Die Hannoveraner bestiegen Anfang des 18. Jh. den englischen Thron. Bis auf Georg III. waren alle Könige der Dynastie sehr unbeliebt beim Volk. Um sich als englische Herrscher zu etablieren begann Georg der I. sich die Neuerungen der Porträtkunst zu nutze zu machen um sein Image zu verbessern. Georg III. verstand es letztlich sogar mittels seiner Königsporträts seine eigen Person zu promoten, und die Herzen der Engländer zu gewinnen.
In der Arbeit zeige ich den Wandel der Herrscherbilder vom absolutistischen Porträt bis zum conversation piece auf und vollziehe dabei die Geschihcte der Hannoveraner Könige nach.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung:
2 Die Einsetzung der Hannoveraner und deren Stellung in England
3 Georg I
3.1 Die ersten Jahre Georgs I
3.2 Versuch der Herrschaftskonsolidierung durch die Porträtkunst unter Georg I
4 Die Bedeutung und Selbstinszenierung Georgs III
4.1 Georg III. und der politische Nutzen des conversation piece
4.2 Georg III. als „Patriot King“
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis:
1 Einleitung
Im 18. Jahrhundert wurde London zum weltweit führenden Handels- und Finanzzentrum. Hier versammelte sich eine neue Elite, die durch ihre Geschäftstüchtigkeit erstmals einen sozialen Aufstieg vollzog, der einigen ein Leben im Stile des Adels ermöglichte. Der soziale Aufstieg führte dazu, dass sich allmählich die Standesgrenzen verloren, was anhand der Porträtmalerei dokumentiert wurde. Die neue Mittelschicht ließ sich nun ebenfalls mit teuren Stoffen und nach der neusten Mode bekleidet porträtieren, oft auch mit ihrem Haus und ihrem Besitz im Hintergrund, wodurch ihre Bildnisse nicht mehr von denen des Adels zu unterscheiden waren. Dabei wurden die Künstler durch das allgemeine Repräsentationsbedürfnis und die neue englische Freiheit vor ganz neue Aufgaben gestellt: Porträtformen wie Kinderbildnisse, Ladyportraits oder conversation pieces[1] kamen auf. Durch das neue Kapital wurde das 18. Jh. so gleichzeitig zur Blütezeit der englischen Malerei. Mithin gingen die neuen Impulse immer mehr von der Mittelschlicht und dem Adel aus, und nicht mehr vom Königshaus. Die Gesellschaft hatte sich nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell verändert und vom Hof verselbstständigt. Porträtmaler wie Joshua Reynolds oder Thomas Gainsborough sollten in der zweiten Hälfte des 18. Jh. den Geschmack bestimmen, und gelangten ebenfalls rasch zu Ansehen und Wohlstand. Dabei wurde das Arrangement in den Porträts immer unförmlicher verglichen mit dem bedächtig gesetzten Symbolismus des vorherigen Jahrhunderts. Immer mehr wurde der Fokus auf die Individualität der porträtierten Person gelegt. Die vormalige Ständegesellschaft wurde katalysierend durch die Porträtkunst konturenlos und individualistisch.
Doch wie war die Stellung des englischen Königs zu bewerten? Wie war sein Selbstverständnis in der parlamentarischen Monarchie? Und wie integrierte sich das Königshaus in die freie englische Gesellschaft? Inwiefern reagierten die Herrscherbildnisse auf den gesellschaftlichen und künstlerischen Wandel? Zuvor galt Hyacinthe Rigauds Portrtät Ludwigs IVX. Von 1701 als Herrscherporträt par excellence, da er es am besten verstand den umfassenden absolutistischen, durch göttlichen Auftrag und Tradition legitimierten Herrschaftsanspruch ins Bild zu setzen. Das absolutistische Herrscherbild vergegenwärtigte stellvertretend den nicht anwesenden Regenten, da es die Staatsmacht selbst verkörperte.[2] Rigaud zeigte in seinem Herrscherporträt, dass allein der König den Ton angab, und jenseits aller moralischen Kategorien stehend über die Menschen regierte.[3]
