Wenn die geistigen Kräfte im Alter nachlassen - die Alzheimer Erkrankung

Herangehensweise an die Betreuung im Heim


Skript, 2002

57 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.0 Lage des Hauses
1.1 Träger der Einrichtung
1.2 Die Geschichte der Einrichtung
1.3 Die räumlichen Bedingungen und der Service des Hauses
1.4 Die Heimleitung und die Mitarbeiter
1.5 Die Ziele und das Leitbild der Einrichtung

2.0 Diagnostische Verfahren zur Feststellung der Demenz in der Einrichtung
2.1 Die Epidemiologie der Demenz
2.2 Definition der Demenz
2.3 Die Symptome der Demenz
2.4 Einstufungen der Demenz nach den kognitiven Leistungsdefiziten
2.5 Einteilung und Formen der Demenz

3.0 Die Alzheimer Krankheit
3.1 Was bedeutet eigentlich „Alzheimer - Krankheit “ ?
3.2 Die Symptomatik der Alzheimer Krankheit
3.3 Biologische Grundlagen der Demenz vom Alzheimer Typ
3.4 Die möglichen Risikofaktoren der Alzheimer Krankheit

4.0 Die Therapie der Demenz
4.1 Die Pharmakotherapie

5.0 Umgangstheorien mit verwirrten Menschen
5.1 Das Realitätsorientierungstraining
5.2 Die Validation

6.0 Inhalte der Betreuung
6.1 Die biographischen Grundlagen
6.2 Die wichtigsten Grundregeln für den Umgang mit dementen Menschen
6.3 Pflegemaßnahmen
6.4 Das Milieu und die Umgebungsgestaltung
6.5 Die Gesprächsführung mit Dementen
6.6 Die aktivierende Pflege und Milieutherapie
6.7 Den Kranken anregen und beschäftigen

7.0 Zusammenfassung

8.0. Anlage

Umsorgtes Zuhause und Pflege rund um die Uhr im Seniorenzentrum „Goldene Aue“

1. Die Lage des Hauses

Die ca. 340 Einwohner zählende Gemeinde Hohlstedt liegt ca. 12 Kilometer von Sangerhausen entfernt , am Fuße des Kyffhäusers . Der Mittelpunkt des Ortes ist der einstige Villa Boßenroth , in der sich das heutige Seniorenzentrum „Goldene Aue “ befindet .

Man erreicht es :

- mit dem PKW über die Bundesstraße 80 aus Nordhausen in Richtung Sangerhausen / Halle bzw. aus Sangerhausen in Richtung Nordhausen
- mit dem Bus aus der ca. 12 km entfernt liegenden Kreisstadt Sangerhausen

Das Seniorenzentrum „Goldene Aue“ biete älteren und behinderten Menschen eine neue Heimat sowie Lebensraum in einer idyllisch gelegenen Umgebung , mit einem großzügigem Park und mit vielen interessanten Sehenswürdigkeiten im nahen Umfeld .

1.2 . Träger der Einrichtung

Der Träger dieser Einrichtung ist das :

Deutsche Rote Kreuz

Kreisverband Sangerhausen e.V.

Schartweg 7

06526 Sangerhausen

1.3. Die Geschichte der Einrichtung

Inmitten eines schönen Parks befindet sich das Seniorenzentrum „Goldene Aue “ . Das Gebäude wurde 1910 erbaut und war ein Hochzeitsgeschenk des Amtsmannes Kurt Rödger an seine Nichte Margarethe . Die Eheleute Bößenroth bewohnten das Haus bis 1938 mit ihren zwei Kindern . Danach ging es aus finanziellen Gründen in staatliche Verwaltung über . Im Dezember des Jahres 1939 wurde die Villa vom Reichsarbeits-dienst aufgekauft und ein Arbeitslager für Frauen eingerichtet . Nachdem im Jahre 1945 das Arbeitslager aufgelöst wurde , wurde es auch sogleich von den damaligen Einwohnern Hohlstedts geplündert . Nach Kriegsende wurde die Villa kurzzeitig von den alliierten Streitkräften besetzt und dann später von einem Russenkommando in ein Altenheim für ca. 60 Bewohner umgewandelt . Der Rechtsträger war damals die Abteilung Gesundheitswesen des Deutschen Roten Kreuzes im neuen Kreis Sangerhausen . Im Jahre 1974 wurde der Standort bestätigt und die Rekonstruktion des Heimes eingeleitet . Das nunmehr rekonstruierte Feierabendheim wurde im Jahre 1976 in Betrieb genommen . Und vom DRK - Kreisverband Sangerhausen im Jahr 1991 übernommen . Aufgrund der neuen gesellschaftlichen Situation und dem gewachsenen Bedarf wurde im Mai des Jahres 1993 der Grundstein für den Neubau des Seniorenzentrums gelegt . Der Neubau wurde am 22.06.1994 übergeben .

