Alternative Finanzierungsformen für den deutschen Mittelstand


Travail d'étude, 2003

84 Pages, Note: 1,7


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 Einführung
1.1 Definition des Begriffs „Mittelstand“
1.2 Die Relevanz kleiner und mittlerer Unternehmen für den Wirtschaftsstandort Deutschland

2 Diagnose Mittelstand - Finanzierung im Umbruch
2.1 Derzeitige Finanzierungsstruktur im Mittelstand
2.2 Veränderung der Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten

3 Ausgewählte Finanzierungsalternativen zum klassischen Kredit (Aussenfinanzierung)
3.1 Überblick
3.2 Eigenkapital- / Beteiligungsfinanzierung
3.2.1 Private Equity / Venture Capital
3.2.2 IPO / Cold-IPO
3.3 Mezzanine-Finanzierungen
3.3.1 Nachrangdarlehen
3.3.2 Stille Beteiligung
3.3.3 Genussscheine
3.3.4 Wandel- und Optionsanleihen
3.4 Fremdfinanzierung
3.4.1 Unternehmensanleihen (Corporate Bonds)
3.4.2 Schuldscheindarlehen
3.4.3 Leasing
3.4.4 Factoring
3.4.5 Asset-Backed-Securities (ABS)
3.5 Öffentliche Fördermittel

4 Fazit

5 Abbildungsverzeichnis

6 Quellenverzeichnis

1 Einführung

1.1 Definition des Begriffs „Mittelstand“

Kaum ein Tag vergeht an dem der Begriff Mittelstand nicht in der Presse zu lesen ist. Wer oder was ist aber der Mittelstand? Trotz der Alltäglichkeit des Begriffs ist es schwer ihn zu definieren. Für den Begriff Mittelstand gibt es keine gesetzliche oder allgemein gültige Definition. Da bei Diskussionen um die deutsche Wirtschaft jedoch kaum ein Schlagwort so häufig verwendet wird, ist es außerordentlich wichtig, nach der jeweils zugrunde liegenden Definition zu fragen. Hierzulande am bekanntesten und gebräuchlichsten sind die Definitionen des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn (IfM) sowie die der Europäischen Union (Kommission).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Definition kleiner und mittlerer Unternehmen (KMUs)

Das IfM unterscheidet die Unternehmensgrößen klein (weniger als 9 Beschäftigte und weniger als eine Million Euro Jahresumsatz), mittel (10-499 Beschäftigte und 1 bis 50 Millionen Euro Jahres-umsatz) und groß (über 500 Beschäftigte und über 50 Millionen Euro Jahresumsatz). Zum Mittelstand gehören demnach alle Unternehmen die weniger als 500 Beschäftigte haben und deren Jahresumsatz unter 50 Millionen Euro liegt. Branchenbezogen gelten Unternehmen im Bereich Einzelhandel, Verkehr und Nachrichtenübermittlung sowie den Freie Berufe mit mehr als 12,5 Millionen Euro Umsatz bereits als Großbetriebe.

Nach der Definition der Europäischen Union gehören zu den kleinen und mittleren Unternehmen alle Gesellschaften mit weniger als 250 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von höchstens 40 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme von maximal 27 Millionen EUR. Zur weiteren Definition zieht die Europäische Kommission das Unabhängigkeitskriterium heran. Demnach dürfen kleine oder mittlere Unternehmen nicht zu 25% oder mehr des Kapitals oder der Stimmanteile im Besitz eines oder mehrerer Unternehmen stehen, die die Definition für kleine und mittlere Unternehmen nicht erfüllen. Dieser Schwellenwert kann allerdings überschritten werden, wenn das Unternehmen im Besitz von öffentlichen Beteiligungsgesellschaften, Risikokapitalgesellschaften oder institutionellen Anlegern steht und diese weder einzeln noch gemeinsam eine Kontrolle über das Unternehmen aus-üben. Eine weitere Ausnahme besteht für den Fall, dass auf Grund der Kapitalstreuung nicht ermittelt werden kann, wer die Anteile hält, und das Unternehmen erklärt, dass es nach bestem Wissen davon ausgehen kann, dass es nicht zu 25% oder mehr seines Kapitals im Besitz eines oder mehrer Unter-nehmen steht, die die Definition für kleine und mittlere Unternehmen nicht erfüllen.[1]

Im Bereich der Mittelstandsförderung wird bei der quantitativen Abgrenzung teilweise auf höhere Schwellenwerte zurückgegriffen. So sind zum Beispiel im Mittelstandsprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) in der Regel alle Unternehmen antragsberechtigt, deren Umsatz 500 Millionen Euro nicht überschreitet. Zusatzbedingung ist allerdings, dass die Unternehmen sich mehrheitlich im Privatbesitz befinden.

Die Bedingung der Unabhängigkeit bei der Definition der Europäischen Kommission, die Branchen-bezogenheit bei der Bestimmung des IfM sowie das Kriterium des mehrheitlichen Privatbesitz im Mittelstandsprogramm der KfW deuten darauf hin, dass eine rein quantitative Definition den Begriff Mittelstand nicht hinreichend bestimmt. Nach wie vor gilt Ludwig Erhards vor gut 45 Jahren ver-kündete Einschätzung: „Wenn wir Mittelstand nur vom Materiellen her begreifen, wenn man Mittel-stand sozusagen nur an der Steuertabelle ablesen kann..., dann ist dem Mittelstandsbegriff meiner Ansicht nach eine sehr gefährliche Wendung gegeben. Der Mittelstand kann materiell in seiner Be-deutung nicht voll ausgewogen werden, sondern er ist... viel stärker ausgeprägt durch eine Gesinnung und eine Haltung im gesellschaftswirtschaftlichen und politischen Prozess“.[2] Zur besseren Definition des Begriffs Mittelstand müssen also noch qualitative Aspekte berücksichtigt werden. Insbesondere die Einheit von Eigentum, Leitung, Haftung und Risiko sowie die verantwortliche Mitwirkung der Leitung an allen unternehmenspolitisch relevanten Entscheidungen sind hier als charakteristisch für den Mittelstand zu nennen. Aus der Einheit von Unternehmen und Eigentümer resultiert die unmittel-bare Einwirkung der Leitung auf alle strategisch bedeutsamen Vorgänge und Entscheidungen im Unternehmen. Das hat Konsequenzen für die Beziehung zwischen Mitarbeitern und Führung, die Art der Organisation, die Art der Entscheidungsfindung, die Finanzierung, das Verhalten am Markt und die Beziehung zwischen Unternehmen und Unternehmensumfeld. Unternehmen die diese Charakteristika aufweisen, sind regelmäßig Familienbetriebe in denen der Unternehmer eine zentrale Machtposition aufweist. Mittelständische Unternehmen weisen auch Besonderheiten in Bezug auf ihre Ziele auf. So sind sie beispielsweise nicht notwendigerweise wachstumsorientiert, sondern sind sich vielmehr, wie Ludwig Erhard 1956 schon erkannte, über ihre Bedeutung im gesellschafts-wirtschaftlichen und politischen Prozess im klaren. Der Mittelstand ist sich seiner Verantwortung gegenüber der Gesellschaft bewusst. Eine Umfrage der Initiative Mind aus dem Jahr 2001[3] bestätigt diese Aussage. Die Umfrage hat hervorgebracht, dass sich sechs von zehn mittelständischen Unter-nehmen gegenüber der Gesellschaft stärker verantwortlich fühlen als andere Gesellschaftsgruppen. Das äußert sich u.a. in ihrem sozialen Engagement und dem Bestreben, bestehende Arbeitsplätze zu erhalten und neue zu schaffen.

