Aufführungsrekonstruktion am Beispiel der Rekonstruktion der Bühne und des Zuschauerraums der Tragedj des hüernen Swefried von Hans Sachs durch Max Herrmann


Dossier / Travail, 2002

16 Pages, Note: 1,8


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Rekonstruktionsansätze nach Max Herrmann
1.1 Biographie Herrmanns
1.2 Theaterwissenschaftliche Aufführungskonstruktion nach Max Herrmann

2. Rekonstruktionsansätze nach Dietrich Steinbeck Quellenfrage und Rekonstruktion

3. Aufführungsrekonstruktion am Beispiel des Filmes „Die Freudlose Gasse“

4. Max Herrmanns Werk „Forschungen zur Deutschen Theater- geschichte“ - Das Theater der Meistersinger von Nürnberg -
4.1 Allgemeines
4.2 Vorstellung des Meistersingers Hans Sachs
4.3 Rekonstruktion der „Tragedj des hüernen Sewfried“
4.4 Zuschauerraum und Bühne

Bibliographie

Abbildungsverzeichnis

1. Rekonstruktionsansätze nach Max Herrmann

1.1 Biographie Herrmanns

Max Herrmann wurde am 14. Mai 1865 in Berlin geboren. Nach dem Abitur 1884 studierte er Ger-manische Philologie und Geschichte in Freiburg, Göttingen und Berlin, bevor er 1891 Privatdozent für Germanische Philologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin wurde. Herrmann interes-sierte sich schon in dieser Zeit für das Theaterleben und begann schon im Rahmen des Akademischen Vereins für Kunst und Literatur, einer studentischen Vereinigung der Jahrhundertwende, mit ersten Versuchen der Aufführungsrekonstruktion. 1898 heiratete Herrmann Helene Schlesinger, die 1904 als erste verheiratete Frau Berlins zum Dr. Phil. promovierte. Im Jahr 1900 hielt Max Herrmann erst-malig eine Vorlesung über die Geschichte des deutschen Theaters, es sollte allerdings noch bis 1920 dauern, bis die Bezeichnung Theaterwissenschaft im Berliner Vorlesungsverzeichnung zu finden sein würde. Trotzdem wurde dieses Jahr als die Geburtsstunde des deutschen Theaters bezeichnet. Nach seiner Ernennung zum Professor im Jahr 1903 arbeitete er auch als freiberuflicher Dozent und enga-gierte sich in zahlreichen Gesellschaften wie z. B. in der Gesellschaft für Theatergeschichte.

1914 erschien Herrmanns theaterwissenschaftliches Hauptwerk, die Forschung zur deutschen Theatergeschichte des Mittelalters und der Renaissance, indem er sich unter anderem der Rekon-struktion des Nibelungendramas „ Tragedj des hüernen Sewfried“ des Meistersingertheaters von Hans Sachs widmet. Schon im Vorwort wird Herrmanns Anspruch auf vollständige Aufführungs-rekonstruktion deutlich: “Wir stellen uns die Aufgabe, eine theatralische Aufführung der Ver-gangenheit bis ins Kleinste dermaßen wieder lebendig werden zu lassen, dass man sie, wenn nur die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, ohne Furcht vor bedenklichen Verstößen tatsächlich einem modernen Publikum vor Augen bringen könnte.”[1]

Am 10. November 1923 wurde auf Initiative Herrmanns das Institut für Theaterwissenschaft an der Universität Berlin eröffnet und war damit das weltweit erste eigenständige theaterwissenschaftliche Institut. Nach der Machtübernahme Hitlers am 30. Januar 1933 wurde das Wirken des Juden Herr-manns zunehmend behindert. Er wurde am 16. September 1933 in den Zwangsruhestand versetzt und der Gesellschaft für Theaterwissenschaft verwiesen, dessen langjähriger Vorsitzender er gewesen war.

