Ausarbeitung einer Fallanalyse

Der Fall „Tim tritt zu“


Dossier / Travail, 2009

32 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Theoretische Grundlagen zur Methode „Fallarbeit“
2.1 Fallarbeit in der Ausbildung von (Sport-)LehrerInnen
2.2 Das Modell von Fallarbeit nach Thiele und Schierz (2007)

3 Exemplarische Darstellung einer Fallanalyse: Der Fall „Tim tritt zu“
3.1 Identifikation
3.2 Dokumentation: Darstellung des Falls
3.2.1 Unterrichtssituation
3.2.2 Kontextinformationen
3.3 Interpretation
3.3.1 Gewinnen von Perspektiven und Entdecken von Kernthemen
3.3.2 Theoriebezug
3.3.3 Lösungs- und Handlungsmöglichkeiten

4 Fazit

5 Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Akteure, Beziehungen und Interaktionen im Fall „Tim tritt zu“

1 Einleitung

Der Fall, mit dem ich mich im Rahmen dieser Arbeit befassen werde, ist mir während einer Hospitation im Sportunterricht begegnet. An dem Tag und beim darauffolgenden Treffen mit den außerdem anwesenden Kommilitoninnen erfuhr der „Vorfall“ noch besondere Erwähnung. Auch mir blieb er ein paar Tage im Kopf. Dann aber dachte ich nicht mehr darüber nach. Was mich betrifft, so fand ich mich mit den Begebenheiten ab, vor allem mit den Interventionen der Lehrerin und des Studenten, der in der betreffenden Sportstunde unterrichtete, obwohl diese mir von Anfang an sehr fragwürdig erschienen.

Erst als einen Monat später im Seminar die Fallarbeit thematisiert wurde, stand für mich relativ schnell fest, welchen Fall ich wählen würde. Es bot sich die Möglichkeit, den beobachteten Vorfall noch einmal zu rekonstruieren. So erhoffe ich mir nun, durch die Aufarbeitung des Falls diesen besser verstehen und durch die wissenschaftliche Auseinandersetzung alternative Handlungsmöglichkeiten herausarbeiten zu können.

Da ich die Methode „Fallarbeit“ in dieser Arbeit zum ersten Mal anwende, beginne ich mit theoretischen Grundlagen zu dieser Methode. Nach einer Begriffsbestimmung, der Beschreibung von Einsatzmöglichkeiten und den damit verbundenen Zielsetzungen in der (Sport-) Lehrerausbildung wird zunächst ein Modell von Fallarbeit dargestellt. Dieses ist die Grundlage für die darauffolgende Fallanalyse, die insbesondere die Schritte Identifikation, Dokumentation und Interpretation umfasst. Dabei ist das Kapitel zur Interpretation am umfangreichsten, weil in dieses neben der Differenzierung von Themen und Perspektiven der systematische Einbezug von Theorie sowie darauf basierend die Ableitung von Handlungsmöglichkeiten fallen. Spätestens an dieser Stelle wird meine intuitiv fragwürdige Haltung gegenüber der Interventionen in der beobachteten Sportstunde be- oder entkräftigt.

Im abschließenden Fazit werden vordergründig Erfahrungen und Erkenntnisse, die ich durch diese Fallarbeit – auch für meine Ausbildung – gewonnen habe, zusammenfassend dargelegt.

2 Theoretische Grundlagen zur Methode „Fallarbeit“

Im Folgenden soll zunächst kurz dargelegt werden, was unter Fallarbeit zu verstehen ist, wie und vor allem mit welchen Zielsetzungen sie in der Sportlehrerausbildung eingesetzt werden kann. Dabei ist anzumerken, dass die Einsatzmöglichkeiten und die damit verbundenen Zwecke auch für die Lehrerausbildung allgemein gelten können. Im Anschluss daran wird ein Modell von Fallarbeit dargestellt, an dem sich die exemplarische Analyse meines Falls orientiert. Dieses wurde in einer Seminarstunde vorgestellt und basiert auf den Vorschlägen zur Fallarbeit in der Trainerausbildung (vgl. Thiele & Schierz, 2007).

