
4.3.3 Räumlichkeit
4.4 Durchführung der Aktivität
4.5 Reflexion der ausführlich beschriebenen Aktivität
4.6 Gesamtreflexion der durchgeführten Aktivitäten

5. Gesamtreflexion der Hausarbeit

6. Anhang

7. Quellennachweis

Im Rahmen meiner Ausbildung zur Erzieherin erstelle ich im Oberstufenpraktikum eine Hausarbeit, deren Thema es mir möglich war selbst zu wählen. Ziel dieser Hausarbeit ist es, „pädagogische Prozesse über einen längeren Zeitraum zu beobachten und diese in eine angemessene Planung einfließen zu lassen. Die pädagogischen Prozesse sollen unter theoretischen Gesichtspunkten wahrgenommen werden.“ Auf dieser Art und Weise soll auch ein professionelles sozialpädagogisches Handeln deutlich gemacht werden.

Das 20-wöchige Praktikum absolviere ich in einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung, dem „X Haus“ . Ich habe mich für folgendes Thema und folgende Fragestellung entschieden:

Thema: Die Möglichkeiten der Steuerung von aggressivem Verhalten in der stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung.

Fragestellung: Welche Möglichkeiten hat der Erzieher das soziale Verhalten von Leon positiv zu verstärken?

1. Hinführung zum Thema

1.1 Begründung für die Wahl des Themas

Aggression und aggressives Verhalten sind Themen, über die immer wieder viel diskutiert wird. Die Wichtigkeit dieser Themen liegt auch darin, dass sie ständig aktuell sind und sie jeder Mensch aus eigenem Erleben in einer gewissen Form kennt. Erschreckend ist jedoch, dass die Aggressionen schon bei kleinen Kindern zunehmend zu erkennen sind. So lassen sich schon in Kindertageseinrichtungen Beobachtungen machen, die auf ein ungewöhnlich hohes Aggressionspotential schließen lassen.

Während meiner drei Praktika habe ich viele Kinder und Jugendlichen kennen gelernt, die aggressive Verhaltensweisen an den Tag legten. Ich habe mich immer wieder gefragt, was verursacht aggressives Verhalten? Sehen diese Kinder und Jugendlichen aggressive Handlungsweisen tatsächlich als notwendig an, um ein Ziel zu erreichen? Warum tritt aggressives Verhalten immer stärker schon im jungen Alter auf, und letztendlich welche Möglichkeiten gibt es, um aggressivem Verhalten entgegenzuwirken oder sogar vorzubeugen? Es mag sein, dass sich schon viele Menschen mit diesen Fragen auseinandergesetzt haben, was auch sehr wichtig ist. Richtig ist aber auch das angemessene Wissen darüber zu haben, um das aggressive Verhalten besser zu verstehen und kompetenter handeln zu können.

Diese Hausarbeit beinhaltet nicht nur die verschiedenen Formen von Aggressionen und ihre Ursachen, sie stellt auch dar, wie man mit aggressiven Kindern und Jugendlichen im Alltag umgehen kann und zeigt auf, welche Möglichkeiten der Intervention mit aggressiven Verhalten sich bieten.

1.2 Begründung für die Wahl der Einrichtung

Ich habe mich zu diesem Thema für eine Jugendhilfeeinrichtung entschieden, da dort Kinder und Jugendliche in einem familiären Rahmen, für einen längeren Zeitraum, miteinander leben.

Diese Tatsache erleichtert es mir, die Kinder und die Jugendlichen in einem festen sozialen Umfeld, in vielen verschiedenen Alltagssituationen, zu meinem gewählten Thema zu beobachten. Ich habe dort die Möglichkeit, durch das Studieren der Akten, Gesprächen mit Bezugsbetreuern und den Kindern selbst, an vielfältige Informationen zu gelangen. Darüber hinaus befinden sich in der Einrichtung die Kinder und Jugendlichen, die verschiedene Verhaltensauffälligkeiten zeigen, wie zum Beispiel speziell emotionale Probleme, Ängste, Depressionen, Aggressionen, ADHS sowie Probleme im Sozial- und Kontaktverhalten. Darum bin ich der Meinung, dass diese Einrichtung die passenden Rahmen für meine Hausarbeit bietet.

2. Auseinandersetzung mit der Theorie

Wenn man Aggression definieren will, so muss man auch jede Situation in der Aggressionen vorkommen können und jede Person die aggressiv handelt erst analysieren. Um im Rahmen meines Themas zu bleiben, versuche ich nachfolgend die Aggression zu definieren.