Mitunter determinieren die qualitativen Kriterien ein Unternehmen so entscheidend, dass quantitative Aspekte nahezu nachrangigen Charakter erhalten. Aus diesem Grund sind machen Autoren, wie beispielsweise Bamberger/Evers, dazu über gegangen, den Mittelstand ausschließlich nach qualitativen Kriterien zu definieren. Ebenso verzichten die Verbände der Wirtschaft auf eine starre quantitative Festschreibung des Mittelstandsbegriffs. Sie stellen lediglich fest: „Mittelstand ist eine Frage der Geisteshaltung, der Entscheidungsstrukturen und der Bereitschaft, unternehmerisches Risiko zu tragen“.[4] Die Schwächen einer rein qualitativen Definition sind dagegen, das hierdurch relativ hohe Interpretationsfreiräume hinsichtlich der Differenzierung zwischen Großunternehmen und Mittelstand entstehen. Dadurch kommt die praktische Mittelstandspolitik bei der Gestaltung des Rechtsrahmens bzw. bei der Ausgestaltung bestimmter Förderprogramme nicht ohne eine größen-spezifische Festlegung aus.

Es bleibt noch anzumerken, dass international betrachtet der Begriff Mittelstand nicht existiert. Die in Deutschland als Mittelstand bezeichneten kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) werden international als „small and medium sized enterpreises“ (SME) betitelt und meist anhand einer Ober-grenze der Mitarbeiterzahl kategorisiert. Dieser Schwellenwert variiert je nach Staat in der Regel zwischen 100 und 500 Beschäftigten. Der Begriff SME umfasst somit einen statistisch greifbaren Teil der Gesamtwirtschaft. Diesen rein quantitativen Bereich beinhaltet der in Deutschland gebräuchliche Begriff Mittelstand zwar ebenso, geht aber inhaltlich darüber hinaus und umfasst zusätzlich qualitative Aspekte.

1.2 Die Relevanz kleiner und mittlerer Unternehmen für den Wirtschaftsstandort Deutschland

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Abb. 2: Umsatzgrössen- und Umsatzstruktur nach Umsatzgrössenklassen

Quelle: Institut für Mittelstandsforschung; Unternehmensgrößenstatistik 01/02

Die wirtschaftliche Bedeutung von kleinen und mittleren Unternehmen steht heutzutage außer Zweifel. Ein Blick auf die Fakten genügt, um die hohe Relevanz des Mittelstandes für den Wirtschaftsstandort Deutschland zu erkennen. So beschäftigen mittelständische Unternehmen hierzulande 72% aller Arbeitnehmer, tragen 49% zur Bruttowertschöpfung aller Unternehmen bei, erwirtschaften insgesamt 43% aller steuerpflichtigen Um-sätze, bilden 83% aller Lehrlinge aus und tätigen zu guter letzt noch 46% der gesamten Brutto-investitionen. Nach der in Deutschland verwendeten Ab-grenzung des IfM gab es im Jahr 2001 rund 3,3 Millionen mittel-ständische Unternehmen mit ungefähr 20 Millionen Be-schäftigten. 99,7% aller umsatz-steuerpflichtigen Unternehmen sind dem Mittelstand zuzu-rechnen. Insgesamt er-wirtschaften diese Unternehmen über 1.800 Mrd. Euro an mehrwertsteuerpflichtigem Umsatz (gesamter mehrwertsteuerpflichtiger Umsatz in Deutschland: 4.153 Mrd. Euro)[5]. Die genaue Verteilung der Umsatzgrössen- und der Umsatzstruktur nach Umsatzgrössen-klassen kann der Abbildung zwei entnommen werden.

