Formen der Bürgerbeteiligung in der Diskussion über die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses


Mémoire pour le Diplôme Intermédiaire, 2002

66 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Chronik des Ortes
2.1 Die Entstehung des Schlosses
2.2 Das Schloss zwischen 1918 und 1945
2.3 Die Sprengung des Schlosses
2.4 Der Palast der Republik
2.5 Das Schlossplatz-Areal nach 1989

3. Theorie und Praxis – Die Debatte über die Rekonstruktion des Stadtschlosses
3.1 Die Aufgabenbereiche der Denkmalpflege und des Denkmalschutzes
3.2 Die auf dem Schlossplatz eingetragenen Denkmale:
3.3 Begriffsklärung der in der Denkmalpflege verwendeten Begriffe
Konservierung
Restaurierung
Instandhaltung, Instandsetzung
Ergänzungen
Rekonstruktion, Wiederaufbau, Anastylosis
Translozierung
Denkmalwerte
3.4 Die Geschichte der denkmalpflegerischen Grundsätze in Bezug auf Rekonstruktion und Restaurierung
3.5 Die aktuelle Debatte zur Rekonstruktion des Stadtschlosses

4. Partizipation der Öffentlichkeit an der Diskussion über die Rekonstruktion des Schlosses
4.1 Geschichte der Bürgerbeteiligung
4.2 Die Formelle Bürgerbeteiligung
4.3 Die Informelle Bürgerbeteiligung
Bürgerinitiativen
Interessenverbände/ Vereine
4.4 Vereine, Initiativen, Arbeitskreise in der Diskussion über die Schlossrekonstruktion
Vereine und Initiativen zur Erhaltung des Palastes
Vereine und Initiativen zur Rekonstruktion des Schlosses
Initiativen mit Ganzheitlichem Ansatz

5. Fazit

6. Literatur- und Abbildungsverzeichnis

1. Einleitung

Im Juli 2002 stimmen 384 von 589 Abgeordneten des Berliner Bundestages parteiübergreifend für eine „originalgetreue Rekonstruktion“ der Schlossfassade auf Empfehlung der vom Senat einberufenen Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“. Voraus ging eine jahrelange Diskussion, die sich mit der Bebauung des Areals am Ende der Straße Unter den Linden beschäftigte.

Von der Spree, dem Lustgarten, dem Berliner Dom und dem ehemaligen Staatsratsgebäude eingegrenzt, liegt der viel besprochene Platz. Momentan wird dieser noch durch den geschlossenen Palast der Republik, einige gesicherte Fundamente des Stadtschlosses, diverse Parkmöglichkeiten und durch das BKA-Zelt, auch Luftschloss genannt, genutzt. Nichts Weltbewegendes also und doch macht etwas dieses Areal und seine ehemalige Bebauung so interessant, dass sich jahrzehntelang Diskussionen damit beschäftigen.

Die Brisanz des Schlossplatzes und des ehemaligen Stadtschlosses liegt sicherlich darin, dass von hier im Laufe der Jahrhunderte Markgrafen, Kurfürsten, Könige und Kaiser die Mark Brandenburg, das Königreich und schließlich das Kaiserreich beherrschten. Das Gebiet war sozusagen fast immer schon geprägt von besonderer Symbolik, Geschichte und Repräsentation. Erst das preußisch-kaiserliche Schloss und schließlich der Palast der Republik und in unmittelbarer Umgebung erst das Staatsratsgebäude der DDR und schließlich für kurze Zeit das Bundeskanzleramt. Hier befanden sich also nacheinander, ob nun im Schloss untergebracht oder in unmittelbarer Umgebung, die Zentren einander ablösender Staaten. „Dieser Platz (…) hat (nicht nur) die Gemüter wie kaum ein anderer bewegt (…). (Er) ist (und war) auch das Herzstück des wiedervereinigten Berlin, die Mitte der Mitte, Ausgangs- und Bezugspunkt des berühmten Boulevards Unter den Linden.“[1] Aber momentan, so werden Stimmen laut, ist dieser Boulevard eher „wie ein Witz ohne Pointe.“[2] Und das Schloss müsse rekonstruiert werden, oder zumindest der Platz neu bebaut, oder sämtliche Fundamente ergraben, oder ein Gebäude erbaut, welches Palast und Schloss vereint, oder oder oder…

Die Argumente nehmen kein Ende und die Breite reicht von politischen und moralischen über städtebaulichen, bis zu rein emotionalen Aspekten.

