Beinahe ganz am Ende der umfangreichen Wigalois-Erzählung erhalten wir vom Autor des Werkes Wirnt von Grafenberg diese Information, die nicht so recht in das Bild passen will, welches man sich beim oberflächlichen Lesen vom Dichter denken könnte. Mit etwas ungelenk wirkenden Worten liest man da von unvollendetem und unausgereiftem Kunstverstand (V. 46, 63) und dem Bewusstsein der eigenen Unzulänglichkeit, zumindest die Dichtkunst anbelangend (V. 11632 f., 11664) vernimmt aber mit einiger Verwunderung, dass er sich schon bald an einer neuen Geschichte versuchen wolle, die er sicherlich besser bewerkstelligen werde. Bei genauem Hinsehen finden sich dann aber doch noch mehr Belege, die einer anderen Deutung Raum geben könnten. Betrachtet man die Äußerungen Wirnts bezüglich seiner kunst am Anfang seiner Erzählung und den umfangreichen Kommentarapparat innerhalb der Geschichte selbst, entsteht hier eher der Eindruck, dass wir es mit einer selbstsicheren, vielleicht sogar etwas anmaßenden Persönlichkeit zu tun haben. Er stattet sich (und seinen fiktiven Helden) mit einer idealen, beispielhaften Tugendhaftigkeit aus, postuliert eine umfassende religiöse Gelehrtheit und versieht sich mit einem profunden Schatz an Alltagswissen. Alles zusammen teilt er dem Zuhörer bzw. Leser in oberlehrerhafter Manier mit und empfiehlt es ihm plattitüdenhaft zur Nachahmung.
Grundlage dieser Betrachtungsweise soll eine Untersuchung der vielfältigen Erzählerkommentare, der allgegenwärtigen Zeitklagen und der Tugend- und Morallehren des Werkes bilden. Einer kurzen historischen Einordnung, der soziokulturellen und gesellschaftlichen Zustände der damaligen Zeit, folgt eine Darstellung der Realitäten und Mentalitäten, wie wir sie im 13. Jahrhundert vorfinden. Der weitere Verlauf der Arbeit beschäftigt sich primär mit den unterschiedlichen Erzählerkommentaren und fokussiert vor allem auf die Bereiche Lebenswelt, Moraldidaxe und Religion. Anhand dieser Untersuchung soll sich der Frage nach Wirnt von Grafenberg, dem Moralisten genähert, aber auch versucht werden einen neuen, zusätzlichen Aspekt bei der Betrachtung des Autors und seiner Wirkabsicht herauszuarbeiten und zur Diskussion zu stellen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Historischer Kontext
- Wirnt von Grafenberg
- Realitäten und Mentalitäten im 13. Jahrhundert
- Der Wigalois Wirnts von Grafenberg
- Moralische Belehrungen/ Verhaltensregeln im Wigalois
- Lebensregeln/Spruchweisheiten im Wigalois
- Zeitklagen/ Gesellschaftskritik im Wigalois
- Religion und religiöses im Wigalois
- Intention und Wirkabsicht des Wigalois
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der Frage, ob Wirnt von Grafenberg als Moralist bezeichnet werden kann. Sie analysiert den Wigalois, ein Werk des 13. Jahrhunderts, um die moralischen, religiösen und gesellschaftlichen Aspekte der Erzählung zu beleuchten. Die Arbeit untersucht die Erzählerkommentare, die Lebensregeln, die Zeitklagen und die religiösen Elemente im Wigalois, um die Intention und Wirkabsicht des Autors zu ergründen.
- Moralische Belehrungen und Verhaltensregeln im Wigalois
- Lebensregeln und Spruchweisheiten im Wigalois
- Zeitklagen und Gesellschaftskritik im Wigalois
- Religion und religiöse Elemente im Wigalois
- Intention und Wirkabsicht des Autors
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und stellt die Forschungsfrage nach Wirnt von Grafenberg als Moralist. Sie beleuchtet die Selbstwahrnehmung des Autors und seine Aussagen über seine eigene Kunstfertigkeit. Das Kapitel „Historischer Kontext“ gibt einen Überblick über die historische Einordnung des Werkes und stellt die Lebensumstände Wirnts von Grafenberg sowie die gesellschaftlichen und geistigen Strömungen des 13. Jahrhunderts dar. Der Abschnitt „Der Wigalois Wirnts von Grafenberg“ analysiert die moralischen Belehrungen, Lebensregeln, Zeitklagen und religiösen Elemente im Wigalois. Die Arbeit untersucht, wie diese Elemente die Intention und Wirkabsicht des Autors widerspiegeln.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Wirnt von Grafenberg, Wigalois, Moral, Religion, Gesellschaft, Zeitklagen, Lebensregeln, Erzählerkommentare, Intention, Wirkabsicht, 13. Jahrhundert, Mittelalter, Literaturgeschichte, deutsche Literatur.
- Quote paper
- Peter Golde (Author), 2008, Wirnt von Grafenberg: Ein Moralist?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148298
