„Mittendrin statt nur dabei“ – 71.200 Treffer ergibt die Google-Suche derzeit nach diesem Slogan, mit dem unter anderem das Deutsche Sportfernsehen (DSF) für Unabhängigkeit, Kompetenz und Zuverlässigkeit wirbt (vgl. [1]). Mittendrin zu sein, ist offenbar „in“. Mittendrin zu sein, das verspricht exklusive Informationen, echte Emotionen, hohes Prestige und damit einen Vorsprung vor den anderen Journalisten und Medien, die eben „nur“ dabei sind. Wer mittendrin ist im Geschehen, der hat einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz. Doch welcher Eintrittspreis ist dafür zu zahlen? Welche Zugeständnisse machen die Journalisten? Welche Probleme bekommen sie? Und wie unabhängig bleiben sie, wenn sie „mittendrin statt nur dabei“ sind? Fragen, auf die das DSF keine Antworten auf seiner Website gibt. Fragen, die sich aber jeder Journalist stellen muss. Denn dahinter steckt ein Problem, das dem Journalismus – unabhängig von Ressort oder Medium – per se immanent ist: das Nähe-Distanz-Problem. Journalisten benötigen jeden Tag Informationen, die sie sammeln, selektieren, bearbeiten und veröffentlichen müssen, um die Aufgabe des Journalismussystems zu erfüllen (vgl. Weischenberg 1994a: 429). Eine gewisse Nähe zum Berichterstattungsge-genstand ist dafür also notwendig. Journalisten dürfen demnach durchaus mittendrin sein. Gleichzeitig aber müssen Journalisten so objektiv wie möglich sein, denn erst das Streben nach Objektivität und Überparteilichkeit unterscheidet sie von Schriftstellern oder Pressesprechern. Eine gewisse Distanz zum Berichter-stattungsgegenstand ist dafür also ebenso notwendig. DSF-externe Journalisten müssen, so scheint es, in ihrer alltäglichen Arbeit eine Balance finden zwischen Nähe und Distanz, zwischen „mittendrin“ und „dabei“.
Wie ihnen dieser Balanceakt gelingt, wie viel Nähe und Distanz zum Berichterstattungsgegenstand sie zulassen, wie „in“ es tatsächlich ist, „mittendrin“ zu sein, welche Chancen und Probleme dies mit sich bringt, welchen (systemischen) Zwängen und Einflüssen die Journalisten per se ausgesetzt sind, welche Rolle Kumpaneien und informelle Quellen im Arbeitsalltag spielen und welches Maß an Objektivität sie in ihrem Handeln anstreben, soll in dieser Arbeit in Theorie und Praxis, mit Hilfe einer qualitativen, leitfadengestützten Befragung, untersucht werden. Dies soll am Beispiel von Sport- und Politikjournalisten bei deutschen Regionalzeitungen geschehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Nähe und Distanz im Journalismus – Eine Annäherung
- Objektivität im Journalismus
- Das Nähe-Distanz-Problem aus systembezogener Perspektive
- Das Nähe-Distanz-Problem aus akteursbezogener Perspektive
- Nähe und Distanz im Sportjournalismus
- Entstehung und Entwicklung des Sportressorts in der Tagespresse
- Einflüsse auf Nähe und Distanz im Sportressort
- Das Nähe-Distanz-Problem im Alltag der Sportjournalisten
- Nähe und Distanz im Politikjournalismus
- Entstehung und Entwicklung des Politikressorts in der Tagespresse
- Einflüsse auf Nähe und Distanz im Politikressort
- Das Nähe-Distanz-Problem im Alltag der Politikjournalisten
- Zwischenfazit
- Empirische Untersuchung
- Forschungsfragen
- Untersuchungsdesign der Fallstudie
- Ergebnispräsentation
- Hobby und Beruf - Die Verbindung zum Berichterstattungsgegenstand
- Seitenwechsel: Einflüsse der eigenen Biographie im Journalistenalltag
- Balanceakt: Die Nähe zu den Aktiven
- Kumpel Sportjournalist? Die Kumpanei-Vorwürfe
- Nähe: Chancen und Probleme
- Informelle Informanten - Ihre Bedeutung im Alltag
- Kontaktpflege - Der Einfluss auf die Arbeit
- Auf Augenhöhe: Die Position des Journalisten
- Die Spielregeln: Kodizes für den Umgang mit Aktiven
- Die objektive Berichterstattung – Anspruch und Wirklichkeit
- Schlussbetrachtung
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Nähe-Distanz-Problem im Sport- und Politikjournalismus. Ziel ist es, die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der Nähe zum Berichterstattungsgegenstand ergeben, zu untersuchen. Die Arbeit analysiert, wie Journalisten in ihrer täglichen Arbeit mit dem Spannungsfeld zwischen Nähe und Distanz umgehen, welche Einflüsse auf ihre Objektivität wirken und wie sie die Balance zwischen Nähe und Distanz finden.
- Objektivität im Journalismus
- Das Nähe-Distanz-Problem im Sport- und Politikjournalismus
- Einflüsse auf die Objektivität von Journalisten
- Die Rolle von informellen Quellen und Kumpaneien
- Chancen und Probleme der Nähe zum Berichterstattungsgegenstand
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema Nähe und Distanz im Journalismus ein und stellt die Forschungsfrage nach der Balance zwischen Nähe und Distanz im Sport- und Politikjournalismus. Das zweite Kapitel beleuchtet das Nähe-Distanz-Problem aus systembezogener und akteursbezogener Perspektive. Es werden die Entstehung und Entwicklung des Sport- und Politikressorts in der Tagespresse sowie die Einflüsse auf Nähe und Distanz in diesen Ressorts untersucht. Zudem werden die Herausforderungen und Chancen des Nähe-Distanz-Problems im Alltag der Sport- und Politikjournalisten beleuchtet.
Das dritte Kapitel beschreibt die empirische Untersuchung, die mit Hilfe einer qualitativen, leitfadengestützten Befragung durchgeführt wurde. Es werden die Forschungsfragen und das Untersuchungsdesign der Fallstudie vorgestellt.
Das vierte Kapitel präsentiert die Ergebnisse der Befragung. Es werden die Themenbereiche Hobby und Beruf, Seitenwechsel, Balanceakt, Kumpanei-Vorwürfe, Nähe: Chancen und Probleme, informelle Informanten, Kontaktpflege, Position des Journalisten, Spielregeln und objektive Berichterstattung beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Nähe-Distanz-Problem, Objektivität, Sportjournalismus, Politikjournalismus, informelle Quellen, Kumpaneien, Balanceakt, Chancen und Probleme der Nähe, Einfluss auf die Objektivität, empirische Untersuchung, qualitative Befragung.
- Quote paper
- Magistra Artium Maike Falkenberg (Author), 2009, Mittendrin statt nur dabei?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149794