Diese Arbeit beschäftigt sich nun mit der Fragestellung:

Wie gestaltet sich der fachliche Hintergrund der Schlossplatzdebatte in bezug auf die Rekonstruktion und die momentane Schlossplatzgestaltung und welche Formen

der Bürgerbeteiligung existierten in dieser Diskussion?

Im folgenden beschäftige ich mich zunächst mit dem Problem der Rekonstruktion an sich. Fragen, die mich hierzu begleiten, lauten:

Welche Maßstäbe werden zur Klärung in diesem Fachbereich herangezogen, nach welchen Grundsätzen wird gehandelt?

Wie gestaltet sich die Situation konkret auf dem Schlosslatz?

Ist die Rekonstruktion der Denkmalpflege oder dem Denkmalschutz überhaupt zuzuordnen?

Wie ist die Meinung der zuständigen Denkmalbehörden?

In Sachen Bürgerbeteiligung untersuche ich natürlich ebenso die Situation vor Ort.

Wer sind die Beteiligten, außerhalb von Senat, Expertenkommissionen und Denkmalbehörden?

Wie arbeiten Vereine, Initiativen, die sich extra formiert haben um die Rekonstruktion durchzusetzen?

Wie sind die Möglichkeiten des ´normalen` und nichtorganisierten Bürgers, seine Meinungen und Ideen in diesem erst vor kurzem geendeten Prozess einzubringen? Gibt es eine Art Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gruppen, von den Vereinen untereinander oder von den Vereinen mit den nichtorganisierbaren Bürgern?

Welchen Einfluss haben die Vereine insgesamt?

Wie ist die Forderung nach mehr Bürgerbeteiligung insgesamt zu bewerten?

Zur Beantwortung dieser Fragen habe ich meine Arbeit in drei Kapitel gegliedert, die ich wie folgt beschreibe.

Zu Beginn gebe ich einen detaillierten Überblick über die Entstehung des Schlosses und die Entwicklung des Platzes nach der Sprengung von 1950.

Im Anschlusskapitel wird die Denkmalpflegetheorie und die Situation auf dem heutigen Schlossplatz dargestellt. Zum Ende des Kapitels gehe ich auf die Debatte zur Rekonstruktion des Stadtschlosses ein.

Im nächsten Kapitel werden die Beteiligten an der Diskussion unter dem Aspekt der Bürgerbeteiligung näher beleuchtet. Bevor ich diese konkret vorstelle, werden, wie im zweiten Kapitel, einige ausgewählte Aspekte zur Theorie der Bürgerbeteiligung näher beschrieben.

Die Quellen, auf deren Inhalt ich diese Arbeit aufbaue, gliedern sich in drei Bereiche. Zum ersten beschäftigte ich mich zur Untermauerung der theoretischen Hintergründe vorwiegend mit Fachliteratur der jeweiligen Bereiche, aber auch mit Gesetzestexten, wie z.B. dem Denkmalschutzgesetz von Berlin.

Um Informationen über die Vereine und andere Organisationen, bzw. über aktuelle Stellungnahmen und Entwicklungen zu erhalten, nutzte ich vorwiegend das Internet und Zeitungsartikel.

Um letzte Fragen zu klären, die ich bezüglich der Vereinsarbeit mit Hilfe des Internets nicht beantworten konnte, führte ich jeweils unterschiedlich ausgeprägte Telefoninterviews. Diese unterlagen folgerichtig keinem einheitlichen Leitfaden.

2. Chronik des Ortes

In diesem Kapitel wird die Geschichte des Schlosses nachvollzogen von den ersten Übergangslösungen zur Unterbringung der Landesherren, bis zur Errichtung und schließlich der Sprengung des eigentlichen Stadtschlosses. Diese ausführliche Beschreibung ist notwendig, um zu verdeutlichen, welch ein einzigartiges Dokument der europäischen Baukunst- und Baugeschichte zerstört wurde.

Schließlich werde ich auf den Palast der Republik eingehen und anschließend auf die vielen Projekte und Maßnahmen nach seiner Schließung, die von Anfang der 90er Jahre bis 2002 durchgeführt wurden. Die Projekte, welche im Sinne der Bürgerbeteiligung interessant sind, werden in Kapitel 4.4 noch einmal getrennt hervorgehoben.

