Nachwuchsförderung in deutschen mittelständischen Unternehmen unter Berücksichtigung knapper Ressourcen in Zeiten des demografischen Wandels


Diplomarbeit, 2010

97 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Ausgangslage und Zielsetzung
1.2 Aufbau und Struktur der Arbeit

2 Grundlagen und Begriffsdefinitionen
2.1 Definition des Begriffs: deutscher Mittelstand.
2.2 Definition des Begriffs: demographischer Wandel
2.3 Definition des Begriffs: knappe Ressourcen
2.4 Definition des Begriffs: Nachwuchsförderung

3 Der demographische Wandel in Deutschland
3.1 Die Faktoren des demographischen Wandels
3.1.1 Geburtenrate
3.1.2 Lebenserwartung
3.1.3 Wanderungssaldo
3.1.4 Demographische Alterung
3.2 Konsequenzen für die mittelständischen Unternehmen
3.2.1 Arbeitskräfteangebot und Nachfrage
3.2.2 Ältere Mitarbeiter / Nachwuchs
3.2.3 Frauen als Personalressource der Unternehmen
3.2.4 Knappe Ressourcen als Folge für die Unternehmen

4 Praktische Umsetzung der Nachwuchsförderung unter dem Aspekt „knapper Ressourcen“
4.1 Personalmanagement im Mittelstand
4.2 Personalmanagement in Zeiten des demographischen Wandels
4.2.1 Berücksichtigung des demographischen Wandels bei der Personalrekrutierung
4.2.2 Frühe Nachwuchsförderung als zentraler Erfolgsfaktor der mittelständischen Unternehmen
4.2.3 Employer Branding
4.3 Personalgewinnung
4.3.1 Personalplanung
4.3.2 Personalbeschaffung
4.3.3 Personalauswahlverfahren
4.4 Personalentwicklung
4.4.1 Ziele und Aufgaben der Personalentwicklung
4.4.2 Personalentwicklungsplanung
4.4.3 Instrumente der Personalentwicklung
4.4.4 Erfolgskontrolle
4.5 Förderung und Karriere
4.5.1 Karriere- und Nachfolgeplanung
4.5.2 Leistungs- und Förderungsbeurteilung
4.5.3 Karrierefaktoren
4.6 Personalerhaltung
4.6.1 Langfristige Personalbindung ans Unternehmen
4.6.2 Faktoren der Mitarbeiterbindung

5 Kosten / Nutzen

6 Fazit

Anhang

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Bevölkerungsaufbau in Deutschland

Abbildung 2: Personalbeschaffungswege

Abbildung 3: Personalentwicklungsplanung

Abbildung 4: Relevante Coaching-Arten und mögliche Settings

Abbildung 5: Der Coaching Prozess

Abbildung 6: Leistungsbeurteilungskriterien

Abbildung 7: Leistungsbeurteilungsverfahren

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Quantitative Mittelstandsdefinitionen des IfM Bonn

Tabelle 2: Quantitative Mittelstandsdefinition der Europäischen Gemeinschaft

Tabelle 3: Ersatzkosten für neue Mitarbeiter

1 Einleitung

Beginnend werden die Ausgangslage sowie die Zielsetzung der Diplomarbeit beschrie­ben und der Aufbau und die Struktur der Arbeit erörtert.

1.1 Ausgangslage und Zielsetzung

Die demographische Entwicklung in Deutschland stellt die deutschen Unternehmen vor neue Herausforderungen, auf welche der deutsche Mittelstand noch nicht vorbereitet ist. Vor diesem Hintergrund hat sich das Durchschnittsalter der deutschen Bevölkerung in den letzten 100 Jahren erheblich verändert. Betrug das Durchschnittsalter zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch 23 Jahre, so liegt dieses derzeit bei 40 Jahren und hat sich somit fast verdoppelt. Hierbei wurde seit langem die Debatte um den Altersstrukturwandel der Bevölkerung nur in Hinblick auf das soziale Sicherungssystem betrachtet. Das der Al­tersstrukturwandel auch Auswirkungen auf die Wirtschaft nach sich zieht, wurde lange vernachlässigt.[1] Diese Entwicklungen wurden in zahlreichen Studien verdeutlicht. Eine dieser Studien wurde vom Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM) durchgeführt. Hierbei werden folgende wichtige Entwicklungen für den Arbeitsmarkt aufgezeigt. Be­reits ab dem Jahr 2020 wird eine deutliche Abnahme der Gesamtbevölkerung in Deutschland zu beobachten sein. Die Bevölkerung sinkt von derzeit 82 Mio. auf 69 Mio., was einer Bevölkerungssenkung von 16,6% entspricht. Das Erwerbspotential wird im Vergleich hierzu noch stärker abnehmen, mit 29,1% von 50 Mio. auf ca. 36 Mio. Ein ganz zentraler Punkt dieser Entwicklung ist vor allem die Altersentwicklung der Bevöl­kerung. Der stärkste Rückgang macht sich in der Altersgruppe der jungen Generation unter 20 Jahren bemerkbar. Der Anteil der jungen Leute wird in Zukunft um 18,1% von 16 Mio. auf 14 Mio. absinken. Gegenläufig hierzu verläuft die Entwicklung der älteren Bevölkerung ab 65 Jahren, welche von 16 Mio. auf 19 Mio. (+17,0%) ansteigt. Diese

