In der vorliegenden Arbeit soll zunächst in einem ersten Schritt die damalige Aufführungspraxis und die theoretischen Konzepte sowie Wesenszüge der spanischen comedia (nacional) des siglo de oro elaboriert werden, sodass diese in einem zweiten Schritt am Beispiel der amerikanischen Netflixserie La directora erprobt werden können. Hierbei soll zusätzlich ein kurzer Exkurs in die Intermedialität stattfinden, um sowohl retrospektivische als auch höchst aktuelle Forschungsansätze zu verknüpfen.
Mit den Worten „Mándanme, ingenios nobles, flor de España” beginnt der spanische Dichter Félix Lope de Vega eines seiner bedeutsamsten Werke, das seit jeher tiefgreifende Spuren in Literatur und Forschung hinterlassen hat. Knapp über 100 Jahre nachdem eine zunächst anonyme und titellose, hochgradig rätselhafte und später dann als Tragicomedia de Calisto y Melibea (1502) bekannte Fassung in Burgos erscheint und damit die Grundlage des späteren Theaters samt dessen Aushängeschild comedia einleitet, erscheint das skandalöse Traktat und wirft jegliche bisher gültigen Regelpoetiken über Bord. Inmitten des goldenen Zeitalter Spaniens, in dem die politische und kulturelle Blüte Europas floriert und die Genre Drama und Lyrik eine vorher nicht gekannte Hochphase erleben, erfährt das Theater eine Institutionalisierung inklusive Etablierung eines Autorenstammes, die seinesgleichen sucht. Wiederum 500 Jahre später erscheint am 20. August 2021 die amerikanische Serie La directora (im Original The Chair) auf der Streaming Plattform Netflix, welche an literarischen Analogien und Parallelen zum siglo de oro regelrecht erblüht. Dr. Ji-Yoon Kim, gespielt von Sandra Oh, wird als erste Frau und Nichtweiße Lehrstuhlinhaberin des Lehrstuhls für Englische und Amerikanische Literaturwissenschaft an der fiktiven Pembroke University und steht vor mannigfaltigen Problemen: sinkende Studierendenzahlen, miserables Mobiliar, institutionelle Diskriminierung und zu allem Übel in die Jahre gekommene Professoren inklusive obsoleter Lehrweisen. Wie einst der tragische Held nimmt sie sich der unmöglich lösbaren Herausforderung an und sieht wie sie der kommenden Katastrophe unterliegt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die (alte und) neue Kunst des Dramenmachens
- Die Rolle Lope de Vegas
- Lo trágico y lo cómico
- Die Antagonisten Syntagmatik und Paradigmatik
- Anderweitige Elemente einer comedia
- Zu den Begriffen Intermedialität und mise en abyme
- La directora als moderne Ausgestaltung der comedia
- La directora
- Lo trágico y lo cómico mezclado
- Anderweitige Elemente der comedia
- La graciosa Hambling
- Intermediale Bezüge und dreifache Spiegelungen
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit untersucht die Parallelen zwischen der spanischen comedia des Siglo de Oro und der modernen Netflix-Serie La directora. Sie verfolgt die Zielsetzung, die historischen und theoretischen Grundlagen der comedia zu beleuchten und deren Relevanz für ein aktuelles Beispiel der Fernsehserie zu demonstrieren. Darüber hinaus wird der Aspekt der Intermedialität in den Fokus gerückt, um retrospektive und zeitgenössische Forschungsansätze zu verknüpfen.
- Die Rolle Lope de Vegas und die Herausforderungen der klassischen Regelpoetik
- Die Vermischung von tragischen und komischen Elementen in der comedia
- Die Intermedialität als zentrales Konzept in der spanischen Literatur und im modernen Fernsehen
- Die Darstellung von Gender und Diversität in der comedia und in La directora
- Die Bedeutung der sozialen und kulturellen Kontexte der comedia und der Serie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung beleuchtet den historischen Hintergrund der spanischen comedia und die bedeutende Rolle des Dramatikers Lope de Vega. Kapitel 1 analysiert die „neue Kunst des Dramenmachens“ im Kontext der klassischen Regelpoetik. Es wird die Vermischung von Tragik und Komik, die paradigmatische und syntagmatische Struktur der comedia sowie weitere Elemente wie Intermedialität und Mise en abyme behandelt. Kapitel 2 wendet diese theoretischen Konzepte auf La directora an und untersucht die Serie als moderne Variante der comedia.
Schlüsselwörter
Comedia, Lope de Vega, Siglo de Oro, Intermedialität, Mise en abyme, La directora, Netflix, Sandra Oh, Gender, Diversität, Fernsehen, Literaturwissenschaft, Universität, Dramaturgie.
- Citation du texte
- Dominik Höge (Auteur), 2022, "La directora" (orig. "The Chair"). Sinnbild einer modernen comedia mit intermedialen Bezügen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1481885