Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Abstract
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Corporate Social Responsibility (CSR)
2.1 Begriffsklärung
2.1.1 Begriffsabgrenzungen
2.1.2 CSR im Stakeholderdiskurs
2.2 Handlungsfelder und Formen der sozialen Verantwortung
2.2.1 Innerer Verantwortungsbereich: Markt und Gesetz
2.2.2 Mittlerer Verantwortungsbereich: Freiwillige CSR in der Wertschöpfungskette
2.2.3 Äußerer Verantwortungsbereich: Freiwillige CSR außerhalb der Wertschöpfungskette
2.3 Ergebnisse zur CSR bei deutschen Unternehmen
3 Beratung
3.1 Begriffserläuterung Beratung
3.2 Begriffserläuterung von Unternehmensberatung
3.3 Ansätze ethischer Unternehmensberatung
3.4 Besonderheiten ethischer Beratung
3.5 Beratung im Neo-Institutionalismus
3.5.1 Grundannahmen im Neo-Institutionalismus
3.5.2 Rolle von Beratung im Neo-Institutionalismus
3.6 Beitrag von Beratung bei der Verbreitung von Managementwissen
3.6.1 Selbstverständlichkeit von Beratung
3.6.2 Einfluss auf Verbreitung
4 Empirie
4.1 Methodik
4.1.1 Experteninterview
4.1.2 Auswertung
4.2 Auswahl der Untersuchungsgruppe
4.3 Datenerhebung
4.3.1 Der Leitfaden
4.3.2 Transkription
5 Clusteranalyse der Interviews
5.1 Beratungsgegenstand CSR
5.1.1 Besonderheiten
5.1.2 Vorwissen der Unternehmen
5.2 Einfluss von Beratung
5.2.1 Themensetzung durch Berater
5.2.2 Erklärungsmuster der Berater
5.3 Qualitative Verbreitung
5.3.1 ,Was’
5.3.1.1 CSR-Verständnis
5.3.1.2 Glaubwürdigkeit, Authentizität
5.3.2 ,Wie’ - Beratungsprozess
5.3.3 ,Wer’
5.3.3.1 CSR-Beratungsfeld
5.3.3.2 Ursprung von Knowhow
5.3.3.3 Selbstverständnis der Berater
5.4 Quantitative Verbreitung
5.4.1 Einflusskanäle
5.4.2 (unterstützende) CSR-Akteure
5.4.3 Beratene Unternehmen
5.5 Zusammenfassung der Clusteranalyse
6 Diskussion der Ergebnisse
6.1 Qualitative Verbreitung
6.2 Beratungsgegenstand
6.3 Einfluss von Beratung
6.4 Quantitative Verbreitung
6.5 Zusammenfassung
7 Fazit
8 Literaturverzeichnis
Anhang
Fragebogen
Abstract
In der Arbeit wird die Bedeutung von Beratung für die Verbreitung von Corporate Social Responsibility (CSR) herausgestellt. Dabei wurde die Verbreitung auf zwei Ebenen untersucht: zum einen auf der intraorganisationalen Ebene - wie wird CSR von Beratern in den Unternehmen implementiert? Und zum anderen auf der transorganisationa- len Ebene - welcher Mechanismen und Wege bedienen sich Berater, um CSR als Thema für die Unternehmen relevant erscheinen und zusätzlich auch gesamtgesellschaftlich an Bedeutung gewinnen zu lassen?
Zunächst wurde im ersten Teil das Themenfeld CSR umgrenzt. Daraufhin wurde im zweiten Abschnitt anhand des Neo-Institutionalismus und vertiefend mit Hilfe der Managementsoziologieliteratur die generelle Bedeutung von Beratung und speziell ihre Rolle bei der Verbreitung von Managementwissen beschrieben. Mittels qualitativer Experteninterviews mit CSR-Beratern erlangte ich Erkenntnisse über das Beratungsfeld CSR, die daraufhin mit den theoretischen Ausführungen zusammen geführt wurden. Die Diskussion der Ergebnisse ergab, dass Beratung eine wichtige Rolle bei der Diffusion von CSR zukommt, wobei allerdings weitere Akteure in diesem Prozess zu berücksichtigen sind und abzuwarten bleibt, ob sich CSR als Managementwissen institutionalisiert und welche Bedeutung Beratung dabei zukommt.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Corporate Social Responsibility im Stakeholder Diskurs (Quelle: Bassen et al. 2005: 233)
Abbildung 2: CSR-Pyramide nach Carroll (Quelle: eigene Darstellung nach
Crane/Matten 2004: 49)
Abbildung 3: Verständnis von "gesellschaftlicher Verantwortung von
Unternehmen“ (Quelle: Bertelsmann Stiftung 2005: 6, www)
Abbildung 4: Einflussfaktoren für gesellschaftliches Engagement (Quelle:
Bertelsmann Stiftung 2005: 10, www)
Abbildung 5: Bedeutung und Umsetzung des Engagements (Quelle: Bertelsmann
Stiftung 2005: 16, www)
Abbildung 6: Stellenwert gesellschaftlichen Engagements in den Unternehmen
(Quelle: Bertelsmann Stiftung 2005: 19, www)
Abbildung 7: Beratung als Interaktion (Quelle: Alemann 2005: 27)
Abbildung 8: Modell zur Erklärung der Explosion des Beratungsmarktes (Quelle:
Kieser 2005: 63)
Abbildung 9: Konstruierte Cluster
1 Einleitung
Gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen ist an sich in Deutschland kein neues Thema, doch seit einiger Zeit erlebt es hier unter dem Namen Corporate Social Responsibility (CSR) Konjunktur. Dies zeigt sich unter anderem an in jüngster Zeit veröffentlichten Publikationen, die sich nicht nur an ein fachlich vorgebildetes und interessiertes Publikum wenden, sondern an eine breitere Öffentlichkeit.1Diese Sensibilisierung für soziale und ökologische Verantwortung findet in einem immer größer werdenden Teil der Gesellschaft statt. Spätestens seit den Greenpeace-Aktionen gegen die Versenkung der Ölplattform Brent Spar 1995 von Ölmulti Shell wissen die Konzernlenker der Welt: Eine globalisierte Kritikerszene kann, wenn sie den Ton trifft, einem Großunternehmen mit Boykotts die Geschäftsgrundlage entziehen (vgl. u.a. Ramge: 2005, www). So kann bei den Unternehmen ein Handlungsdruck entstehen, da sich mit den Konzernen auch die Konzernkritik internationalisiert und professionalisiert hat:
„Die Kritiker sind heute hervorragend vernetzt, tauschen weltweit Informationen aus und können sie im Internet nahezu kostenlos publizieren. Suchmaschinen machen Recherchen nach Verfehlungen, auch am anderen Ende der Welt, zu einer Frage von Minuten“ (Ramge: 2005, www).