1.4. Die räumlichen Bedingungen und der Service des Hauses

Es finden hier 100 Senioren in altengerechten Wohnungen sowie in 1 - und 2-Bett-Zimmern mit Naßzelle ein echtes Zuhause . Selbstverständlich befindet sich auch ein Fahrstuhl in der Einrichtung . Die behindertengerechte Ausstattung der Zimmer und der Pflegeeinrichtung ist eine Selbstverständlichkeit . Denn die auf Ganzheitlichkeit ausgerichteten Pflegemaßnahmen erfordern ein solches Umfeld . Die in der Behandlungspflege erforderlichen Maßnahmen , medizinische Bäder oder Therapien werden in jeder Hinsicht optimal erfüllt . Der Mensch ist hier der Mittelpunkt . Auf den Wohnetagen gibt es jeweils zwei gemütliche Aufenthaltsbereiche mit einer kleinen Küche . Ein Bettenbalkon ist ebenfalls auf jedem Wohnbereich vorhanden . Auf jedem Wohnbereich befindet sich ein zentral gelegenes Schwestern - Dienstzimmer .

Großzügige Sitzecken , Kommunikationsräume , Verkaufsstelle und Speiseraum dienen als Begegnungsstätten . Die Zimmer sind mit Telefon - und Kabelanschluß , fließend warmen und kalten Wasser , einer Dusche und einem Waschbecken versehen sowie an das Hausnotrufsystem angeschlossen . Nach Belieben können die Zimmer mit kleinen eigenen Möbeln ergänzt oder verändert werden . Man braucht in diesem Haus auch bei Pflegebedürftigkeit nicht auf seine gewohnte Umgebung und Räumlichkeiten verzichten . Wer dazu noch in der Lage ist , kann kleine Spaziergänge in den angrenzenden Park des Hauses unternehmen . Sollte es jemandem nicht möglich sein , helfen die Mitarbeiter der Einrichtung und gehen oder fahren mit den betreffenden Personen ins Freie .

Eine Verkaufsstelle , Friseur , Kosmetik , Kaffee - oder Teeküche , ärztliche und fachärztliche Versorgung sowie Physiotherapie sind zusätzliche Angebote des Hauses . Die Bewohner und Gäste können im großzügig eingerichteten Speiseraum gemeinsam ein abwechslungsreiches Frühstücks - und Abendbüffet sowie zwischen zwei Menüs zum Mittagessen wählen . Speziellen Wünschen wie Vegetarier - oder Diätkost wird ebenfalls vom Fachpersonal nachgegangen .

Die kirchliche Gemeinde Wallhausen / Brücken gewährt die seelsorgerische

Betreuung .

Mit den hauseigene Fahrzeugen werden Einkaufs - und Ausflugsfahrten in die nahegelegene Umgebung und Gewerbegebiete angeboten . Zusätzlich finden viele Freizeitaktivitäten statt . Da gibt es Basteln , Film - und Diavorführungen , Malen , Spielen , Lesestunden , Handarbeiten und vieles mehr . Allerdings werden alle Aktivitäten auf die ältere Generation abgestimmt .

Zu der aktiven Betreuung der Hausbewohner gehört auch die Gestaltung und Ausfüllung der verschiedenen Lebensbereiche . Viel Abwechslung und Unterhaltung stehen dabei im Vordergrund der Betreuung . Die Bewohner sollen sich wohlfühlen , ganz wie zu Hause , wobei die Wohn - und Lebensbedürfnisse der älteren Menschen sehr vielfältig und unterschiedlich sind . Das Fachpersonal kümmert sich nicht nur um die Versorgung sondern auch um Aktivierung und Reaktivierung von Patienten .

