Die „Wendung nach Innen“ wurde programmatisch für eine neue Künstlergeneration im Wien der Jahrhundertwende. Bei dieser neuen Generation von Literaten um den führenden Theoretiker Hermann Bahr und die anderen Hauptvertreter wie Arthur Schnitzler, Hugo von Hofmannsthal, Leopold Andrian, Richard Beer-Hofmann und Karl Kraus entstand ein intensives Bedürfnis nach der Erforschung des Seelenlebens des Menschen. Angeregt durch die in etwa zeitgleich veröffentlichten Studien des Psychoanalytikers Sigmund Freud fokussierten diese Autoren ihre Arbeit vornehmlich auf das Ich, die eigene innere (Wahrnehmungs-)Welt. Der Naturalismus sollte von den Autoren dieser Generation überwunden werden, was vor allem durch Hermann Bahr mit seiner Schrift Die Überwindung des Naturalismus (1891) theoretisch und programmatisch begründet wurde. Statt Roman und Drama herrschten die Formen der Novelle, Prosastücke und Einakter vor, die der Diskontinuität und dem Episodischen des damaligen Lebensgefühls entsprachen.
Der Physiker und Philosoph Ernst Mach lieferte ebenso ein theoretisches Gerüst für die Autoren des „Jung Wien“. Der durch seinen Aufsatz angeregte berühmte Satz "Das Ich ist unrettbar" wurde zum Titel eines Essays von Hermann Bahr und darüber hinaus zum Schlagwort der Wiener Autoren, die darin ihre eigene Grundhaltung, die nicht mehr zwischen Schein und Wirklichkeit, Wahrheit und Fiktion unterscheiden wollte, ausgedrückt sahen.
Um die Frage, welche Einflüsse diese theoretischen Aussagen und besonders die damals entwickelte Psychoanalyse Freuds auf den literarischen Schaffensprozess von Arthur Schnitzler hatten, soll es in dieser Arbeit gehen. Wie war das damalige Verhältnis zwischen Literatur und Psychoanalyse und was für eine Beziehung bestand zwischen dem Nervenarzt Freud und dem Mediziner und Autor Arthur Schnitzler? Zur Beantwortung dieser Frage soll die Novelle „Leutnant Gustl“ herangezogen werden, welches als erstes Werk in der deutschen Literaturgeschichte nur aus einem inneren Monolog besteht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das ,,unrettbare Ich“ und die Psychologie
- Beziehung zwischen Sigmund Freud und Arthur Schnitzler
- Psychologisierung der Literatur
- Inhaltliche Aspekte der Novelle
- Entstehungsgeschichte
- Reaktionen auf die Novelle
- Inhalt Leutnant Gustl
- Innerer Monolog
- Innerer Monolog als Selbstentlarvung
- Persönlichkeit des Leutnants
- Narrative und formale Aspekte der Novelle
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit befasst sich mit der Novelle „Leutnant Gustl“ von Arthur Schnitzler und untersucht den Einfluss der Psychoanalyse Sigmund Freuds auf das Werk. Ziel ist es, die Beziehung zwischen Literatur und Psychoanalyse im Wien der Jahrhundertwende zu beleuchten und die Rolle des inneren Monologs als Mittel der Selbstentlarvung zu analysieren.
- Die „Wendung nach Innen“ als charakteristisches Merkmal der Wiener Moderne
- Die Rolle des „unrettbaren Ichs“ in der Literatur und Psychologie
- Der Einfluss Sigmund Freuds auf Arthur Schnitzler und seine Werke
- Der innere Monolog als literarisches Stilmittel
- Die Bedeutung der Novelle „Leutnant Gustl“ im Kontext der literarischen Entwicklung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt den historischen und literarischen Kontext der Wiener Moderne dar und erläutert die Bedeutung der „Wendung nach Innen“ im Kontext der psychologischen und literarischen Entwicklungen der Zeit. Das zweite Kapitel beleuchtet die Beziehung zwischen Sigmund Freud und Arthur Schnitzler und die Bedeutung der Psychoanalyse für die Literatur. Es werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den beiden Denkern sowie die Rezeption der Freudschen Theorien in der Literatur diskutiert.
Das dritte Kapitel widmet sich der Novelle „Leutnant Gustl“ und beleuchtet ihre Entstehungsgeschichte, die Reaktionen auf das Werk sowie die inhaltlichen Aspekte. Das vierte Kapitel analysiert den inneren Monolog in der Novelle und untersucht seine Funktion als Mittel der Selbstentlarvung. Es werden die psychischen Prozesse des Leutnants Gustl und die Bedeutung seiner inneren Konflikte für die Handlung der Novelle erörtert.
Das fünfte Kapitel beleuchtet die narrativen und formalen Aspekte der Novelle „Leutnant Gustl“. Es wird die Bedeutung des inneren Monologs für die Darstellung der Handlung und die Charakterisierung der Figuren untersucht.
Schlüsselwörter
Wiener Moderne, Psychoanalyse, Sigmund Freud, Arthur Schnitzler, „Leutnant Gustl“, innerer Monolog, Selbstentlarvung, „unrettbare Ich“, Jahrhundertwende, Literatur, Psychologie.
- Quote paper
- Malte Schröder (Author), 2007, Leutnant Gustl: Der innere Monolog im Zeichen der Psychoanalyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/147952