2.1 Die Entstehung des Schlosses

Da die beiden gewerblichen Siedlungen Berlin und Cölln an einem günstigen Übergang über die Spree lagen, hatten sie eine nicht unerhebliche Bedeutung im 13. und 14. Jahrhundert bzw. nahm sie im Laufe dieser Jahrhunderte zu. Die aus Hamburg kommenden größeren Schiffe luden hier ihre Waren um auf kleinere Schiffe oder Fuhrwerke. Mit der wirtschaftlichen Bedeutung wuchs auch die militärische und politische Bedeutung der beiden Städte. Schon im Jahre 1280 tagten hier die Landesstände und im 14. Jahrhundert war die Doppelstadt der Führer mächtiger märkischer Städtebünde. Allmählich reifte sie so zum politischen Mittelpunkt der gesamten Region heran.

Die Landesherren richteten sich zwar noch keine ständige Residenz ein, wohnten aber bis Mitte des 15. Jahrhunderts immer im „Hohen Haus“[3], sobald sie in Berlin/ Cölln regierungsgeschäftlich zu tun hatten. Bei ihrer Unterkunft handelte es sich wohl um einen zweistöckigen, frühgotischen Ziegelbau mit einer dreischiffigen Halle in der Klosterstraße, direkt neben dem Franziskanerkloster.

Im Jahre 1415 erhielt der Burggraf Friedrich der Sechste die Mark als Lehen und 1417 stieg er in den Rang eines Kurfürsten auf. Im Laufe der Amtszeit seines Nachfolgers Friedrich des Zweiten (1440-1470) wurde ein neues Domizil erbaut und somit das „Hohe Haus“ abgelöst. Letzteres konnte den Anforderungen des Kurfürsten nicht mehr gerecht werden, da dessen Machtposition sich ab 1442 verstärkte. Er schaffte es unter Ausnutzung der Kämpfe von Zünften und Bürgerschaft gegen das Patriziat, die Rechte von Berlin und Cölln weitgehend zu beseitigen und somit seine Territorialherrschaft zu begünstigen. Kurfürst Friedrich der Zweite zwang darauf hin Cölln, ihm den nördlichen Teil der Stadtmauer hinter dem Dominikanerkloster zwischen den beiden Spreearmen abzutreten. Das frühere Schloss wurde dann um 1450 fertiggestellt. Bis heute ist unklar, wie dieses Schloss ausgesehen hat, nur der Grundriss konnte durch spätere Ausgrabungen Albert Geyers (letzter Schlossbaumeister) rekonstruiert werden. Es beinhaltete aber wohl einen aus Schutzgründen gedachten Rundturm, auch der „Grüne Hut“ genannt. Dieser Turm hatte einmal mit zur Cöllner Stadtmauer gehört und wurde für den Schlossbau mitgenutzt. Es ist ebenso wahrscheinlich, dass viele Neben-, Wirtschafts- und Stallgebäude zum Schloss gehörten. Nachdem 1486 die fränkischen Fürstentümer von der Mark Brandenburg geschieden wurden, konzentrierten sich die Kurfürsten direkt auf die Herausbildung ihrer Landeshoheit in der Mark.

Jahrzehnte später beschloss Kurfürst Joachim der Zweite (1535-1570) den Schlossbau durch einen Neubau zu ersetzen. Das neue Schloss sollte repräsentativer sein und vor allen Dingen die politische Bedeutung des Kurfürsten widerspiegeln.

Von nun an arbeitete Konrad Krebs im Auftrag des Kurfürsten als Schlossbaumeister. Da dieser aber schon 1540 verstarb, übernahm sein Gehilfe Caspar Theyß die Ausführung der Pläne. So entstand bis 1592 die Südfront des Bauwerks am späteren Schlossplatz. Sie hatte eine dreigeschossige Fassade mit zweistöckigem Balkon in der Mitte und anmutige Renaissancegiebel an fünf Zwerchhäusern sowie kleine Schmuckgiebel dazwischen.[4] Zwischen den Fensterreihen war die Hauptfassade mit einer Renaissancebemalung versehen, die viele ornamentale Motive aufwies und damit wohl plastischen Schmuck ersetzen sollte.