Alterung der Bevölkerung hat zur Folge, dass die Zahl der älteren Erwerbstätigen über- proportional ansteigt und der Anteil der jüngeren und mittleren Altersgruppe abnimmt.[2] Diese Erkenntnisse zeigen, dass die deutschen mittelständischen Unternehmen aufge­fordert sind, auf diese Entwicklung zu reagieren. Da in der Literatur, als Reaktion auf den demographischen Wandel überwiegend der Umgang mit der älteren Belegschaft als Lösungsansatz aufgezeigt wird, stellt die Nachwuchsförderung im deutschen Mit­telstand den Initiator dieser Diplomarbeit dar. Ein zweiter Lösungsansatz zur Vermei­dung von Fachkräftemangel, soll in den Vordergrund gestellt werden. Im Rahmen die­ser Diplomarbeit soll die Frage beantwortet werden, wie der knappe Nachwuchs für das Unternehmen gewonnen, gefördert und langfristig gebunden werden kann. Das primäre Ziel besteht darin, den Fachkräftemangel durch die eigene Nachwuchsförderung zu ver­meiden.

Ein weiteres Ziel dieser Diplomarbeit ist, die Wahrnehmung für die Problematik der knappen Ressourcen im Mittelstand zu verbessern. Einerseits soll aufgezeigt werden, vor welcher Problemstellung die Unternehmen in Zeiten des demographischen Wandels stehen, um anderseits als Lösungsalternative darauf hinzuweisen, dass der Nachwuchs in Zukunft verstärkt einen wesentlichen Erfolgsfaktor im Unternehmen darstellt.

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in dieser Diplomarbeit nur die männliche Form benutzt. Es sind unter dem Begriff der Nachwuchsförderung sowohl die weibliche als auch die männliche Form gemeint.

1.2 Aufbau und Struktur der Arbeit

Einleitend werden im Kapitel 2 die wichtigen Begriffe im Rahmen der Nachwuchsför­derung im deutschen Mittelstand definiert. Das Kapitel 3 dient dazu weitere Grundlagen zu schaffen und einen tieferen Einblick in die demographische Entwicklung in Deutsch­land aufzuzeigen. Im Unterkapitel 3.1 soll erklärt werden aus welchen Faktoren sich die demographische Entwicklung ableiten lässt. Im weiteren Unterkapitel 3.2 werden die Konsequenzen dieser demographischen Entwicklung auf den deutschen Mittelstand übertragen und beleuchtet. Es soll vor allem die Handlungsnotwendigkeit der mittel­ständischen Unternehmen in Bezug auf die Nachwuchsförderung dargestellt werden. Im Kapitel 4 wird die praktische Umsetzung der Nachwuchsförderung in deutschen mittel­ständischen Unternehmen dargelegt. Es handelt sich hierbei um die Erarbeitung eines Wegweisers der in fünf wesentliche Phasen unterteilt ist. Unterkapitel 4.1 und dessen Unterpunkte beschreiben wie die Nachwuchsförderung in Zeiten des demographischen Wandels gestaltet sein muss und welche Maßnahmen zwecks der Rekrutierung von jun­gem Nachwuchs zu berücksichtigen sind. Bevor jedoch eine Nachwuchsförderung be­gonnen werden kann wird in Kapitel 4.2 verdeutlicht, dass junges Nachwuchspersonal erstmal fürs Unternehmen gefunden und gewonnen werden muss. Erst dann kann die in Kapitel 4.3 beschriebene Personalentwicklung fürs Unternehmen greifen. Hierbei wer­den nicht nur die Ziele beschrieben, die eine Personalentwicklung verfolgt, sondern auch die Methoden, die der Personalabteilung bei der Personalentwicklung zur Verfü­gung stehen. In Unterkapitel 4.4 wird die notwendige Karriereförderung des eigenen geschulten Nachwuchses aufgezeigt. Diese ist notwendig um dem Nachwuchs Perspek­tiven in der Zukunft aufzuzeigen und die notwendige Personalerhaltung, welche in Un­terkapitel 4.5 aufgeführt wird, zu fördern. Dieses Unterkapitel befasst sich mit der lang­fristigen Bindung des Personals ans Unternehmen, um den Investitionsschutz in der Nachwuchsförderung zu wahren. Im Kapitel 5 werden die Kosten dem Nutzen gegen­übergestellt und es erfolgt eine Zukunftsbetrachtung im Hinblick auf die Nachwuchs­förderung. Kapitel 6 dient der Zusammenfassung wesentlicher Inhalte dieser Diplomar­beit und soll abschließend die große Bedeutung der Nachwuchsförderung im deutschen Mittelstand verdeutlichen.

