Schauen wir einmal in der Geschichte der Wissenschaft und Technik um ein paar Jahrhunderte zurück. Als im alten China und vor etwa 600 Jahren in Europa von Johannes Gutenberg der Buchdruck erfunden wurde, dachte noch niemand daran, dass einmal jemand eine Arbeit über ein Thema schreiben könnte, dass sich mit dem Begriff Zeit auseinandersetzt. Und als die Engländer die ersten funktionierenden Dampfmaschinen bauten, aus denen sich die ersten Dampf betriebenen Eisenbahnen entwickelten, jubelte jeder über die große Arbeitserleichterung und Zeitersparnis, die die plötzliche Mobilität mit sich brachte. Auch als der erste Benzin betriebene Motor in deutschen Landen auf den Markt kam, leisteten sich zwar nur einige Reiche ein Auto, aber die Tendenz zur Zeit sparenden lukrativen Erfindung war da. So kam es, dass die Menschen auch in der Wissenschaft bis in die heutige Zeit weniger mit Gravitationsphänomenen und territorial-geographischer Forschung zu tun haben wollten, sondern sich nun mit der Psyche von Mäusen und der Gentomate beschäftigen wollen und auch müssen. Doch demnächst warten schon die nächsten Phänomene, die die Bildzeitung enthüllen konnte. Gibt es Liebende auf der Venus? Können Menschen mit Fröschen reden? Und werden Talkshows im Mittagsprogramm mal intellektuell?
Diese Themen sind nahezu überflüssig. Dagegen ist die „Zeit“ in heutigen Dimensionen ein Ernst zu nehmendes Themengebiet, weil an ihm klar wird, dass das, was früher noch als erleichternder Fortschritt bezeichnet wurde, in der konkreten Gegenwart eine besondere Belastung für das Miteinander geworden ist. Gerade auch deshalb, weil die Zeitersparnis von damals als „angenehme Abwechslung“ heute eine notwendige Selbstverständlichkeit geworden ist. Der zu beobachtende Prozess, dass immer mehr teilweise nutzlose Dinge in immer kürzerer Verfügungszeit erledigt werden oder erledigt werden müssen, ist riskant. Es besteht die Gefahr, dass der Mensch seinen freien Willen verliert und eine Art Marionette wird unter dem Zwang der Zeit im Verhältnis zur Handlungssituation und zu den Handlungsbeteiligten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Aufsatztitel
- Phänomene des Alltags - Die Ausgangssituation der Analyse
- Der Alltag des Einzelnen
- Die Ausgangssituation der Wissenschaft
- Der Ursprung des Daseins – Erleben in drei getrennten Dimensionen
- Grundannahmen und Grundnormen
- Steigerung in den Naturwissenschaften
- Die Zeitknappheit in der Alltagswelt
- Herkunft und Merkmale der Zeitknappheit
- Folgen der Zeitknappheit
- Muss Zeit knapp sein? – Lösungsansätze
- Primat der zeitliche Dimension
- Zeitdruck durch Termine
- Zeitdruck durch Fristen
- Klassischer Ansatz zur Überwindung der Komplexität
- Funktionale Differenzierung
- Zeitdruck entspannen durch Zeiteinsparung
- Realitätsnaher Ansatz zur Überwindung der Komplexität
- Konsequenzen aus dem Primat der zeitlichen Dimension
- Auswirkungen auf die Struktur: Regeln und Gesetze
- Auswirkungen auf die Struktur: Kooperationsbedarf
- Auswirkungen auf die Struktur: Variabilität von Werten
- Auswirkungen auf die Struktur: Tempo verstärkt Opportunismus
- Gegenstrategien: Zeitdruck abbauen
- Statusdifferenzierung
- Bürokratische Taktiken
- Institutionalisierung von Hemmschwellen
- Kritische Diagnose als Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text analysiert den Zeitbegriff bei Niklas Luhmann und untersucht, inwieweit die Knappheit der Zeit den Menschen zu einer Marionette macht. Der Text verfolgt die These, dass der Zeitdruck eine Folge der zunehmenden Komplexität der modernen Gesellschaft ist und die menschliche Handlungsfreiheit einschränkt.
- Der Zeitbegriff bei Niklas Luhmann
- Zeitknappheit als Folge der modernen Gesellschaft
- Der Mensch als Marionette der Zeit
- Luhmanns theoretischer Ansatz zur Überwindung der Komplexität
- Kritische Analyse von Luhmanns Theorie
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Relevanz des Themas "Zeit" in der heutigen Gesellschaft dar und führt in die Analyse des Textes von Niklas Luhmann ein.
- Phänomene des Alltags - Die Ausgangssituation der Analyse: Dieses Kapitel beleuchtet die alltägliche Erfahrung von Zeitknappheit und die Auswirkungen auf das individuelle Leben sowie auf die Wissenschaft.
- Der Ursprung des Daseins – Erleben in drei getrennten Dimensionen: Dieses Kapitel behandelt Luhmanns Grundannahmen zur Wahrnehmung von Zeit und stellt die drei Dimensionen des Erlebens dar.
- Die Zeitknappheit in der Alltagswelt: Dieses Kapitel analysiert die Ursachen und Folgen der Zeitknappheit in der modernen Gesellschaft.
- Primat der zeitliche Dimension: Dieses Kapitel untersucht die Auswirkungen von Zeitdruck auf das menschliche Handeln und Verhalten.
- Klassischer Ansatz zur Überwindung der Komplexität: Dieses Kapitel stellt Luhmanns klassischen Ansatz zur Überwindung der Komplexität der modernen Gesellschaft vor, der auf funktionaler Differenzierung basiert.
- Realitätsnaher Ansatz zur Überwindung der Komplexität: Dieses Kapitel beleuchtet einen realitätsnahen Ansatz zur Überwindung der Komplexität, der die zeitliche Dimension stärker berücksichtigt.
- Konsequenzen aus dem Primat der zeitlichen Dimension: Dieses Kapitel analysiert die Auswirkungen des Primats der zeitlichen Dimension auf die Struktur der modernen Gesellschaft, z.B. auf Regeln, Gesetze und Kooperationsbedarf.
- Gegenstrategien: Zeitdruck abbauen: Dieses Kapitel stellt verschiedene Strategien zur Bewältigung von Zeitdruck vor, z.B. Statusdifferenzierung, bürokratische Taktiken und Institutionalisierung von Hemmschwellen.
Schlüsselwörter
Der Text konzentriert sich auf den Zeitbegriff bei Niklas Luhmann, Zeitknappheit, Komplexität der modernen Gesellschaft, Handlungsfreiheit, funktionaler Differenzierung, Zeitdruck, Opportunismus und Gegenstrategien zur Bewältigung von Zeitdruck.
- Citar trabajo
- Björn-Christian Schüßler (Autor), 2000, Der Mensch als Marionette der Zeit? - 'Die Knappheit der Zeit und die Vordringlichkeit des Befristeten'. Der Zeitbegriff bei Niklas Luhmann, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/14926