1540 wurde der restliche Neubau auf den Fundamenten des extra abgerissenen Altbaus Friedrich des zweiten, errichtet. Es handelt sich dabei um den zweiten Bauabschnitt, für den Caspar Theyß den Baumeister Buntschuh und den Bildhauer Schenk für den reichhaltigen plastischen Schmuck heranzog. Das entstandene Renaissanceschloss zählte mit zu den frühesten dieser Stilepoche im deutschen Raum und die Bauteile bildeten für anderthalb Jahrhunderte die Grundlage für viele Ergänzungsbauten.

So stellte Kurfürst Johann Georg (1570-1598) 1578 den Baumeister Guerini Graf Rochus zu Lynar ein. Dieser errichtete den großen Eckbau mit der neuen kurfürstlichen Wohnung, welcher den Abschluss des Spreeflügels flussabwärts bildete. 1585 entstand der Apothekenflügel an der Spree, dieser war aber zunächst nicht mit dem Schloss verbunden. Der Apotheker Michael Aschenbrenner war dort nicht nur Hofapotheker, sondern er betrieb dort auch im Auftrag des Kurfürsten die „Goldsucherei“[5] und war zusätzlich noch Münzmeister. Um 1590 erbaute der Baumeister Lynar der Herzogin Elisabeth-Magdalena ein „Miniaturschlösschen“[6] an der Spree als selbstständigen Anbau. Die letzte Ergänzung Lynars war ein Querbau im Westen, der den inneren Hof begrenzte. Dieser bot sowohl Gästen des Hofes als auch den Mitgliedern des wachsenden Hofstaates und Beamtenstandes Unterkunft und Platz. Sämtliche Ergänzungen Lynars zeichneten sich eher durch eine effektive Konstellation der Innenräume und Benutzbarkeit dieser aus, als durch äußeren Prunk und glanzvolle Repräsentanz. Die Fassadengestaltung war demnach eher sparsam und schlicht gehalten.

In den folgenden Jahrzehnten wurden lediglich unter Kurfürst Joachim Friedrich (1598-1608) einige Wirtschafts- und Verwaltungsgebäude errichtet, die aber späteren Baumaßnahmen zum Opfer fielen.

Kurfürst Friedrich Wilhelm (1640-1688) fand bei seinem Regierungsantritt ein stark vernachlässigtes und vom Verfall bedrohtes Schloss vor. Dieser Zustand entstand im laufe des Dreißigjährigen Krieges von 1618 bis 1648 und dem anschließenden Geldmangel am Hofe. Wichtige Instandsetzungsmaßnahmen konnten unter diesen Umständen nicht durchgeführt werden. Der zunächst außerhalb Berlins hoffierende Kurfürst betrieb jedoch eine „besonnene und zielstrebige Innenpolitik“[7], so dass sich die wirtschaftliche Lage verbesserte und langsam der Wiederaufbau der Residenz an der Spree organisiert werden konnte. Für diese Maßnahmen wurde der Baumeister Johann Gregor Memhard eingestellt. Memhard integrierte auch als erster den Barockstil in das Berliner Schloss und zwar mit der Erweiterung der Wohnung der Kurfürstin am Haus der Herzogin. 1652 zog das Kurfürstenpaar wieder endgültig nach Berlin. Bis 1680 wurde die Umgebung des Schlosses maßstäblich gestaltet. So wurden z.B. der Lustgarten neu konzipiert und das Neptunbecken errichtet. Des weiteren wurden ein Vogel-, ein Gärtner- und das Ball- sowie das Pförtnerhaus und die Orangerie erbaut. 1647 entstand auch die spätere Straße Unter den Linden, die vom Kurfürsten als „Baumgalerie“[8] mit sechs Reihen Linden und Nussbäumen in Auftrag gegeben wurde. Diese Straße führte zuerst nur zum Jagdgebiet Tiergarten und später weiter zum Schloss Charlottenburg. Ab 1680 wurde wieder verstärkt am Schloss gebaut. So entstand ´81 der AlabasterSaal im Anschluss an den Querbau von Lynar. Es war der Repräsentations- und Prunksaal des Schlosses und diente Staatsakten, diplomatischen Empfängen und großen Festlichkeiten der kurfürstlichen Familie. 1685 begann der Bau der Braunschweigerischen Galerie, die einen repräsentativen Verbindungsgang zwischen der Wohnung des Kurfürsten Friedrich Wilhelms und der Wohnung seiner Gemahlin darstellte.