2 Grundlagen und Begriffsdefinitionen

Im Kapitel 2 erfolgt die Definition der wichtigsten Begriffe in Bezug auf die Nach­wuchsförderung im deutschen Mittelstand. Es dient dazu die Grundlagen für die folgen­den Kapitel zu schaffen.

2.1 Definition des Begriffs: deutscher Mittelstand

Eine gesetzliche oder einheitliche klare Definition für kleine und mittelständische Un­ternehmen (KMU) existiert nicht. Vielmehr existieren zahlreiche Abgrenzungsmöglich­keiten nach qualitativer und quantitativer Art. Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn und Beschäftigtenzahl umfassen die quantitativen Merkmale. Zu den qualitativen Merkma­len zählen Aspekte wie Leitungs- und Organisationsstruktur, die im weiteren Sinne auf ein „Familienunternehmen“ hindeuten und wesentlich durch den Eigentümer des Unter­nehmens geprägt werden.[3] Nachfolgend werden die zwei gängigsten Definitionen des Mittelstandes aufgeführt, welche durch das IfM Bonn (Institut für Mittelstandsfor­schung Bonn) und die EU (Europäische Union) vorgegeben werden.

Laut IfM Bonn wird folgende Mittelstanddefinition vorgenommen: Die Unternehmen werden anhand quantitativer Kriterien abgegrenzt, sodass Unternehmen mit bis zu neun Beschäftigten, welche einen Jahresumsatz von einer Million nicht überschreiten, zu kleinen Unternehmen gehören. Unternehmen mit zehn bis 499 Beschäftigten und einem maximalen Jahresumsatz kleiner 50 Millionen definieren sich als mittelständische Un­ternehmen.[4] Eine weitere quantitative Eingrenzung des Mittelstandes wird durch die EU definiert. Hierbei werden Unternehmen mit weniger als 250 Beschäftigten und einem Umsatz kleiner 50 Millionen oder deren Jahresbilanzsumme 43 Millionen unterschreitet zum Mittelstand gezählt. Unter der wichtigen Voraussetzung, dass sich diese Unter­nehmen nicht zu 25% oder mehr in Besitz eines oder mehrerer anderer Unternehmen befinden, welche die EU Definition nicht erfüllen.[5]

Durch die nachfolgenden Tabellen 1 und 2 werden diese Definitionen des IfM und der EU verdeutlicht:

Tabelle 1: Quantitative Mittelstandsdefinitionen des IfM Bonn.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: IfM Bonn (2002), S. 1.

Tabelle 2: Quantitative Mittelstandsdefinition der Europäischen Gemeinschaft

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: EG (2006), S.14.

Aus Vereinfachungsgründen wird in dieser Arbeit nur die quantitative Definition des Mittelstandes betrachtet.

