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Neben Bildhauerei, Malerei und Filmkunst stehen zu diesem Zwecke natürlich auch
Theaterspiel, Literatur und vor allem die Musik zur Verfügung. Der Liebhaber der klassischen
Musik hat die Qual der Wahl. Es existieren allein im deutschsprachigen Raum viele Komponisten,
und bezogen auf die Qualität schnalzt der Experte mit der Zunge, wenn er Namen wie
Johann Sebastian Bach, Ludwig van Beethoven und Richard Wagner in einem Atemzug nennen
kann. Doch diesen Richard Wagner wird in Reihen der großen deutschen Literaten neben
Goethe, Schiller, Thomas Mann und Günther Grass der Experte weniger in den Mund nehmen,
wenngleich Wagner das anders gesehen hätte. Wagner also sieht sich ebenso als Dichter
wie als Musiker. Deutlich gemacht hat er das mit seiner 1851 entstandenen theoretischen
Schrift „Oper und Drama“, von der auch diese Arbeit handeln soll.
Was ist dran an diesem Mann, dass er sich derartig äußern kann? Zumindest in der Musikund
Kulturforschung wird sein theoretisch-philosophisches Wirken der Zürcher Exilzeit häufig
unbeachtet gelassen. Und doch formulierte Wagner Thesen, die die Kulturwissenschaften
der Musik und Dichtung mit stärker aufgebrachtem Ernst der Leser total über den Haufen
hätte werfen können und dies in Ansätzen auch getan hat. Denn Wagner hat mit Kritik an der
Kunst und den Künstlern seiner Zeit nicht gespart und vor allem die Gattung der Oper reformieren
wollen. „Der Irrtum in dem Kunstgenre der Oper bestand darin, daß ein Mittel des
Ausdruckes (die Musik) zum Zwecke, der Zweck des Ausdruckes (das Drama) aber zum
Mittel gemacht war“, formulierte er in der Einleitung zu „Oper und Drama“2 den Missstand
dieser Gattung.
Doch was will Wagner eigentlich mit dieser Schrift? Sind seine Aussagen zur Kunst – Musik
wie Dichtung – haltbar, und was soll am Ende dabei herauskommen? Schließlich stellt sich
auch überdeutlich die Frage, ob Wagner sich selbst an seine Reformforderungen gehalten hat?
Diesen Fragen will diese Arbeit nachspüren. Zum besseren Verständnis Wagners sollen im
folgenden Kapitel seine Aussagen und Thesen zu Oper, Drama und Kunstschaffen seiner Zeit
erklärt werden. Daran anschließend wird Kapitel 3 einen Einblick in die Rezeption Wagners
geben, um die Haltbarkeit seiner Ausführungen beurteilen zu können. Kapitel 4 bezweckt die
Anwendung seiner Thesen auf sein Werk.
2 Wagner, Richard: Oper und Drama, hg. v. Klaus Kropfinger, [Reclam], Stuttgart 1994, S. 19; im Folgenden als Direktzitat
im Text angegeben als OD 19.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Oper und Drama - Die Thesen Richard Wagners
- Die Oper und das Wesen der Musik
- Das Schauspiel und das Wesen der dramatischen Dichtkunst
- Dichtkunst und Tonkunst im Drama der Zukunft
- Richard Wagners Aussageabsicht
- „Oper und Drama“ in der öffentlichen Diskussion
- Unterstützung der Wagnerschen Thesen
- Kritik an den Wagnerschen Thesen
- Anwendung der Wagnerschen Thesen auf sein „Kunstwerk der Zukunft“
- Analyse der Dichtung in Wagners „Ring“
- Analyse der musikalischen Umsetzung des Dramas in Wagners „Ring“
- Schlussbetrachtung: Der „Ring“ als Wagners „Kunstwerk der Zukunft“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert Richard Wagners Schrift „Oper und Drama“ und untersucht seine Thesen zur Operngattung, die Reform des Kunstschaffens seiner Zeit und die Anwendung seiner Ideen auf sein eigenes Werk „Der Ring des Nibelungen“.
- Wagners Kritik an der Operngattung seiner Zeit
- Die Verbindung von Musik und Dichtung im „Drama der Zukunft“
- Die Rezeption von Wagners Thesen in der öffentlichen Diskussion
- Die Analyse von Wagners „Ring des Nibelungen“ im Hinblick auf seine Thesen
- Die Frage nach der Relevanz und Nachhaltigkeit von Wagners Reformanspruch
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel führt in die Thematik ein und stellt Wagners Kritik an der bestehenden Operngattung und seinen Reformanspruch vor. Im zweiten Kapitel werden Wagners Thesen zu Oper, Drama und Kunstschaffen detailliert dargestellt. Kapitel 3 beleuchtet die Rezeption von Wagners Schrift in der öffentlichen Diskussion, analysiert sowohl die Zustimmung als auch die Kritik an seinen Thesen. Das vierte Kapitel untersucht Wagners „Ring des Nibelungen“ anhand seiner eigenen Thesen, mit Fokus auf die dramatische Dichtung und die musikalische Umsetzung des Dramas.
Schlüsselwörter
Richard Wagner, Oper, Drama, Musik, Dichtung, Reform, Kunstkritik, „Ring des Nibelungen“, Kunstwerk der Zukunft, Theater, Kulturwissenschaften, Rezeption, Analyse.
- Citation du texte
- Björn-Christian Schüßler (Auteur), 2001, Kunstkritik oder Schaffensplan? Reformschrift oder Rechtfertigung? Richard Wagners 'Oper und Drama', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14923