Durch Skandale wie die Versenkung der Brent Spar und andere wurde „die Gesellschaft für die verschiedensten Formen unmoralischen Verhaltens sensibilisiert“ (Beschorner 2005: 40).
Es änderten sich dementsprechend die Legitimitätsanforderungen der Gesellschaft an die Unternehmen, so dass diese nicht umhin kamen, sich mit ethischen Themen auseinanderzusetzen und auf verschiedene Ebenen und Themengebiete bezogen aktiv zu werden. Unternehmen reagieren darauf, indem sie Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen, Spenden für einen guten Zweck sammeln sowie im Falle von multinationalen Unternehmen die Arbeitsbedingungen in ihren meist in Entwicklungsländern tätigen Zulieferfirmen kontrollieren oder „codes of conducts“ formulieren etc. Dies ist nur ein Ausschnitt an möglicher gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen.
Parallel zu diesen Entwicklungen lässt sich beobachten, dass sich auch Unternehmensberatungen dem Thema CSR zuwenden, sich diesem verstärkt annehmen und entsprechende Beratungsprodukte entwickeln. Da das Thema in dieser Komplexität und Dringlichkeit für die Unternehmen neu ist - was u.a. daran liegt, dass der Begriff noch nicht abschließend definiert wurde und keine Einigkeit darüber herrscht, welche Maßnahmen darunter fallen, etc. - kann externe Beratung eine wichtige Unterstützung für die Unternehmen sein, um sich in diesem Themenfeld zu orientieren und zu positionieren (vgl. Schmidt/König 2006).
Im Rahmen der Managementsoziologie wird die Bedeutung von Unternehmensberatung sowie deren Beitrag zur Verbreitung von Managementwissen2spezifiziert. Hier wurde festgestellt, dass „(...) Unternehmensberatung schon seit einiger Zeit und erst recht heute die Entstehung und den Wandel des Managementwissens in beträchtlichem Maße beeinflusst“ (Faust 1998: 148), indem Berater anhand verschiedener Mechanismen und Wege in den Managementdiskurs eingreifen. Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass Unternehmensberatung eine legitimierende Funktion im Unternehmen zukommt, d.h., Unternehmensberater als „Katalysatoren und Lieferanten zusätzlicher Legitimation für bereits im Unternehmen angedachte Entscheidungen“ dienen (Behr et al. 1991 zit. nach Faust 1998: 148). Erst dadurch haben sie die Möglichkeit, in und zwischen den Unternehmen Managementwissen zu verbreiten und letztendlich zu institutionalisieren.
Ebenso wird im Neo-Institutionalismus auf die Rolle von Beratung bei der Verbreitung von Managementwissen und -strukturen hingewiesen. Diese theoretische Perspektive erweist sich in zweierlei Hinsicht als fruchtbar: zum einen werden Interdependenzen zwischen Unternehmen und ihrer gesellschaftlichen Umwelt explizit in den Blick genommen, so dass sich dieser Ansatz zur Erklärung von gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen anbietet. Zum anderen wird hinsichtlich der Verbreitung von Strukturen und Managementwissen immer wieder auf die Rolle der Beratung hingewiesen und Berater als „Diffusionsagenten“ (Beschorner 2005: 263) bezeichnet, da sie bestimmte Strukturen oder Konzepte in die Unternehmen tragen und dort installieren. Letztlich kann die Verbreitung zu einer Institutionalisierung des Managementwissens führen. Dies könnte auch bei CSR der Fall sein. Diese beiden theoretischen Ansätze bieten aus jeweils unterschiedlicher Perspektive Ansatzpunkte, um die Bedeutung von Beratung im Fall von CSR auszuführen.
Die Rolle von Beratung im Bereich CSR ist bislang nicht geklärt worden, da CSR ein Thema ist, welches sich noch in der Entstehungsphase befindet und sich sehr dynamisch in Hinblick auf Begriffe und Inhalte entwickelt. Zudem konzentriert sich die Literatur zu Unternehmensberatung auf die großen Managementberatungen, die Global Player der Beratungsszene wie McKinsey oder Boston Consulting Group, die vorwiegend im Bereich des ,general management’ beraten. Das Feld der CSR-Beratung ist dagegen eher ein Nischenmarkt, in dem sich andere Akteure bewegen und ist insofern in der Literatur noch nicht erfasst worden. Zwar wird von Beschorner (2004) auf die Relevanz von Beratung bei der Verbreitung von unternehmensethischen Aspekten hingewiesen, doch wie dies tatsächlich aussieht, wird nicht weiter ausgeführt. So möchte diese Arbeit konkretisieren, wie Beratung zur Verbreitung von CSR beitragen kann. In diesem zu explorierenden Forschungsfeld werde ich mich in meiner Untersuchung auf den deutschen CSR-Beratungsmarkt beschränken. Diese Einschränkung ist durch die Annahme legitimiert, dass die Entwicklung des Beratungsmarktes nicht nur zeitlich, sondern auch national variiert, so dass zudem die historische Perspektive des Einflusses von Beratung ausgeblendet wird (vgl. Faust 2002).
Meine Arbeit wird dementsprechend von folgenden Fragen geleitet:
Welchen Beitrag leistet Beratung bei der Verbreitung von CSR? In welcher Form beeinflusst Beratung die Verbreitung?
Dies kann auf zwei Ebenen betrachtet werden: zum einen auf der transorganisationalen Ebene, wie dies explizit im Neo-Institutionalismus mit dem Vorgang des Isomorphismus beschrieben und in der Managementsoziologie weiter ausgeführt wird. Ich nenne dies hier quantitative Verbreitung. Der Begriff quantitativ findet seinen Ausdruck in der Angabe von Ausmaßen oder Verhältnissen und spiegelt damit den Umstand passend wider, dass CSR durch Beratung für immer mehr Unternehmen relevant wird. So ergeben sich folgende Fragen: Wie sorgt Beratung dafür, dass CSR zunehmend für Unternehmen relevant wird? Auf welchem Weg bieten Berater ihre Ideen und Lösungen an und treten mit den Unternehmen in Kontakt? Welchen Beitrag leistet Beratung dazu, dass CSR nicht nur von immer mehr Unternehmen wahrgenommen wird, sondern auch gesellschaftlich bedeutsam wird?
Zum anderen ist dies auf der Mikroebene, also konkret in der Beratung interessant: Diese intraorganisationale Ebene versuche ich anhand des Begriffes der qualitativen Verbreitung zu klären. Qualitativ steht hier für die Güte und Beschaffenheit eines Prozesses oder Gegenstandes. Innerhalb dieses Rahmens sind nachstehende Fragen relevant:
Welches CSR-Verständnis tragen Berater durch den Beratungsprozess in die Unternehmen? Auf welchem Weg? Welche Umsetzungsmöglichkeiten bieten sie an und unterstützen sie (oberflächlich? strategisch? in der Unternehmenskultur verankert?)?