2.2 Definition des Begriffs: demographischer Wandel

„Das Wort Demographie - als der engere Begriff - entstammt dem Griechischen und bedeutet „Volk beschreiben“. Demographie beschreibt also mit Zahlen und Kennziffern, wie sich die Bevölkerungszahl und ihre Strukturen (Alter, Geschlecht, Familienstand, Lebensform, Nationalität, Kinderzahl, Region, Gesundheitszustand, u. ä.) durch demo­graphische Verhaltensmuster/Ereignisse (Kinder haben, heiraten, sich scheiden lassen, umziehen, sich gesund erhalten oder sterben) verändern.“[6]

2.3 Definition des Begriffs: knappe Ressourcen

In der Literatur ist der Begriff der Ressource ein breit definierter Begriff. Die für diese Arbeit erforderliche Eingrenzung dieser Definition basiert auf dem Menschen (Nach­wuchskräften) als knappe Ressource, die aufgrund des demographischen Wandels den Unternehmen nur begrenzt zur Verfügung stehen. Dabei wird auf eine Definition nach Hall 1993 zurückgegriffen, welcher Ressourcen nicht nur in Güter sondern auch in die Kategorie der Fähigkeiten unterteilt. Demnach sind qualifizierte oder kreative Mitarbei­ter, personengebundene Ressourcen die nur in begrenzten Mengen zur Verfügung ste- hen.[7]

2.4 Definition des Begriffs: Nachwuchsförderung

Im Zusammenhang mit dieser Arbeit soll folgende Definition des Begriffs Nachwuchs­förderung aufgegriffen werden:

„Unter Nachwuchsförderung versteht man die Rekrutierung von Nachwuchskräften aus den eigenen Unternehmensreihen für die Entwicklungsrichtungen Fach- Projekt- oder Führungsverantwortung und deren systematische Unterstützung und Weiterbildung durch Maßnahmen On und Off-the-Job. Ziel ist es, die bedarfsgerechte und strategieori­entierte Personalplanung des Unternehmens mit der individuellen Karriereplanung von Potenzialträgern zu verbinden.[8]

3 Der demographische Wandel in Deutschland

Kapitel 3 beschreibt den demographischen Wandel in Deutschland und zeigt dabei die einzelnen Faktoren der demographischen Entwicklung auf. Abschließend wird be­schrieben welche Konsequenzen diese Entwicklung auf die mittelständischen Unter­nehmen nach sich zieht.

3.1 Die Faktoren des demographischen Wandels

„Der demographische Wandel, die Veränderung der Bevölkerungsstruktur, ist ein sich langsam vollziehender Prozess, der in seinen Rahmendaten bekannt ist. Seine Auswir­kungen auf Arbeitsbedingungen und Beschäftigungsstrukturen können, vor allem in Verbindung mit den technischen und ökonomischen Entwicklungen sowie den Struk­turwandel zu einschneidenden Veränderungen führen.“[9]

3.1.1 Geburtenrate

Den größten langfristigen Einfluss auf die Entwicklung der Bevölkerungszahl hat die Geburtenrate. Die Fertilitätsrate besagt, dass aktuell jede Frau im gebärfähigen Alter zwischen 15 und 45 Jahren durchschnittlich 1,4 Kinder bekommt.[10] Um jedoch die El­terngeneration ersetzen zu können, müsste die Fertilitätsrate 2,1 betragen. Hier geht die Forschung eindeutig davon aus, dass diese Geburtenrate bis 2050 nicht wieder erreicht wird. Wie in vielen westdeutschen Industriestaaten hat sich auch in Deutschland die Entwicklung zur Ein-Kind-Familie nicht durchgesetzt, vielmehr haben die deutschen Paare in der Regel 2 Kinder. Anderseits haben 28% der westdeutschen Frauen der Jahr­gänge 1962 bis 1966 überhaupt keine Kinder bekommen. Der Anteil der kinderlosen Akademikerinnen ist mit 42% sogar noch höher.[11] Zu erkennen ist eine substantielle Veränderung der berufsorientierten Frauen. Viele Frauen wollen erst im fortgeschritte­nen Lebensalter ihr erstes Kind bekommen, was zu ungewollter Kinderlosigkeit führen kann oder die Chance auf weitere Kinder sinken lässt.[12]

3.1.2 Lebenserwartung

Einen weiteren wichtigen Faktor in der demographischen Entwicklung stellt die Le­benserwartung dar, welche in der Fachliteratur als Mortalität (Sterberate) bezeichnet wird. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug 1960 bei einer Frau 72,4 Jahre und beim Mann 66,9 Jahre.[13]

Dank der verbesserten medizinischen Versorgung sank mit dem Beginn des 20. Jahr­hunderts neben der Geburtenrate auch die Kindersterblichkeit. Bedingt sind diese Ent­wicklungen u. a. durch bessere Möglichkeiten der Verhütung sowie einer gesteigerten Möglichkeit der Abtreibung.