Die unter diesem Punkt folgenden Ausführungen sehe ich aus verschiedenen Gründen als sinnvoll an. Zum einen reflektiere ich trivialerweise dadurch, dass ich den Einsatz der Fallarbeit in der Lehrerausbildung thematisiere, Ziele, die mit der Anfertigung dieser Arbeit verbunden sind. Zum anderen erfolgt parallel eine Auseinandersetzung der Methode „Fallarbeit“ sowohl theoretisch als auch in der praktischen Anwendung. Außerdem dient es der Leserfreundlichkeit und dem Verständnis, das allgemeine Vorgehen in der Fallarbeit zunächst kurz zu erläutern, bevor ich es auf einen konkreten Fall anwende.

2.1 Fallarbeit in der Ausbildung von (Sport-)LehrerInnen

Fallarbeit kann zunächst beschrieben werden als systematische Auseinandersetzung mit Fällen. Das Anliegen von Fallarbeit ist es, „das Individuelle (das Faktum) zum Allgemeinen (das ,abstrahierte Wissen‘) in die richtige Relation zu setzen, um damit ein Besonderes, einen ,Fall von‘ zu konstituieren und auf der Basis von technischen oder kommunikativen Einflussnahmen zu ,lösen‘“ (Thiele & Schierz, 2007, S. 14), wie es in den tradierten Domänen der Fallarbeit, in den Feldern der Medizin und der Rechtswissenschaft, der Fall ist. Diesem Anliegen liegen unterschiedliche Handlungsmuster (z.B. in der Medizin die Technologie, in der Rechtswissenschaft die Hermeneutik) zugrunde, die wiederum auf unterschiedlichen Handlungs- und Erkenntnislogiken basieren. Die Bevorzugung einer bestimmten Logik impliziert ein bestimmtes Modell von Fallarbeit. Für die Ausgestaltung von Fällen ist entscheidend, wie die Relation eines Bereichs professioneller Fallarbeit, wie eben auch Unterricht, zum Menschen interpretiert wird.

Im Unterricht wird der Mensch als Person zur Grundlage fallspezifischen Agierens gemacht. Personen werden als Akteure betrachtet, die auf verschiedene Weisen handeln und erleben können, was dazu führt, dass sich zum einen die entscheidungsrelevanten Wissensbestände potenzieren, zum anderen ist Wissen nur noch in vergleichsweise ungewisser Form verfügbar. Konsequenterweise sind eindeutige (kausale) Lösungsmuster unzureichend, der pädagogische Fall, für den Lösungen nur noch als begründete Handlungsoptionen ohne Wirkungsgarantie entworfen werden können, muss mehrperspektivisch ausgelegt werden und ist außerdem durch die spezifische Struktur der Beziehung Professioneller – Klient mit einem hohen Grad gegenseitiger Beeinflussung und Abhängigkeit gekennzeichnet (vgl. ebd., S. 14 f.).

Bevor nun ein entsprechendes Modell der mehrperspektivischen pädagogischen Fallarbeit vorgestellt wird, sollen Ziele des Einsatzes von Fallarbeit in der (Sport-)Lehrerausbildung aufgezeigt werden.