Unter Berücksichtigung dieser beiden Ebenen werde ich herausarbeiten, ob Beratung letztendlich einer Institutionalisierung von CSR Vorschub leisten kann.
Um diese Fragen zu beantworten, werde ich folgendermaßen vorgehen:
Im ersten Teil wird der Begriff Corporate Social Responsibility spezifiziert. Wie schon erwähnt, sind die Aktivitäten im Feld CSR sehr vielfältig und der Begriff umfasst das breite Feld unternehmerischer Verantwortung. Man kann jedoch grundsätzliche Bereiche lokalisieren, in denen sich gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen konstituiert. Dabei werde ich neben der klassischen Systematisierung von Carroll (1999) auf die alternative Systematisierung von Hiss (2006) zurückgreifen, mit der die verschiedenen Verantwortungsbereiche von CSR deutlich werden. Abschließend werden Studienergebnisse die Bedeutung von CSR für Unternehmen herausstellen. Diese Ausführungen sind als Basis zum Verständnis des Themenfeldes bzw. Beratungsgegenstandes, welcher dann auch Besonderheiten in der Beratung mit sich bringen kann, zu verstehen.
Das zweite Kapitel widmet sich dem Thema Beratung, speziell der Unternehmensberatung in Hinblick auf CSR. Zunächst werden grundsätzliche Begriffsklärungen vorgenommen: Was ist Beratung und was zeichnet speziell Unternehmensberatung aus? Da bislang keine Literatur eigens zu CSR-Beratung existiert, werde ich mich in meinen Ausführungen auf Literatur zur ethischen Unternehmensberatung stützen, zumal CSR als eingebettet in unternehmensethische Fragestellungen gesehen werden kann (vgl. Bassen/Jastram/Meyer 2005; Hiss 2006). Unternehmensethische Überlegungen widmen sich dabei der Legitimität unternehmerischer Entscheidungen und konstituieren das Unternehmen als „moralische[n] Akteur“ (Kreikebaum et al. 2001: 8). So beschäftigt sich Unternehmensethik mit dem Problem, „wie und welche moralischen Normen in der Wirtschaft von Unternehmen zur Geltung gebracht werden können“ (Kreikebaum et al. 2001: 8). Es sind demnach Fragen der angewandten Ethik, die hier behandelt werden. Ethische Grundsätze wie Transparenz, Vertrauen, Respekt oder der faire Umgang miteinander sollen in die Unternehmenstätigkeit integriert werden. Die grundsätzlichen Überlegungen der Unternehmensethik dienen dabei dem Konzept der CSR als Rahmen. CSR bezieht sich überdies nur auf einen Ausschnitt der Unternehmensethik, in dieser werden z.B. auch Überlegungen zu Korruption miteinbezogen, welche nicht primär in den Fokus von CSR geraten. Ich werde auf Ansätze ethischer Unternehmensberatung eingehen, da diese die Art und Weise beeinflussen, in welcher Qualität CSR verbreitet und implementiert wird. Im Anschluss werde ich die Besonderheiten, die eine Beratung zu unternehmensethischen Aspekten mit sich bringt, darstellen, zumal diese für die Verbreitung von CSR eine Rolle spielen. Ein weiterer Abschnitt im zweiten Kapitel beschäftigt sich mit der Rolle von Beratung, wie sie aus dem Neo-Institutionalismus heraus erklärt wird. Abschließend werde ich anhand der Literatur zur Managementsoziologie näher auf den Beitrag von Beratung bei der Verbreitung von Managementwissen eingehen. Die in diesem Kapitel vorgenommenen Ausführungen sind grundlegend für das Verständnis der Bedeutung von Beratung für eine qualitative und quantitative Verbreitung.
Im dritten Abschnitt der Arbeit, dem empirischen Teil, werde ich anhand von leitfadengestützten Experteninterviews versuchen zu bestimmen, welche Rolle den Beratern bei der Verbreitung von CSR praktisch zukommt. Diese Experten werden Vertreter von Unternehmensberatungen, die zu CSR beraten, sein. Sie können mir über ihr eigenes Handlungsfeld als auch bezüglich der Schnittstelle Beratung und Unternehmen Auskunft geben. Der Berater wird somit als aktive Figur im Untersuchungsfeld CSR in den Blick genommen. Mittels der Interviews soll untersucht werden, welches Verständnis Berater in die CSR-Beratung und damit in die Unternehmen einbringen. Zudem sollen die Ergebnisse Aufschluss darüber geben, wie Berater das Konzept CSR weiter verbreiten, so dass es zunehmend auch gesellschaftlich zu einem Thema wird, nicht nur im unternehmerischen Umfeld. Die aus den Interviews gewonnenen Ergebnisse werde ich per qualitativer Clusteranalyse auswerten. Daraufhin werde ich die theoretischen und empirischen Ergebnisse in Hinblick auf die Forschungsfrage auswerten, die geleistete Arbeit in einem Fazit abschließend zusammenzufassen und einen Ausblick auf weitere Forschungen geben.
2 Corporate Social Responsibility (CSR)
Unternehmen sehen sich heute mit der Anforderung konfrontiert, verstärkt gesellschaftliche Verantwortung übernehmen zu müssen. Unter dem Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) reagieren viele Unternehmen auf diese veränderten Legitimationsanforderungen aus der Gesellschaft. Dabei ist CSR als „umbrella term“ (Senge 2006: 19) für eine Vielzahl von Initiativen und Instrumenten zu verstehen, mit denen Unternehmen versuchen, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Neu an diesem Konzept ist, dass die Unternehmen ihr Engagement strategisch angehen, dieses Engagement in das Management integrieren und an das Kerngeschäft binden sollen. Zudem werden nun Aktivitäten in diesem Bereich in der Bewertung eines Unternehmens berücksichtigt.3
Grundsätzlich bleibt aber Unklarheit darüber, was CSR nun tatsächlich bedeutet und welche Aktivitäten CSR zugerechnet werden können. Im Folgenden werde ich deshalb das Konzept CSR konkretisieren, in dem ich zunächst den Begriff CSR inhaltlich füllen werde. Im Zuge dessen werde ich CSR von anderen Ansätzen gesellschaftlich verantwortlicher Unternehmensführung abgrenzen, da sich in der Diskussion um CSR immer wieder Ungenauigkeiten im Gebrauch der einzelnen Begriffe und der dahinter liegenden Konzepte finden lassen. Im Anschluss gehe ich auf die verschiedenen Handlungsfelder von CSR ein, um einen Überblick über die Reichweite von CSR zu schaffen. Dieses Kapitel wird mit Ergebnissen aus Unternehmensbefragungen zu CSR abgerundet, welche die Relevanz und das Verständnis von CSR bei den Unternehmen herausstellen.