Für in Deutschland geborene Kinder führte dies im letzen Jahrhundert zu einem Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung um 30 Jahre.

Für 2004 geborene Mädchen wird die Lebenserwartung auf 86,6 Jahre und bei Jungen auf 81,1 Jahre geschätzt, dies entspricht einer steigenden Lebenserwartung zu unserer heutigen von 6%. Auch für die Zukunft wird mit einer steigenden Lebenserwartung gerechnet.[14]

3.1.3 Wanderungssaldo

Deutschlands Attraktivität für Migranten ist gesunken. Ohne Zuwanderung würde die Zahl der Menschen in Deutschland noch viel stärker schrumpfen. Bereits in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren wurden Jahre verzeichnet, die einen negativen Wanderungssaldo aufzeigen. Die Gründe hierfür waren die Anwerbestopps für „Gastarbeiter“ und das Rückkehrhilfegesetz. Die höchsten Zuwanderungszahlen wurden hingegen Ende der 80er-Jahre und Anfang der 90er-Jahre erreicht.[15] Der Höhepunkt folgte im Jahr 1992, nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und den Veränderungen in den Staaten der einsti­gen Sowjetunion. Die Zahlen sind seid diesem Zeitpunkt rückläufig.[16]

3.1.4 Demographische Alterung

Kurz und knapp lässt sich die zukünftige Entwicklung mit dem Satz „der Anteil der Älteren nimmt zu, der Anteil der Jüngeren nimmt ab“[17] beschreiben. Anhand der fol­genden Abbildung 1, wird durch die Grafik des Statistischen Bundesamtes die Entwick­lung der Altersstruktur der deutschen Bevölkerung wiederge­ben.[18]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Entnommen aus: Statistisches Bundesamt (2006), S. 35. Abbildung 1: Bevölkerungsaufbau in Deutschland

Durch die 11. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundes­amtes wird die Entwicklung bis zum Jahr 2050 prognostiziert. Dabei werden folgende Bedingungen vorausgesetzt. Das Wanderungssaldo wird weiterhin auf 200.000 Perso­nen geschätzt und es bleibt bei einer konstanten Geburtenrate von 1,4 Kindern je Frau. Des Weiteren geht das Statistische Bundesamt von einer steigenden Lebenserwartung aus.[19] Im Jahr 2050 beträgt das Durchschnittsalter der Bevölkerung 51 Jahre und der Anteil der älteren Menschen über 60 Jahre wird von derzeit 25% auf 36% ansteigen. Diese Entwicklung hat vor allem Auswirkungen auf das Erwerbspersonenpotential. So bewirkt dies einen Rückgang des Angebotes an jungen Erwerbspersonen aber auch ei­nen Anstieg der Altersstruktur der Beschäftigten. Bereits ab dem Jahr 2010 wird sich dieser demographische Wandel in Bezug auf das Erwerbspersonenpotenzial bemerkbar machen. Bis zum Jahr 2020 wird der Anteil der 15- bis 29-Jährigen langsam auf 20% zurückgehen. Wesentlich deutlicher fällt diese Auswirkung in der mittleren Altersstruk­turgruppe der 30- bis 45-Jährigen aus. Hier wird die Zahl der Erwerbstätigen bis 2020 auf ein Drittel zurückgehen. Ein Anstieg auf bis zu 38% wird in der Altersstruktur zwi­schen den 45- bis 60-Jährigen zu verzeichnen sein.[20] Zusammenfassend lässt sich sagen, dass zukünftig die Unternehmen um das Problem des demographischen Wandels nicht umher kommen. Neben den älteren Mitarbeitern und dem zunehmend erwartenden Fachkräftemangel wird auch der schlagartige Verlust des Erfahrungswissens eine Her­ausforderung darstellen wenn das Wissen der älteren Mitarbeiter nicht an den Nach­wuchs weitergereicht wird.

