Neue Werkzeuge werden gemeinhin zuerst für alte Zwecke eingesetzt. Werkzeuge werden meistens unter diesem Gesichtspunkt entwickelt und oft auch entsprechend gestaltet. Selten weiss der Erfinder, was er erfunden hat. Das Telefon war als Rundfunk gedacht. Der Computer - nomen est omen - sollte beim Rechnen helfen. Das Internet wurde als Faxsystem konzipiert, das WWW als Datenbank. Meistens erfüllen die neuen Werkzeuge die alten Zwecke gut, viele Erfindungen könnten sonst gar nicht überleben.
Auch die Erfinder von Hypertext hatten ganz praktische Anliegen. Der CIA-Agent Vannevar Bush versuchte damit, seine Mikrofiche wiederzufinden. Ted Nelson - der den Begriff Hypertext prägte - wollte Ordnung in der Archivierung von Literatur schaffen. An das Internet konnten beide nicht denken, weil diese Technologie noch nicht vorhanden war. Vernünftigerweise sollte ich natürlich keine Erfinder von Hypertext erfinden, weil das, was die Erfinder erfunden haben, sehr spezifische Probleme lösen sollte, die mit dem, was Hypertext als neue Technologie darstellt, relativ wenig zu tun hatten (vgl. Todesco 1998:267). Neue Zwecke für die neuen Werkzeuge müssen sich erst entwickeln. Beim Telefon waren es nachgewiesenermassen die Hausfrauen der Manager, die das Chatten entdeckten und zeigten, was das Telefon eigentlich ist - denn Symphoniekonzerte hören wir am Telefon erst seit jüngster Zeit, wenn wir durch eingespielte Konserven zum Warten animiert werden sollen. Und dass ich heute alles mittels eines Computers schreibe, den ich nur ganz selten zum Rechnen benutze, hat sehr viel damit zu tun, dass viele Programmierer merkten, dass man auf den Programmeditoren auch Liebesbriefe schreiben kann. Als sogenannte Textverarbeitungssysteme wurden diese Editoren erst verkauft, nachdem sie bereits tausendfach als solche benutzt wurden. Wirklich erfunden wird Hypertext erst allmählich - in der Reflexion dessen, was wir mit Hypertext jenseits von Datenbankapplikationen, die die Erfinder im Auge hatten, tun.
Inhaltsverzeichnis
- Abstract
- Inhaltsverzeichnis
- Prolog: Technologie - Von der Zählmaschine zur Erzählmaschine
- Hypertext: Neue Schläuche für alten Wein
- Text: Artefakt
- Hypertexter: Leser - Autor
- Hyper-Kommunikation: Text jenseits von Mitteilungen
- Hyperfiction: Neue Schläuche für autorisierte Schriftsteller
- Hyper-Kunst: Ein weiterentwickelteres Kunstverständnis
- Epilog: primitive Technologie
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text untersucht die Rolle von Hypertext in der Kommunikation und Kunst. Er analysiert, wie Hypertext als neue Technologie neue Möglichkeiten für die Gestaltung und den Konsum von Texten eröffnet. Der Autor argumentiert, dass Hypertext nicht nur eine neue Form der Textverarbeitung darstellt, sondern auch ein neues Verständnis von Text, Autor und Leser impliziert.
- Die Entwicklung von Technologien und deren Einfluss auf die Kommunikation
- Hypertext als neue Technologie und ihre Möglichkeiten
- Die Rolle des Autors und des Lesers im Hypertext
- Hypertext als Werkzeug für die Gestaltung von Kunst
- Das Verhältnis von Hypertext und Tradition
Zusammenfassung der Kapitel
- Der Prolog beleuchtet die Beziehung zwischen Technologie und menschlicher Kreativität, indem er die Entwicklung von Werkzeugen und deren Auswirkungen auf die menschliche Tätigkeit untersucht.
- Das Kapitel "Hypertext: Neue Schläuche für alten Wein" analysiert die Verwendung von Hypertext für traditionelle Zwecke und argumentiert, dass die wahre Bedeutung von Hypertext erst durch die Entwicklung neuer Anwendungsgebiete erkannt werden kann.
- Das Kapitel "Text: Artefakt" betrachtet den Text als ein Artefakt, das in seiner Gestaltung und Funktion von den verwendeten Werkzeugen beeinflusst wird.
- Das Kapitel "Hypertexter: Leser - Autor" untersucht die veränderte Rolle des Autors und des Lesers im Kontext von Hypertext, wobei die Interaktivität und die Möglichkeit der Mitgestaltung des Textes im Vordergrund stehen.
- Das Kapitel "Hyper-Kommunikation: Text jenseits von Mitteilungen" betrachtet Hypertext als ein Medium, das jenseits von traditionellen Kommunikationsformen neue Möglichkeiten der Interaktion und des Austauschs bietet.
Schlüsselwörter
Hypertext, Technologie, Kommunikation, Kunst, Autor, Leser, Interaktivität, Tradition, Hyperfiction, digitale Literatur, Textverarbeitung, neue Medien.
- Citation du texte
- Rolf Todesco (Auteur), 1999, Hyperkommunikation: Schrift-Um-Steller statt Schriftsteller, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148607