In einem Interview für das Magazin „Cicero“ gefragt, welchen Begriff von Natur die moderne Gesellschaft habe, antwortete der Philosoph und Schriftsteller Rüdiger Safranski:
„Für die Moderne ist Natur etwas, das Risiko und Rendite bringt“.
Ich stimme Safranski zu. Die Natur ist einerseits ein Risiko für uns, man denke an den Klimawandel, Naturkatastrophen oder Krankheiten und andererseits wirft sie Rendite ab, seien es Lebensräume, Nahrungsmittel oder medizinische Erkenntnisse.
Natürliche Medizin, das ist zwar heute sehr gefragt, aber eine Medizin, die noch intelligenter ist als die Natur selbst, die ist noch mehr gefragt. Wenn die erste Ausgabe des Spiegels von 2010 titelt: „Die Schöpfung im Labor. Forscher auf der Suche nach der Formel des Lebens.“ ist dies keine Replik auf einen
neuen Kinofilm. Es ist Ausdruck eines neuen Naturverständnis’. Was bislang der Natur und ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten überlassen war, nämlich Leben zu stiften, das soll künftig künstlich, in Unabhängigkeit von der Natur vonstatten gehen. Wie die Forschung bereits das Genom entschlüsselt hat, könnte bald die Formel für das Leben insgesamt gefunden sein. Die Möglichkeiten der modernen Genforschung werden die Zukunft sicherlich verändern. Leben wir zukünftig in einer synthetischen, weil künstlich geschaffenen Welt? Was ist ein sinnvoller Umgang mit der Natur? Ökologischer Landbau als Ausweg aus der Genfalle? Diese und viele andere Fragen beherrschen die aktuellen Meinungsdiskurse. Wenn die Schule ein Ort sein soll, der sich als Teil der Gesellschaft versteht und nicht isoliert von dieser betrachtet, darf vor allem der Ethikunterricht nicht hinweggehen
über diese Fragen. Es liegt vielmehr eine große Chance darin, diese Fragen mit den Schülern auseinanderzusetzen. Sie leben in einer stark technisierten Welt und erleben Natur meistens nur dann, wenn sie nicht den uns gewohnten, sinnhaften Gesetzen gehorcht, wie es in diesen Tagen das dramatische Erdbeben von Haiti deutlich gemacht hat.
Indem sich die Schüler beschäftigen mit dem, wie andere Kulturen zu anderen Zeiten das Verhältnis zwischen Mensch und Natur bestimmt haben, werden sie nicht nur intensiv über Natur nachdenken, sondern vor allem Grundzüge eines historisch gewachsenen Menschenbildes entdecken und kritisch hinterfragen können, ganz im Sinne der Worte Goethes:
„Wer nicht von dreitausend Jahren
sich weiß Rechenschaft zu geben,
bleib im Dunkeln unerfahren,
mag von Tag zu Tage leben.“
Inhaltsverzeichnis
- VORWORT
- SACHANALYSE
- Natur versus Kultur
- Antikes Naturverständnis – Sophokles' Antigone
- Klassischer Geniegedanke - Goethes Faust. Der Tragödie zweiter Teil
- Romantisches Naturverständnis - Naturlyrik der Romantik
- Der „,homo mensura Satz“ des Protagaros
- Modernes Naturverständnis – Genforschung und Ökologie
- DIDAKTISCHE ANALYSE
- Bedingungsanalyse
- Bezug zum Bildungsplan
- Relevanz der Thematik
- Hauptlernziele und Kompetenzerwerb
- METHODISCHE ANALYSE
- Zum Einsatz von literarischen Texten im Ethikunterricht
- Philosophische Methoden nach Ekkehard Martens
- Kreative, stundenübergreifende Hausaufgabe
- DOKUMENTATION DER UNTERRICHTSEINHEIT
- Stoffverteilungsplan (Übersicht)
- Kurzbeschreibung aller Doppelstunden
- 1. Doppelstunde: Natur versus Kultur
- 2. Doppelstunde: Mensch, Mensch, Mensch
- 3. Doppelstunde: Der Mensch als Genius seiner selbst
- 4. Doppelstunde: Im Rausch der Natur
- 5. Doppelstunde: Alles „Bio“ der was?
- 6. Doppelstunde: Präsentation der kreativen Hausaufgabe
- Dokumentation ausgewählter Doppelstunden
- Die dritte Doppelstunde: Der Mensch als Genius seiner selbst
- Die fünfte Doppelstunde: Alles „Bio“ oder was?
- SCHLUSSWORT
- Literaturverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- ANHANG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem Wandel des menschlichen Naturverständnisses in der Geschichte. Im Fokus stehen literarische Texte, die verschiedene Perspektiven auf die Beziehung zwischen Mensch und Natur beleuchten. Die Arbeit untersucht, wie sich das Naturverständnis von der Antike über die Romantik bis hin zur Moderne entwickelt hat und welche Auswirkungen diese Entwicklung auf unser heutiges Verhältnis zur Natur hat.
- Die Entwicklung des Naturverständnisses von der Antike bis zur Moderne
- Die Rolle der Literatur bei der Gestaltung des Naturverständnisses
- Die Herausforderungen des modernen Naturverständnisses in Bezug auf Genforschung und Ökologie
- Die Bedeutung des Ethikunterrichts für die Auseinandersetzung mit den Fragen des Naturverständnisses
- Die Notwendigkeit eines kritischen und reflektierten Umgangs mit der Natur
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Analyse der Beziehung zwischen Natur und Kultur und stellt die Frage nach der Rolle des Menschen in der Natur. In den folgenden Kapiteln werden verschiedene historische Epochen und deren spezifische Naturverständnisse beleuchtet. So wird beispielsweise das antike Naturverständnis anhand von Sophokles' Antigone untersucht, während Goethes Faust als Beispiel für den klassischen Geniegedanken herangezogen wird. Die Romantik und ihre Naturlyrik werden ebenfalls analysiert, um das romantische Naturverständnis zu beleuchten. Das Kapitel über den „,homo mensura Satz“ des Protagaros beschäftigt sich mit der Frage, ob der Mensch das Maß aller Dinge ist und wie diese anthropozentrische Perspektive das Naturverständnis beeinflusst. Schließlich werden die modernen Herausforderungen des Naturverständnisses in Bezug auf Genforschung und Ökologie diskutiert.
Schlüsselwörter
Naturverständnis, Mensch-Natur-Verhältnis, Literatur, Antike, Romantik, Moderne, Genforschung, Ökologie, Ethikunterricht, Bildungsplan, Anthropozentrismus, Naturlyrik, Geniegedanke, Protagoras.
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- Vera Fischer (Author), 2010, Vom "homo-mensura-Satz" bis zu "Bionade", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150238