Das Wort " Aggression " (lat. aggredi) bedeutet so viel wie Angriff. 11 Es ist ein spontanes Handeln gegen Sachen oder Personen mit dem Ziel, zu zerstören oder eigene Absichten gewaltsam durchzusetzen.22

Im Buch „Verhaltensstörungen bei der Kinder und Jugendlichen“ wird aggressives Verhalten wie folgt beschrieben: „Die Aggressionen sind destruktive Verhaltensweisen, die mit den Grundemotionen Ärger, Wut, Hass, Zorn oder einer entsprechenden Gestimmtheit zusammenhängen. Aggressivität stellt eine übermäßige Ausprägung und reduzierte Kontrolle dieser Emotionen dar“. 33

Es gibt vielfältigen Erscheinungsformen von der Aggression, die unter denselben Begriff der „Aggression“ bezeichnet werden:

- verbale (beleidigen, herabsetzten) und körperliche(schlagen, beißen, treten)
- offene und verdeckte(fatnasierte)
- affektbegleitende (wütend, feinselig) und instrumentelle (zielereichende, Mittel-Zweck-Relation)
- Selbst- und Fremd-Aggression
-direkte und indirekte (andere Form oder Objekt)
- spontane und reaktive
- ernste und spielerische sowie individuelle und Gruppenaggression ( z.B. Krieg)

2.1 Phänomene aggressives Verhalten

Aggressives Verhalten wird unterschiedlich motiviert, deswegen gibt es vier Phänomene davon: Die Vergeltungs-Aggression, die Abwehr- Aggression, die Erlangungs-Aggression und die spontane Aggression.

Die Vergeltungs-Aggression bezieht sich auf eine vorherige Ärger-Situation und verlangt nach Vergeltung, Wiedergutmachung, Rache o.ä. Die Schmerzzufügung dient dazu, die innere Zufriedenheit wieder herzustellen.

Beispiel: Leon sieht, wie Anna sein Bild kaputt macht. Aufgrund dieser Erkenntnis zerstört er das Bild von Anna.

Die Abwehr- Aggression ist reaktiv. Die Schmerzzufügung erfolgt, um eine Belästigung oder eine Gefahr abzuwehren. Beispiel: Ein Kind schimpft zu einem anderen Kind: “Lass` mich doch in Ruhe!" und haut mit der Hand in den Tisch, in der Hoffnung, dass anderes Kind aufgibt.

Die Erlangungs-Aggression erfolgt aus eigenem Antrieb und ist ein Mittel mit dem der Handelnde sein Ziel, etwas zu erlangen, zu erhalten, erreicht.

Beispiel: Ein Kind drängelt sich vor, um in der Reihe als erste zu stehen. Es schubst und tretet deswegen die anderen Kinder.

Die spontane Aggression kommt zahlenmäßig am seltensten vor, muss aber erwähnt werden, um solche Phänomene wie sadistische Handlungen beschreiben zu können. Von spontaner Aggression spricht man, wenn es für das Auftreten der Aggression keinen nachvollziehbaren Grund gibt.

Beispiel: Ein Kind tyrannisiert den anderen Kindern durch seine Attacken.

2.2 Aggressionstheorien

Es gibt immer eine Ursache, die die Aggression hervorruft. Und keineswegs immer dieselbe.

Ursprung und Auslösung von Aggression lassen sich wissenschaftlich auf verschiedene Weise erklären. Hiermit möchte ich die wichtigste Aggressionserklärungsansätze (Aggressionstheorie) vorstellen.

2.2.1 Die psychoanalytische Theorie

Der erste Erklärungsansatz für die Entstehung von Aggression ist „die Annahme eines Aggressionstriebes.“ Die Vertreter der Triebtheorie sind Psychoanalytiker Sigmund Freud und Tierverhaltensforscher Konrad Lorenz. Ein Kennzeichnen für einen Trieb ist, dass es sich „um ein angeborenes, spontanes und periodisches Geschehen handelt.“4 Die Aggression ist also ein angeborenes Instinkt, der lebensnotwendig ist. Lorenz glaubte, dass der Mensch die Energie des Aggressionspotenzials ständig neu bildet und die Abfuhr dieser Energie hängt von auslösenden Reizen aus der Umwelt ab. „In unserem Organismus werden ständig aggressiver Impulse erzeugt, die sich so lange aufstauen, bis eine bestimmte Schwelle überschritten wird: Dann kommt es zur Entladung in einer aggressiven Handlung (…). Nach der „Abreaktion“ herrscht Ruhe bis wieder ein gewisser „Dampfdruck“ erreicht ist. Je länger die Entladung aufgeschoben wird(…), umso größer ist Triebstau und damit so kleiner der Anlass, der für einen aggressiven Ausbruch ist.“( Lorenz, 1963, S. 79).5 Der Forscher schlägt vor, dass die Aggressionsenergie durch die Aktivitäten (z. B. Sport) abbauen werden können.