Dabei möchte ich zunächst die von Thiele und Schierz (ebd., S. 5 ff.) für die Trainerausbildung aufgezeigten Zwecke der Vermittlungs- und Arbeitsmethode Fallarbeit, die meiner Meinung nach auch für die Lehrerausbildung Geltung haben, darlegen. Das grundsätzliche „ Warum “ der Zuwendung zu neuen Methoden des Lehrens und Lernens, insbesondere der Fallarbeit, neben und anstelle anderer Methoden beantworten die Autoren damit, dass die Fallarbeit an die Stelle „trägen Wissens“ ein dynamisches setzt. Sowohl das Lernen als auch der Lerntransfer sollen effizienter gestaltet werden. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil die Schulpraxis sich immer heterogen und unbestimmt darstellt. LehrerInnen sind ständig neuen Situationen ausgesetzt, die in ihrer Komplexität nicht voraussehbar und planbar sind (vgl. Messmer, 2001, S. 82). Combe (2001, S. 20) sieht ebenfalls eine starke Begründung für die Arbeit mit Fällen in der besonderen Charakteristik pädagogischen Handelns, das als Handeln in eben jenen Situationen verstanden werden kann. Seiner Meinung nach lässt sich durch eine fallexemplarische und fallbezogene Aufschließung von Materialien, d.h. Fallarbeit, die Urteilskraft bilden und der Umgang mit offenen Situationen anbahnen.

Darüber hinaus werden bei Thiele & Schierz (2007, S. 6 ff.) drei Antworten gegeben, wozu Fallarbeit eingesetzt werden soll. Erstens dient Fallarbeit der Professionalisierung. In Ausbildungskontexten kann „Professionalisierung“ verstanden werden als Bildungsgang von TrainerInnen oder LehrerInnen, „der sie befähigt, […] reflektierte Konversation mit komplexen und pädagogisch relevanten Entscheidungssituationen zu führen, um angemessene Umgangsweisen mit den komplizierten Bedarfslagen ihrer Klientel […] zu finden“ (ebd., S. 6). Im Trainings- oder Schulalltag kommt es zu Situationen, in denen Entscheidungszwang bzw. -druck, Begründungspflicht und mehrdimensionale Bedarfslagen der AthletInnen oder SchülerInnen häufig situationsspezifisch ineinander greifen. Für ein angemessenes Handeln ist ein situatives Urteilsvermögen mit einem Blick für die Besonderheit der Situation notwendig, der sich erst in Professionalisierungsprozessen ausbildet. Dem Experten, der diesen Blick hat, ist es möglich, die potentielle Genese und die Folgen der Situation, die als Fall wahrgenommen wird, zu reflektieren und in der „Konversation“ mit der Situation mit Erfahrungswissen und Theoriewissen abzugleichen. Im Fortschritt ihres Bildungsgangs verfügen Experten über ein immer größeres und differenzierteres Repertoire an Fällen und dazugehörigen Fallklassifikationen, um sich in neuen oder wechselnden Situationen orientieren zu können. Das Handeln der Experten bemisst sich dann an den Kriterien der Entscheidungsfähigkeit, Begründungspflichtigkeit und Bedarfsgerechtigkeit (vgl. ebd., S. 6 ff.).

Zweitens wird Fallarbeit eingesetzt, um aus Geschichten zu lernen. Die eben beschriebene reflektierte Konversation mit der Situation, die Bearbeitung von Fällen, muss gelernt und geübt werden. Fallarbeit setzt die systematische Aneignung theoretischen Wissens voraus, es vermittelt sowohl Erfahrungs- als auch Theoriewissen, die nötig sind, um die bedeutsamen Sachverhalte einer kritischen oder komplexen (Unterrichts-)Situation zu erfassen (vgl. ebd., S. 9 f.). Hier lässt sich bestätigend und weiterführend die Differenzierung beruflichen Wissens, das aus Fallgeschichten entwickelt werden kann, nach Messmer (2000, zitiert in Messmer, 2001, S. 87) einbringen. Zum ersten kann dadurch, dass theoretisches Wissen in einen kon-kreten Fall der Praxis eingebracht wird, elaboriertes Wissen entwickelt werden. Zum zweiten können Fallgeschichten auch auf eigenes, intuitives Wissen rekurrieren, wenn beispielsweise Studierende selbst erfahrene kritische Situationen mit ihrem bereits vorhandenen Wissen reflektieren und interpretieren. Drittens dient die Arbeit mit Fallgeschichten auch der Entwicklung von diskursivem Wissen, indem intuitives Wissen zur Diskussion gestellt wird.

