Um ca. 340 v. Chr. reichte Apollodoros von Pasion über seinen Schwiegersohn Theomnestos eine Schriftklage gegen Neaira ein, welche die Lebensgefährtin seines politischen Gegners Stephanos war. Als Begründung dieser Klage gibt Theomnestos an, dass an Stephanos Rache geübt werden solle, was als akzeptables Motiv für eine Klage angesehen wurde. Hintergrund dafür bildeten eine politisch begründete Feindschaft und vorherige Rechtsstreitigkeiten, durch die Stephanos der Familie des Apollodoros massiv geschadet hat. Die Intention der Rede
„Gegen Neaira“ war es das Gericht davon zu überzeugen, dass die Fremde und weitbekannte ehemalige Hetäre Neaira mit dem athenischen Bürger Stephanos in Ehegemeinschaft lebte,was durch ein Gesetz untersagt und strafbar war.5 Durch eine Ehe mit Stephanos soll Neaira ihren Status als Fremde verschleiert haben, um ihren Kindern den Status von athenischen Bürgern zu verschaffen. So behauptet zum Beispiel Apollodoros, dass Stephanos Neairas Tochter Phano als vermeintliche Bürgerstochter ausgegeben hat, um sie mit einem athenischen Bürger zu verheiraten. Apollodoros bezog sich in seiner Rede auf Gesetze, die – falls er seinen Fall gewinnen würde – ernsthafte Konsequenzen für Neaira und Stephanos vor allem in Bezug auf ihren jeweiligen Rechtsstatus als Bürger bzw. Fremde nach sich ziehen würde. So würde die Fremde Neaira in die Sklaverei verkauft werden und Stephanos würde sowohl wegen der vorgetäuschten Ehegemeinschaft eine Geldstrafe bezahlen als auch
aufgrund des Täuschungsversuches bei der Verheiratung von Phano seinen Status als athenischer Bürger sowie sein ganzes Vermögen verlieren.
Genau diese Frage nach dem rechtlichen Status von Bürgern und Fremden soll in dieser Arbeit genauer beleuchtet werden. Zum einen soll es dabei allgemein um das athenische Bürgerrechtsgesetz und die Rechte und Pflichten von Bürgern und Metöken gehen. Zum anderen sollen die von Apollodoros verwendeten Gesetze im Fall „Gegen Neaira“ analysiert und im Rahmen seiner Klage diskutiert werden. Hierfür werden zusätzlich Informationen zum Charakter einer Gerichtsrede geliefert, die es erleichtern sollen, seine Ausführungen besser einordnen und beurteilen zu können.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Das athenische Bürgerrecht
- Das Perikleische Bürgerrechtsgesetz
- Die Rechte und Pflichten athenischer Bürger
- Die Rechte und Pflichten von Fremden/Metöken
- Der Charakter einer Gerichtsrede und die Rede des Apollodoros
- Die athenischen Gerichtsreden und der Logograph Apollodoros
- Der Wahrheitsgehalt der Schilderungen in der Gerichtsrede – Kein Kriterium vor dem athenischem Gericht
- Der traditionelle Aufbau einer Gerichtsrede
- Apollodoros, der Logograph: Der Aufbau seiner Rede & Beurteilungen über seine rhetorischen Fähigkeiten
- Apollodoros' Rede in Hinblick auf das Thema „Bürgerrecht“
- Der rechtliche Charakter der Rede - Die graphe xenias
- Analyse der Argumentation des Apollodoros und der angewendeten Spezifizierungen des Perikleischen Bürgerrechtsgesetzes
- Fazit
- Endnote: Die bei Apollodoros enthaltenen Spezifizierungen des Bürgerrechtsgesetzes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht das athenische Bürgerrecht anhand der Schriftklage des Apollodoros gegen Neaira. Ziel ist es, das Perikleische Bürgerrechtsgesetz zu beleuchten und seine Anwendung im konkreten Fall zu analysieren. Dabei werden die rechtlichen Implikationen für Bürger und Fremde, insbesondere im Kontext der Ehe und des Status der Kinder, betrachtet.
- Das athenische Bürgerrechtsgesetz und seine Entwicklung
- Die Rechte und Pflichten von athenischen Bürgern und Metöken
- Analyse der Argumentation in Apollodoros' Rede „Gegen Neaira“
- Der rechtliche Charakter der Klage (graphe xenias)
- Die gesellschaftlichen und politischen Implikationen des Falls
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung: Die Einleitung beschreibt den Kontext der Schriftklage des Apollodoros gegen Neaira, eine Hetäre, die mit einem athenischen Bürger verheiratet war. Sie skizziert die politischen Hintergründe des Falls und die zentralen Fragen, die die Arbeit behandeln wird: die Analyse des athenischen Bürgerrechts und die Anwendung der relevanten Gesetze im Fall Neaira. Der Fokus liegt auf dem rechtlichen Status von Bürgern und Fremden und wie dieser Status durch die Ehe beeinflusst wurde.
Das athenische Bürgerrecht: Dieses Kapitel beleuchtet das athenische Bürgerrecht, insbesondere das Perikleische Bürgerrechtsgesetz von 451/50 v. Chr. Es diskutiert die verschiedenen Interpretationen des Gesetzes und die Unsicherheiten bezüglich seiner genauen Formulierung und Anwendung. Der Fokus liegt auf der Frage, ob das Gesetz eine Ehe zwischen Bürgern vorschrieb, um den Bürgerstatus der Kinder zu sichern, und auf alternativen Wegen zur Erlangung des Bürgerrechts. Das Kapitel thematisiert auch die Lockerung des Gesetzes während des Peloponnesischen Krieges.
