Machbuba. Die Sklavin und der Fürst


Livre Spécialisé, 2010

133 Pages


Extrait


Ernst Probst

Machbuba

Die Sklavin und der Fürst

Die berühmteste Sklavin und Geliebte eines deutschen Fürsten im 19. Jahrhundert dürfte
Machbuba (um 1823­–1840) gewesen sein. Die dunkelhäutige Schönheit aus Äthiopien wurde von dem Adligen Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785–1871) auf dem Sklavenmarkt in Afrika gekauft. Danach war sie seine Reisebegleiterin, Krankenpflegerin und Geliebte. Ihr Grab liegt auf dem Friedhof von Bad Muskau in der Oberlausitz (Sachsen). Der Name Machbuba bedeutet zu deutsch „Die Goldene“ oder „Mein Liebling“. Ihr eigentlicher Name war Ajiamé.

Hermann Ludwig Heinrich von Pückler-Muskau kam am Sonntag, 30. Oktober 1785, gegen Mitternacht auf Schloss Muskau in der Oberlausitz zur Welt. Sein Vater war der 31 Jahre alte Ludwig Carl Hans Erdmann Graf von Pückler auf Branitz (1754–1811), seine Mutter die erst

15-jährige Clementine Cunigunde Charlotte Olympia Louise Reichsgräfin von Callenberg (1770–1850). Seine Eltern hatten am 27. Dezember 1784 geheiratet. Die erst 14 Jahre alte Braut, die dank ihrer Mutter Gräfin Olympia von la Tour du Pin eine Halbfranzösin war, brachte die Standesherrschaft Muskau mit in die Ehe.

Die Kindheit von Hermann von Pückler-Muskau stand unter keinem guten Stern. Seine junge Mutter Clementine behandelte ihn wie ein Spielzeug. Zum Beispiel warf sie ihren Erstgeborenen übermütig in die Luft und fing ihn wieder auf. Als Erwachsener sagte Hermann hierzu: „Es ist ein Wunder, dass meine Mutter mir nicht sämtliche Knochen zerbrochen hat, weil sie in meinen ersten Lebenstagen mit mir Fangeball gespielt hat!“ Die Mutter wusste später auch wohl nicht so recht, warum sie ihn mal liebkoste oder schlug. Während der frühen Jahre seiner Kindheit befand sich der Junge – nach eigener Aussage – in den Händen von teilweise dummen oder rohen Bediensteten, die ihn je nach Lust und Laune mehr oder minder gut oder schlecht behandelten.

Aus der Ehe von Hermanns Eltern gingen noch drei Töchter namens Clementine, Bianca und Agnes hervor. Weil sich seine schöne und lebhafte, aber leichtsinnige Mutter schlecht mit ihrem mürrischen und geizigen Gatten vertrug, kam es zunächst zur Trennung und später zur gerichtlichen Scheidung des gräflichen Ehepaares.

Nur der Großvater mütterlicherseits Georg Alexander Heinrich Hermann Graf von Callenberg und der Hauslehrer Andreas Tamm (1767–1795) kümmerten sich liebevoll um den jungen Grafen Hermann. Der verständnisvolle Tamm wurde Anfang 1790 Hofmeister des fünfjährigen Hermann auf Schloss Muskau, aber auf Veranlassung von dessen Mutter bereits im Oktober 1790 als Rektor an die Muskauer Schule versetzt.

Nach dem Tod des Großvaters kam der siebenjährige Hermann 1792 in die Herrnhuter Erziehungsanstalt nach Uhyst (Bautzen), wo er drei Jahre lang blieb. Dank der Erziehung in Uhyst entwickelte sich der intelligente, aber wilde protestantische Junge zum jesusfrommen Kind. Einerseits wurde seine Toleranz, Weltklugheit, Fähigkeit zur Selbsteinschätzung und Eigenkritik gefördert, andererseits sein Widerwille gegen frömmelnde Heuchlerei und starren Dogmatismus geweckt. In Uhyst soll er erstes Interesse für Gartenpflege gezeigt haben. 1796 kam Herrmann auf das „Franke’sche Pädagogium“ nach Halle/Saale und von Mai bis September 1798 auf das „Philanthropium“ in Dessau. Anschließend förderten Hauslehrer im Muskauer Schloss seine Vielseitigkeit.