Fallarbeit trägt ferner dadurch zur Einübung in pädagogische Urteilskraft bei, dass aus Geschichten (neben anderen möglichen Lehrmaterialien)[1] gelernt wird. Das Erzählen von Geschichten, das Verstehen und Deuten von Geschichten sowie die Unterbreitung von Vorschlägen dazu eröffnen Spielräume für neue Erfahrungen und Perspektiven, insbesondere auch die Möglichkeit, die eigenen eingeschränkten Betrachtungsweisen zu erweitern. Geschichten müssen dazu erst als Fall von „etwas“ erarbeitet werden, sie müssen als ein pädagogischer Fall gelesen werden, zu dessen Erarbeitung und Bearbeitung Wissensaneignung notwendig ist und dessen Zweck auch darin besteht, ein Berufsethos zu entwickeln (vgl. Thiele & Schierz, 2007, S. 9 f.).

Damit zusammenhängend ermöglicht Fallarbeit drittens, an Geschichten Kompetenzen zu bil-den. LehrerInnen sind verantwortlich, kompetent mit pädagogischen Ansprüchen umzugehen, weil sie in vielen Hinsichten in die Bildungsgänge der SchülerInnen eingreifen (vgl. ebd., S. 10). Aus bildungsgangdidaktischer und professionalisierungstheoretischer Sicht kann Lehrerbildung als berufsbiografisches Problem und die fachliche Kompetenz- und Identitätsentwicklung als individuelle Bearbeitung und Lösung allgemeiner Entwicklungsaufgaben aufgefasst werden (vgl. Hericks & Kunze, 2002, S. 401 ff.). Aus aktuellen Professionalisierungstheorien leiten Hericks und Kunze (ebd., S. 405; vgl. auch Hericks, 2006, S. 63) vier Teil-Entwick-lungsaufgaben ab: erstens die Entwicklungsaufgabe Kompetenz, was vor allem bedeutet, die eigenen personalen und fachlichen Kompetenzen zur Bewältigung beruflicher Anforderungen einsetzen und ausweiten zu können; zweitens die Entwicklungsaufgabe Vermittlung (von kulturellen Sachverhalten und Fachinhalten); drittens die Entwicklungsaufgabe Anerkennung, die sich auf die Adressaten bezieht, d.h., ein tragfähiges Konzept der pädagogischen (Fremd-)Wahrnehmung der SchülerInnen als der entwicklungsbedürftigen Anderen zu entwickeln; und viertens die Entwicklungsaufgabe Institution, die unter anderem einschließt, Möglichkeiten und Grenzen der institutionellen Rahmenbedingungen des eigenen Handeln zu erkennen und mitzugestalten. Neben anderen Studien- und Ausbildungsangeboten wie die Anlage von Portfolios oder forschendes Lernen mit Berufsfeldbezug kann insbesondere die Arbeit an Fällen die Reflexion über eigene Bildungsprozesse mit Bezug auf die beruflichen Entwicklungsaufgaben und deren kreative Bearbeitung anregen und unterstützen (vgl. Hericks & Kunze, 2002, S. 413). Aufgrund einer eigenen Untersuchung zu subjektiven Professionalisierungsprozessen[2] durch Einzelfallstudien von drei LehrerInnen plädiert Hericks (2006, S. 453 ff.) unter anderem für die Bearbeitung von Fällen als der hauptsächlichen Methode der Lehrerbildung in der ersten Phase und in der Berufseingangsphase für eine Kombination aus kollegialer Fallbegleitung und einer bildungsgangdidaktischen Supervision.