Doch legitimierte die Situation in England eine solche Darstellung nicht, da der König weder allein regierte noch als unantastbar galt. In England gab es bereits die Pressefreiheit, so dass der König sich stets vor der Öffentlichkeit verantworten musste. Welche Ansprüche transportierten die englischen Könige in ihren Porträts, und was wurde als angemessen empfunden? Speziell an der Situation Englands in der zu untersuchenden Zeit ist, dass ein Dynastiewechsel von den Stuarts hin zu den Hannoveranern erfolgt war. Ein deutsches und noch dazu absolutistisch geprägtes Königshaus übernahm die Herrschaft im zur Weltmacht aufsteigenden England. Georg Ludwigs schien 1714 auf scheinbar unüberwindbare Gegensätze zu stoßen. Wie zeigen sich diese Probleme in den Bildern? Und wie schaffte er es sich dennoch zu etablieren, obwohl das Haus Hannover recht unbeliebt blieb? Außerdem werde ich der Frage nachgehen, wie sein Nachfolger Georg III. einige Generationen später mit seinen Porträts umging. Georg III. war schließlich neben Königin Viktoria der Beliebteste seiner Dynastie. Geben die jeweiligen Porträts Aufschluss über das gesellschaftliche Ansehen? Oder bedingt sich das? Auffällig ist schon, dass es von Georg I. nur 46 Porträts gibt, während Georg III. 177 Mal gemalt wurde.[4]
Methodisch werde ich zunächst untersuchen, wie überhaupt eine deutsche Dynastie auf den Thron gelangen konnte, wie sie angesehen war, und was ihre Probleme bei der Integration waren. Dann werde ich die gesellschaftlichen und politischen Zustände zur Zeit Georgs I. und Georgs III. beleuchten, und ihre Bedeutung herausarbeiten. So erhoffe ich zu erkennen wie ihre Porträts jeweils eingesetzt wurden, und was sie von dem jeweiligen König spiegeln oder spiegeln sollen.
2 Die Einsetzung der Hannoveraner und deren Stellung in England
Seit der Glorious Revolution von 1688/1689 wurde England nicht mehr autokratisch regiert, sondern in Form einer konstitutionellen Monarchie. Auf Grundlage der Declaration of Rights, die später Bill of Rights genannt wurde, wurde Wilhelm von Oranien Herrscher über Großbritannien. Zudem wurde unter anderem in der Bill of Rights die Thronfolge durch Katholiken versagt und freie Wahlen gewährt.[5] Das Parlament hatte nun die Oberhoheit, und der König wurde erstmals als Amtsträger gesehen und war nicht mehr die Personifikation des Staates.
Der Act of Settlement von 1701 beschloss dann, dass nach dem Tod der kinderlosen Königin Anne, der letzten Protestantin im Haus Stuart, das Recht der Thronfolge auf die protestantischen Nachkommen der Sophie von der Pfalz übergehen sollte. Sophie, die Enkelin König Jakobs I. von England hatte Ernst August, den ersten Kurfürst von Hannover (das Kurfürstentum war erst 1692 entstanden) geheiratet, was den englischen Thronfolgeanspruch folglich nach Hannover brachte. Die Kurfürstin von Braunschweig-Lüneburg, -nur inoffiziell sprach man vom Kurfürstentum Hannover-, starb jedoch zwei Monate vor Anne im Jahre 1714, so dass ihr Sohn Georg, ursprünglich Nr. 52 in der Reihe der Thronanwärter,[6] rechtmäßiger Thronerbe wurde, und in England das Haus Hannover gründete. Sicherlich hätte auch der Stuart Nachkomme James III. König werden können, jedoch weigerte er sich zu konvertieren.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Thronbesteigung Georg Ludwigs als Georg I. führte zur Personalunion zwischen Hannover und Großbritannien, die von 1714 bis 1837 andauern sollte. Erst als Prinzessin Viktoria im Jahre 1837 den britischen Thron bestieg, wurde aufgrund des in Hannover geltenden Salischen Gesetzes das den Ausschluss einer weiblicher Thronfolge vorsah, Ernst-August, Herzog von Cumberland, ein Mann von höchst zweifelhaftem Ruf, König von Hannover.[7]
Die Vor- und Nachteile der Personalunion insbesondere für England sind im ganzen achtzehnten Jahrhundert diskutiert worden. Eigentlich wollte bereits Georg I. 1717 per Testament einen eigenen König für sein geliebtes Hannover einsetzten, doch wurde dies nicht umgesetzt, da sein Sohn das Testament verschwinden ließ. Als Hauptmotiv für den langen Fortbestand der Personalunion wird heute die persönliche Neigung der Hannoveraner Könige gesehen, die an ihrem Ursprungsland hingen und sogar den Eindruck entstehen ließen, dass dieses ihnen wichtiger war als ihr Königreich.