3.2 Konsequenzen für die mittelständischen Unternehmen

In der Vergangenheit galt der Mitarbeiter bei den Unternehmen als flexible Größe, die immer in ausreichender Menge vorhanden war. Der Mangel an Fachkräften schien für die Unternehmen weniger ein Problem darzustellen. Sodass bei Mitarbeitern die das 50. Lebensjahr überschritten hatten, bereits Planungen über deren zukünftige Verrentung gemacht wurden. Um aber in Zukunft als Unternehmen produktiv und innovativ zu bleiben, sollten die Unternehmen umdenken. Eine Maßnahme gegen die Herausforde­rungen der demographischen Entwicklung ist, dass die Unternehmen sich künftig davon lösen frühzeitig über einen Berufsausstieg älterer Beschäftigter nachzudenken.[21] Eine weitere nicht zu unterschätzende Herausforderung, stellt der Kampf um die Nachwuchs­führung skräfte dar, der auch als „War for Talents“ bezeichnet wird. Hier müssen die mittelständischen Unternehmen mit den großen Konzernen konkurrieren, die ebenfalls sowohl regional als auch international um den Nachwuchs kämpfen. Dies wird mit den Worten von Mario Ohoven, Präsident des BVMW (Bundesverband mittelständische Wirtschaft) wie folgt formuliert:

„Von der Versorgung mit qualifizierten Mitarbeitern hängen Know-how, Innovations­kraft und Leistungsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen ab. Employer Branding sehen wir daher als ein bedeutendes Managementthema für den Mittelstand an.”[22]

Aber auch die Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt, welche zurzeit noch zu stark als stille Reserve abgedrängt werden, stellt eine enorme Ressourcenverschwendung dar.[23]

3.2.1 Arbeitskräfteangebot und Nachfrage

Immer stärker leiden unter dem Mangel an Nachwuchskräften die kleinen und mittel­ständischen Unternehmen. Dabei verstärkt sich die Differenz zwischen Angebot und Nachfrage nach qualifizierten Nachwuchskräften zunehmend.[24] Um diese Entwicklung jedoch besser zu verdeutlichen, können folgende Zahlen aufgegriffen werden. Die ein­setzenden Altersstrukturprobleme werden in den nächsten Jahren die unternehmerische Personalplanung vor große Herausforderungen stellen. Ein Drittel der Fach- und Füh­rungskräfte wird bereits 2015 älter als 50 Jahre sein. Parallel zu dieser Entwicklung geht der Anteil der unter 50 jährigen deutlich zurück, sodass bis zum Jahr 2015 etwa 300.000 Fachkräfte weniger vorhanden sein werden als heute. Akut wird dieser Fachkräfteman­gel von 2015 bis 2050. Hier entsteht ein Defizit von knapp 1.000.000 Fach- und Füh­rungskräften.[25] Der auf „qualifikatorische Missmatches“ zurückzuführende fachkräfte­bezogene Nachfrageüberhang am Arbeitsmarkt wird sich wie angedeutet aufgrund des steigenden Durchschnittsalters sowie der deutlich sinkenden nachfolgenden Generatio- nen in Zukunft weiter verstärken.[26] Anders als in der Öffentlichkeit dargestellt, ist her­vorzuheben, dass der Mangel an Arbeitskräften sich ausschließlich auf junge und mit­telalte, qualifizierte Fachkräfte bezieht.[27]

Aufgrund von Rationalisierungsprozessen in der Wirtschaft kann menschliche Arbeits­kraft zunehmend durch technische Lösungen kompensiert werden. Da aber überwiegend bei diesem Prozess weniger qualifizierte Arbeiten anfallen, wird der Bedarf an höher qualifizierten Arbeiten zunehmen. Der dadurch entstehende Arbeitskräfteüberhang wird sich auf weniger qualifizierte Personen beziehen.

3.2.2 Ältere Mitarbeiter / Nachwuchs

Obwohl fast jedem Personalverantwortlichen die weitreichenden Auswirkungen des demographischen Wandels bekannt sind, wird das Thema der Nachwuchsförderung von vielen Unternehmen noch sehr nachrangig behandelt.[28]

Die Generation der „Baby-Boomer“ bildet heute mit den 35- bis 49-Jährigen die bei weitem personenstärkste Kohorte in der Erwerbsbevölkerung sowie bei der Belegschaft der Unternehmen.[29]

In der Vergangenheit fand der Personalabbau meist bei den älteren Belegschaften statt, sodass heute der Anteil der mittleren Altersgruppen sehr hoch ist. Zukünftig werden alle Mitarbeiter älter und verlassen somit in großer Zahl gemeinsam das Unternehmen. Ver­stärkt durch den Faktor, dass auf dem Arbeitsmarkt immer weniger junge Nachwuchs­kräfte vorhanden sind. Infolgedessen entsteht hier eine doppelte Herausforderung für die Unternehmen.[30]