Die 1799 geschiedene Mutter von Hermann heiratete im selben Jahr Carl Friedrich August Reichsgraf von Seydewitz. Damit begann die Beziehung des Schlosses Pülswerda südöstlich von Torgau an der Elbe. 1800 kam Curt Maximilian Clemens von Seydewitz, der Stiefbruder von Hermann von Pückler, zur Welt.

1801 begann der junge Graf Pückler im Alter von 16 Jahren ein Studium der Rechte an der juristischen Fakultät der Universität Leipzig. Dieses brach der freiheitsliebende Jugendliche aber bald ab, weil er die für das Studium nötige Selbstdisziplin nicht besaß, und begann eine militärische Laufbahn. Von 1802 bis 1806 diente Hermann von Pückler-Muskau im feudalen sächsischen „Garde du Corps“, der Leibgarde des Königs in Dresden, wo er nach einem Jahr Leutnant war. Wegen Extravaganzen, Verschwendungssucht und Spielschulden musste der „tolle Pückler“ am 15. September 1804 seinen Dienst als Rittmeister quittieren, nachdem die geforderten Zahlungen aus Muskau ausblieben. Es folgten gesundheitliche Krisen und die elterliche Androhung, ihn zu enterben. Am 27. November 1804 wurde der damalige Schlosssekretär Traugott Ludwig Heinrich Wolff zum Vormund des 19-jährigen Grafen bestellt.

Wo sich Pückler vom Dezember 1804 bis zum Juni 1806 aufhielt, ist unbekannt. 1806 flüchtete er vor seinen Gläubigern und seinem verärgerten strengen Vater über Muskau nach Wien und weiter nach München. In München bestritt er 1807 ein Duell. Seinem Freund, dem Freiherrn von Welk, berichtete er am 19. Januar 1806 in einem Brief, für sein tägliches Brot gebe er monatlich 12 Florin aus. Am Tag vorher habe er sich beinahe an einem Stück Rindfleisch einen Backenzahn ausgebissen.

Im November 1808 teilte Bückler dem Schlosssekretär Wolff mit, er wolle sich unter fremdem Namen in der Welt durchbringen. In der Folgezeit ging er auf seine „Jugendwanderungen“, die er weitgehend zu Fuß unternahm. Bis nach Rom wurde er von Alexander von Wulffen (1784–1861) begleitet, dem er später sein Werk „Jugendwanderungen. Aus meinen Tagebüchern. Für mich und Andere“ (1835) widmete. In der „Ewigen Stadt“ wurde er vom Papst in Audienz empfangen. Als er von einem Ausbruch des Vesuvs erfuhr, eilte er nach Neapel und erlebte dort nächtliche Eruptionen des Vulkans. Beim Aufstieg auf den Vesuv lernte er Julie von Gallenberg kennen und verliebte sich in diese attraktive Wiener Gräfin, die ihn in die feine Gesellschaft von Neapel einführte. Bei einem Diner auf dem Balkon des russischen Gesandten verfolgte Pückler eine Seeschlacht zwischen englischen und neapolitanischen Schiffen. Dabei feuerte König Murat von Neapel (1767–1815), Sohn eines Gastwirts, zeitweise französischer Marschall und Ehemann der jüngsten Schwester von Napoleon, vom Hafen aus selbst eine Kanone ab, traf aber eines seiner eigenen Schiffe.

Dem Wunsch des Vaters zur Heimkehr folgte Herrmann 1810 zögernd mit Umwegen über Paris und Weimar, wo er erstmals Goethe (1749–1832) besuchte. Goethe gefiel der junge Graf und unterhielt sich eine Stunde lang mit ihm über Gartenkunst und Parkanlagen. Der Dichterfürst soll bei dieser Gelegenheit zu Pückler gesagt haben: „Verfolgen Sie diese Richtung. Sie scheinen Talent dafür zu haben. Die Natur ist das dankbarste, wenn auch unergründlichste Studium, denn sie macht den Menschen glücklich, der es sein will“.