2.1 Begriffsklärung
Der Begriff Corporate Social Responsibility (CSR) ist an sich kein neuer Begriff, sondern tauchte schon Ende der 1950er Jahre in den USA auf (vgl. Bassen et al. 2005: 231). Zu dieser Zeit wandelte sich die Einstellung gegenüber den Unternehmen, was dazu führte, dass diese nun auch an Kriterien wie ihrem Engagement für Umweltschutz oder zur Vermeidung von Diskriminierung etc. gemessen wurden. In Europa fand die Diskussion über die Thematik ihren Niederschlag unter anderem im Davoser Manifest von 1973 (vgl. Dyllick 2004). Einen ausführlichen Überblick über die konzeptionelle Entwicklung von CSR bietet Carroll (1999).
Seitdem hat es verschiedenste Bemühungen um eine einheitliche Begrifflichkeit und eine kontinuierliche Weiterentwicklung des Konzeptes gegeben. Doch bis heute gibt es keine übergreifende Definition von CSR, es bleibt festzuhalten, dass
„(...) den verschiedenen Begriffen und Definitionen [gemeinsam ist], dass sie - ganz allgemein - die Verantwortung und das Engagement von Unternehmen gegenüber ihrer gesellschaftlichen und ökologischen Umwelt thematisieren“ (Hiss 2006: 21).
Die vorgenommenen Definitionsversuche der verschiedenen Akteure spiegeln dabei in ihrer unterschiedlichen Schwerpunktsetzung die jeweiligen Interessen wider.
Einen Schritt in Richtung Konkretisierung leistete auf europäischer Ebene die Europäische Kommission 2001, die in dem so genannten Grünbuch die „europäischen Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung von Unternehmen“ erstmals umfassend der europäischen Öffentlichkeit vorgestellt hat. Hier wird CSR folgendermaßen definiert:
„CSR ist ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit und in die Wechselbeziehung mit ihren Stakeholdern zu integrieren. Sozial verantwortlich handeln heißt nicht nur, die gesetzlichen Bestimmungen einhalten, sondern über die bloße Gesetzeskonformität hinaus ,mehr’ investieren in Humankapital, in die Umwelt und in die Beziehungen zu anderen Stakeholdern.“ (Kommission der Europäischen Gemeinschaften 2001: 8, www).
Diese Interpretation prägt die europäische Diskussion zum Thema CSR und die meisten in Europa verwendeten Definitionen lehnen sich an das Grünbuch an, so dass konstatiert werden kann, dass diese Definition zumindest im europäischen Raum anerkannt ist. Es fällt jedoch bei dieser Definition auf, dass CSR mit sozialer Verantwortung übersetzt wird und damit die soziale Dimension überbetont wird. Es wird dem Konzept jedoch nicht gerecht, da CSR nach Auffassung der europäischen Kommission soziale und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt und damit die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen meint (vgl. auch Loew 2006, www; Hiss 2006: 23f.; Wieser 2005: S. 72). Statt der Übersetzung „sozial verantwortlich“ bietet sich folglich die zutreffendere Übersetzung „gesellschaftlich verantwortlich“ an, da diese das hinter dem Begriff stehende Konzept im Sinne der EU-Interpretation besser erfasst. Der Veröffentlichung des Grünbuchs sind eine Reihe von Aktivitäten gefolgt, die der Klärung der Inhalte und der Verbreitung von CSR dienen. In Deutschland und Großbritannien hat man sich der Thematik CSR ebenfalls auf politischer Ebene angenommen.4
Unter Verantwortung von Unternehmen wird nun folglich mehr verstanden als die Bereitstellung von Arbeitsplätzen oder die Produktion von Dienstleistungen und Produkten, wie dies noch mit dem Ausspruch von Friedman „The Social Responsibility of Business is to Increase its Profits“ (1970) charakterisiert wurde. Sie werden jetzt auch nach ihrer Leistung in sozialen und ökologischen Belangen beurteilt und die zuvor vorherrschende Meinung, dass Unternehmen nur ökonomischen Profit erwirtschaften müssen, ändert sich (vgl. Bassen et al. 2005: 232). Unternehmen werden dementsprechend als Teil der Gesellschaft wahrgenommen und haben deswegen auch einen Beitrag zu dieser zu leisten bzw. die Konsequenzen ihres Handelns innerhalb dieser Gesellschaft zu reflektieren.
2.1.1 Begriffsabgrenzungen
Um ein ganzheitliches Verständnis von CSR zu gewinnen, sollten verwandte Konzepte, die immer wieder in der Diskussion um CSR auftauchen, berücksichtigt werden - zumal die Begriffe der „Nachhaltigkeit“ und des „Corporate Citizenships“ zur Beschreibung von ähnlichen Phänomenen herangezogen werden und somit die einzelnen Begrifflich- keiten an Trennschärfe verlieren. Sowohl in der Theorie als auch in der Praxis werden die Konzepte nur unzureichend voneinander differenziert, was dazu führt, dass ein Akteur zur Beschreibung von gesellschaftlicher Verantwortung bei Unternehmen von CSR spricht, während andere dies mit Corporate Citizenship bezeichnen. Gemeinsam ist diesen jedenfalls, dass sie unternehmerische Aktivitäten bezeichnen, die über die Gewinnerzielung hinausgehen (vgl. Beschorner 2005, Hiss 2006, de Carlo 2004, www). Im Folgenden werde ich das Konzept von Nachhaltigkeit, Corporate Citizenship und Cor- porate Governance darstellen, da diese in erster Linie im Zusammenhang mit CSR auftauchen und für die Diskussion relevant sind.
Das Konzept der Nachhaltigkeit wurde 1987 im Brundlandt-Report folgendermaßen definiert:
„Nachhaltig ist eine Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen“ (Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, www).
Dieses Konzept ist eindeutig weiter gefasst als das von CSR. Im Unterschied zu CSR ist das Unternehmen hier nicht nur gegenüber seinen Stakeholdern verantwortlich, sondern der gesamten Menschheit gegenüber. Nachhaltigkeit bezieht sich dabei auf die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales, wobei zwischen diesen ein Gleichgewicht hergestellt werden soll, welches im Nachhaltigkeitskonzept als „triple-bottom-line“ bezeichnet wird. Hiernach sollte die Gesamtleistung eines Unternehmens daran gemessen werden, in welchem Maße sie zu wirtschaftlichem Wohlstand, Umweltqualität und Sozialkapital beiträgt (Grünbuch 2002: 30, www). Im Mittelpunkt steht der vernünftige Umgang mit Ressourcen.