Nach diesen beeindruckenden Zahlen ist es nachvollziehbar, dass mittelständische Unternehmen im Zentrum vielfältiger politischer Interessen und Initiativen stehen. Die Vielzahl der Mittelstandsverbände und -vereinigungen ist hierfür ein deutlicher Beleg. Auch im Wahlkampf des Jahres 2002 war der deutsche Mittelstand ein zentrales Thema. Dem Mittelstand wird in jeder Volkswirtschaft ent-scheidende Bedeutung für Wachstum und Beschäftigung beigemessen. Kommt die Antriebskraft des Mittelstands ins Stocken, erleidet die inländische Konjunktur eine schwere Krise mit beachtlichen Konsequenzen auf alle Bereich der Gesellschaft. Derzeit droht in Deutschland eine Krise der kleinen und mittleren Unternehmen, da unter anderem ihre Finanzierungskraft unter den erschwerten Be-dingungen der Banken leidet (Stichwort Basel II). Für Mittelständler ist es deshalb von großer Be-deutung, kreative Finanzierungsstrategien zu erschließen, um den neuen Marktanforderungen im Bereich ihrer Finanzen gerecht zu werden. Doch nicht nur im Bereich Finanzierung müssen sich die Mittelständler auf veränderte Bedingungen einstellen. Nie zuvor hat sich das wirtschaftliche Umfeld so schnell veränderte wie heute. Die Innovationszyklen in der Industrie werden immer kürzer, Produkte veralten schneller. Die Märkte wandeln sich und verlangen den Unternehmen völlig neue Strategien ab. Als weitere existenzielle Herausforderungen die den Mittelstand derzeit direkt betreffen bzw. be-lasten sind die Globalisierung, der Generationswechsel, die Deregulierung der Märkte und ihre Größe hinsichtlich zu erzielender Skaleneffekte zu nennen. So stehen zum Beispiel mittelständische Zu-lieferer von global tätigen Unternehmen unter enormen Druck, ihre Kunden weltweit zu bedienen und selbst außerhalb des deutschen Marktes international zu agieren. Die Deregulierung des deutschen und europäischen Markts hat zur Folge, dass immer mehr ausländische Wettbewerber in die Kern-märkte der deutschen mittelständischen Unternehmen drängen. Für den Mittelstand bleibt nur eine Konsequenz: Veränderung muss auch im Unternehmen stattfinden. Der zunehmenden Komplexität der Außenwelt müssen die Mittelständler mit neuen Strukturen und Strategien begegnen. Allerdings ist ihre Größe nicht ausschließlich ein Nachteil hinsichtlich der Skaleneffekte, sondern birgt auch den großen Vorteil, dass sie sich durch ihre überschaubare Größe flexibel und schnell auf neue Situationen einstellen können.

Um eine Krise der kleinen und mittleren Unternehmen zu verhindern, ist letztlich auch die Bundes-regierung gefordert Veränderungen in die Wege zu leiten. So sollte sie in Angriff nehmen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen am Arbeitsmarkt, bei den sozialen Sicherungssystemen und in der Steuerpolitik zu verbessern. Wie wichtig das den Mittelständlern ist kam beispielsweise bei einer Umfrage der KfW heraus, nach der 69% aller mittelständischen Unternehmen ihre Existenz durch zu hohe Abgaben und Steuern bedroht sehen. Erste Schritte hat die Regierung hier bereits getan, z.B. mit der Unternehmenssteuerreform, dennoch müssen zur Entlastung des Mittelstands noch viele weitere Reformen folgen. Mit den Vorhaben das Steuerrecht für Kleinstbetriebe radikal zu ver-einfachen, die Buchführungspflichten zu reduzieren, die Bürokratie zu verringern, das Arbeitsrecht so zu verändern, dass Beschäftigungshemmnisse abgebaut werden, etc. wären weitere wichtige Schritte in die richtige Richtung getan. Es bleibt abzuwarten wie sich die wirtschaftspolitischen Rahmen-bedingungen in den kommenden Monaten ändern werden und was die Mittelständler von politischer Seite aus erwarten können. Eins ist allerdings klar, auch die Politik hat die große Bedeutung der kleinen und mittleren Unternehmen für den Wirtschaftsstandort Deutschland erkannt und zeigt im eigenen Interesse Bereitschaft Veränderungen in die Wege zu leiten.

2 Diagnose Mittelstand - Finanzierung im Umbruch

2.1 Derzeitige Finanzierungsstruktur im Mittelstand

Die Finanzierungsstruktur des deutschen Mittelstands ist durch niedrige Eigenkapitalquoten (Eigen-kapital im Verhältnis zur Bilanzsumme) und einen hohen Anteil von Bankkrediten gekennzeichnet. Zu dieser Struktur haben vielfältige Faktoren beigetragen. Zu nennen sind hier unter anderem die bis zur Unternehmenssteuerreform aus dem Jahr 2001 relativ höhere Besteuerung von thesaurierten Gewinnen gegenüber ausgeschütteten Gewinnen bei Kapitalgesellschaften, der für Mittelständler lange Zeit unterentwickelte Kapitalmarkt in Deutschland und die günstigen Kreditkonditionen durch einen wettbewerbsintensiven Bankenmarkt. Als historische Ursache der niedrigen Eigenkapitaldecke ist noch der kriegsbedingte Vermögensverlust deutscher Unternehmen zu nennen, der eine stärkere Fokussierung auf Fremdkapital erforderlich machte.

Die Bedeutung des Eigenkapitals ist auf Grund der Signalwirkung auf die finanzielle Stabilität einer Gesellschaft sehr groß. Generell kann gesagt werden, je größer der Anteil des Eigenkapitals an der Bilanzsumme ist, desto „gesünder“ ist das Unternehmen. Das Eigenkapital dient in wirtschaftlich schwierigen Zeiten der Verlustpufferung und übernimmt im Ernstfall wichtige Haftungsfunktionen. Als Folge einer niedrige Eigenmittelquote erhöht sich die Krisenanfälligkeit und der Finanzierungs-spielraum eines Unternehmens (z.B. bei Investitionen) wird stark eingeschränkt.

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Abb. 3: Entwicklung der Unternehmensinsolvenzen von Mittelständlern

Quelle: Verband der Vereine Creditreform e.V.

Die geringe Eigenkapitalausstattung deutscher mittelständischer Unternehmen ist unter anderem ein Grund für den Insolvenzrekord mit 37.700 Insolvenzen im Jahr 2002 (+16,4% gegenüber 2001) bei mittel-ständischen Unternehmen (siehe Ab-bildung 3). Aus der Grafik kann man erkennen, dass in konjunkturell schwächeren Jahren die Zahl der Unternehmenspleiten stärker steigt als in Jahren mit guter Wirtschafts-entwicklung (siehe Jahr 2000 – 2002). Bei Unternehmen die in die Insolvenz schlittern ist der Verlustpuffer des Eigenkapitals verbraucht. Je höher dieser Risikopuffer (das Eigenkapital) ist, desto länger können Verlustjahre und konjunkturelle Schwächen mit Verlustjahren überlebt werden. Der geringe Verlust-puffer deutscher Mittelständler sowie die aktuelle Wirtschaftslage haben Dr. Holger Berndt, Geschäfts-führendes Vorstandsmitglied des Deutschen Sparkassen- und Giroverband (DSGV), zu der Schätzung bewogen, dass die Zahl der Insolvenzen mittelständischer Betriebe im Jahr 2003 sogar auf über 42.000 klettern wird.