Mit den genannten Entwicklungsaufgaben überschneiden sich zum Teil die von Thiele und Schierz (2007, S. 10 ff.) für TrainerInnen festgelegten vier zentralen Kompetenzen, und zwar Systemkompetenz, Sachkompetenz, Sozialkompetenz sowie Selbstkompetenz[3], deren Erwerb auch in der Lehrerausbildung gefordert werden kann und die nach Meinung der Autoren in der Auseinandersetzung mit Geschichten reflektiert herausgebildet werden können.

Die genannten Zielsetzungen werden von einer weiteren, meiner Ansicht nach übergeordneten Zielsetzung gerahmt. Messmer (2001, S. 82 ff.) stellt explizit die Beziehung von Theorie und Praxis als Begründung der Fallarbeit in den Vordergrund. Die Lehrerbildung werde fast durchweg mit dem Vorwurf konfrontiert, keinen oder einen ungenügenden Praxisbezug aufzuweisen. Fallgeschichten bieten die Möglichkeit, das Verhältnis von Theorie und Praxis im Sinne Ottos wirkungsvoller zu gestalten. Otto versteht Praxisbezug als Versuch,

„(1) die der Praxis inhärente Theorie aufzudecken, (2) die der Praxis und den Interessen der an der Praxis Beteiligten adäquate Theorie situationsbezogen, handlungsbezogen weiterzuentwickeln und (3) die Begründbarkeit von Praxis durch Theorie und die Konsistenz von Theorie und Praxis zu überprüfen sowie gegebenenfalls alternative Praxis zu antizipieren“ (Otto, 1998, S. 251, zitiert in Messmer, 2001, S. 83).

Combe und Helsper (1994, S. 211) sehen schließlich den Vorzug einer Debatte über die moralische Dimension von Unterricht, die auf der Grundlage einer hermeneutischen Rekonstruktion von Einzelfällen und konkreten Problemkonstellationen geführt wird, darin, dass die Frage einer schulischen „Kultur des Umgangs“ nicht nur im Rahmen bloßer Spekulation über ein Sollen verbleibt und der wissenschaftliche Zugang nicht auf die Erfindung einer neuen Moral hinausläuft. Vielmehr seien Alternativen wie zukunftsträchtige Handlungsperspektiven im Fall und in der Fallgeschichte mit angelegt.

2.2 Das Modell von Fallarbeit nach Thiele und Schierz (2007)

Das Modell von Fallarbeit, auf dem meine Arbeit basiert, geht zurück auf die Vorschläge von Thiele und Schierz (2007, S. 19 ff.) und wurde uns in ähnlicher Form im Seminar präsentiert. Es handelt sich um ein Arbeitsmodell, das eine systematische Abarbeitung von Fällen unterschiedlicher Art ermöglicht. Im Hinblick auf Ausbildungskontexte (wie bei dieser Arbeit) spielt die Integration von theoretischem Wissen eine wesentliche Rolle.

Der erste Schritt besteht in der Identifikation eines Falls, womit die Beantwortung der Frage einhergeht, warum gerade ein bestimmtes Ereignis zum Fall gemacht wird. Die Argumentation wird auf der Grundlage der übergeordneten Thematik des Seminars „Spiele regeln“ sowie des Kontextes, der durch die Lehrerausbildung gegeben ist, geführt. Was Müller (1994, S. 16 & S. 25) speziell für die Sozialpädagogik beschreibt, gilt auch allgemein: Für sich genommen ist eine erzählte Geschichte noch kein Fall. Denn die Bezeichnung einer Geschichte als „Fall“ verweist stets auf einen Handlungszusammenhang, in den sie einzuordnen ist.

