Spiegel online schreibt am 5. April 2001 in einem Bericht mit der Überschrift „Direkte Demokratie ins Grundgesetz – wie dumm ist das Volk?“: „Das Fehlen von Plebisziten, also direktem Bürgerentscheid, in der Verfassung ist kein Zufall. Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben, wie der spätere Bundespräsident Theodor Heuss 1948 schrieb, "die plebiszitären Elemente, die Weimar so stark berücksichtigt hatte, weggelassen", weil sie gewusst hätten, "wie die primitive Demagogie in einem verstörten Volke zur Staatsgefahr werden kann."“ Haben die Abgeordneten des Parlamentarischen Rates wirklich so gedacht? Der Vater der Weimarer Reichsverfassung, Hugo Preuß, warnte davor, über das „parlamentarische System das Damoklesschwert der reinen Demokratie [zu] hängen.“ Nahm sich der Parlamentarische Rat dieser Warnung an? Ferner schreibt der Autor Fromme: „Parlamentarische Oligarchie war für den Parlamentarischen Rat immer noch das kleinere Übel gegenüber präsidialer Autokratie und plebiszitärer Demagogie.“ Existierten wirklich solche extremen Ansichten bei den Verfassungsverhandlungen 1948/ 49? Fakt ist, dass es in Deutschland keine Plebiszite auf Bundesebene gibt. Einzig und alleine in Artikel 29 Grundgesetz (Neugliederung des Bundesgebietes) wird von einem Volksentscheid gesprochen. Allerdings kann in diesem Fall nur über die Neuzusammensetzung des Bundesgebietes abgestimmt werden. In der vorliegenden Hausarbeit sollen folgende Punkte unter der großen Frage: Wie entwickelte sich der Verfassungsstaat BRD mit Blick auf die direkte Demokratie?, aufgeworfen und letztendlich erklärt werden: Welche Erfahrungen gab es vor dem Grundgesetz mit direktdemokratischen Elementen?, Wir argumentierten die einzelnen Parteien?, Welche Argumente brachten sie am häufigsten vor?, Wieso kam es schließlich zu der Ablehnung von plebiszitären Elementen im Grundgesetz? Welche Erklärungen finden sich in der Fachliteratur zu diesem Thema? Die Arbeit schaut insbesondere auf direktdemokratische Elemente, welche vom Volk initiiert werden können. Das heißt, wenn dem Volksentscheid ein Volksbegehren vorangeht. Bei der Bearbeitung des Themas wird keinerlei Wertung vorgenommen, ob direkte Demokratie vorteilhaft für das Grundgesetz ist oder nicht und des Weiteren keine Aussage dazu getroffen, inwieweit die Meinungen von 1949 noch evident sind. Ferner wird der Sachverhalt ausschließlich auf Bundesebene beleuchtet....
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Plebiszitäre Elemente in der deutschen Vergangenheit
- Plebiszitäre Elemente in der Weimarer Verfassung
- Möglichkeiten von Plebisziten
- Durchgeführte Plebiszite
- Auswertung
- Plebiszitäre Elemente im Nationalsozialismus
- Möglichkeiten von Plebisziten
- Durchgeführte Plebiszite
- Auswertung
- Plebiszitäre Elemente in der Weimarer Verfassung
- Die Beratungen im Parlamentarischen Rat
- Allgemeines
- Klassifizierung der Argumente
- Das Plenum
- Der Antrag auf plebiszitäre Elemente
- Der Hauptausschuss
- Zusammenfassung der Argumente
- Auswertung
- Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit untersucht die Debatte um die Einführung plebiszitärer Elemente im Grundgesetz während der Beratungen des Parlamentarischen Rates. Sie analysiert die Erfahrungen mit direkter Demokratie in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, um die Argumentationslinien der Verfassungsväter zu verstehen. Ziel ist es, die Gründe für die Ablehnung plebiszitärer Elemente im Grundgesetz aufzuzeigen und die Entwicklung des Verfassungsstaates BRD im Hinblick auf direkte Demokratie zu erklären.
- Erfahrungen mit direktdemokratischen Elementen in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus
- Argumente der Parteien im Parlamentarischen Rat für und gegen plebiszitäre Elemente
- Gründe für die Ablehnung von plebiszitärer Elemente im Grundgesetz
- Entwicklung des Verfassungsstaates BRD im Hinblick auf direkte Demokratie
- Relevanz der Debatte im Parlamentarischen Rat für die heutige Diskussion um direkte Demokratie
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Hausarbeit ein und stellt die Forschungsfrage dar: Wie entwickelte sich der Verfassungsstaat BRD mit Blick auf die direkte Demokratie? Sie stellt die Bedeutung des Themas im Kontext der gegenwärtigen Debatte um direkte Demokratie heraus und definiert den Untersuchungsrahmen.
Kapitel 2 beleuchtet die Erfahrungen mit plebiszitären Elementen in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus. Es untersucht die Möglichkeiten und die Durchführung von Plebisziten in beiden Epochen und analysiert die jeweiligen Ergebnisse.
Kapitel 3 analysiert die Beratungen im Parlamentarischen Rat im Hinblick auf die Debatte um plebiszitäre Elemente. Es klassifiziert die Argumente der verschiedenen Parteien und beleuchtet die Diskussionen im Plenum und im Hauptausschuss.
Kapitel 4 wertet die Ergebnisse der Analyse der Beratungen im Parlamentarischen Rat aus und zieht Schlussfolgerungen hinsichtlich der Gründe für die Ablehnung plebiszitärer Elemente im Grundgesetz.
Kapitel 5 gibt einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung des Verfassungsstaates BRD im Hinblick auf direkte Demokratie und diskutiert die Relevanz der Debatte im Parlamentarischen Rat für die heutige Diskussion.
Schlüsselwörter
Direkte Demokratie, Plebiszit, Volksentscheid, Parlamentarischer Rat, Grundgesetz, Weimarer Republik, Nationalsozialismus, Verfassungsstaat, Bundesrepublik Deutschland, politische Partizipation, Volksbegehren, Staatsbürgerschaft.
- Arbeit zitieren
- Johannes Richter (Autor:in), 2010, Der Parlamentarische Rat und die Debatte um die Einführung plebiszitärer Elemente in das Grundgesetz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149236