Corporate Citizenship (CC) ist gleichbedeutend mit unternehmerischem Bürgerengagement zu sehen. Es werden mit Corporate Citizenship Aktivitäten bezeichnet, „mit deren Hilfe Unternehmen selbst in ihr gesellschaftliches Umfeld investieren (...)“ (Habisch 2003: 58). Das Unternehmen wird als Teil der Gesellschaft gesehen und sollte einen Teil der Ressourcen, die ihm durch die Gesellschaft oder Gemeinschaft zur Verfügung gestellt werden, wieder an diese zurückgeben (vgl. Stark/Bluszcz 2007: 21). Das Unternehmen beteiligt sich bei der Lösung von konkreten Problemen ihres Gemeinwesens, wobei sich dieses laut Definition der Europäischen Kommission im regionalen, nationalen und globalen Umfeld befinden kann (2001: 28, www). Dieses Konzept bezieht sich auf „gesellschaftsbezogene Aktivitäten eines Unternehmens und deren strategische Ausrichtung auf Unternehmensziele“ (Bassen et al. 2005: 234). Laut Bassen et al. (2005: 234)
„(...) umfasst CSR [hingegen] die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen in allen Bereichen der Unternehmenstätigkeit. Dazu gehören dazu u.a. der Wertschöpfungsprozess, sowie die Mitarbeiter, Lieferanten und das Gemeinwesen“.
Im Zusammenhang mit CSR wird auch immer wieder der Begriff der Corporate Governance genannt. Mit diesem Konzept werden die Organe (Vorstand, Aufsichtsrat etc.) des Unternehmens in den Blick genommen sowie Anreiz- und Kontrollstrukturen beschrieben und entwickelt, die Missmanagement vermeiden sollen. Die Corporate Governance gibt eine Struktur vor, in deren Rahmen die Unternehmensziele, die Mittel zur Erreichung dieser Ziele und die Überwachung der Unternehmensleistung festgelegt bzw. geregelt werden. Diese wird durch den OECD-Kodex von 1999 verbindlich (vgl. Grünbuch 2001, www). Nach Bassen et al. (2005: 234f.) geht CSR insofern darüber hinaus, als dass im Fall von CSR auch die Prozesse innerhalb eines Unternehmens mit- einbezogen werden und auf ihre gesellschaftliche Verantwortlichkeit überprüft werden.
In der Literatur werden die verschiedenen Konzepte je nach Sichtweise einander über- bzw. untergeordnet. Dies werde ich nicht weiter nachzeichnen, da es für diese Arbeit nicht relevant ist. Es sollte lediglich deutlich gemacht werden, in welchem Zusammenhang CSR zu sehen ist und dass die inhaltliche Bestimmung und Bedeutung der einzelnen Begriffe noch nicht abschließend erfasst ist, besonders hinsichtlich ihrer Unterschiedlichkeit (vgl. auch Laeis 2005: 251ff.)
2.1.2 CSR im Stakeholderdiskurs
Eine besondere Rolle in der Diskussion um CSR spielen die verschiedenen Stakeholder, die mit jeweils unterschiedlichen Interessen an das Unternehmen herantreten, so dass man nach Bassen et al. (2005) CSR im Rahmen des Stakeholder-Dialoges ansiedeln kann. Denn erst die Einflüsse verschiedener Stakeholder treiben die Debatte um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen voran. Unter Stakeholdern versteht man
„(...) all jene (...) Gruppen oder Individuen, von denen das Überleben der Organisation abhängt und die manchmal als primäre Stakeholder bezeichnet werden: Aktionäre, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und wichtige Regierungsstellen. Im weiteren Sinne ist ein Stakeholder jedoch jedes Individuum oder jede Gruppe, die auf die Organisation und ihre Aktivitäten einwirken oder selbst von ihr beeinflusst werden kann, was Produkte, Methoden oder Arbeitsabläufe betrifft.“ (Freeman zit. nach de Colle 2004: 526f.).
Je nach Branche und Unternehmen, aber auch Problemstellung, ändert sich die Zusammensetzung der relevanten Stakeholder und müsste im konkreten Fall spezifiziert und ergänzt werden. Bei dieser Vielzahl von Stakeholdern ist es verständlich, dass deren unterschiedliche Erwartungen und Forderungen an ein Unternehmen konfligieren können, was bei der konkreten Antwort der Unternehmen auf die verschiedenen Stakehol- der-Erwartungen problematisch werden kann. Im Fall von CSR zählen zu den Stakeholdern u.a. NGOs, Investoren, Konsumenten, Unternehmen sowie der staatliche Sektor:
2.2 Handlungsfelder und Formen der sozialen Verantwortung
Bei einer Systematisierung von CSR wird sich üblicherweise auf die Arbeit von Archie B. Carroll bezogen, der mit seiner CSR-Pyramide den wohl am häufigsten diskutierten Vorschlag einer CSR-Systematik darstellt. Dieses ist ein mehrschichtiges Konzept, welches vier miteinander in Interdependenz stehende Aspekte differenziert, wie folgende Abbildung zeigt:
.. .wird von der Gesellschaft gewünscht wird erwartet wird gefordert .wird gefordert
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: CSR-Pyramide nach Carroll (Quelle: eigene Darstellung nach Cra- ne/Matten 2004: 49)
Als Fundament der Pyramide wird die wirtschaftliche Leistung eines Unternehmens gesehen, die Voraussetzung ist, um darüber hinaus gesellschaftlich verantwortlich zu handeln. Nur ein wirtschaftlich gesundes Unternehmen kann sich den weiterführenden Verantwortlichkeiten widmen. Gleichzeitig muss ein Unternehmen die geltenden Gesetze beachten. Darauf baut die ethische Verantwortung auf - es wird erwartet, ethisch richtig zu handeln und ungerechtes Handeln gegenüber den Stakeholdern zu vermeiden. Zusätzlich wird von dem Unternehmen gewünscht, dass es sich als „good corporate citizen“ verhält (vgl. Wieser 2005: 77).5
Diese theoretische Darstellung von CSR ist jedoch wenig aussagekräftig, was die konkreten Handlungsfelder betrifft, in denen CSR wirksam werden soll. Aus dem Grünbuch der Europäischen Kommission lässt sich ableiten, auf welche spezifischen Bereiche sich CSR beziehen solle (2001, www; 2002, www):
- Arbeitsplatz (Diversity, Work-Life-Balance, gerechte Entlohnung etc.)
- Markt (Zulieferkette, Produktsicherheit, Verbraucherinformation etc)
- Gemeinwesen (Spenden, Mitarbeiter-Engagement etc.)
- Umwelt (Ressourceneinsatz, erneuerbare Energien etc.)
Stefanie Hiss (2006: 37ff) schlägt eine alternative Systematisierung vor, welche die Verantwortungsbereiche von CSR näher bestimmt und diese auf dem Kontinuum von gesetzlich vorgeschriebenen Aktivitäten bis hin zu freiwilligen Aktivitäten, die außerhalb der Wertschöpfungskette liegen, beschreibt. Dadurch wird die Spanne gesellschaftlicher Verantwortung deutlich. Anknüpfend daran werde ich kurz die jeweiligen Verantwortungsbereiche und konkrete Initiativen und Instrumente vorstellen, die exemplarisch für den jeweiligen Bereich stehen und das Thema greifbarer machen.