Die Zimmer und Bäder werden täglich bzw. aller 2 Tage gereinigt . Selbstverständlich wird in der hauseigenen Wäscherei die persönliche und hauseigene Wäsche der Bewohner gereinigt .

Die Einrichtungen des Hauses können auch von den Bewohnern des Ortes und der Umgebung genutzt werden . Diese Möglichkeit hat einen sozialen Hintergrund , so werden Kontakte zu Einwohnern aus der Nachbarschaft und der Umgebung geknüpft . Durch diese Öffnung des Hauses nach außen , soll eine Gettofunktion der älteren Generation vermieden werden .

1.5. Die Heimleitung und die Mitarbeiter

Sie sind durch Ausbildung und Erfahrung auf ihre Aufgabe gut vorbereitet und bilden sich ständig weiter . Die Mitarbeiter sichern eine diskrete , ganzheitliche Betreuung und Pflege nach den Wünschen und Bedürfnissen der Bewohner . Die Einrichtung ist in zwei Wohnbereiche unterteilt . Für jeden Wohnbereich steht jeweils ein Wohnbereichsleiter zur Verfügung . Alle Wohnbereiche unterliegen dergleichen Pflegedienstleiterin . Neben den engagierten Pflegefachkräften stehen u.a. auch Pflegehilfskräfte , Altenpflegepraktikanten , Zivildienstleistende , Mitarbeiter der

ABM , FSJ zur Verfügung . Die Betreuung der Bewohner übernehmen also Menschen , die sich nicht nur durch ihre einfühlsamen Umgang mit Älteren und Behinderten auszeichnen , denn gute Betreuung schafft Geborgenheit und Sicherheit.

1.6. Die Ziele und das Leitbild der Einrichtung

Für alle Mitarbeiter sind die 5 Grundsätze des DRK im persönlichen Leben und in der Tätigkeit in Bezug auf die Betreuung und Pflege von Senioren bindend.

- Menschlichkeit
- Unparteilichkeit ( unbürokratisch und flexibel hilfsbedürftigen Menschen helfen )
- Neutralität ( Unabhängig von ethischer Zugehörigkeit - Gesellschaft - soziale
Stellung - religiöser und politischer Überzeugung )
- Unabhängigkeit ( wahren durch Kontrolle Pflegekonzepte und Wirtschaftlichkeit )
- Freiwilligkeit
- Kunden - , Bewohner - und Angehörigenzufriedenheit
- Souveränität der Persönlichkeit des Menschen achten
- hohe Qualität in der Pflege , Betreuung und Versorgung von Senioren
- hohe Mitarbeitermotivation und Mitarbeiterzufriedenheit
Das wird erreicht durch :
- gemeinsame Ideen
- gesetzliche Grundlagen
- verbindliche Rahmenkonzepte
- einheitliches Erscheinungsbild

2. Diagnostische Verfahren zur Feststellung der Demenz in der Einrichtung

In der Einrichtung gibt viele ältere Menschen , die die klassischen Symptome einer Demenz aufweisen . Andererseits wohnen aber auch Senioren in der Einrichtung bei denen nicht sofort festgestellt werden kann ob sie an einer Multi-Infarkt-Demenz , dem Morbus Alzheimer , einer Mischform oder auch an einer Pseudodemenz erkrankt sind .

Zur eigenen Kontrolle habe ich innerhalb meines letzen Praktikums verschiedene Diagnosetests ( s. Anlage ) durchgeführt .

Die Entscheidung, ob es sich bei einem bestimmten Probanden um altersentsprechende Leistungsdefizite oder um den Beginn eines krankhaften Abbauprozesses handelt, erfordert zunächst die Durchführung von Screening-Tests, welche altersbezügliche Normen aufweisen. Das gebräuchlichste Verfahren, der Mini-Mental-State von Folstein ( siehe Anlage ) , versucht den kognitiven Zustand eines Patienten mittels nur 30 Fragen zur Orientierung bezüglich Raum und Zeit, Gedächtnis, Aufmerksamkeit, Benennungs-fähigkeit sowie zum Befolgen von Anweisungen, Schreiben und Kopieren geometrischer Gebilde zu beschreiben.