Georg I. und Georg II. wurden in Hannover geboren, und besuchten es auch regelmäßig. Gerade Georg I. waren diese Besuche wichtig, da er selbst kein Englisch sprach und somit in England eher isoliert lebte. Er soll sogar die Hälfte seiner Herrschaftszeit in Hannover verbracht haben. Aber auch Georg II., dessen Englisch ein wenig besser war, brachte es in seiner Herrschaftszeit auf 12 Aufenthalte in der Heimat. 1729, vor seiner ersten Heimreise nach 15 Jahren in England war das englische Volk froh nach Georg I., der nach seinem Tod auf dem Weg nach Hannover gleich dort beerdigt[8] und in England schnell vergessen worden war, einen angepassten Engländer zum König zu bekommen, doch als Georg II. zurück kehrt fand auch er an England keinen Gefallen mehr, und auch ihm schien nun in Hannover alles besser zu sein.[9] Im 7 Jährigen Krieg gab er sein eigenes Vermögen, geschätzte 2,5 Millionen Pfund, zum Schutz der Heimat aus.[10]
Georg III., der Enkel Georgs II., mochte Hannover als junger Mann nicht, und er war stolz in Britannien aufgewachsen zu sein. Doch im Laufe seines Lebens lernte er sein gehorsames Ursprungsland durchaus zu schätzen, und bevorzugte sowohl die deutsche als auch die französische Sprache der Englischen gegenüber.[11] In Hannover ist er zwar nie gewesen,- da er nicht gern reiste,- er setzte sich aber auch sehr für sein Ursprungsland ein, bis er ab 1811 als geisteskranker Monarch der Regentschaft seines Sohnes unterstand, der 1819 eine Verfassung für Hannover erließ und ab 1820 als Georg IV. in England regierte. Georg III. schickte zudem alle seine Söhne, bis auf den Prinz of Wales den er nicht mochte, zur Ausbildung nach Hannover.[12] Dort hatte Georg II. die noch heute nach ihm benannte Georg-August-Universität in Göttingen gegründet.[13] Um 1805 hieß es über Georg III.: „the little Energie of the King`s mind looks to Hannover.“[14]
Lange kamen die Hannoveraner in der Geschichtsschreibung schlecht weg, wie es dieses Zitat treffend zusammenfasst: „ Georg I. galt immer als abscheulich. Aber noch abscheulicher -war Georg II. Und welcher Sterbliche hat je etwas Gutes von Georg III. gehört? Als Georg IV. verblichen war, hatten die Georgs Gott sei Dank ein Ende."[15]
Doch ist die Kritik an Georg III. unberechtigt. Problematisch für die Akzeptanz der neuen Dynastie war, dass das Kurfürstentum und Georg Ludwig zur Zeit der Thronbesteigung in England größtenteils nicht bekannt waren. Das Kurfürstentum erstreckte sich vom Harz im Süden bis zur Nordsee und von den Niederlanden im Westen bis zur preußischen Provinz Sachsen sowie Brandenburg und Braunschweig im Osten. Die Hauptstadt war die Stadt Hannover. Erst 1815 wurde Hannover auf dem Wiener Kongress zum Königreich erhoben. Die Hannoveraner selbst entstammen einem Zweig der Welfenfamilie, eines der ältesten Adelsgeschlechter Europas. Die Bevölkerung der Zeit lag bei knapp über 600000 Einwohnern.[16] Georg Ludwig lebte in Hannover als absolutistischer Herrscher in seinem Schloss Herrenhausen, umgeben von einer barocken Gartenanlage im Stil Versailles[17]. An seinem Hof verkehrten zahlreiche Persönlichkeiten aus Wissenschaft und Kultur, wie z.B. der Philosoph und Mathematiker Gottfried Wilhelm Leibniz oder der Komponist Georg Friedrich Händel. Sein Volk war ein dankbares, da die Besteuerung innerhalb des Landes, bedingt durch das Einkommens aus den Harzminen, sehr gering war. Über die Aussicht der König von England zu werden waren weder Georg Ludwig noch die Engländer begeistert. Der Kurfürst hatte bereits in seiner Jugend London besucht, und war dort von den Unruhen und dem mangelnden Respekt vor dem Adel abgeschreckt worden. Ein positiv motivierendes Motiv wird der Bedeutungs- und Machtgewinn für Hannover gewesen sein.
In England wird die landfremde Dynastie heute vor allem im Hinblick auf ihre funktionale Bedeutung für die Konsolidierung der parlamentarischen Verfassung gewürdigt. Denn je unfähiger der Monarch, desto wichtiger das Parlament.[18]
[...]