Am 8. September 1942 wurde das Ehepaar Herrmann in ein Durchgangslager gebrach und am 10. September in das KZ Theresienstadt deportiert. Dort starb Max Herrmann kurze Zeit später in der Nacht vom 16. Auf den 17. November 1942 im Alter von 77 Jahren.

1.2 Theaterwissenschaftliche Aufführungskonstruktion nach Max Herrmann

Max Herrmann sieht die Theatergeschichte also nicht nur als eine untersuchende Methodik, sondern als eine konkrete Wissenschaft. Demnach steht nicht das dramatische Werk im Mittelpunkt, sondern eher das, was bei einer Aufführung daraus resultiert: Das Theaterstück. Folglich widmet er der dramatischen Dichtung keinerlei Beachtung. Es sei denn, es handelt sich um Angaben zu Raum, Zeit und Bühne sowie Regieanweisungen des Paratextes. Nach Herrmann ist die Theaterkunst eine ,,Raumkunst mit eigenen Gesetzen”, eine ,,Eigenkunst mit sozialem Charakter.” Mittels seiner Forschungen ergaben sich für die kombinatorisch ergänzende Rekonstruktion vier grundlegende Untersuchungsansätze: Theaterpublikum, die Bühne mit allen ihren Einrichtungen, Schauspielkunst und die künstlerische Leitung (Regie). Zentraler Begriff der Rekonstruktion Herrmanns ist das ,,Dingfestmachen” theaterhistorischer Phänomene.

,,Verloren gegangene Theaterleistungen” werden bestenfalls am originalen Ort der Aufführung rekonstruiert, wobei das Stück optimalerweise passend zum Aufführungsort geschrieben wurde. Um nun die epochentypische Ausprägung wiederzugewinnen, wird die Bühne physisch rekonstruiert. Da-bei wird auf Quellen vergangener Theaterbauten, Mitschriften und Aufzeichnungen zurückgegriffen, um eine Aufführung im historischen Stil zu erreichen. Trotzdem soll das zu rekonstruierende Werk selbst vor einem ,modernen’ Publikum die ursprüngliche Bedeutung und Geltung haben, jedoch weniger anhand des einzelnen Stücks, sondern eher wegen der epochalen Eigenart.

Max Herrmanns Ansätze wurden Bestandteile für die heutige Theatergeschichtswissenschaft, auch die Quellenkritik griff sie auf. Letztlich lieferten sie den Ausgangspunkt für Dietrich Steinbecks Quellenforschung.

2. Rekonstruktionsansätze nach Dietrich Steinbeck Quellenfrage und Rekonstruktion

Seit Max Herrmann besteht[2] in der deutschen Tradition der Theaterwissenschaft Konsens über den zentralen Status der Aufführung bzw. der Inszenierung als Forschungsgegenstand. Nach Dietrich Steinbeck bringt diese Prämisse zwei Verfahrensweisen hervor. Die Erste, worunter er die Ge-schichte der Aufführungen musikalischer und literarischer Theatergattungen an einem Ort in einem historisch begrenzten Zeitraum versteht, ist die Lokalgeschichte. Die Zweite ist die Inszenierungs-geschichte. Sie beschäftigt sich mit den verschiedenen Inszenierungen eines Werkes innerhalb fest-gelegter raumzeitlicher Koordinaten. Durch diese Unterscheidung werden zwei Probleme deutlich, die für die Theatergeschichtsschreibung sehr wichtig sind. Zum Einen wäre es die Frage wie sich theaterhistorische Phänomene dingfest machen lassen, also auf welche Quellen der Historiker zurückgreifen kann und wie er mit ihnen umgehen soll. Zum anderen stellt sich die Frage, wie sich der Gegenstand räumlich und zeitlich gliedern lässt.