Der MMS ist eine der ältesten Demenzskalen. Er gewährleistet grob folgende Unterscheidungen
1. zwischen dementen und hirnorganisch gesunden Patienten und
2. zwischen verschiedenen Demenzgraden (letzteres weniger genau).
Demente Patienten weisen einen Punktewert von 24 oder weniger auf, während nicht-demente Probanden eine maximale Punktzahl von 30 erreichen können Die dabei von entsprechenden Eichstichproben erzielten Werte liegen für Demente bei knapp 10, für Depressiv-Pseudodemente bei 19 und für affektiv Gestörte bei 25 (von jeweils 30 Punkten), so daß im allgemeinen bei einem Gesamtpunktwert unter 20 von einem begründeten Verdacht auf eine Demenz-Erkrankung ausgegangen wird. Alter und Ausbildung beeinflussen unabhängig voneinander den Punktestand im Mini-Mental-Status (MMS). Wie eine Studie zeigte, sollte auch die berufliche Vergangenheit eines Patienten als eine dritte wichtige Einflußgröße bei der Testauswertung korrigierend berücksichtigt werden. In der Studie hatten Landwirte einen im Durchschnitt um 2,3 Punkte niedrigeren Punktestand als Personen mit Schreibtischberufen. Unbereinigt von den Faktoren Ausbildung, Alter und finanzielle Zufriedenheit betrug der Unterschied sogar 4,6 Punkte. Eine Diagnose lässt sich auf dem Boden dieses einfachen Verfahrens zwar nicht stellen, jedoch ermöglicht es, weitere diagnostische Schritte zu planen, je nachdem, inwieweit sich erste Verdachtsmomente erhärten lassen oder nicht. Negativ fällt bei diesem Testverfahren auf , daß dieser Test stark bildungs- und kulturabhängig ist. Auch für längsschnittliche Untersuchungen ist er nicht geeignet . Häufig lassen sich Nachteile einzelner Verfahren durch die Kombination mehrerer Tests ausgleichen. Andere Testverfahren, die nicht nur eine Abgrenzung dement – nicht dement vorzunehmen in der Lage sind, sondern auch der Beurteilung des Verlaufs dementieller Syndrome dienen und zwischen verschiedenen Graden der Beeinträchtigung zu unterscheiden vermögen, finden sich bislang fast nur für den englischsprachigen Raum. Andere deutschsprachige Verfahren sind neben dem Nürnberger-Alters-Inventar , den Syndrom Kurz Test und den Demenztest auch der Alltagstest ( siehe Anlage ) , der Uhrentest ( siehe Anlage ) und der Vergesslichkeitstest ( siehe Anlage ) .

Der Syndrom Kurz Test ( SKT ) mißt den Schweregrad von Gedächtnis- und Aufmerksamkeitsstörungen im Rahmen von Hirnleistungsstörungen unterschiedlicher Entstehung . Er ermöglicht die Kontrolle des Krankheitsverlaufs und der therapeutischer Maßnahmen. Der SKT hat sich auch bei der Erfassung leichter kognitiver Störungen bewährt. Er eignet sich sehr gut für den Einsatz in der Praxis des niedergelassenen Arztes, da seine Anwendung leicht zu erlernen ist und die Durchführung wenig Zeit benötigt (Ersttestung: ca. 15 Minuten; Wiederholung: 10 Minuten). In der Regel kann das ärztliche Hilfspersonal den SKT abnehmen. Der SKT umfaßt neun Untertests , deren maximale Bearbeitungszeit jeweils 60 Sekunden beträgt. Während der Syndrom-Kurz-Test bei einer kurzen Bearbeitungszeit und mit Paralleltests für häufige kurze Untersuchungen sehr geeignet ist, bietet sich der Demenztest für eine ausführliche Untersuchung des kognitiven und nicht-kognitiven Leistungsspektrums an. Mit dem Nürnberger-Alters-Inventar liegt ein speziell für das höhere Lebensalter konzipiertes Testinventarium zur Erfassung der kognitiven Leistungsfähigkeit, der Befindlichkeit sowie der Pflegebedürftigkeit in deutscher Sprache vor. Es zielt theoriegeleitet darauf ab, den individuellen Ausprägungsgrad altersabhängiger psychischer Funktionsbereiche zu bestimmen. So umfaßt es sowohl wichtige kognitive Leistungsbereiche, alternsbezogene Selbstbeurteilungen als auch die Erfassung von Alltagsaktivitäten. Die Einsatzfelder liegen im Bereich der Einzelfall-diagnostik, Verlaufsuntersuchungen, Beurteilung von therapeutisch verursachten Veränderungen und in der Grundlagenforschung. Eine Erfassung der wesentlichen im NAI enthaltenen Leistungbereiche beansprucht etwa 45 Minuten Testzeit. Es werden separate Altersnormen (55-69 Jahre, 70-79 Jahre und 80-89 Jahre) für Personen mit eigenem Haushalt, für Heimbewohner, für Patienten mit HLSA (Hirnleistungsstörungen im Alter) sowie für eine Repräsentativ-Stichprobe angeboten.