Nach Einschätzung von Nolting lässt sich das Triebkonzept weder beweisen noch widerlegen. „Anders als bei vielen biologischen Bedürfnissen hat man im Gehirn des normalen Menschen auch keine Zentren und Vorgänge gefunden, die so etwas wie eine spontan wirkende Aggressionsquelle sein könnten.“6

2.2.2 Frustrations- Aggressionstheorie

Die Grundannahmen der Frustrations- Aggressionstheorie lauten: Jede Aggression ist eine Folge von Frustration und jede Frustration führt zu einer Aggression. „Unter Frustration versteht man die Störung einer zielgerichteten Handlung, Enttäuschung und Versagungen,“7 d. h. die Versagung von Bedürfnissen oder Wünschen führt zur Angriffslust. Experimente haben ergeben, dass der durch die Frustration entstehende Erregungszustand auch anders als durch Aggression abgebaut werden kann (Gespräche, Lachen). Eine Erregung, selbst wenn es als Wut erlebt wird, führt nur dann zu einer Aggression, wenn ein besonderes Objekt oder ein Sachverhalt vorhanden ist, welches durch besondere Reize die Aggression provoziert.

2.2.3 Lerntheorie

Die lerntheoretische Betrachtung der Entstehung von Aggression geht davon aus, dass Verhaltensweisen wie Aggression durch Lernen erworben werden und damit prinzipiell auch veränderbar sind. Diese Beeinflussung menschlichen Verhaltens ist über Selbstkontrolle und die Veränderung der Bedingungen möglich, die Aggression entstehen lassen und aufrechthalten. Man unterscheidet zumindest drei Lernformen, mit deren Hilfe die Aggression häufig auftreten kann: Verstärkungslernen, Lernen am Modell und Signallernen (klassisches Konditionieren)

2.2.4 Verstärkungslernen

Das Lernen kann man in die positive- und negative Verstärkung aufteilen. Die positive Verstärkung des aggressiven Verhaltens liegt vor, wenn ein Individuum mit Aggression ein Ziel erreicht. Ein Beispiel: Ein Kind durch beißen erhält einen gewünschten Gegenstand.

Die negative Verstärkung hält das aggressive Verhalten aufrecht, wenn ein Kind ein bedrohliches Ereignis erfolgreich durch aggressives Verhalten verringern oder beseitigen kann. Ein Beispiel: Ein Kind beendet durch Zurückschlagen den Angriff eines anderen Kindes, wobei das Zurückschlagen das aggressive Verhalten negativ verstärkt. „Die Duldung aggressiven Verhaltens durch Eltern, Lehrer und andere Erwachsene wirkt auf die Kinder verstärkend, da sie aus dieser Haltung eine stillschweigende Zustimmung gegenüber Aggression ableiten.“8

2.2.5 Lernen am Modell

Durch Beobachtung können sehr schnell und einfach Verhaltensweisen gelernt werden. „Das gilt für das Bedienen einer Maschine oder für das Sprechen ebenso wie für aggressives Verhalten.“9 d.h. durch bestimmte Modelle (z. B. Erwachsen, Gleichaltriegen, Medien) wird das „vorgelebte Verhalten“ nachgeahmt. Ein Beispiel: Ein Kind kann ein anderes deshalb eingreifen, weil es vor kurzem ein erfolgreiches aggressives Auftreten bei einem anderen Kindergartenkind, auf der Straße oder auch im Fernsehen sah. Wenn sein Modell mit seinem aggressiven Verhalten einen Erfolg hat, ist es wahrscheinlicher, dass das Kind dieses Verhalten nachahmt, als wenn das Modell keine besondere Stellung hätte.