Gemeinhin werden Unternehmen, die über mehr als 30% Eigenkapital im Verhältnis zur Bilanzsumme verfügen, als stabil bezeichnet. Als unterkapitalisiert bezeichnet man Unternehmen mit weniger als 10% Eigenkapital. Abbildung vier zeigt wie sich laut einer Umfrage der Creditreform Wirtschafts- und Konjunkturforschung die Eigenkapitalausstattung des Mittelstandes im Verhältnis zur Bilanzsumme aktuell darstellt. Hieraus ist ersichtlich, dass 82,4% der mittelständischen Unternehmen eine Eigen-kapitalquote von unter 30% aufweisen und somit als unterkapitalisiert be-zeichnet werden können. Lediglich 17,7% der deutschen Mittelständler können demnach als „gesund“ eingestuft werden. Hervorzuheben ist, dass die Zahl der Unternehmen mit einem Eigen-kapital von über 30% der Bilanzsumme im Jahresvergleich deutlich gestiegen ist. Dies kann als Indiz dafür gewertet werden, dass sich immer mehr Mittelständler Gedanken um ihre Finanzierungsstruktur machen und ein Prozess des Umdenkens schon eingesetzt hat.

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Abb. 4: Eigenkapitalausstattung des Mittelstands im Verhältnis zur Bilanzsumme

Quelle: Wirtschaftslage und Finanzierung im Mittelstand, Creditreform 03

Der DSGV (Deutscher Sparkassen- und Giroverband) kommt nach der Analyse von 60.000 Firmen-kundenbilanzen aus dem Geschäftsjahr 2001 zu einem noch deutlicheren Ergebnis. Nach der aktuellen Trendauswertung, betrug die Eigenkapitalquote des Mittelstands im Jahr 2001 nur 6,1% (Median bzw. Zentralwert). In diesem Ergebnis sind die kleinen Unternehmen noch unterrepräsentiert, da sie ihre Bilanzen deutlich später einreichen als größere Unternehmen. Aus diesem Grund geht der DSGV von einer deutlichen Korrektur des Trends nach unten aus. So musste beispielsweise im Jahr 2000 die Trendauswertung von 7%, nach Vorliegen aller Daten, auf 3,7% korrigiert werden. Gerade die kleine Unternehmen weisen in ihren Bilanzen dem-zufolge besonders niedrige Eigenkapitalquoten bzw. gar kein Eigenkapital aus. Dies zeigt der Größenklassenvergleich des DSGV sehr klar. Die kleinen Unternehmen (Jahresumsatz bis 500.000 Euro) weisen im Jahr 2000 im Durchschnitt eine Eigenkapitalquote von 0% aus. Deutlich mehr als die Hälfte dieser Unter-nehmen weist gar kein Eigenkapital aus bzw. realisiert eine Unterbilanz. Mit zunehmender Unter-nehmensgröße steigt die Quote dann kontinuierlich an. Und lediglich die größeren Unternehmen (von 12,5 bis 50,0 Millionen Euro Umsatz) kommen bei einer Quote von knapp 18% einer „gesunden“ Eigenkapitalausstattung näher. „Nur“ 11% der Unternehmen in dieser Umsatzklasse verfügen über kein Eigenkapital oder weisen eine Unterbilanz aus. Nach DSGV-Angaben arbeiten gut 38% aller mittelständischen Unternehmen praktisch ohne bilanzielle Eigenmittel bzw. weisen eine Unterbilanz aus (siehe Abbildung 5). Vor allem die Bauwirtschaft steht mit fast 44% aller Unternehmen, die ohne Eigenkapital bzw. mit einer Unterbilanz arbeiten, an der Spitze, während ein knappes Drittel der Unter-nehmen des Verarbeitenden Gewerbes davon betroffen sind.

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Abb. 5: Anteil der Unternehmen mit und ohne Eigenkapital im Jahr 2001 in % nach Umsatzgrößenklassen

Quelle: Sparkassen-Firmenkundendatenbank, Stand 2/2003

Die Eigenkapitalausstattung ist in Deutschland zweifelsohne gering, aber vermutlich nicht so gering, wie es der Vergleich des ausgewiesenen Eigenkapitals allein nahe legt. Beispielsweise ist der Anteil von Einzelunternehmen und Personengesellschaften, die ihr Vermögen zum Teil aus steuerlichen Gründen auf das Privatvermögen übertragen, in Deutschland relativ hoch. Häufig dient aber dieses Privatvermögen auch der Besicherung von Unternehmenskrediten und gehört insofern zum Haft-kapital. Vermutlich ist auch die Bildung stiller Reserven in Deutschland, infolge steuerlicher Regelungen und Bilanzierungsvorschriften, stärker ausgeprägt als in vielen anderen Ländern. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte dürften die ausgewiesenen Eigenkapitalquoten noch erhöht werden.

Wie gering sich die Eigenkapitalausstattung deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich dar-stellt, demonstriert ein Vergleich mit der Situation in anderen Ländern. Creditreform hat hierzu Informationen vorgelegt. Demnach liegt die Eigenkapitalquote bei Unternehmen mit einem Jahres-umsatz bis zu 50 Mio. Euro in Deutschland bei ca. 18% (dies entspricht in etwa dem Ergebnis des DSGV). Vergleichbare Unternehmen in Italien weisen demgegenüber eine Eigenkapitalquote von 22,4%, in Frankreich von 33,9%, in den Niederlanden von 34,6% und in den USA sogar von 44,9% aus. Die großen Unterschiede im internationalen Vergleich resultieren aus den unterschiedlichen Finanzierungssystemen der Ländern. Eine internationale Vergleichsstudie der EU kommt zu dem Ergebnis, dass die Eigenkapitalquote der Unternehmen nicht von ihrer Größe, Branche, Alter oder Rentabilität abhängig ist, sondern eher vom im jeweiligen Land existierenden Finanzierungssystem[6]. In Anbetracht der sich in vollem Gange befindlichen Globalisierung, wird es in absehbarer Zeit ein An-gleichen der Finanzierungssysteme geben, und somit voraussichtlich auch der Eigenkapitalquoten. Dieser Wandel hat in Deutschland bereits begonnen und wird noch zahlreiche Konsequenzen für Mittelständler mit sich bringen.