2.2.1 Innerer Verantwortungsbereich: Markt und Gesetz
Laut Hiss (2006: 39) handeln Unternehmen bereits durch die Erfüllung ihrer ökonomischen Funktion und durch die Beachtung von Gesetzen und Abkommen im Sinne einer unfreiwilligen CSR (siehe auch Pyramide von Carroll). Hierbei wird sich hauptsächlich am Profit und an den Interessen ihrer Shareholder orientiert, während weitere Stakehol- der-Interessen zumindest nicht explizit berücksichtigt werden. Doch kann insofern von CSR gesprochen werden, als dass das Unternehmen nicht nur Arbeitsplätze schafft und Güter produziert, sondern Gesetze beachtet und internationale Abkommen anerkennt und damit zu einer Verfestigung des geltenden Rechts beiträgt.6Ein Instrument, das für diesen Verantwortungsbereich kennzeichnend ist, sind die Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO). Es sind vier Grundprinzipien, die das Selbstverständnis und das Handeln der ILO bestimmen (vgl. www.ilo.org):
- Vereinigungsfreiheit und Recht auf Kollektivverhandlungen
- Beseitigung der Zwangsarbeit
- Abschaffung der Kinderarbeit
- Verbot der Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf
Die mittlerweile 178 Mitgliedsstaaten verpflichten sich, diese Konventionen zu respektieren und zu fördern, auch wenn sie diese nicht ratifiziert haben.7Die Kernarbeitsnormen sind zwar Ausdruck „eines breit getragenen internationalen Konsenses im Sinne der Mindeststandards“ (Hiss 2006: 57), da aber nur geringe Sanktionsmöglichkeiten vorliegen, halten viele Staaten und viele multinationale Unternehmen diese nicht ein.
2.2.2 Mittlerer Verantwortungsbereich: Freiwillige CSR in der W ertschöpfungskette
Hier finden sich nach Hiss (2006: 41ff.) freiwillige CSR-Aktivitäten, die mit der Wertschöpfungskette in Zusammenhang stehen. Wenn Unternehmen z.B. freiwillig Arbeitsschutzmaßnahmen bzw. Sozialstandards in ihre Wertschöpfungskette über das gesetzlich geforderte Maß hinaus integrieren, ist dies dem mittleren Verantwortungsbereich zuzuordnen. Diese freiwilligen Selbstverpflichtungen können als „soft laws“ (Hiss 2006: 40) bezeichnet werden, demnach als nicht rechtsverbindliche Übereinkünfte. Ein Beispiel für diesen Bereich stellen Verhaltenskodizes oder ,codes of conducts’ dar. Unternehmen, Verbände oder andere Institutionen verpflichten sich selbst freiwillig zur Einhaltung von bestimmten Standards und Prinzipien. Die meisten Kodizes beziehen sich auf Arbeitsbedingungen, Umwelt- und Verbraucherschutz (vgl. Loew 2006: 11, www). Wie oben erwähnt, sind diese zwar den weichen Regelungsmechanismen zuzurechen, da sie aber oftmals Bestandteil von Vertragsbedingungen sind, erlangen sie eine gewisse Verbindlichkeit. Um diese jedoch verbindlich umzusetzen und zu überprüfen, müssen Kontrollmechanismen hinzugezogen werden. Hier reicht das Spektrum von einem internen bis zu einem verifizierten externen Monitoring (vgl. Hiss 2006: 60ff.)
Eine Initiative in diesem Zusammenhang ist der Global Compact (26.7.2000 von Kofi Annan ins Leben gerufen). Die Teilnahme daran ist freiwillig und hat keine Bindungswirkung. Sein Fokus liegt darauf, als Diskussions- und Lernplattform zwischen den Vereinten Nationen, der Privatwirtschaft, den Regierungen und weiteren Stakeholdern zu fungieren. Für Unternehmen ist eine Beteiligung am Global Compact insofern von Vorteil, als „sie das gute Ansehen der Vereinten Nationen für sich nutzen und dem von Stakeholdern geforderten Bild eines sozial verantwortlichen Unternehmens entsprechen können, ohne diesen Ansprüchen aufgrund der fehlenden Erfolgskontrollen durch eine unabhängige Instanz wirklich gerecht werden müssen“ (Hiss 2006: 82).
Diese Möglichkeit muss bei der Beurteilung der Teilnahme von Unternehmen an solchen Initiativen berücksichtigt und kritisch hinterfragt werden.
2.2.3 Äußerer Verantwortungsbereich: Freiwillige CSR außerhalb der W ertschöpfungskette
In diesem Bereich werden CSR-Aktivitäten zusammengefasst, die in keinem direkten Zusammenhang mit der Wertschöpfungskette des Unternehmens stehen. Die Begriffe Philanthropie, Mäzenatentum oder auch Charity beschreiben Aktivitäten in diesem Bereich adäquat. Wenn sich ein Unternehmen an dem Bau eines Kindergartens beteiligt oder ein Projekt mit Spenden unterstützt, werden damit in der Regel die Arbeitsbedingungen, die in einer Wertschöpfungskette vorherrschen, nicht verbessert, noch deren externe Effekte beeinflusst. Dennoch sind positive Rückwirkungen für das Unternehmen denkbar, da das Interesse der Unternehmen an gesellschaftlichen Problemzusammenhängen oft nicht unbemerkt bleibt (bzw. die Zur-Kenntnisnahme wird von den Unternehmen oft gefördert) (vgl. Hiss 2006: 40f.) Philanthropie, Mäzenatentum oder Charity gehört für viele familien- und eigentümergeführte Unternehmen zu einer lang gewachsenen Tradition, wird aber erst in neuester Zeit als CSR begriffen. In solchen Unternehmen stehen oft einzelne Unternehmerfiguren dahinter, die mit ihrem privaten Engagement auch das Engagement ihrer Firma prägen (vgl. Hiss 2006: 89ff).
Hiss (2006: 41) weist bei ihrer Systematisierung darauf hin, dass die einzelnen Verantwortungsbereiche nicht immer klar voneinander zu trennen sind und oftmals in Wechselwirkung zueinander treten. Zudem sind gewisse Aktivitäten vor dem Hintergrund zu sehen, dass manch freiwillige Aktivität als Versuch, „einer drohenden Gesetzgebung oder internationalen Regulierung (...) vorzugreifen oder diese zu verhindern“, zu sehen ist (Hiss. 2006: 41).