[1] Conversation pieces zeigen Familien oder manchmal auch Freunde in Innenräumen oder in ihrem Garten bei banalen Tätigkeiten interagierend. Vgl. Stadtler: Lexikon der Kunst, Bd.7, Freiburg 1989, Stichwort: Koversationsstück, S. 85.
Doch oft werden in den Bilddetails Ansprüche und Botschaften versteckt (Anmerkung der Verfasserin).
[2] Vg. Jürgen Hotz (Hg.): Der Brockhaus Kunst, 3. Aufl., Leipzig 2006, Stichwort: Herrscherbild, S. 372.
[3] Vgl. Ingo F. Walther (Hg.): Malerei der Welt. Eine Kunstgeschichte in 900 Bildanalysen. Von der Gotik bis zur Gegenwart, Köln 2003, S. 253.
[4] In: http://www.npg.org.uk/collections/search/person-list.php?sText=king&submitSearchTerm_x=0&submitSearchTerm_y=0&search=ss&OConly=true&firstRun=true&page=2 Zugriff am: 20/07/09.
[5] Wilhelm ersetzte Jakob II. Dieser hatte sich 1688 mit einer Erklärung über die Gewissensfreiheit (Declaration of Liberty of Conscience), die den Katholiken und Dissidenten die freie Religionsausübung zugestand, unbeliebt gemacht. Diese unpopuläre Maßnahme und die Geburt eines Sohnes im Juni des gleichen Jahres (von dem manche behaupteten, er sei der Königin heimlich untergeschoben worden), die eine katholische Thronfolge sichern sollte, veranlasste die Gegner Jakobs, dem Protestanten Wilhelm von Oranien den englischen Thron anzubieten. Wilhelm war mit Jakobs Tochter Maria verheiratet. Fortan sollte es weder Protestanten noch eine autokratische Herrschaft geben. Vgl. Encarter Enzyklopädie 2004.
[6] Vgl. http://welch-translations.de/German/FAQs_dt/FAQ_German%20Connection.htm, Zugriff am: 09/07/09.
[7] Die britische Bevölkerung selbst war nicht an Hannover interessiert. Nur wenige Londoner Zeitschriften, und keine mit Bedauern, nahmen am 20. Juni 1837 vom Ende der Personalunion Notiz. Hannover wurde bereits 1866 durch Preußen annexiert. Das Haus Hannover regierte England noch bis 1901. (Anmerkung der Verfasserin)
[8] Heute ruht der Sarkophag in einem Mausoleum im Schlossgarten zu Herrenhausen, direkt neben dem seiner Ex-Frau. Vgl. Lothar Kettenacker: Georg I., in: Peter Wende Hrsg.: Englische Könige und Königinnen der Neuzeit. Von Heinrich VII. bis Elisabeth II., 2. Aufl., München 2008, S. 188.
[9] Vgl. Philip Konigs: The Hanoverian Kings and Their Homeland. A Study of Personal Union 1714-1837, Baskerville 1993, S. 79
[10] Vgl. Ebd, S.122.
[11] Vgl. Ebd., S.125.
[12] Vgl. Ebd., S.128.
[13] Vgl. http://www.uni-goettingen.de/de/90607.html. Zugriff am: 27/7/09.
[14] In: Konigs, 1993, S.137
[15] In: Rolf Seelmann-Eggebert: König Georg I. Nicht so scheußlich wie ihr Ruf, in: DIE ZEIT, 13.07.1979 Nr. 29.
[16] Vgl. Konigs, 1993, S. 21.
[17] Das Schloss Herrenhausen mit seiner barocken Gartenanlage wurde im zweiten Weltkrieg zerstört. Erhalten blieben nur die Grotte, die Große Kaskade und die Freitreppe des Schlosses, welche später in den Großen Garten versetzt wurde. Das zerbombte Schloss und das zugehörige Grundstück wurden vom Welfenhaus nach dem Krieg an die Stadt Hannover verkauft. Die Gartenanlage blieb aber in ihrer Grundstruktur erhalten. Zurzeit wird der Wiederaufbau des Schlosses im Ehrenhof des Großen Gartens geplant. Das Projekt soll mehr als 20 Millionen Euro kosten.
Vgl. http://www.hannover.de/herrenhausen/Schloss_Herrenhausen/index.html, Zugriff am: 17/05/09.
[18] Vgl. Kettenacker, 2008, S. 188.
- Arbeit zitieren
- Sandra Labs (Autor:in), 2009, Die Geschichte der Hannoveraner Könige, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148618
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