Hermann hielt sich gerade in Berlin auf, als sein Vater am 16. Januar 1811 im Alter von 57 Jahren starb. Bei seiner Obduktion stellte man fest, dass er vor allem an „Steinschmerzen“ gelitten und man ihn falsch behandelt hatte. In seinem Körper fand man einen harten herzförmigen Stein in Größe eines Eies, den man in der Bibliothek von Schloss Muskau aufbewahrte. Die Beerdigung am 22. Januar 1811 fand ohne „Gepränge“ statt, so wie es der Verstorbene im kurz zuvor eröffneten Testament verfügt hatte.

Nach dem Tod seines Vaters erbte der 25-jährige Hermann von Pückler die Titel Reichsgraf von Pückler, Standesherr zu Muskau, Baron von Groditz und Erbherr von Branitz. Am 29. Januar 1811 wurde er im großen Speisesaal des Schlosses in Muskau vereidigt. Seine Standesherrschaft umfasste ein Gebiet von mehr als 500 Quadratkilometern mit der Stadt Muskau und einigen Dutzend Dörfern.

Muskau besitzt seit 1452 das Stadtrecht und heißt in der sorbischen Sprache „Muzakow“ (etwa „Männerstadt“). Zu der Zeit, als Hermann von Pückler neuer Standesherr wurde, waren die Einwohner von Muskau – mit wenigen Ausnahmen – Lassiten im Stand der Erbuntertänigkeit. Die Stadt hatte damals etwa 700 Einwohner, heute sind es rund 3.900.

Zu Beginn der Standesherrschaft von Hermann von Pückler-Muskau erlebten die Einwohner von Muskau schwere Zeiten, die teilweise denen im Dreißigjährigen Krieg glichen. Auf dem Rückzug der geschlagenen Armee von Napoleon (1769–1821) aus Russland brachten württembergische Kürassiere eine Flecktyphus-Epidemie nach Muskau. 1811/1812 starb deswegen ungefähr ein Fünftel der Bevölkerung von Muskau an dieser Krankheit.

Der alte Familienbesitz von Hermann von Pückler-Muskau war durch ererbte Schulden stark belastet. Allein die Kriegskontributionen beliefen sich bereits auf 60.000 Taler. Ungeachtet dessen ließ der Graf seinen vorhandenen Landschaftspark vergrößern und nach 1811 den Ort Köbeln vom rechten auf das linke Ufer der Neiße umsetzen, wo er ganz neu entstand.

Von 1812 bis 1815 überließ Pückler die Verwaltung seiner Standesherrschaft seinem Jugendfreund, dem Schriftsteller und Komponisten Leopold Schefer (1784–1862), der als „Vizegraf“ fungierte. Am 27. Dezember 1812 verheiratete Pückler seine 18-jährige Schwester Agnes Luitgardis Clara von Pückler (1794–1837) standesgemäß mit Friedrich Erdmann von Pückler, einem Vetter dritten Grades aus Schlesien. In Clara hatte sich im Juni 1909 Schefer unsterblich verliebt. Pückler hatte davon gewusst und dies zunächst gebilligt.

Zur Zeit der Napoleonischen Kriege (1813–1815) häuften sich Durchmärsche und Einquartierungen russischer, preußischer und französischer Soldaten in Muskau. Die Einwohner litten unter Hunger und Muskau stand am Rand des Ruins.

1813 traf Hermann von Pückler-Muskau als Generalmajor von Karl August Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach (1757–1828) und als Verbindungsoffizier zum russischen Zaren Alexander I. (1777–1825) wieder in militärische Dienste. Dabei zeichnete er sich mehrfach aus. Einmal nahm der tollkühne Pückler dem Feind mehrere Kanonen ab. Ein anderes Mal ritt er einem französischen Husarenoberst, der weit vor die Front gekommen war, ganz allein entgegen, focht mit ihm einen angetragenen Zweikampf aus und bezwang ihn, wobei die gegnerischen Truppen ruhig zusahen.

