„Armut ist […] eine ‚zeitlose‘ Tatsache, [sie] gehört zur Menschheitsgeschichte und hat selber eine Geschichte. Armut […] hat in allen philosophischen und religiösen Traditionen, Theorien und deren Geschichte einen wesentlichen Stellenwert […].“
„Wer wenig besitzt ist von wenig abhängig“ lautet ein auch heutzutage noch gängiges und gern gebrauchtes Sprichwort. Es spielt darauf an, dass ein Mensch, der wenig besitzt, auch nur wenig verlieren kann, und dadurch innerlich – seelisch – unabhängiger ist als ein Mensch, der Gegenstände, Häuser oder Geld hortet und danach strebt, diese zu vermehren. Nur wer etwas besitzt, hat auch etwas zu verlieren, und fürchtet, dieser Fall könne eintreten, oder strebt danach, seinen Besitz noch zu vergröβern. Das Sprichwort scheint damit völlig unserem modernen Ideal zu widersprechen, denn die Armut in unserer Gesellschaft in der heutigen Zeit gilt es zu überwinden. Nicht nur strebt der moderne Mensch danach, möglichst viel zu besitzen und seine Güter im Laufe seines Lebens zu vermehren, die Armut war und ist auch schon immer mit sozialer Ausgrenzung verbunden und bringt unvermeidlich Leiden mit sich. Das Sprichwort zeigt allerdings, dass der Gedanke der Besitzlosigkeit und damit der Armut eine lange Tradition in der Geschichte der Menschheit besitzt, und dass der Begriff der Armut nicht immer rein negativ besetzt war.
Allein schon die fragwürdige Praxis der Selbstgeiβelungen als Höhepunkt des selbstzugefügten Leidens zeigt, dass auch das Leiden als Tugend in der Geschichte der Menschheit seit dem Mittelalter immer präsent gewesen ist, wobei seine Bewertung sich im Laufe der Jahrhunderte drastisch verschoben und verändert hat. Da die moderne westliche Welt auf die gröβtmögliche Entfaltung der eigenen Persönlichkeit und ein hohes Maβ an Genuss ausgerichtet ist, gilt das Leiden heutzutage nicht mehr als Tugend, sondern als lästige Erscheinung von Krankheit und Alter, der es möglichst auszuweichen gilt. Möglich gemacht wird dies vor allem durch Erkenntnisse in der modernen Medizin und die Errungenschaften der industriellen Revolution, wodurch die Kirche und der Adel an Einfluss verloren, sodass nun Reichtum und Wohlstand gröβeren Teilen der Bevölkerung zur Verfügung stehen...
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Armut und Leiden im Mittelalter
- Leersein und Armut der Seele - Das Armutsideal des Meister Eckhart
- Das Armutsideal Eckharts und der Buddhismus - Gemeinsamkeiten
- Die mystische Bewegung - Was ist Mystik?
- Ein kurzer Einblick in die Frauenmystik des 13. bis 16. Jahrhunderts
- Ausblick
- Quellenangabe
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit der mystischen Bewegung des Mittelalters und thematisiert die Tradition des Leidens und der Armut als Tugend in der Menschheitsgeschichte. Besonderes Augenmerk liegt auf dem Armutsideal des Meister Eckhart und der mystischen Bewegung im Mittelalter, wobei ein Vergleich mit dem Buddhismus gezogen wird. Die Arbeit untersucht außerdem die Veränderung der Bewertung von Leiden und Armut im Laufe der Jahrhunderte und fragt, welche Aspekte der Mystik für den modernen Menschen relevant geblieben sind.
- Die Bedeutung der Armut und des Leidens als Tugenden im Mittelalter
- Das Armutsideal des Meister Eckhart und seine Verbindung zum Buddhismus
- Die mystische Bewegung im Mittelalter und ihre Bedeutung für die Geschichte der Spiritualität
- Die Veränderung der Wahrnehmung von Leiden und Armut im Laufe der Geschichte
- Relevanz der Mystik für den modernen Menschen
Zusammenfassung der Kapitel
Einleitung
Die Einleitung stellt die Thematik der Arbeit vor und beleuchtet die historische Bedeutung von Armut und Leiden, besonders in Hinblick auf ihre Bedeutung als Tugenden. Sie skizziert die historische Entwicklung des Armutsideals und stellt den Kontrast zwischen mittelalterlicher und moderner Denkweise dar.
Armut und Leiden im Mittelalter
Dieses Kapitel beleuchtet die Rolle von Armut und Leiden als Tugenden im mittelalterlichen Kontext. Es geht speziell auf das Armutsideal des Meister Eckhart ein und beleuchtet Gemeinsamkeiten mit dem Buddhismus.
Die mystische Bewegung - Was ist Mystik?
Dieses Kapitel bietet einen kurzen Überblick über die mystische Bewegung im Mittelalter, insbesondere die Frauenmystik vom 13. bis 16. Jahrhundert.
Ausblick
Der Ausblick fasst die zentralen Erkenntnisse der Arbeit zusammen und eröffnet möglicherweise Perspektiven für weitere Forschung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Themen Armut, Leiden, Tugend, Mystik, Meister Eckhart, Buddhismus, Mittelalter, Geschichte der Spiritualität und die Veränderung der Wahrnehmung von Armut und Leiden im Laufe der Geschichte.
- Citation du texte
- Viktoria Groepper (Auteur), 2009, Armut und Leiden als Tugend?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/150857