Trotz dieser Entwicklung werden in vielen Unternehmen, in anbetracht der langfristigen Personalbindung, die Kostengründe, wie höheres Lohnniveau von älteren Mitarbeitern, zusätzliche Weiterbildungskosten, höhere Fehlzeiten, sowie Mehraufwendungen für Gesundheitsfürsorge vorgeschoben. Diese Faktoren verstärken das frühe Ausscheiden der älteren Mitarbeiter mit all Ihrem Wissen und Erfahrungen. Ein ausgeglichener Wis­ senstransfer zwischen den verschiedenen Generationen wird gehemmt oder kann über- haupt nicht stattfinden.[31]

Die entstandenen Altersstrukturen in den Unternehmen sind prozesshaft zu betrachten. Sie bilden das Resultat von geplanten oder ungeplanten, positiven oder negativen quan­titativen personalpolitischen Maßnahmen, wie z. B. Verzicht auf Neueinstellung, Rekru­tierung, Frühverrentung, Längerbeschäftigung oder Personalfreisetzung. Diese gilt es entweder beizubehalten oder zu verändern. Ziel der Unternehmen sollte die ausgegli­chene (auch homogene oder balancierte) Altersstruktur sein. Die als besonders leis­tungsfähig geltende Altersgruppe der mittleren Altersstruktur sollte dabei den Kern der Belegschaft im Unternehmen bilden. Gleichzeitig kann jedoch auf die Erfahrung der älteren Altersgruppe zurückgegriffen werden und das neue innovative Wissen der jün­geren Mitarbeiter kann genutzt werden, welches einen Ausgleich der verschiedenen Stärken und Schwächen der Altersgruppen bewirkt. Dies führt zur langfristigen Siche­rung der betrieblichen Leistungsfähigkeit, da hierdurch die Dominanz einzelner Alters- gruppen vermieden wird.[32]

Da bereits heute abzusehen ist, dass große Teile der älteren Belegschaft gleichzeitig aus dem Unternehmen ausscheiden, ist ein Wissenstransfer zwischen den verschiedenen Altersgruppen erforderlich. Hier sollte jedoch nicht unterschätzt werden, dass der Trans­fer vom komplexen mehrdimensionalen Erfahrungswissen keinen kurzfristigen Prozess darstellt.[33]

Prinzipiell ist jedoch aufgrund des schrumpfenden Arbeitskräfteangebotes an Nach­wuchskräften und der Zunahme älterer Mitarbeiter von einem steigenden Durch­schnittsalter der Belegschaft auszugehen. Im Jahr 2003 betrug das Durchschnittsalter der Belegschaft 40,8 Jahre.[34] Mit einen durchschnittlichen Belegschaftsalter von 55 Jah­ren hat sich im Jahr 2050 somit das durchschnittliche Belegschaftsalter unserem heuti- gen mittleren Rentenzugangsalter von 60 Jahren angenähert.[35]

3.2.3 Frauen als Personalressource der Unternehmen

Wie die vorgenannten Kapitel verdeutlichen werden die Nachwuchskräfte immer knap­per. Dies macht es erforderlich sich dessen bewusst zu werden und damit die stillen Ressourcen zu erkennen. Zu diesen stillen Ressourcen gehören ganz besonders die Frauen. Von 1999 bis 2003 ist eine steigende Erwerbsquote von Frauen zu verzeichnen, diese stieg von 45,2% auf 46,9% an. Bei den Männern hingegen ist ein leichter Rück­gang um 1,7% auf 53,1% zu verzeichnen. Zudem bringen Frauen häufiger als Männer, die entsprechenden Voraussetzungen, wie zum Beispiel die Hochschulzugangsberechti­gung mit sich, um eine höhere Position im Unternehmen erlangen zu können. Trotz die­ser Voraussetzungen sind im Topmanagement nur 6% der Stellen durch Frauen vertre­ten. In anbetracht der knappen Ressourcen wird sich diese Zahl in Zukunft jedoch stark erhöhen.[36]