Zusammengefasst wurden im Laufe der Regierungszeit Friedrich Wilhelms alle Schäden am Berliner Schloss beseitigt und es um einige Bauteile erweitert.

Eine Wende in der Gestaltung des Schlosses wurde mit der Amtszeit des Kurfürsten Friedrich des Dritten (1688-1713) eingeleitet, der sich im Laufe seiner Amtstätigkeit selbst zum König von Preußen krönte. Die Umgestaltung des Schlosses sollte von nun an wesentlich unter den Gesichtspunkten absolutistischer Macht, Glanz, Pracht und u.a. herrschaftlicher Präsentation durchgeführt werden. In Folge dessen bildete sich die barocke Hof- und Palastkunst heraus mit viel Prunk und Glanz. Ein wohl kaum nachzuahmendes Vorbild stellte in diesen Jahren das Schloss Versailles dar, dessen Bau 1962 begann.[9] So wurden ab 1690 die Galerien im inneren Schlosshof neugestaltet und mit einer großzügigeren Gestaltung der Treppenhäuser begonnen.

Die erweiterte barocke Aus- und Umgestaltung wurde aber erst durch Andreas Schlüter durchgeführt. Dieser wurde 1699 zum Schlossbaudirektor durch den König berufen. Schlüter hatte bereits Jahre zuvor durch Holzschnitzereien, Skulpturengestaltung und durch Dekorations- und Innenraumgestaltung auf sich aufmerksam gemacht. Ausschlaggebend für seine Einberufung zum Schlossbaudirektor waren aber die Pläne und das Modell, welche er für das Stadtschloss entwickelt hatte. Bis zur eigentlichen Königskrönung 1701 wurde die Schlossplatzfront mit dem Portal 1 und der innere Hof mit der “Großen Wendeltreppe” fertiggestellt. Anschließend erfolgte die Errichtung des Lustgartenflügels mit dem Portal 5 Die Außengestaltung des Schlosses zeichnete sich von nun an aus durch “schön gegliederte Fassaden mit (einer) turmartigen Eckbildung und (einer) eleganten Fenstergestaltung mit geschweiften, zum Teil gesprenkelten Giebeln und Verdachungen, mit dem klassisch-antik gestalteten Hauptgesims und der kräftigen Balustrade als oberen Abschluss”[10]. Die Portalarchitektur war auffällig gestaltet mit über das Erdgeschoss reichenden rustizirenden Sockeln und den darauf stehenden korinthischen Säulen. Die Nachfolger Schlüters zogen später die Fassadengestaltung mit leichten Abänderungen um das gesamte Schloss herum. Andreas Schlüter übernahm aber auch die Innenraumgestaltung der Wohnräume der Kurfürsten und der repräsentativen Staatskammern und Paradekammern. Er dekorierte zusätzlich Zimmerfluchten, bzw. legte diese erst an.

Schlüter war jedoch auch nicht vor Kritik oder unerwünschten Ergebnissen gefeit. Ein besonderer Wunsch des Königs wurde ihm zum Verhängnis. Er wurde beauftragt, den Münzturm zu bauen. Dieser sollte 1701 an Stelle der Neuen Wasserkunst an der Nordwestecke des Schlosses errichtet werden. Mit einer Höhe von 98 m wäre er dreimal so hoch wie die Schlossfassade geworden. Nach seiner Vollendung sollte hier die königliche Münze einziehen. Kurz vor seiner Vollendung im Jahre 1706 begann sich der Turm zu neigen. Alle Versuche Schlüters, diese Neigungsbewegung zu stoppen, schlugen fehl. So musste das kostspielige Bauwerk wieder abgerissen werden, nachdem die Fundamente auf Grund des schlechten Baugrundes es nicht mehr tragen konnten.