Eine von der KfW initiierte Umfrage vom Herbst 2002 kommt zu dem Ergebnis, dass viele mittel-ständische Unternehmen erkannt haben, dass ihre Eigenkapitalausstattung als zu gering angesehen werden kann. Mehr als die Hälfte der Befragten strebt danach eine Erhöhung der Eigenkapitalquote an. Als Mittel dazu steht an vorderster Stelle die stärkere Einbehaltung von Gewinnen. Bei einer durchschnittlichen Umsatzrentabilität von nur 3% im Jahr 2001 (2000: 3,8%)[7] dürfte dieser Weg vielen Mittelständler allerdings verwehrt bleiben. Besonders beunruhigend ist, dass 30% aller mittel-ständischen Unternehmen im Jahr 2001 überhaupt keinen Gewinn erzielen oder sogar Verluste aus-weisen (Jahr 2000: 27,7%). Außerordentlich groß ist der Anteil von Unternehmen die keine Gewinne erwirtschaften bzw. Verluste erleiden bei den kleinen Betrieben (bis 250.000 Euro Umsatz) mit 36,4%[8]. Zusätzlich besorgniserregend ist, dass laut DSGV mit 32,3% inzwischen auch nahezu jedes dritte der größeren Unternehmen (Umsatz zwischen 12,5 und 50 Mio. Euro) Verluste schreibt. Dadurch können auch immer mehr große und volkswirtschaftlich wichtige Unternehmen bei einer konjunkturellen Schlechtwetterlage in Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Auf Grund der angespannten Ertragslage und Eigenkapitalausstattung mittelständischer Unternehmen, dürfte die von vielen an-gestrebte Eigenmittelerhöhung durch eine Innenfinanzierung, über Gewinneinbehaltungen, verwehrt bleiben. Insbesondere diese Unternehmen müssen sich, angesichts der veränderten Rahmen-bedingungen auf den Finanzmärkten, intensiv Gedanken über ihre Finanzierungsstruktur machen und werden dabei verstärkt auf alternative Finanzierungsinstrumente angewiesen sein.

2.2 Veränderung der Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten

Sowohl die nationalen als auch internationalen Finanzmärkte befinden sich derzeit in einem tief greifenden Wandel. Getrieben wird dieser in Deutschland insbesondere durch den Strukturwandel seiner Hauptakteure, den Banken. Die Ursache für die Notwendigkeit des Strukturwandels der Kredit-institute lautet kurz: Zu hohe Kosten, zu niedrigere Erträge. Dieses Problem hat sich in den letzten zwanzig Jahren angestaut und ist virulent geworden, als der Wiedervereinigungs- und Börsenboom endgültig zu Ende gegangen sind. Für die Ertragsschwäche der deutschen Banken gibt es aber noch weitere Gründe. Als bedeutende Ursachen ist beispielsweise der durch die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute verzerrte Wettbewerb zu erwähnen und die dadurch geringen Margen im Kredit-geschäft. Die öffentlichen Institute, die Sparkassen und Landesbanken, können sich durch die Gewährträgerhaftung des Staates und dem damit verbundene exzellente Rating, günstig am Kapital-markt refinanzieren. Auf Grund der günstigen Refinanzierungsmöglichkeit ist es ihnen möglich, kapitalsuchenden Unternehmen sehr günstige Kreditkonditionen anzubieten. Andere Banken bleibt diese Möglichkeit durch die nicht staatlich garantierte Bonität, und des damit verbundenen schlechteren Ratings, häufig verwehrt. Auf die Möglichkeit der Refinanzierung des Kreditgeschäfts über den Kapitalmarkt sind die Banken verstärkt angewiesen, da die deutschen Sparer heute nicht mehr ausschließlich in traditionelle Bankeinlagen investieren (z.B. Sparbuch), sondern vermehrt Kapitalmarktprodukte (z.B. Investmentfonds) nachfragen. Dadurch fehlen den Banken die „billigen“ Kundeneinlagen zur Refinanzierung des Kreditgeschäfts, im Gegenzug fließen ihnen dafür vermehrt Provisionseinnahmen aus den Kapitalmarkttransaktionen zu. Die fehlenden Mittel der Kundeneinalgen müssen über den Kapitalmarkt zu deutlich ungünstigeren Konditionen beschafft werden, um das Kreditgeschäft refinanzieren zu können. Um konkurrenzfähig zu bleiben sind die Banken gezwungen, im Kreditgeschäft aktiv zu sein. Eine Erhöhung der Kreditzinsen ist für die Banken, auf Grund der starken Konkurrenz der öffentlichen Institute, nicht durchsetzbar.

Als Folge der oben genannten Ursachen befinden sich die Zinsmargen in Deutschland, im Vergleich zu anderen Ländern, auf einem deutlich zu niedrigen Niveau um das Kreditgeschäft profitabel ab-zubilden. Das Geschäft wird daher meist mit Gewinnen aus anderen Bereichen der Bank quer-subventioniert. Die deutschen Banken werden von den Verhältnissen auf den internationalen Kapital-märkten, wo vergleichbare Institute zum überwiegenden Teil weitaus höhere Eigenkapitalrenditen er-zielen, sowie ihren Aktionären bzw. Eigentümern gezwungen, ihre Ertragskraft deutlich zu steigern. Hierzu steht bei allen Institutsgruppen die stärkere Orientierung der Margen am Risiko auf der Agenda. Die Fortschritte in der Kapitalmarkttheorie, vor allem aber auch im IT-Bereich, ermöglichten erstmals die Entwicklung von praxistauglichen Rating- und Pricing-Modellen, mit denen jedes einzelne Engagement analysiert, geratet und mit einer individuellen Zinsmarge versehen werden kann. Die Kreditentscheidung und die Zinshöhe werden hierdurch weniger als bisher von der subjektiven Be-urteilung des Kreditbearbeiters als vielmehr von einem objektiven, intelligenten Ratingsystem und seiner Einbindung in die Risiko-Ertragssteuerung des Gesamtgeschäfts der Bank bestimmt. Die Vor-schläge des Ausschusses für Bankenaufsicht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich zur Modifikation der Eigenkapitalunterlegung von Kreditinstituten („Basel II“), unterstützt die hier skizzierte Entwicklung, sind aber selbst nicht Auslöser dieser weitreichenden Veränderungen. Neben Basel II dürfte zukünftig auch der bereits beschlossene Wegfall der Gewährträgerhaftung für Sparkassen und Landesbanken, ab dem Jahr 2006, für eine Margenverbesserung im Kreditgeschäft sorgen.