Pückler wurde zum Oberstleutnant befördert und fungierte kurzzeitig als Militär- und Zivilgouverneur in Brügge (Belgien). Nach dem Friedensschluss stand er dem russischen Zaren in Paris zur Verfügung.

1814 unternahm der wieder ins Privatleben entlassene Hermann von Pückler-Muskau seine erste Reise nach England. Auf den Rat von Schlosssekretär Wolff hin hielt er dort nach einer reichen Braut Ausschau. Allerdings ohne Erfolg. Zusammen mit Leopold Schefer, den er nachkommen ließ, besuchte der Graf in England Dutzende von Gartenanlagen. Auf diese Weise inspiriert entschloss er sich, selbst in Muskau einen großen Park anzulegen.

Am 1. Mai 1815 verkündete Hermann von Pückler-Muskau folgendes Manifest an die Muskauer Bürger: „Da ich von nun an entschlossen bin, für mein ganzes zukünftiges Leben meinen festen Wohnsitz in Muskau zu nehmen, um selbst für die Wohlfahrt meiner guten Bürger und Unterthanen mit väterlicher Obhut wachen zu können, und meine Einkünfte lieber Ihnen, als fremden Menschen zufliessen zu lassen, so zweifle ich nicht, daß jeder Einwohner dieser Stadt es mir gerne gönnen wird, bey ernster Beschäftigung euch eine Lieblingsneigung zu befriedigen, deren Ausführung jedem von Ihnen gleichfalls ein Vergnügen, und jetzt sowohl als mehr noch in der Folge zum wahren Nutzen gereichen muss. Ich meune die Anlegung meines Parkes, zu dem ich nothwendig [. . .] den ganzen Distrikt zwischen der Strasse nach Sorau und dem Dorfe Köbeln, der Neisse auf der einen und den Braunsdorfer Feldern auf der andern Seite, eigenthümlich besitzen muss. Ich bitte daher hiermit sämmtliche Bürger und Bewohner der Stadt und Schmelze, welche einzelne Felder oder Wiesen, oder Holz in dem benannten Bezirke haben, mir dieselben gegen vernünftige Bedingungen abzulassen. [. . .] Erfüllt die Bürgerschaft hierin meine Wünsche, so mache ich mich ausserdem noch anheischig, von dem Augenblick an gerechnet, wo ich mich in völligen Besiz sämmtlicher bezeichneten Grundstücke befinde, binnen 6 Jahren das Rathhaus, das Köbler Thor und das Schiesshaus auf meine Kosten für die Stadt zu bauen.

Im Fall aber binnen einem Jahre von dato der Ankauf dieser Grundstücke nicht zu Stande gekommen ist, gebe ich auch hiermit den Einwohnern Muskaus mein Wort, dass ich unabänderlich entschlossen bin, dann Muskau [...] auf immer zu verlassen und alles und jedes daselbst mir zugehörige, bis aufs Schloss selbst, zu verpachten. [...] Hermann Graf von Pückler-Muskau“

Für seinen ehrgeizigen Plan, in Muskau einen riesigen Park anzulegen, beschäftigte Pückler zeitweise bis zu 200 Arbeitskräfte. Dieses kostspielige Projekt verschärfte seine ewige Geldnot noch mehr. Der exzentrische Adlige sagte später über seinen imposanten, rund 240 Hektar großen Park in Muskau: „Wer mich ganz kennen will, muss meinen Park kennen, denn mein Park ist mein Herz“.

Nach dem „Wiener Kongress“ vom 18. September 1814 bis zum 9. Juni 1815 fiel Pücklers Teil der Lausitz mit Muskau von Sachsen an die preußische Provinz Schlesien. Pückler galt als einer der 15 größten Landbesitzer im Königreich Preußen. Im bürokratischen Beamtenstaat Preußen, in dem bereits 1807 die Leibeigenschaft aufgehoben wurde (in Muskau erst 1815), entstanden für die Standesherrschaft Muskau neue finanzielle Belastungen. Pückler stöhnte noch Jahre später: „Als der liebe Gott mich preußisch werden ließ, wandte er sein Antlitz von mir.“