Der Architekt wurde seines Amtes enthoben. Sein Nachfolger Eosander von Göthe ließ den Turm abbrechen.[11]

Eosander von Göthe hatte bereits am Schloss Charlottenburg unter der Königin gearbeitet. Eosander schlug dem König vor, das Schloss mit den Paradekammern weit nach Westen zu verlängern und durch einen Westflügel um den äußeren Hof abzuschließen. Im ersten Schritt wurden das Portal 4 und die Fassade dem Schlüterbau bzw. den Plänen Schlüters angepasst. Die Eosandersche Fenstergestaltung war im Vergleich zu der von Schlüter eher zurückhaltender, schmuck- und schwungloser.[12] Wie oben schon erwähnt, zogen die Nachfolger Schlüters aber gewisse Grundelemente der Fassadengestaltung um das ganze Gebäude herum. In diesem Falle waren es die horizontale und vertikale Grundgestaltung, so dass trotz der angeführten Gegensätze ein harmonisches Gesamtwerk entstand.[13] An der Westfassade realisierte Eosander ein mit Bildhauerarbeiten geschmücktes monumentales Triumphportal. Dieses sprang als Risalit hervor und hatte den Titusbogen in Rom zum Vorbild, war aber doppelt so groß wie er.

Der nachfolgende König Friedrich der Erste (1713-1740) stoppte die weitere Durchführung von neuen großangelegten Bautätigprojekten und entließ viele der Künstler. Die Jahre zuvor hatten den Staat an den finanziellen Ruin getrieben. Vor allem der Hofstaat und eben die Bautätigkeit hatten einen großen Teil dazu beigetragen. Die Schlossbauarbeiten wurden von nun an durch Martin-Heinrich Böhme, einem Schlüter-Schüler, durchgeführt. Dieser gestaltete den Schlossplatzflügel ähnlich der Lustgartenfront. Es entstand in Verlängerung der Sichtachse aus der Breiten Straße ein zweites, dem Schlüterportal 1 nachempfundenes Portal.

Im Jahre 1716 kann das Bauwerk Schloss im Wesentlichen als vollendet erklärt werden.[14]

Im folgenden sind anhand einer Grafik noch einmal die verschiedenen Baustufen abzulesen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1 Baustufen

Quelle: Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 8.

Am 18. Januar 1871 wurde während des Krieges gegen Frankreich das deutsche Reich gegründet und König Wilhelm der Erste (1861-1888) zum deutschen Kaiser proklamiert. Das Schloss wurde folgerichtig zur Kaiserresidenz.

Unter Kaiser Wilhelm dem Zweiten (1888-1918) wurde vieles im Schloss modernisiert, da Staats- und Festakte sowie andere Veranstaltungen am Kaiserhofe um einiges umfangreicher organisiert waren als zu Königszeiten. So wurde 1892 z.B. der Weiße Saal vergrößert und er erhielt eine Treppe im Stile des Neobarocks.

Bei den Maßnahmen wurden aber immer die Leistungen der vorangegangenen Schlossbaumeister beachtet und gewahrt.[15]

[...]


[1] Jürgen Klemann, Begrüßung, in: Schloss, Palast, Haus Vaterland, u.a. Berlin, 1998, S. 8 (8).

[2] Richard Schröder, Was tun – Schlussbetrachtungen, in: Die Berliner Schlossdebatte – Pro und Contra, Berlin, 2000, S. 147 (147).

[3] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 9

[4] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 10.

[5] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 12.

[6] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 12.

[7] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 12.

[8] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 13.

[9] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 14.

[10] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 15f.

[11] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 15.

[12] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 16.

[13] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 16.

[14] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 16.

[15] Hela Zettler, Horst Mauter, Das Berliner Schloss, Berlin 1991, S. 17.

Fin de l'extrait de 66 pages

Résumé des informations

Titre
Formen der Bürgerbeteiligung in der Diskussion über die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses
Université
Technical University of Berlin  (Stadt- und Regionalplanung)
Cours
Stadtbaugeschichte und Stadtsoziologie
Note
1,0
Auteur
Année
2002
Pages
66
N° de catalogue
V15095
ISBN (ebook)
9783638203159
Taille d'un fichier
1047 KB
Langue
allemand
Mots clés
Formen, Bürgerbeteiligung, Diskussion, Rekonstruktion, Berliner, Stadtschlosses, Stadtbaugeschichte, Stadtsoziologie
Citation du texte
Katja Heyne (Auteur), 2002, Formen der Bürgerbeteiligung in der Diskussion über die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/15095

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