Mit dem Stichwort Basel II wird die Diskussion um die Neugestaltung der Eigenkapitalvorschriften der Kreditinstitute bezeichnet. Diese Diskussion hat der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht im Juni 1999, mit dem Ziel die Stabilität des internationalen Finanzsystem zu erhöhen, eröffnet. Als Mittel dazu sollen die Risiken im Kreditgeschäft besser erfasst und dadurch die Eigenkapitalerfordernisse der Banken risikogerechter ausgestaltet werden. So müssen die Banken heute jeden Firmenkredit mit einem einheitlichen Satz von acht Prozent der Kreditsumme mit Eigenmitteln unterlegen. Zukünftig wird die Bonitätseinstufung eines Kreditnehmers per Rating das wesentliche Kriterium sein, nach dem die Eigenkapitalunterlegung bestimmt wird. Kreditinstitute müssen dann Kredite an Unternehmen mit gutem Rating mit weniger, Kredite an solche mit schlechtem Rating mit mehr Eigenkapital als bisher unterlegen. Das Rating der Unternehmen kann hierfür extern durch eine Rating-Agentur oder bankintern erfolgen. Das Basler Abkommen sieht vor, dass neben den quantitativen Daten aus der Vergangenheit auch zukunftsbezogene Faktoren stärker bei der Bonitätseinstufung berücksichtigt werden. Dazu zählen neben konjunkturellen Aussichten und Markttrends der Branche vor allem so genannte weiche Faktoren wie beispielsweise Management- und Mitarbeiterqualität. Dies hat für alle Unternehmen zur Folge, dass sie ihren Finanzierungspartner zukünftig nicht nur über quantitative Fakten wie Umsatz, Soll-Ist-Vergleich und Cash-Flow-Planungen informieren müssen. Künftig wollen die Banken auch wissen, wie die Kompetenzen und Aufgaben innerhalb des Unternehmens geregelt sind, welche Strategiepläne und Leitsätze der Betrieb verfolgt und in welchem Umfang zum Beispiel Personalschulungen geplant sind. Auch möchte der Geldgeber zum Beispiel Details über die Krisenpläne, die in schweren Zeiten verfolgt werden sollen, wissen. Die endgültigen Regelungen für Basel II werden voraussichtlich im Herbst 2003 feststehen und veröffentlicht. Eine verpflichtende Ein-führung für alle Institute wird aller Wahrscheinlichkeit nach im Jahr 2006 eintreten. Die meisten Institute setzen das von Basel II geforderte Rating allerdings schon heute ein.

Aus diesen Entwicklungen in der Bankenbranche resultieren vielfältige Veränderungen für mittel-ständische Firmenkunden, die sich bisher regelmäßig über Kredite finanziert haben. So wird die mit Basel II eintretende Verknüpfung der bankaufsichtlichen Eigenkapitalanforderungen mit dem tat-sächlichen Kreditrisiko grundsätzlich dazu führen, dass alle Institute ihre Kreditrisiken genauer analysieren müssen. Es wird zu einer stärkeren Margenspreizung kommen: Unternehmen mit guter Bonität werden weniger, Unternehmen mit schlechter Bonität werden mehr für einen Kredit bezahlen müssen. Der Aspekt der möglichen Kreditverteuerung wird in der öffentlichen Diskussion allerdings häufig überzeichnet. Zum einen wirkt sich Basel II nur auf eine Komponente der Konditionen-gestaltung aus, zum anderen ist der Anteil des Zinsaufwands am Gesamtaufwand auch bei kleineren Unternehmen trotz eines hohen Fremdkapitalanteils mit rund 2% sehr niedrig. Selbst eine drastische Erhöhung des Zinsaufwands um 40% würde bei unveränderten Kreditvolumina und -strukturen lediglich zu einer Erhöhung der Gesamtbelastung des Unternehmens um 0,8% führen. Die Haupt-kosten sind dagegen die Material- und Personalaufwendungen, auf die knapp 80% des Gesamt-aufwands entfallen. Deshalb sind die Entwicklungen der Materialpreise und der Löhne die für die Kostensituation mittelständischer Unternehmen entscheidende Faktoren[9].

Die risikoadäquate Preissetzung für Kredite wird allerdings zwei nachhaltige Auswirkungen haben. Zum einen werden sich für die Unternehmen die relativen Preise der Finanzierungsalternativen ver-ändern. So bedeutet eine Verteuerung risikoreicher Kredite eine relative Verbilligung anderer Finanzierungsmöglichkeiten. Zum anderen werden risikoadäquate Preise tendenziell zu einer Preis-annäherung von Krediten und Kapitalmarktprodukten führen. Diese Annäherung zeigt sich bereits heute zum Beispiel in der zunehmenden Verbriefung von Krediten, die nichts anderes bedeutet, als dass Kredite wie normale Kapitalmarktprodukte handelbar gemacht werden. Überhaupt wird Basel II die Entwicklung und den Einsatz neuer Kapitalmarktprodukte vorantreiben, die es ermöglichen, Risiken aufzuteilen und denjenigen anzubieten, die bereit sind diese Risiken zu tragen. Die Unternehmensfinanzierung gewinnt daher an Komplexität, wobei die Kreditfinanzierung, mit Sicherheit auf dennoch hohem Niveau, etwas an Bedeutung verliert. Unternehmen werden zunehmend auch auf andere Finanzierungsalternativen zurückgreifen, wie es bereits heute in anderen Ländern üblich ist. Im internationalen Vergleich dürften sich die Finanzierungsstrukturen mittelfristig angleichen, nicht zuletzt auf Grund der fortschreitenden Globalisierung der Weltmärkte. Die mittelständischen Unter-nehmen werden dem Finanzbereich mehr Aufmerksamkeit widmen müssen. Es reicht daher nicht mehr aus, die Kapitalstruktur ausschließlich unter steuerlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Bisherige Finanzierungspräferenzen sind zu überprüfe und die Flexibilität hinsichtlich neuer Finanzierungsalternativen zu erhöhen. Die Finanzplanung wird für die Unternehmen zu einer strategischen Managementaufgabe werden. Für die Banken hat die Verhaltensänderung ihrer Kunden die Auswirkung, dass die Anforderungen, die mittelständische Unternehmen an ihre Finanzierungs-partner stellen, zukünftig immer vielfältiger werden. Der Bedarf an intelligenten, ganzheitlichen Finanzierungslösungen wächst. Neben der Bereitstellung von Kapital sind zunehmend Strukturierungs- und Beratungskompetenz sowie ein ausgezeichneter Kapitalmarktzugang gefragt. Komplette maßgeschneiderte Finanzdienstleistungen werden gegenüber dem einfachen Kredit an Bedeutung gewinnen.