Mit der Dokumentation folgt der zweite Schritt der Fallarbeit. Der Fall kann auf unterschiedliche Weisen dargestellt werden, z.B. durch einen schriftlichen Text, einer (mündlichen) Erzählung, durch eine Video- oder Audioaufnahme. In meiner Fallanalyse habe ich eine Unterrichtssituation soweit schriftlich beschrieben, wie es im Nachhinein auf der Grundlage meiner Aufzeichnungen und Erinnerungen möglich war. Vorweg sei gesagt, dass eine vollständige Informiertheit nicht gegeben ist und sein kann. Die mir bekannten Hintergrundinformationen habe ich in einem zweiten Abschnitt dargestellt, jedoch bleiben einige Fragen nach Zusatzinformationen offen, insbesondere was den betreffenden Schüler Tim angeht (vgl. Thiele & Schierz, 2007, S. 20 ff.).

Die Texte dienen der weiteren Bearbeitung des Falls als Grundlage. Die Interpretation als dritter Schritt erfolgt in drei Phasen: Zunächst sollen Perspektiven auf den Fall sowie Kernthemen herausgearbeitet werden. Trotzdem das Entdecken von Kernthemen nicht im Seminar angesprochen wurde, möchte ich es im Folgenden machen, um zum einen die Themenvielfalt aufzuzeigen, die sich durch den Fall ergibt, und um zum anderen begründet eine Auswahl eines Themas, auf das in der weiteren Bearbeitung des Falls eingegangen werden soll, treffen zu können. Zudem werde ich multiperspektivisch vorgehen, d.h. zunächst verschiedene Perspektiven auf den Fall aufzeigen. Wie beim inhaltlichen Aspekt wird dann begründet eine Reduktion auf eine bestimmte Perspektive vorgenommen, damit in der zweiten Phase der Interpretation die systematische Einbeziehung von theoretisch relevanten Wissensanteilen in die Fallarbeit passieren kann und in der dritten Phase schließlich Lösungs- und Handlungsmöglichkeiten dargestellt werden können. In der folgenden Fallanalyse werden Handlungsoptionen nur angedeutet. Der Zweck dieses abschließenden Schritts kann in der systematischen Schulung von Problemlösekompetenzen gesehen werden, „die häufig in der alltäglichen Realität nur auf die eingeschliffenen Muster rekurrieren“ (ebd., S. 27). Zudem erschließt sich dadurch der enge und systematische Zusammenhang der Erarbeitung theoretischer Wissensbestände und ihrer Verknüpfung in konkrete Handlungsoptionen (vgl. ebd., S. 22 ff.).

[...]


[1] Thiele und Schierz (2007, S. 13) merken an, dass Geschichten nur eine einführende Vorübung zu methodischer Fallarbeit sind. An deren Stelle können im Ansatz der Fallarbeit komplexe Erzählungen treten, die bei der Bearbeitung als Fall viele unterschiedliche Ermittlungen mit sich bringen.

[2] Inhaltlich ist dabei das Konzept der beruflichen Entwicklungsaufgabe zentral (vgl. Hericks, 2006, S.139 ff.).

[3] Die einzelnen Kompetenzbereiche differenzierter zu erläutern sowie detailliert darauf einzugehen, inwiefern Fallarbeit zum Erwerb dieser Kompetenzen beitragen kann, kann nicht mehr im Rahmen dieser Arbeit liegen. Dazu verweise ich auf Thiele und Schierz (2007, S. 10 ff.).

Fin de l'extrait de 32 pages

Résumé des informations

Titre
Ausarbeitung einer Fallanalyse
Sous-titre
Der Fall „Tim tritt zu“
Université
Carl von Ossietzky University of Oldenburg
Note
1,0
Auteur
Année
2009
Pages
32
N° de catalogue
V148000
ISBN (ebook)
9783640589142
ISBN (Livre)
9783640588879
Taille d'un fichier
563 KB
Langue
allemand
Mots clés
Fallanalyse;, Fallarbeit, Umgang mit Unterrichtsstörungen;, Disziplinprobleme
Citation du texte
Katrin Bekermann (Auteur), 2009, Ausarbeitung einer Fallanalyse, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148000

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Titre: Ausarbeitung einer Fallanalyse



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