Hinsichtlich Quellenfrage und Rekonstruktion trifft Steinbeck zwei grundliegende Unterscheidungen bezüglich der Wichtigkeit (Status) theatergeschichtlicher Quellen. Zunächst unterteilt er diese in mittelbare und unmittelbare Quellen. Unter den Unmittelbaren versteht er alles was in direkter Verbindung mit der Aufführung steht. Dazu gehören zum Beispiel das Theatergebäude, die Bühne, Bühnentechnik und die Kostüme. Mittelbare Quellen dagegen stehen nur indirekt mit der Inszenierung in Verbindung, da sie berichtenden Charakter haben. Beispiele sind hier Aufführungsberichte, Kritiken und Memoiren.

Weiterhin unterscheidet er in der Sprache der Vermittlung. Zunächst nennt er die Objektsprache, die als Sprache des Theaters verstanden werden kann. Hierunter fallen zum Beispiel Dinge wie Textbücher und Noten. Außerdem erwähnt er den Begriff Metasprache, der eine Reflexion über die Aufführung enthält. Hierzu gehören zum Beispiel Bühnenfotos, Filme und Videoaufzeichnungen, Szenenbilder, Kostüm- und Bühnenbildentwürfe. Wichtig für den Historiker ist der Status und damit die verbundene Aussagekraft der verschiedenen Quellentypen die sich oftmals nicht in eindeutige Kategorien einordnen lassen. Als Beispiel dient hier eine Bühnenskizze des Regisseurs die das Bühnenbild zeigt, sowie einige Stichworte über erwünschte Kostüme. Gerichtet war sie an den Bühnenbildner sowie an den Kostümbildner. Anhand solcher Quellen wird für den Forscher der Gegenstand plastischer und die damalige Inszenierung leichter vorstellbar.

Theoretische Probleme treten mit der Aussage, dass die Aufführung bereits am Ende der Vorstellung verloren ist, auf, da sie niemals exakt wiederholbar ist. Deshalb sagt Steinbeck, die Inszenierung sei

trotz aussagekräftiger Quellen nur über Begriffe dingfest zu machen. Dies führt ihn erneut zu einer Unterscheidung zwischen dem intentionalen Schema, womit die Intention der beteiligten Künstler gemeint ist, und der vermeintlichen Gestalt, womit er die Konkretisierung der Aufführung durch die Zuschauer beschreibt. Man kann also von zwei Ebenen sprechen: Die Produktions- und die Rezeptionsebene.

[...]


[1] Herrmann, Max: Forschungen zur deutschen Theatergeschichte des Mittelalters und der Rennaissance. Berlin:Weidmannsche Buchhandlung 1914

[2] sinngemäß nach Lazarowicz, Klaus; Balme, Christopher (Hrsg.): Texte zur Theorie des Theaters. Stuttgart 1991 und Balme, Christopher: Einführung in die Theaterwissenschaft. Berlin 2001

Fin de l'extrait de 16 pages

Résumé des informations

Titre
Aufführungsrekonstruktion am Beispiel der Rekonstruktion der Bühne und des Zuschauerraums der Tragedj des hüernen Swefried von Hans Sachs durch Max Herrmann
Université
Friedrich-Alexander University Erlangen-Nuremberg  (Institut für Theater-und Medienwissenschaften)
Cours
Basiskurs Geschichte
Note
1,8
Auteur
Année
2002
Pages
16
N° de catalogue
V14904
ISBN (ebook)
9783638201858
ISBN (Livre)
9783656760146
Taille d'un fichier
741 KB
Langue
allemand
Mots clés
Aufführungsrekonstruktion, Beispiel, Rekonstruktion, Bühne, Zuschauerraums, Tragedj, Swefried, Hans, Sachs, Herrmann, Basiskurs, Geschichte
Citation du texte
Oliver Schill (Auteur), 2002, Aufführungsrekonstruktion am Beispiel der Rekonstruktion der Bühne und des Zuschauerraums der Tragedj des hüernen Swefried von Hans Sachs durch Max Herrmann, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14904

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