Die ursprünglich 970 Hektar große Standesherrschaft Muskau wurde durch Hinzukauf städtischer Partien auf etwa 1.250 Hektar erweitert. Es erfolgten großflächige Erdbewegungen und Verpflanzungen großer Baumgruppen nach englischem Vorbild sowie die Verlegung der das Gelände durchfließenden Neiße. Man riss alte Bauten ab und plante mit dem befreundeten Berliner Architekten Karl Friedrich Schinkel umfangreiche Um- und Neubauten des Schlosses. Ungeachtet der Erträge durch Schafzucht, Alaun-Vorkommen und Mineralquelle, die den Ausbau des Bades ermöglichten, sah sich Pückler bald am Ende seiner finanziellen Ressourcen.

Der ruhelose Dandy Pückler wagte 1815 in Berlin, das er oft besuchte, seine erste Luftreise. Zusammen mit dem Chemiker und Luftschiffer Gottfried Reichard (1786–1844) unternahm er eine Ballonfahrt, die in der Nähe von Potsdam mit einer unsanften Landung endete. Aufsehen erregte Pückler auch, als er in Berlin eine Kutschenfahrt mit vier zahmen Hirschen als Zugtieren absolvierte und lesend vor dem berühmten „Kranzler“ parkte.

Im November 1816 verlobte sich Hermann Graf von Pückler-Muskau mit der neun Jahre älteren Lucie Gräfin von Hardenberg (1776–1854), der verwöhnten und verschwenderischen Tochter des preußischen Staatskanzlers Karl August von Hardenberg (1750–1822). Sie hatte 1796 Karl Theodor Friedrich Reichsgraf von Pappenheim (1771–1855) geheiratet. Ab 1802 lebte das Paar getrennt, die Scheidung erfolgte erst im Sommer 1817, also nach der Verlobung mit Pückler. Im Juli 1817 zog Lucie nach Muskau.

In einem Brief vom 26. Juni 1817 an seine Verlobte Lucie gestand Pückler, dass er selbst sich nicht für genial halte. Er betrachte sich zwar für originell, aber keineswegs ausgezeichnet in irgendetwas. Außerdem erwähnte er seine beispielslose Offenheit, die auf nichts Rücksicht nehme, und eine meisterhafte Verstellung.

Hermann von Pückler-Muskau hatte anfangs Lucie und ihren zwei Töchtern den Hof gemacht. Zur großen Überraschung seiner Zeitgenossen wählte er aber keine der beiden jungen Töchter, sondern deren reife Mutter, als Ehefrau.

Am 9. Oktober 1817 heiratete der knapp 32-jährige Hermann von Pückler-Muskau die 41 Jahre alte Lucie von Hardenberg, geschiedene von Pappenheim. Sie brachte die 19-jährige Tochter Adelheid und die erwachsene skandalumwitterte Pflegetochter Helmine mit in die Ehe. Die Hochzeitsreise ging größtenteils nach Paris, wo der frischgebackene Ehemann angeblich sehr die Pflegetochter Helmine seiner Frau vermisste.

Pückler soll nur an der Mitgift von Lucie und nicht an ihr selbst interessiert gewesen sein. Lucie war – laut Pückler – etwas verliebt in ihn, er aber nicht im Geringsten in sie. Er sagte Lucie unverblümt, dass er diese Verbindung nur als eine „Konvenienzheirath“ betrachte und sich jede Freiheit vorbehalte. Im Verlauf der Jahre haben sich beide aber so sehr gegenseitig achten und lieben gelernt, dass ihr Bund für Freundschaft und Vertrauen unauflöslich geworden ist.

Es heißt, Lucie habe sich bereits in den Wechseljahren befunden. Die Verbindung zwischen Hermann und Lucie blieb kinderlos. Das könnte auch daran gelegen haben, dass Pückler impotent war, worüber manche Autoren spekulieren.