„Ein wesentlicher Unterschied zum Verstärkungslernen besteht darin, dass beim Modelllernen nicht jeder Teilschritt getrennt werden muss, sondern das Verhalten in komplexen Strukturen durch stellvertretende Erfahrung und Verstärkung übernommen werden kann.“10

2.2.6 Signallernen

Für das Individuum können Reize bestehen, die das aggressive Verhalten fördern. Die Reize müssen aber etwas Negatives, Aggressives verbinden, was der Betroffene vorher lernte. So kann beispielsweise ein Erzieher mit einem Bart bei einem Kind die Aggression auflösen, wenn dieser mehrmals von einem Erwachsenen (z.B. Vater), der auch den Bart hatte, beschimpft, bedroht oder verprügelt wurde.

2.3 Interventionstechniken bei dem aggressiven Verhalten

Je früher versucht wird bei aggressivem Verhalten zu intervenieren, desto gröbere Erfolge lassen sich in einer Verhaltensänderung eines Individuums erzielen. Jedoch nicht jede Aggression ist es wert, auf sie zu reagieren, und nicht auf jede Aggression lässt sich eine hilfreiche Reaktion finden.

Diese Hausarbeit zeigt nur einige von vielen Interventionstechniken auf, wie die Sozialpädagogen, Eltern dem aggressiven Verhalten entgegenkommen können.

2.3.1 Bewusste Ignorieren

Man kann annehmen, dass sich manchmal die Störung zwischen Kinder teilweise selbst erledigt, und zwar umso schneller, je weniger Aufheben man davon macht. Dadurch wird dem Kind/ Jugendlichen ein selbstbestimmtes, selbstkontrolliertes Handeln ermöglicht.

Andererseits kann es auch ratsam sein, die Aggressionen bewusst zu ignorieren, da die Kinder häufig versuchen, die Erwachsene zu provozieren, um sie „auszutesten“ oder um vor anderen gut dazustehen. Ignoriert man solches aggressive Verhalten, verhindert man, dass das Ziel erreicht wird.

2.3.2 Spannungsentschärfungen durch Humor

Die Aggressionen, die mit einem Lachen, einem Witz oder einer verständnisvolle Ironie begegnet werden, können die Ärgersituation oft entspannen. Freundliche Reaktionen wirken negativen Gefühlen entgegen. Dadurch wird eine Beruhigung gefördert. „Man muss sich natürlich sicher sein, dass sie nicht als Verstärker für ein unangemessenes Verhalten aufgefasst werden kann.“11

2.3.3 Affektive Zuwendung

Eine affektive Zuwendung, zum Beispiel verständnisvolles Ansehen, Lächeln, eine liebevolle Geste können das aggressive Verhalten beim Kind stoppen. Die affektive Zuwendung ist vor allem dort nötig, wo Erlangungs- Aggression gezeigt wird.

2.3.4 Bestrafungen und Drohungen

Die Strafen sollen möglichst eine Wiedergutmachung oder einen Schadenersatz beinhaltet. Zwischen Verhalten und Strafe soll eine erkennbare Beziehung bestehen. Durch Bestrafung kann kein Einfluss auf die Ursache des Verhaltens genommen werden, da sie lediglich versucht, das auftretende Verhalten zu unterdrücken. Häufig kommt dazu, dass die Bestrafungen meistens Faktoren betreffen, die das auffällige Verhalten nicht betreffen. Ein Beispiel hierfür wäre, wenn ein Kind nach dem Zerstören eines Turms, den ein anderes Kind baute, nicht erlaubt wird, draußen zu spielen. Eine Strafe, die für das Kind besser zu begreifen würde, wäre z. B. ein Neubau des Turms.

Im Buch „Lernfall Aggression“ schreibt Autor, dass „Bestrafungen können nie die Hauptsache sein, sondern allenfalls die eigentlichen aufbauenden Maßnahmen unterstützen.“12 Die Bestrafung kann zum Beispiel als Entzug positiver Verstärker erfolgen und wird immer unmittelbar nach der aggressiven Handlung eingesetzt. Die positiven Verstärker, die entzogen werden können, sind z. B die Beteiligung an den Handlungen der Gruppe, bevorzugtes Spiel.

Es soll an dieser Stelle auch betont werden, dass das Strafverfahren als pädagogische Maßnahmen grundsätzlich abzulehnen sind.

2.3.5 Belohnungen

Das aggressive Verhalten kann durch eine Belohnung, Lob oder Anerkennung anders ersetzt werden, da damit eine Förderung alternativer Verhaltensweisen gefördert wird. „Diese Maßnahme sollte pädagogisch immer im Vordergrund stehen.“13

2.3.6 Hilfestellung zur Überbrückung des Hindernisses

Der Betreuer/in soll dem Kind helfen negative Gefühle abzubauen. In solchen Stresssituationen braucht das Kind eine Unterstützung und Verständnis zur Bewältigung der Situation. Geschickt Fragen stellen, Schweigen konstruktiv nutzen, Gedanken und Gefühle des Kindes in Worte fassen, Tipps und Problemlösung anbieten sind nur einige Vorschläge, die man als Hilfestellung anwenden kann.