Als Ursache für diese Situation ist in erster Hinsicht die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu nennen. Wird durch junge Paare eine Familie gegründet, so muss die Frau zwangsläufig für eine gewisse Zeit auf Ihre Karriere verzichten, relativ selten wird die Kinderbetreuung durch den Mann übernommen. Auch der anschließende Teilzeitjob nach Mutterschutz und Elternzeit ist für eine Karriere der Frau nicht förderlich. Die ho­hen Ausfallzeiten erschweren oder verhindern, die für eine Karriere erforderliche inten­sive Kontaktpflege der wichtigen Personen im Unternehmen, welche für ein berufliches Fortkommen wichtig sind.[37] Unternehmen werden sich in Zukunft mit den Herausforde­rungen des demographischen Wandels stärker befassen müssen und somit erkennen, dass jede verfügbare Ressource für den weiteren Unternehmenserfolg genutzt werden muss. Die größten Chancen haben Unternehmen mit einer familienorientierten Perso­nalpolitik. Maßnahmen wie individuelle Arbeitszeitregelungen, Familienservice, sowie Kinderbetreuung und Wiedereingliederung in die Unternehmenskultur sind nur einige Möglichkeiten bei der Förderung der Balance zwischen Beruf und Familie. Unterneh­men sind in Zukunft auf jede verfügbare hochqualifizierte Nachwuchskraft angewiesen und dazu gehören auch gleichermaßen die Frauen.[38]

[...]


[1] Vgl. Roloff, J. (2003), S. 8.

[2] Vgl. IfM Bonn (2008), S. 3 f.

[3] Vgl. Kirn, A. (2002), S. 19.

[4] Vgl. IfM Bonn (2002), S. 1.

[5] Vgl. Europäische Gemeinschaften (2006), S. 14.

[6] Berufsverband Information Bibliothek (2004), S. 7.

[7] Vgl. Hall, R. (1993), S. 607 ff.

[8] Vgl. Sternecker, P. Wollsching-Strobel, P. (2005), S. 2.

[9] Zahn-Elliot, U. (2001), S. 7.

[10] Vgl. Döhring, W. (2003), S. 21.

[11] Vgl. Dinkel, R.H. (1989), S. 7.

[12] Vgl. Roloff, J. (2003), S. 14.

[13] Vgl. Döhring, W. (2003), S. 22.

[14] Vgl. Bertelsmann Stiftung (2005), S. 41.; Fels, G. (2005), S. 9.

[15] Vgl. Wall, W., Eggen, B., Lipinski, H. (2006), S. 55.

[16] Vgl. Dickmann, N. (2005), S. 14 ff.

[17] Roloff, J. (2003), S. 10.

[18] Vgl. Statistisches Bundesamt (2006), S. 35.

[19] Vgl. Roloff, J. (2003), S. 10.

[20] Vgl. Morschhäuser, M., Ochs, P., Huber, A. (2005), S. 28 f.

[21] Vgl. Kistler, E., Hilpert, M. (2001), S. 11.

[22] Ohoven, M. (2007), S. 1.

[23] Vgl. Kistler, E., Hilpert, M. (2001), S. 11.

[24] Vgl. Albath, A. (2002), S. 14.

[25] Vgl. Ballwieser, W., Börsig, C. (2007), S. 18.

[26] Vgl. Barkholdt, C. (2001), S. 8.; Buck, H., Kistler, E., Mendius, H. G. (2002), S. 15.

[27] Vgl. Munz, S. (2001), S. 14 f.

[28] Vgl. Buck, H. (2004), S. 12.

[29] Vgl. Morschhäuser, M. (2002), S. 101.

[30] Vgl. Buck, H. (2004), S. 12.

[31] Vgl. Huber, A. (1998), S. 40.

[32] Vgl. George, R. (2000), S. 220.

[33] Vgl. Buck, H., Kistler, E., Mendius, H. G. (2002), S. 54 f.

[34] Vgl. Statistisches Bundesamt (2004), S. 39.

[35] Vgl. Rump, J. (2004), S. 50.

[36] Vgl. Zimmer, D. (2004), S. 53.

[37] Vgl. Sunter, S. (2001), S. 77.

[38] Vgl. Braun, M. (2007), S. 19.

Ende der Leseprobe aus 97 Seiten

Details

Titel
Nachwuchsförderung in deutschen mittelständischen Unternehmen unter Berücksichtigung knapper Ressourcen in Zeiten des demografischen Wandels
Hochschule
FOM Hochschule für Oekonomie & Management gemeinnützige GmbH, Köln
Veranstaltung
Wirtschaft
Note
1,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
97
Katalognummer
V150704
ISBN (eBook)
9783640622153
ISBN (Buch)
9783640622788
Dateigröße
791 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Nachwuchsförderung, demographischer Wandel, Personalmanagement, Personalentwicklung, employer Branding, Mittelstand
Arbeit zitieren
Patrick Wientzek (Autor:in), 2010, Nachwuchsförderung in deutschen mittelständischen Unternehmen unter Berücksichtigung knapper Ressourcen in Zeiten des demografischen Wandels, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150704

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