2.3 Ergebnisse zur CSR bei deutschen Unternehmen
Nachfolgend werde ich einige ausgewählte Ergebnisse aus Studien zu CSR in Unternehmen vorstellen, um einen Eindruck der Relevanz von CSR bei Unternehmen zu vermitteln:8
1. Verständnis von gesellschaftlicher Verantwortung:
Die Ergebnisse einer Unternehmensbefragung zur gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen der Bertelsmann Stiftung (2005, www) zeigen, dass die Befragten die
gesellschaftliche Verantwortung primär auf die Verantwortung für den Faktor Arbeit bezogen. Aspekte, die über die eigentliche Unternehmenstätigkeit hinausgehen, wie z.B. Verantwortung für das regionale/lokale Umfeld, für die Umwelt sowie Engagement für Kultur, Wissenschaft und Sport sind von sehr viel geringerer Bedeutung, wie folgende Abbildung zeigt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Verständnis von "gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen“ (Quelle: Bertelsmann Stiftung 2005: 6, www).
2. Einflussfaktoren für gesellschaftliches Engagement
Nach Aussagen der Befragten handeln diese nicht aufgrund äußeren Drucks gesellschaftlich verantwortlich, vielmehr sei dies im Unternehmen selbst angelegt gewesen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Einflussfaktoren für gesellschaftliches Engagement (Quelle: Bertelsmann Stiftung 2005: 10, www).
Differenzierte Ergebnisse zu den Motiven für ein Engagement bietet die Forsa-Umfrage (2005: 23f., www): Bei der Frage danach, warum das Unternehmen sich engagiert, nennen 75% der Unternehmer die Verbesserung des Ansehens des Unternehmens in der Öffentlichkeit. Bei fast ebenso vielen (73%) handelt es sich um das eigene Interesse an einer bestimmten Sache bzw. um das persönliche Engagement für bestimmte öffentliche Aufgaben. 72% erhoffen sich durch ihren Einsatz eine Verbesserung der Kundenbeziehungen. 71% sagen, dass es ihnen vor allem darum gegangen sei, ihre gesellschaftspolitische Verantwortung wahrzunehmen. 65% sehen das ehrenamtliche Engagement auch als Mittel zur Förderung der Mitarbeitermotivation. Die Gewinnung von Kunden (64%) und die Werbung für das Unternehmen (62%) stehen ebenfalls relativ häufig im Vordergrund.
3. Felder des gesellschaftlichen Engagements
Die Bereiche, in denen die Unternehmen Verantwortung übernehmen, sind diejenigen, die sehr eng mit dem Wertschöpfungsprozess des eigenen Unternehmens verbunden sind. Engagement außerhalb des eigenen Unternehmens findet zumeist in Form von Spenden statt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Bedeutung und Umsetzung des Engagements (Quelle: Bertelsmann Stiftung 2005: 16, www)
4. Stellenwert im Unternehmen
Zwar gesteht jeder zweite Manager (51%) dem Thema der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen eine wichtige Rolle zu, gemessen an den Themen „Mitarbeiter“, „Kosten“ und „Wachstum“ spielt die gesellschaftliche Verantwortung jedoch eine eher untergeordnete Rolle und bildet an sich keine Kernfunktion des Unternehmens:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Stellenwert gesellschaftlichen Engagements in den Unternehmen (Quelle: Bertelsmann Stiftung 2005: 19, www).
Dennoch erwartet die Mehrheit der befragten Entscheider (67%), dass das gesellschaftliche Engagement des eigenen Unternehmens in der Zukunft eine höhere Bedeutung haben wird. Besonders interessant ist, dass das gesellschaftliche Engagement immer stärker strategisch geplant wird (62%) (vgl. Bertelsmann 2005: 19, www).
Als Fazit der Studien lässt sich festhalten, dass die Mehrheit der Unternehmen erkannt hat, dass „sich Gewinnstreben und der Einsatz für gesellschaftliche Belange nicht per se ausschließen müssen“ (Bertelsmann Stiftung 2005: 7, www). Es ist zu bemerken, dass es bei gesellschaftlicher Verantwortung von Unternehmen um mehr geht als um Spenden und Sponsoring - es wird zunehmend als integraler Bestandteil der Unternehmenstätigkeit verstanden. Doch die Unternehmen sind sich, nach den Ergebnissen zu urteilen, nicht ausreichend bewusst, welche Bedeutung ein gesellschaftliches Engagements hat: nicht nur, dass nur geringe „operative Ressourcen“ (Bertelsmann Stiftung 2005: 27, www) und knappe Budgets für diesen Bereich zur Verfügung stehen, auch das ganzheitliche Verständnis, welches gerade durch Hiss’ (2006) Verantwortungsbereiche deutlich wird, wird in den Unternehmen (noch) nicht erfasst und umgesetzt.
3 Beratung
Wie die Ausführungen zu CSR zeigen, sind die Aktivitäten im Bereich CSR sehr vielfältig und der Begriff umfasst das breite Feld unternehmerischer Verantwortung. Doch wie wird CSR in einem spezifischen Unternehmen konkret umgesetzt? Hier scheint es kein Patentrezept geben zu können, da jedes Unternehmen mit signifikanten Anforderungen, die sich beispielsweise aus der Geschäftstätigkeit, Unternehmenskultur etc. ergeben, konfrontiert ist.
Eine Möglichkeit der Unterstützung bei der Auseinandersetzung mit CSR ist die Inanspruchnahme von externer Beratung. Wie einleitend erwähnt, hat sich der Beratungsmarkt auf diesen Bedarf hin entwickelt, das Thema als neues Marktsegment für sich entdeckt und stellt nun Beratungsleistungen für Organisationen im Bereich CSR zur Verfügung. Dies steht im Zusammenhang mit Beobachtungen, die darauf hinweisen, dass es kaum mehr ein Thema oder einen gesellschaftlichen Bereich gibt, welches bzw. welcher nicht in den Fokus von Beratern tritt bzw. in dem Beratung nicht in Anspruch genommen wird (vgl. Schützeichel 2004). Durch die immer selbstverständlicher werdende Einschaltung von Beratung haben Berater einen großen Spielraum, um Einfluss auf Organisationen zu nehmen. So können Berater nicht nur Organisationen dahingehend beeinflussen, wie diese sich organisieren, strukturieren und letztendlich Probleme lösen, sondern können ihre Problemdefinition und damit einhergehende Lösungsansätze transorganisational verbreiten (vgl. Kieser 2005; Faust 2002). Inwiefern dies im Feld CSR auch gegeben ist, bleibt noch zu klären.