2.3.7 Kommunikation

Die Kommunikation ist ein wichtiges Mittel, welche Steuern des menschlichen Handelns helfen kann. Durch eine Rückmeldung oder Unterhaltung kann dem Kind verdeutlicht werden, welche Reaktionen es durch sein aggressives Verhalten bei den anderen Menschen auslöst. Das Gespräch muss aber gefühlvoll formuliert werden. Der Betreuer soll, „so sprechen, wie man in Erregung selbst angesprochen werden möchte und die „Kommunikationskillern“ wie zum Beispiel Vorwürfe vermeiden.“14

2.3.8 Erlaubnis und Verbot

Ein Beispiel dafür kann eine Einschränkung der räumlichen Bewegungsfreiheiten und der Verfügbarkeit von Gegenständen sein, zumeist in der Absicht, störende Außenreize auszuschalten.

2.3.9 Zeichnen geben

Die Zeichnen, egal ob verbal oder nonverbal (z. B. Hand heben), sollen angewendet werden, so dass das Kind aus der Kontrolle geratene Verhaltensweise reflektiert. Beispielweise, wenn ein Betreuer mit dem Zeigefinger nach links und rechts winkt ohne etwas zu sagen, ist dem Kind meistens sofort klar, dass dieses bestimmte Handeln nicht erlaubt wird.

2.4 Kontrolle durch körperliche Nähe und Berührung

In manchen Fällen kann ein Kind in der Regel so stark aggressiv sein, dass der Erwachsene es kurz festhalten muss oder die Kinder einfach durch körperliche Berührung trennen. So kann manchmal die einzige Möglichkeit entstehen, um das Individuum selbst und andere vor körperlichen Schäden zu bewahren.

In sehr seltenen Fällen kann ein Kind sein aggressives Verhalten so stark aufzeigen, dass kurzes festhalten nicht ausreicht. Dann wird es isoliert, zum Beispiel in einem anderen Raum gebracht mit dem Ziel sich zu beruhigen. Danach durch ein Gespräch zwischen dem Kind und dem Betreuer kommt zu der rationale Konfliktlösung. Es wird das problematische Ereignis gezielt beschreiben und es werden die Vorschläge dargestellt.

2.4.1 Rollenspiele

Die Rollenspiele „eignen sich zur Simulation zwischenmenschlicher Interaktion.“15 Sie ermöglichen beispielsweise „ein angstfreies Einüben von Verhaltensweisen, erhöhen unter günstigen Bedingungen das Einfühlungsvermögen in einer Situation und vermitteln ein Gefühl der Situationsbeherrschung.“16 Dann durch gemeinsame Reflexion finden die Kinder allein raus, unter welchen Umständen ist man z. B. wütend oder enttäuscht.

Für welche Interventionstechniken man sich entscheidet, hängt von der jeweiligen Situation ab. Wichtig ist es vor allem gut die Situation zu analysieren. Um es genauer zu schildern: es geht darum die Ruhe und Geduld zu bewahren, mit dem Angreifer kurz, knapp und direkt zu reden, die Ursachen für den aggressiven Vorfall zu identifizieren die Interventionen zu erproben und bezüglich ihrer Wirksamkeit zu überdenken sowie spontan zu reagieren, wenn sich die Situation verändert.

2.4 Auswirkungen den Interventionstechniken auf die Erzieher

Der Erfolgt pädagogischer Intervention ist vom Ausmaß der beteiligten Emotionen bei dem Kind abhängig. Durch die verschiedenen Strategien können diese negative Emotionen kontrolliert oder eventuell reduziert werden. Die Erzieher müssen aber vorher die Aggression verstehen und erklären können, damit sie fähig werden.“17 Die häufigste Symptome bei einem Individuum, die auf das aggressive Verhalten hinweisen sind: laut werden, schreien, schimpfen, oft beleidigt sein, die Schuld wird gerne bei den Anderen gesucht, lautes und schnelles Sprechen, schwitzen, rot angelaufenes Gesicht und nervöse Handbewegungen. Im Buch „Aggressivität bei Kinder und Jugendlichen“ von Peter Dutschmann steht, dass es bei den Interventionstechniken wichtig ist, geplant vorzugehen. „Jedes ungezielte, unkoordinierte Handeln bringt jedoch die Gefahr mit sich, dass man in der Aufregung Fehler macht. Dadurch wird man möglicher zum Opfer. Oder aber man macht pädagogische Fehler, die sich später negativ auswirken können.“18 Man sollte zusammen mit dem Personal der Einrichtung die Überlegungen zur Vorgehensweise kLeontellen, zum Beispiel welche Mitarbeiter was für Rolle übernimmt, wie man sich im Notfall gegenseitig unterstützen kann oder wie man strategisch vorgehen will. Solche Überlegungen verringern die Wahrscheinlichkeit, dass man in der Aufregung unprofessionell reagiert.