Die Veränderung der Rahmenbedingungen auf den Finanzmärkten stellt sich für Mittelständler allerdings nicht automatisch als nachteilig dar. Unternehmen die es verstehen ihre Finanzierungs-partner mit einem schlüssigen Konzept zu überzeugen, ihnen offen und transparent gegenüber auftreten und aktiv ihre Bilanzstruktur an die neu gestellten Anforderungen anpassen, werden sogar Vorteile, gegenüber Wettbewerbern und im Vergleich zu ihren heutigen Konditionen, aus den Ver-änderungen ziehen können. Für Unternehmen die sich den neuen Ansprüche nicht anpassen werden, wird es in Zukunft allerdings schwieriger und teurer ihren Finanzbedarf zu decken. Mittelständischen Unternehmen bietet sich eine breite Palette alternativer Finanzierungsinstrumente, gegenüber dem klassischen Bankkredit, an. Ausgewählte Alternativen werden auf den nachfolgenden Seiten kurz dar-gestellt und auf ihre Eignung für Mittelständler überprüft.

3 Ausgewählte Finanzierungsalternativen zum klassischen Kredit (Aussenfinanzierung)

3.1 Überblick

Um Finanzierungslücken zu schließen tun sich den Unternehmen vielfältige Möglichkeiten auf. Je nach Situation muss sich das kapitalsuchende Unternehmen für eine Eigenkapital- bzw. Beteiligungs-finanzierung, eine Fremd(kapital)finanzierung oder eine hybride Finanzierungsform (Mezzanine-Finanzierung) entscheiden.

Die Kapitalformen Eigenkapital und Fremdkapital lassen sich wie folgt differenzieren: Beim „klassischen“ Fremdkapital wird eine schuldrechtliche Verbindung zwischen dem Unternehmen als Schuldner und dem Kreditgeber als Gläubiger begründet. Charakteristisch ist vor allem die zeitliche Befristung der Kapitalüberlassung und ein fest vereinbarter (von der Ertragslage des Unternehmens unabhängiger) Vergütungsanspruch bei einem fixen Rückzahlungsanspruch der Gläubiger in Nominal-höhe. Fällige Kapitalkosten (Zinszahlungen) sind als Betriebsausgaben von der Einkommens- bzw. Körperschaftssteuer abzugsfähig. In der Regel werden Fremdkapitalfinanzierungen zur Absicherung des Kapitaldienstrisikos mit Sicherheiten unterlegt. Im Insolvenzfall des Schuldners erfolgt keine Haftung gegenüber Verbindlichkeiten anderen Gläubigern. Im Gegensatz zum Eigenkapitalgeber hat der Fremdkapitalgeber meist keinen Einfluss darauf wie die finanziellen Mittel verwendet werden. Eigenkapitalfinanzierungen bewirken dagegen eine Gesellschafter- bzw. Aktionärsstellung des Financiers, woraus sich Mitwirkungs-, Mitsprache-, Zustimmungs- und Kontrollrechte ableiten. Die Vergütung hängt dabei von der Ertragskraft des Unternehmens ab und wird aus den erwirtschafteten Erträgen gezahlt. Eine zeitliche Befristung der Überlassung von Eigenkapital gibt es nicht, ebenso wenig wird Eigenkapital mit Sicherheiten unterlegt. Eigenkapital besitzt neben seiner Finanzierungs-funktion eine „Pufferfunktion“ im Verlustfall und haftet im Insolvenzfall des Schuldners für die Ver-bindlichkeiten der anderen Gläubiger. Durch seine „Pufferfunktion“ ist ein angemessenes Eigenkapital regelmäßig die notwendige Basis für die Aufnahme von Fremdkapital.