Wegen seiner Schulden ermahnte Pückler sich und Lucie ständig zur Sparsamkeit, scherte sich aber selbst wenig darum. Er wollte nichts Minderwertiges im Haus haben, kaufte Kutschen und Reitpferde aus England, Glas aus Boppard am Rhein sowie Kristall aus Paris. Als höheres Hauspersonal – ohne Gesinde – beschäftigte er 17 Personen, darunter vier Zofen. Bei der Gestaltung des geplanten großen Parks in Muskau arbeiteten lange Zeit täglich bis zu 120 Arbeiter. Die Gesamtkosten für seinen imposanten Park schätzte Pückler auf ungefähr 200.000 Taler.

Ohne amtlichen Auftrag reiste Graf Pückler 1818 nach Aachen, wo damals der erste Kongress der „Heiligen Allianz“ stattfand. Dort tummelte er sich unter Herrschern und Staatsmännern wie unter seinesgleichen. Kaiser Franz II. von Österreich (1768–1835) empfing Pückler in Privataudienz. König Friedrich Wilhelm
III. von Preußen (1770–1840) nahm ihn in sein Gefolge auf. Mit dem britischen Politiker Arthur Wellesley Herzog von Wellington (1769–1852) plauderte Pückler über Pferdezucht. Der attraktiven Pariser Schriftstellerin Sophie Gay, die zeitweise in Aachen lebte, machte er leidenschaftliche Liebeserklärungen, schwärmte in einem Brief an seine Frau über die Reize seiner neuen Freundin, räumte aber ein, dass er sich wegen deren schlechten Zähnen nicht dazu entschließen könne, sie zu küssen. Sophie fand, Pückler sei vier Mal so kokett wie die koketteste Frau.

Pückler hoffte, beim Kongress in Aachen durch seinen Schwiegervater einen hohen diplomatischen Posten zu erhalten. Am liebsten in Konstantinopel (Türkei), wo er nach orientalischer Sitte wie ein Pascha leben wollte. Doch sein Schwiegervater erfüllte diesen Wunsch nicht. Pückler genoss zwar das Wohlwollen des Königs, hatte aber erbitterte Gegner in reaktionären Kreisen um den Kronprinzen, die ihn wegen seiner liberalen Haltung hassten und seine Pläne verhinderten.

1822 wurde Hermann von Pückler-Muskau von seinem Schwiegervater in den Fürstenstand erhoben. Durch diese Auszeichnung eines sächsischen Adligen erhoffte sich Preußen, in den neuerworbenen Gebieten neue Sympathien zu gewinnen. Der Fürstentitel schmeichelte und erfreute Pückler sehr, bescherte ihm aber keinerlei finanzielle Vorteile. Im Gegenteil: Der höhere Rang erforderte ein entsprechendes Auftreten und verursachte somit zusätzliche Aufwendungen. Allein das Fürstendiplom kostete 4.000 Taler.

Die finanzielle Lage von Pückler hatte sich immer mehr verschlechtert. Auf Muskau lasteten bereits 500.000 Taler Schulden. Die Einkünfte von Pückler waren auf 12.000 Taler pro Jahr gesunken, aber er gab das Drei- bis Vierfache dieser Summe aus. Seine Hoffnungen auf eine Erbschaft beim Tod seines Schwiegervaters trogen: Als Fürst Hardenberg 1822 als 72-Jähriger starb, zeigte sich, dass dieser seine Tochter Lucie enterbt, aber seiner Geliebten 50.000 Taler hinterlassen hatte.

[...]

Fin de l'extrait de 133 pages

Résumé des informations

Titre
Machbuba. Die Sklavin und der Fürst
Cours
-
Auteur
Année
2010
Pages
133
N° de catalogue
V150529
ISBN (ebook)
9783640622535
ISBN (Livre)
9783640622979
Taille d'un fichier
10098 KB
Langue
allemand
Annotations
Mots clés
Machbuba, Fürst Pückler, Fürst Pückler-Muskau, Hermann Fürst von Pückler-Muskau, Schloss Muskau, Schloss Branitz, Sklavin, Fürst, Abessinien, Graf Pückler, Hermann Graf von Muskau, Adel, Adlige
Citation du texte
Ernst Probst (Auteur), 2010, Machbuba. Die Sklavin und der Fürst, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150529

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