Dieses Kapitel stellt den theoretischen Hauptteil dar, da hier die Grundlagen für das theoretische Verständnis der qualitativen und quantitativen Verbreitung von CSR gelegt werden. Es ist in drei Abschnitte unterteilt: Im ersten Abschnitt werden zunächst einmal grundlegende Fragen zu Beratung geklärt - was versteht man unter Beratung und was qualifiziert eine Beratungssituation (Kap. 3.1)? Danach wird kurz dargestellt, was das Spezifische an Unternehmensberatung ist, um die es in dieser Arbeit vorwiegend geht (Kap. 3.2). Wie einleitend angeführt, ist CSR eingebettet in die Unternehmensethik zu begreifen, so dass in Kap. 3.3 einige Ansätze ethischer Unternehmensberatung dargestellt werden. In diesem Zusammenhang werden in Kap. 3.4 Besonderheiten ethischer
Beratung berücksichtigt, da die Besonderheiten des Beratungsgegenstandes Bedeutung für die Verbreitung von CSR haben (vgl. Bamberg 2006). Diese Ausführungen bilden den Hintergrund für die qualitative Verbreitung, die ich untersuchen möchte. Im zweiten Abschnitt wird die Rolle von Beratung9bei der Verbreitung und Entwicklung von Managementwissen thematisiert, wobei dies zunächst aus dem Neo-Institutionalismus heraus geklärt wird (Kap. 3.5), um dann zu spezifizieren, wie Beratung anhand verschiedener Foren und Mechanismen Managementwissen verbreitet (Kap. 3.6). Dieser Teil ist als theoretischer Hintergrund für die quantitative Verbreitung zu sehen.
3.1 Begriffserläuterung Beratung
Eine allgemein gültige Definition des Beratungsbegriffes fehlt, was u.a. der Vielzahl von verschiedenen Beratungsansätzen geschuldet ist. Es gibt jedoch einige grundsätzliche Merkmale, auf die sich die meisten Definitionen berufen. Aus diesen lässt sich nach Alemann (2002: 26) folgende Definition ableiten: In einer Beratung kommen mindestens zwei Personen zusammen, von denen sich eine (Klient) beraten lassen will und die andere (Berater) beraten soll oder will. Der Klient kann sowohl eine Person, Gruppe oder Organisation sein. Dabei soll ein bestehendes oder potentielles Problem durch Kommunikation und Interaktion gelöst werden. Die Beziehung zwischen den beiden Kommunikationspartnern ist zum einen freiwillig und zum anderen zeitlich befristet. Die Position des Beraters ist die eines externen Beobachters, wobei immer eine Asymmetrie hinsichtlich der Strukturierung von Kommunikation und Einfluss sowie eine Kompetenzdifferenz bei der Definition bzw. Diagnose der Probleme zugunsten des Beraters vorhanden sind. Folgende Abbildung verdeutlicht diese Konstellation:
Asymmetrische Kommunikation über
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Freiwillige und zeitlich befristete Beziehung
Abbildung 7: Beratung als Interaktion (Quelle: Alemann 2005: 27).
Beratung unterstützt Personen oder Organisationen10in „Orientierungs- oder Entscheidungsprozessen“ (Alemann 2002: 25), wobei der Klient (Person oder Organisation) zunächst einmal befähigt werden soll, seine Interessen und Ziele zu reflektieren und zu artikulieren, um darauf aufbauend mit ihm gemeinsam Interventionen, Maßnahmen und Aktivitäten zu planen und durchzuführen. Anschließend muss der Berater diese Interventionen steuern, betreuen und auch evaluieren können. Letztendlich ist das Ziel von Beratung die Selbstreflexions- und Selbststeuerungsmöglichkeiten des Klienten zu verbessern (vgl. Alemann 2002: 25).
Bei einer Beratung liegt, wie erwähnt, üblicherweise eine Wissens- oder Informationsdifferenz hinsichtlich der Definition und Lösung des Problems sowie der Anwendung professioneller Standards zwischen dem Berater und dem Ratsuchenden vor. Diese Wissensasymmetrie zuungunsten des Klienten ist die Voraussetzung für Beratung, sonst wäre es nicht nötig, sich beraten zu lassen (vgl. Schützeichel 2004: 276, vgl. auch Krö- ber 1991: 31). Dabei kann nicht nur ein Mangel an Wissen oder Information zur Inanspruchnahme an Beratung führen, sondern auch ein Overflow an Informationen, welches dann Entscheidungen aufgrund der Komplexität und Fülle an Wissen hemmt (vgl. Schützeichel 204: 276f.; Alemann 2002: 26).
Trotz des Wissensvorsprungs des Beraters liegen die Entscheidungen beim Klienten. Dieser muss festlegen, welchen Handlungsoptionen er folgen will, welche Konsequenzen er dabei gegebenenfalls tragen will und ob er überhaupt den Rat in seine Aktivitäten miteinbezieht (vgl. Schützeichel 2004: 277).
[...]
1Siehe exempl. »Harvard Business Manager« mit dem Schwerpunkt Verantwortung Januar 2007; Sonderbeilage der »Financial Times« 2xjährlich; Schwerpunkt „Verantwortung übernehmen“ bei »Brand Eins« Oktober 2004 sowie diverse Artikel auch jenseits der Wirtschaftpresse.
2Hierunter sind Begrifflichkeiten wie Managementkonzepte, -modelle, -systeme,
-methoden, -instrumente und -techniken subsumiert, die in dieser Arbeit synonym verwendet werden. Nähere Ausführungen zu den einzelnen Begriffen siehe Höllermann (2004).
3Neben dem DAX gibt es den „Dow Jones Sustainability Group Index“, um Leistungen von Unternehmen auch nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten beurteilen zu können (vgl. Bethin/Vandenhende 2003: 201).
4 In den USA und im angelsächsischen Raum werden andere Aspekte in der Debatte um CSR betont, doch auf diese Unterschiede wird in hier nicht eingegangen, da deutsche Unternehmen und somit die europäische Perspektive auf CSR im Mittelpunkt stehen. Zum Verständnis der angloamerikanischen Debatte um CSR und Unternehmensethik exempl. siehe Crane/Matten 2007.
5 In dieser Systematisierung wird Corporate Citizenship als Teil des Konzeptes CSR angesehen.
6Hiss (2006: 40 ff.) macht am Beispiel von multinationalen Unternehmen deutlich, dass es keineswegs selbstverständlich ist, dass diese ausnahmslos alle Gesetze beachten, insbesondere nicht in Entwicklungsländern. Es gibt für Unternehmen Handlungsspielräume, inwieweit sie in ihrem wirtschaftlichen Handeln die existierenden Gesetze, internationale Abkommen usw. respektieren.
7 Bislang haben über 100 ILO-Mitgliedsstaaten alle Kern- oder Menschenrechtsübereinkommen ratifiziert. Zu ihnen gehört auch Deutschland. (vgl. www.ilo.org/public/german/region/eurpro/bonn/ilo_kernarbeitsnormen.htm).
8Die gesamten Studienergebnisse, sowohl der Bertelsmann Stiftung als auch der Forsa, sind auf der beigelegten CD enthalten.
9Ab diesem Abschnitt wird der Begriff ‘Beratung’ synonym zu ‘Unternehmensberatung’ benutzt.
10Wobei auch hier bedacht werden muss, dass eine Organisation aus Personen besteht und damit Personen in Organisationen beraten werden, die dann die Entscheidungen für die Organisation treffen.