Der Demenztest ist in erster Linie für hospitalisierte Patienten ausgelegt. Er erlaubt durch die wiederholte Anwendung eine Verlaufskontrolle therapeutischer Maßnahmen im medikamentösen wie nichtmedikamentösen Bereich. Darüber hinaus kann er auch bei nichthospitalisierten Betroffenen dazu dienen, Verdachtsmomente auf Demenz-erscheinungen zu erhärten und zu dokumentieren. Die Entscheidung, ob es sich bei der Verminderung der geistigen Fähigkeiten einer Person um altersentsprechende Leistungsdefizite oder den Beginn eines krankhaften Abbauprozesses handelt, erfordert den gezielten Einsatz eines differenzierten Diagnosemittels. In Ergänzung zur medizinischen Demenzdiagnostik bietet sich zur Diagnosestellung, Verlaufs-beschreibung und Therapieerfolgsdokumentation eine neuropsychologische Vorgehens-weise an. Die Unterlagen ermöglichen die Abschätzung des Demenzzustandes bei altersbedingten Abbauerscheinungen, die Differenzierung dementieller Alters-krankheiten sowie eine Verlaufsdokumentation und Diagnosefestigung für die sich in frühem Stadium befindliche Hirnleistungsstörungen. Durch den Aufbau ihrer Untertests ermöglicht sie eine angepaßte , am Untertestergebnis orientierte Vorgehensweise, um Aussagen über den psychologisch-kognitiven Zustand eines Probanden zu treffen.

2.1. Die Epidemiologie der Demenz

Um einen Eindruck vom Versorgungsbedarf zu bekommen, der in der Bevölkerung im mittleren und höheren Lebensalter aufgrund von Demenzerkrankungen besteht, kann man die Prävalenzrate bestimmen, d. h. die Diagnosehäufigkeiten zu einem bestimmten Zeitpunkt bezogen auf die Population. Hierzu werden die Krankheitsziffern

( Morbiditätsrate ) anhand von Stichproben ermittelt, die für die Bevölkerung in diesen Lebensphasen repräsentativ und nicht vom Umfang des Versorgungsangebotes oder dessen Inanspruchnahme beeinflußt sind. Bei einer ausgeprägten Demenz ist eine selbständige Lebensführung zumeist nicht mehr möglich und damit im allgemeinen auch eine Unterbringung in Institutionen erforderlich, wodurch prinzipiell eine vergleichsweise einfache diagnostische Klassifizierung möglich ist. Aufgrund einer Reihe von Studien ergibt sich folgendes Bild:

Gegenwärtig sind fast 10 Millionen der bundesdeutschen Bevölkerung über 65 Jahre alt, ein Viertel von ihnen gilt als psychisch krank. Der Anteil von Personen dieser Alters-gruppe, der an mittelschweren und schweren Formen dementieller Erkrankungen leidet, wird auf 3 % bis 8 % geschätzt. Mit wachsendem Lebensalter nimmt er rapide zu (20% bei 80jährigen, 33% bei über 90jährigen). Bei Betrachtung der im späten Lebensalter auftretenden und leichteren Fälle von Demenz zeigen sich in den verschiedenen Studien nicht immer einheitliche Ergebnisse. Die Prävalenzraten ( Häufigkeit des Auftretens ) in der Bevölkerung über 65 Jahre variieren zwischen 5 und 20 Prozent, was auf eine sehr ungleichartige Gruppenzusammensetzung hindeutet. Diagnostisch schwierig ist dabei die Abgrenzung beginnender Demenzen mit leichten Verlaufsformen von vorbestehenden intellektuellen Beeinträchtigungen und von funktionellen psychischen Störungen. Nach einer zusammenfassenden Schätzung ist die Prävalenz milder Demenzen mit etwa 11 Prozent der Altenbevölkerung zu veranschlagen. Alles in allem verdeutlichen diese Zahlen die enorme Bedeutung diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen zur Erfassung und Behandlung dementieller Erkrankungen. Sie belegen weiterhin, wie wichtig es ist, Risikofaktoren aufzudecken und geeignete Behandlungs-formen zu entwickeln bzw. bereits vorhandene zu verfeinern. Um das Vorhandensein und die Auftretenswahrscheinlichkeit von Risikofaktoren in der Bevölkerung abschätzen zu können, kann nicht allein auf Prävalenzstudien zurückgegriffen werden, da die Prävalenzraten nicht nur durch die Anzahl der Neuerkrankungen, sondern vor allem durch die Krankheitsdauer verändert werden. Die Bestimmung der Inzidenz, d.h. der Häufigkeit des Neuauftretens einer Erkrankung in einem bestimmten Zeitraum in der Population, stößt aber auf wesentlich größere methodische Probleme. Die Art der Diagnoseermittlung ist dabei eine wesentliche Einflußgröße. Neuerkrankungen, die über den Erstkontakt mit einer Behandlungs- oder Versorgungseinrichtung registriert werden, bilden keine verläßliche Grundlage für die Abschätzung des Erkrankungs-risikos. Die Auswahlfaktoren, welche dazu beitragen, ob medizinische Hilfe in Anspruch genommen wird oder nicht, sind weitgehend unbekannt. Außerdem ist der Krankheitsprozeß in der Regel bei dem Erstkontakt mit einer medizinischen Einrichtung schon weit fortgeschritten. Der derart ermittelte Behandlungsindex schwankt zwischen 1,9 und 3,5 pro 1000 der über 65jährigen im Jahr. Hierbei steigt die Inzidenzrate von etwa 1 pro 1000 bei 60- bis 69jährigen auf durchschnittlich rund 10 pro 1000 bei den über 80jährigen im Jahr. Das tatsächliche Erkrankungsrisiko konnte in Feldstudien aber als wesentlich höher ermittelt werden. Das wesentliche Resultat aller Inzidenzstudien ist die enge Abhängigkeit des Erkrankungsrisikos vom Lebensalter. Die Befunde deuten dabei auf ein exponentiell anwachsendes Erkrankungsrisiko bis zum Ende der Lebensspanne hin.

2.2. Definition der Demenz

Der Begriff "Demenz" stammt aus dem Lateinischen und beinhaltet die beiden Wortteile "de" = weg und "mens" = Geist, Verstand.