3. Praxis Bezug

3.1 Benennung der Einrichtung

Ich absolviere mein Praktikum in dem „X Haus“, das zu einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung gehört. Das Haus befindet sich in einem kleinen Dorf mit ca. 180 Einwohnern. Die Einrichtung liegt auf einem großen Grundstück und hat ca. 400 qm Wohnfläche. Sowohl Außenanlage als auch die Räumlichkeiten gehen auf die spezifischen Bedürfnisse der Kinder ein. Das Außengelände wird zum Beispiel von zahlreichen Abenteuerspielgeräten und dem Fußballplatz dominiert. Der zentral gelegene Sommerpavillon und der großzügige Hobbyraum laden zum Verweilen ein.

Das einstöckiges Haus besteht aus insgesamt 18 Räumen: der vom Kamin gewärmten Wohnküche, dem Büro für die Erzieher, drei Badezimmern, einem Wohnzimmer, der Speisekammer, einer Stube, dem Waschraum und den zwölf Einzelzimmer der Bewohner. Die Wohnküche sowie Wohnzimmer haben in der Einrichtung eine wichtige Bedeutung. Dort findet meistens „Kontakt und Austausch“ statt d. h Treffen und Begegnungen, gemeinsames Essen, Feste feiern, Familienabende sowie freie Aktivitäten.

[...]


1 Fremdwörterbuch „Duden”, 9. Auflage,2007, S.35

2 Jugendlexikon A bis Z, Verlag: Isis, 1991; Chur/Schweiz

3 Norbert Myschker „Verhaltenstörungen bei der Kinder und Jugendlichen“, 1995, S. 382

4 Hans Peter Nolting „Lernfall Aggression“, 1994, S.56

5 Hans Peter Nolting „Lernfall Aggression“, 1993, S. 50

6 Hans Peter Nolting „Lernfall Aggression“, 1994, S. 56

7 vgl. Hermann Hobmair „Pädagogik“, Stam Verlag, 1995, S.176

8 Franz Petermann/ Urlike Petermann „Training mit aggressiven Kindern“, 1991, S. 6

9 Hans Peter Nolting „Lernfall Aggression“, 1993, S. 85

10 Franz Petermann/ Urlike Petermann „Training mit aggressiven Kindern“, 1991, S. 6

11 Andreas Dutschman „Aggressivität bei Kinder und Jugendlichen“, 1995, S.24

12 Hans Peter Nolting „Lernfall Aggression“, 1993, S. 231

13 Andreas Dutschman „Aggressivität bei Kinder und Jugendlichen“, 1995, S. 9

14 vgl. Andreas Dutschman „Aggressivität bei Kinder und Jugendlichen“, 1995, S. 10

15 Anil Batura, Reinhard Wassermann „Verhaltenstherapie Grundlagen- Methoden- Anwendungsgebiete“ 1999. S.136

16 Andreas Dutschman „Aggressivität bei Kinder und Jugendlichen“, 1995, S.46

17 Gabriele Schnabel „Aggressionen im Kindergarten” 1996, S.13

18 Andreas Dutschman „Aggressivität bei Kinder und Jugendlichen“, 1995, S.22

Ende der Leseprobe aus 28 Seiten

Details

Titel
Die Möglichkeiten der Steuerung von aggressivem Verhalten. Analyse in einer stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung
Autor
Jahr
2010
Seiten
28
Katalognummer
V147862
ISBN (eBook)
9783668226265
Dateigröße
475 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
möglichkeiten, steuerung, verhalten, analyse, kinder-, jugendhilfeeinrichtung
Arbeit zitieren
Wioleta Kasprowska (Autor:in), 2010, Die Möglichkeiten der Steuerung von aggressivem Verhalten. Analyse in einer stationären Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147862

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