Der Charakter einer Gerichtsrede und die Rede des Apollodoros: Dieses Kapitel behandelt den Aufbau und die Charakteristika athenischer Gerichtsreden im Allgemeinen und die Rede des Apollodoros im Besonderen. Es beleuchtet die rhetorischen Fähigkeiten des Apollodoros und die Bedeutung der Wahrheitsfindung im athenischen Gerichtssystem. Der Abschnitt dient als Grundlage für die nachfolgende Analyse der Rede im Kontext des Bürgerrechts.
Apollodoros' Rede in Hinblick auf das Thema „Bürgerrecht“: Dieses Kapitel analysiert die Argumentation des Apollodoros in seiner Rede „Gegen Neaira“, konzentriert sich auf den rechtlichen Charakter der Klage (graphe xenias) und untersucht, wie Apollodoros das Perikleische Bürgerrechtsgesetz in seiner Argumentation verwendet. Es wird detailliert gezeigt, wie Apollodoros die vermeintlichen Verstöße Neairas und Stephanos gegen das Bürgerrecht darlegt und welche Konsequenzen er für die Angeklagten fordert.
Schlüsselwörter
Athenisches Bürgerrecht, Perikleisches Bürgerrechtsgesetz, graphe xenias, Apollodoros, Neaira, Metöken, Gerichtsrede, antikes Athen, Sozialgeschichte, Rechtswesen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu "Apollodoros' Rede gegen Neaira": Eine Analyse des athenischen Bürgerrechts
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert das athenische Bürgerrecht anhand der Schriftklage des Apollodoros gegen Neaira. Der Fokus liegt auf dem Perikleischen Bürgerrechtsgesetz, seiner Anwendung im konkreten Fall und den rechtlichen Implikationen für Bürger und Fremde, insbesondere im Kontext der Ehe und des Status der Kinder.
Welche Themen werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Themen: das athenische Bürgerrechtsgesetz und seine Entwicklung, die Rechte und Pflichten von athenischen Bürgern und Metöken, die Analyse der Argumentation in Apollodoros' Rede „Gegen Neaira“, den rechtlichen Charakter der Klage (graphe xenias) und die gesellschaftlichen und politischen Implikationen des Falls.
Was ist das Perikleische Bürgerrechtsgesetz und welche Rolle spielt es in der Arbeit?
Das Perikleische Bürgerrechtsgesetz von 451/50 v. Chr. bildet den zentralen Gegenstand der Analyse. Die Arbeit untersucht verschiedene Interpretationen des Gesetzes, seine Anwendung im Fall Neaira und die Unsicherheiten bezüglich seiner genauen Formulierung und Anwendung. Ein besonderer Fokus liegt auf der Frage, ob das Gesetz eine Ehe zwischen Bürgern vorschrieb, um den Bürgerstatus der Kinder zu sichern.
Wer sind Apollodoros und Neaira und welche Bedeutung haben sie für die Arbeit?
Apollodoros ist der Kläger in der Schriftklage, die den Ausgangspunkt dieser Arbeit bildet. Neaira ist die Angeklagte, eine Hetäre, die mit einem athenischen Bürger verheiratet war. Die Rede des Apollodoros gegen Neaira dient als primäre Quelle zur Analyse des athenischen Bürgerrechts und seiner Anwendung in der Praxis.
Was ist eine "graphe xenias" und welche Rolle spielt sie in Apollodoros' Rede?
Die "graphe xenias" ist der rechtliche Charakter der Klage, die Apollodoros gegen Neaira erhebt. Die Arbeit analysiert, wie Apollodoros diesen Rechtsweg nutzt und wie er das Perikleische Bürgerrechtsgesetz in seiner Argumentation einsetzt, um die vermeintlichen Verstöße Neairas und Stephanos gegen das Bürgerrecht darzulegen.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zum athenischen Bürgerrecht, ein Kapitel zum Aufbau athenischer Gerichtsreden und der Rede des Apollodoros, ein Kapitel zur Analyse von Apollodoros' Rede im Hinblick auf das Bürgerrecht und ein Fazit. Zusätzlich gibt es eine Zusammenfassung der Kapitel und eine Endnote zu den im Text enthaltenen Spezifizierungen des Bürgerrechtsgesetzes.
Welche Quellen werden verwendet?
Die primäre Quelle ist die Rede des Apollodoros gegen Neaira. Die Arbeit bezieht sich außerdem auf Sekundärliteratur zum athenischen Bürgerrecht, dem antiken Gerichtswesen und der Sozialgeschichte Athens.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Die Arbeit zieht Schlussfolgerungen über die Anwendung des Perikleischen Bürgerrechtsgesetzes in der Praxis, die Interpretationsspielräume des Gesetzes und die gesellschaftlichen und politischen Implikationen des Falls Neaira. Die genaue Zusammenfassung der Schlussfolgerungen bedarf der Lektüre des vollständigen Textes.
Welche Schlüsselwörter beschreiben den Inhalt der Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Athenisches Bürgerrecht, Perikleisches Bürgerrechtsgesetz, graphe xenias, Apollodoros, Neaira, Metöken, Gerichtsrede, antikes Athen, Sozialgeschichte, Rechtswesen.
- Citation du texte
- Christina Gieseler (Auteur), 2008, Neaira, eine Hetäre, die sich das Bürgerrecht erschwindeln wollte?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/148685