Es handelt sich bei der Demenz bzw. den Demenzen um eine Syndromdiagnose, das heißt, es lassen sich gleichzeitig bestimmte Symptome beobachten, deren Ursachen unterschiedlicher Art sein können. Von einer dementiellen Erkrankung spricht man, wenn übergreifend mehrere höhere Hirnfunktionen (Sprache, Handlungsplanung und -ausführung, logisches und abstraktes Denken, Wahrnehmung) gestört sind. Das Leitsymptom ist dabei die Gedächtnisstörung. Die Fähigkeit, seinen Alltag selbständig zu meistern, geht nach und nach verloren. Die emotionale Kontrolle ist eingeschränkt. Dabei liegt keine Bewußtseinseintrübung, wie etwa beim Delir vor. Der Zustand ist meist irreversibel (nicht umkehrbar) und progressiv (fortschreitend) . Es ist wichtig, zum Ausdruck zu bringen, daß es sich bei einer Demenz nicht um natürliche Alterungs-prozesse, sondern um eine krankhafte Entwicklung handelt. Die Demenz zeigt sich als Reduzierung der Hirnleistungsfähigkeit im Alter . Sie führt zu Persönlichkeits-veränderungen . Die Demenz im Alter ist nicht gleichzusetzen mit der geistigen Behinderung bei Kindern . Die geistige Behinderung bei Kindern ist zurückzuführen auf frühkindliche Schädigungen . Durch die frühkindliche Schädigung , besteht eine mangelhafte Entwicklung des Zentralnervensystemes . Bedingt durch die frühkindliche Schädigung , kommt es zu Beeinträchtigungen der Entwicklung des Kindes . Bei einer Demenz im Alter ist das Zentralnervensystem voll entwickelt und leistungsfähig

gewesen . Erst durch das Alter kommt es zur Reduzierung der Hirnleistungsfähigkeit . Durch die frühkindliche Schädigung bei Kindern konnte sich das Zentralnervensystem nicht voll entwickeln und demzufolge auch nicht volle Leistungsfähigkeit darstellen .

2.3. Die Symptome einer Demenz

- Desorientierung ( zeitlich , örtlich , personell )
- Störungen der kognitiven Funktionen
- Einbußen der Merk - und Gedächtnisfähigkeit
- körperliche Veränderungen

Symptome im intellektuellen und kognitiven Bereich

- Zerstreutheit
- Konzentrationsstörungen
- massive Störungen der Merkfähigkeit
- räumliche und zeitliche Orientierungsstörungen mit Verlust des Tag-Nacht-Rhythmus
- Probleme im sprachlichen Ausdruck

Symptome im Bereich der Stimmung und Befindlichkeit

- Interessenlosigkeit
- affektiver Rückzug ( keine Gefühlsregungen mehr erkennbar )
- Ängstlichkeit
- Stimmungslabilität
- Neigung zu diffuser Verstimmtheit

Der erkrankte ältere Mensch findet sich zeitlich , örtlich und personell nicht mehr zurecht , d.h. er kann den Ort und die Zeit nicht richtig wahrnehmen bzw. einordnen . Auch werden bekannte Menschen z.B. aus der eigenen Familie nicht mehr erkannt . Die Verarbeitung der Reize erfolgt auf einem niedrigerem Niveau als vor der Erkrankung . Die geistige Verarbeitungsgeschwindigkeit ist reduziert . Mit der zunehmenden Leistungsminderung des ZNS werden die emotionalen Fähigkeiten verstärkt , die Rationalität wird verstärkt ausgelebt , die sogenannte Effektlabilität . Die Änderungen der Gedächtnisfähigkeit zeigt sich auch an der Desorientierung . Im Langzeitgedächtnis geht das alterlebte erst sehr spät verloren , d.h. die Erlebnisse aus der Kindheit und der frühen Jugendzeit gehen sehr spät verloren um so länger sie zurückliegen , je kürzer sie zurückliegen um so schneller gehen diese Erlebnisse auch verloren . Wenn geistige Störungen vorliegen , kommt es auch zu körperlichen Veränderungen ( Abbau ) . Die psychischen Reaktionen werden in körperliche Aktivitäten dargestellt bzw.

ausgedrückt .