Neben den traditionellen Finanzierungsformen über Fremd- oder Eigenkapital haben sich in den letzten Jahren verstärkt hybride Finanzierungsinstrumente durchgesetzt. Für mittelständische Unter-nehmen sind sie eine interessante Alternative oder Ergänzung zum gewöhnlichen Bankkredit oder einer Beteiligungsfinanzierung. Hybride Finanzierungsinstrumente sind unter dem, aus dem angel-sächsischen Raum bekannten, Oberbegriff Mezzanine-Finanzierungsformen bekannt. Der Begriff Mezzanine stammt aus dem italienischen und bezeichnet ein Zwischengeschoß zwischen zwei Haupt-etagen eines Gebäudes; im übertragenen Sinne also das Zwischengeschoß zwischen Eigen- und Fremdkapital. Im engeren Sinne markiert der Begriff Mezzanine Darlehen, die sich durch die Nach-rangigkeit gegenüber „echtem“ Fremdkapital, insbesondere Bankdarlehen, auszeichnen. Hierdurch leitet sich ab, dass sich Mezzanine-Kapital im wesentlichen als wirtschaftliches Eigenkapital klassifizieren lässt. Insbesondere aus der Nachrangigkeit des Darlehens ergibt sich der hybride Charakter als Zwischenform von Eigen- und Fremdkapital. Die Nachrangigkeit wird durch eine Rang-rücktrittserklärung zwischen dem Darlehensgeber und dem Darlehensnehmer erreicht. Diese Rang-rücktrittserklärung bewirkt, dass zum Beispiel im Falle einer Insolvenz des Darlehennehmers die Gläubiger von Mezzaninen erst nach der Befriedigung aller anderen Gläubiger aus der Insolvenz-masse bedient werden. Wegen des damit verbundenen höheren Risikos für den Darlehensgeber gegenüber einem klassischen Kreditgeber, werden mezzanine Darlehensformen überdurchschnittlich verzinst. Der sich für das kapitalsuchende Unternehmen einstellende Nachteil durch die höheren Zins-zahlungen im Vergleich zur Kreditfinanzierung, kann allerdings durch verschiedene Gestaltungs-möglichkeiten, die sehr flexibel gehandhabt werden können, abgemildert werden. So ist es beispiels-weise denkbar, dass anstatt einer festen eine variable (performanceabhängige) Verzinsung vereinbart wird. Die Zinsstruktur kann außerdem entweder als Cash-Settlement (Zinsen jedes Jahr fällig) oder als „roll-up“ bzw. „redemption“-Komponente (Zinsen am Ende der Laufzeit fällig) ausgestaltet sein. Auch kann zusätzlich zur regulären, regelmäßig zu entrichtenden Verzinsung ein am Ende der Lauf-zeit fälliger kumulierter Zins vereinbart werden, der heute häufig an die Stelle des „Equity-Kickers“ tritt. Der Equity-Kicker ist ansonsten in der Regel typisch für Mezzanine-Finanzierungen und stellt eine Kaufoption dar, die dem Darlehensgeber die Möglichkeit gibt an der Wertsteigerung des Unter-nehmens teilzuhaben. Hierzu bekommt er die Wahlmöglichkeit bzw. Option am Laufzeitende auf eine Darlehensrückzahlung zu verzichten und im Gegensatz dazu Geschäftsanteile des Unternehmens zu erwerben (typisch z.B. bei Wandel- und Optionsanleihen). Oftmals ist das Recht zum Anteilserwerb an den Eintritt gewisser Bedingungen geknüpft, wie zum Beispiel die Veräußerung von Geschäftsanteilen oder einen Börsengang. Die wirtschaftliche Zielrichtung von Mezzanine liegt daher häufig eher auf einer Beteiligung am Unternehmenswert, als auf einer Beteiligung am laufenden Unternehmenserfolg. Der Equity-Kicker birgt für den Darlehensnehmer den Vorteil, dass das Mezzanine-Kapital durch diese Kaufoption während der Laufzeit deutlich geringer verzinst wird als ohne Equity-Kicker. Allerdings muss er bei Ausübung der Option durch den Darlehensgeber in Kauf nehmen, Geschäftsanteile, und v.a. die damit verbundene Mitspracherechte, abzugeben. Weitere typische Merkmale von Mezzanine-Finanzierungen sind die zeitlich befristete Überlassung der Gelder (im Gegensatz zum unbefristeten „echten“ Eigenkapital) und die Kapitalüberlassung ohne Sicherheiten.

Aus Sicht eines kapitalsuchenden Unternehmens spricht für die mezzanine Finanzierungsform der Eigenkapitalcharakter, der im wesentlich durch den Rangrücktritt erreicht wird und die damit ver-bundene Schaffung eines zusätzlichen Verlustpuffers sowie die Stärkung der Eigenkapital-Position, ohne die bestehenden Eigentümerverhältnisse zu verändern (vor einer möglichen Equity-Kicker Aus-übung). Die durch die Klassifizierung als wirtschaftliches Eigenkapital einhergehende Verbesserung der Bilanzstruktur und damit der Bonität (Stichwort Rating und Basel II), die Bereitstellung von Liquidität ohne Sicherheiten, die Aufrechterhaltung des Kreditspielraums (Sicherheiten) für andere Vorhaben, die flexiblen Ausgestaltungsmöglichkeiten, welche auf die individuellen unternehmens-internen Charakteristika abgestimmt werden können sowie die Vereinbarung von in der Regel nur Zustimmungs- und Kontrollrechten und keinen Mitspracherechten für Mezzanine-Kapitalgeber sprechen weiterhin für diese Art der Finanzierung. Da aus rechtlicher Sicht hybride Finanzierungs-instrumente grundsätzlich Fremdkapitalcharakter besitzen, ergibt sich für den Darlehensnehmer zu-sätzlich der Vorteil, dass die Zinsen als Betriebsaufwand steuerlich absetzbar sind. Als nachteilig könnten aus Sicht eines Unternehmens das im Vergleich zur klassischen Kreditfinanzierung höhere Risiko des Kapitalgebers und die damit verbundene höhere Verzinsung angesehen werden. Weiterhin spricht gegen diese Finanzierung die zeitliche Befristung der Kapitalüberlassung. Unter-nehmen denen es auf eine dauerhafte Kapitalüberlassung ankommt müssen von einer „reinen“ Eigen-kapitalfinanzierung gebraucht machen und die damit verbundenen Nachteile (insbesondere die damit verbundenen Abgabe von Mitspracherechten) in Kauf nehmen.

[...]


[1] Derzeit bereitet die Europäische Kommission eine Neufassung der Mittelstandsdefinition vor. Diese sieht voraussichtliche ein leichtes Anheben der Schwellenwerte vor.

[2] Erhard, L. (1956): Mittelstandspolitik, in Rüstow, A. u.a.: Der mittelständische Unternehmer in der Sozialen Marktwirtschaft. Wortlaut der Vorträge auf der vierten Arbeitstagung der Aktionsgemeinschaft Soziale Marktwirtschaft e.V. am 17.11.1955 in Bad Godesberg, Ludwigsburg, S. 54

[3] vgl. Studie Mind 02 – Mittelstand in Deutschland

[4] Deutscher Industrie- und Handelstag DIHT (Hrsg.) (1999): Mittelstand 2000plus, Berlin S. 5

[5] IfM Bonn, Presseartiekl McKinsey: Der Mittelstand: Eine Säule der deutschen Wirtschaft, Anteil Mittelstand an der Gesamtwirtschaft, 2000

[6] vgl. Mittelstandsmonitor 2003

[7] Quelle: Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Frühjahr 2003

[8] Quelle: Deutscher Sparkassen- und Giroverband, Frühjahr 2003

[9] lt. Bundesverband deutscher Banken e.V.

Fin de l'extrait de 84 pages

Résumé des informations

Titre
Alternative Finanzierungsformen für den deutschen Mittelstand
Université
University of Applied Sciences Kaiserslautern  (Betriebswirtschaftslehre)
Note
1,7
Auteur
Année
2003
Pages
84
N° de catalogue
V14922
ISBN (ebook)
9783638201964
Taille d'un fichier
998 KB
Langue
allemand
Mots clés
Alternative, Finanzierungsformen, Mittelstand
Citation du texte
Andreas Dengler (Auteur), 2003, Alternative Finanzierungsformen für den deutschen Mittelstand, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14922

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