2.4. Einstufungen der Demenz nach den kognitiven Leistungsdefiziten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

2.5. Einteilung und Formen der Demenz

Es gibt nicht die Demenz, sondern vielmehr unterschiedliche Demenzen. Selbst die Alzheimer-Demenz (die vermutlich größte Untergruppe der Demenzformen) stellt keine einheitliche Krankheit dar, sondern scheint nach neueren Forschungsergebnissen wiederum ein Sammelbegriff für verschiedene sich ähnelnde Unterformen zu sein. Die wichtigste Unterscheidung ist vorzunehmen in primäre (erstrangige, direkt im Gehirn entstehende) und sekundäre (zweitrangige, durch verschiedene Organerkrankungen bedingte) Demenzen. Den sekundären Demenzen (siehe Aufstellung), die ca. fünf bis zehn Prozent der Demenzen ausmachen, liegen zum Teil behandelbare Erkrankungen zugrunde. Daher ist es besonders wichtig, diese zu erkennen. Eine weitere Differential-(Unterscheidungs-)Diagnose ist wichtig bezüglich der Pseudo-Demenz. Von "Pseudo-Demenz" spricht man bei depressiven Erkrankungen, bei denen der Betroffene so apathisch und antriebslos ist, daß es so aussieht, als sei er dement . Vorhandene Gedächtnisprobleme werden meist aggraviert (in der Beschreibung vom Betroffenen noch übertrieben) und beklagt. Anforderungs- und Leistungssituationen entzieht sich der depressive Mensch oft mit Ausflüchten wie "Ich kann das ja doch

nicht", "Ich weiß gar nichts". Depressionen im Alter werden sehr häufig nicht erkannt, weil viele Ärzte und Angehörige meinen, es sei eben normal, im Alter niedergeschlagen zu sein. Dabei sind depressive Erkrankungen bei einer Behandlung durch Medikamente (Antidepressiva), Gespräche und Veränderung der Lebensumstände (Ermöglichen von Sozialkontakten, Nutzung von Hilfen) relativ gut besserbar.

Primäre Demenzen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Ihrer Auftretenshäufigkeit entsprechend läßt sich eine grobe Unterteilung der Demenz in 4 Gruppen vornehmen.

I. Senile Demenz vom Alzheimer Typ (SDAT) > 50%
II. Demenz vom vaskulären Typ (DVT) oder Mul ti-Infarkt-Demenz (MID) ca. 15%
III. Mischformen (MID/SDAT) ca. 25%
IV. Andere Formen ca. 10%

Die nach Alois Alzheimers Entdeckung von 1906 mit seinem Namen benannte, häufigste Form der Altersdemenz ist durch eine irreversible degenerative Hirnerkrankung kennzeichenbar, wobei die Grunderkrankung (noch) nicht bekannt ist. Die hirnatrophischen Änderungen gehen einher mit einem kontinuierlich progressiven

Abbau intellektuell-kognitiver und sozialer Leistungen (Wortfindungsstörungen, Vergesslichkeit, Sprachstörungen bis zu einem vollständigen Verlust der Sprache und einem Dahindämmern ohne reflektiertes Bewußtsein). Der Verlauf der Alzheimerschen Krankheit wird von B. Reisberg, einem der führenden Fachleute auf dem Gebiet der Alzheimerschen Krankheit, in 7 Stadien untergliedert. Gegenwärtig werden die bei der Alzheimerschen Krankheit auftretenden kognitiven Symptome vor allem mit einem Mangel an dem Neurotransmitter Azetylcholin in Verbindung gebracht . Obwohl die Zusammenhänge und möglichen zeitlichen Wechselwirkungen zwischen reduzierter

Azetylcholinausschüttung, Neuronendegeneration (insbesondere in der Großhirnrinde) und dem Verlauf der Alzheimerschen Krankheit noch ungenügend entschlüsselt wurden, kann man in Behandlungsstrategien, die die Arbeitsweise cholinerger Neurone beeinflussen, einen bedingt erfolgversprechenden pharmakotherapeutischen Ansatz sehen .

[...]

Ende der Leseprobe aus 57 Seiten

Details

Titel
Wenn die geistigen Kräfte im Alter nachlassen - die Alzheimer Erkrankung
Untertitel
Herangehensweise an die Betreuung im Heim
Note
1
Autor
Jahr
2002
Seiten
57
Katalognummer
V149849
ISBN (eBook)
9783640608409
ISBN (Buch)
9783640608775
Dateigröße
823 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Alter, Alzheimer, Erkrankung, Herangehensweise, Betreuung, Heim, Pflege, Demenz, Altenheim, Demenztypen, Morbus, Screening, Symptome, Alterspyramide, Medikamente, Kontaktpflege, Biografie, Angehörige, Betreuungsprozesse
Arbeit zitieren
Peter Schön (Autor:in), 2002, Wenn die geistigen Kräfte im Alter nachlassen - die Alzheimer Erkrankung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/149849

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