Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Roman „Lucinde“ von Friedrich Schlegel. Herausgearbeitet werden sollen vor allem die androgynen und emanzipatorischen Motive des Romans. Während Androgynie heute noch relativ ähnlich definiert wird wie zu Schlegels Zeiten, hat der Begriff der Emanzipation insbesondere der
Frauenemanzipation einen deutlichen Bedeutungswandel erfahren. Das liegt vor allem daran, dass die eigentliche Frauenbewegung nach der Französischen Revolution noch in den Kinderschuhen steckte und sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft im Laufe der Zeit deutlich gewandelt hat. Darum wird im ersten Teil der Hausarbeit vor allem auf
das Frauenbild und -ideal des 18. Jahrhunderts eingegangen.
Anschließend soll das Frauen- und Männerbild in Schlegels Roman mit den gängigen Vorstellungen verglichen werden. Hervorgehoben werden vor allem die Abweichungen von den gesellschaftlichen Konventionen, die das Werk zu einem Skandal werden ließen. Nicht unschuldig an der negativen Rezeption des Werkes ist wohl auch die Ähnlichkeit mit Schlegels eigenem Liebesleben, weshalb dieses in einem eigenen
Kapitel kurz vorgestellt werden soll.
Am Ende der „Lehrjahre der Männlichkeit“ entwirft Schlegel zudem eine für das 18. Jahrhundert außergewöhnliche Form einer Liebesbeziehung, in der Sinnen- und Seelenliebe vereint sind. Diese Beziehung soll ebenfalls kurz vor- und den gängigen Beziehungen gegenübergestellt werden.
Ein weiterer Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den androgynen Motiven der „Lucinde“. Es soll vor allem geklärt werden, ob und inwieweit es sich hierbei um echte Androgynität handelt und auf die Funktion dieser Motive eingegangen werden.
Das letzte Kapitel und damit die Schlussbetrachtung enthält die kritischen Frage, ob bei Schlegels „Lucinde“ überhaupt von einem emanzipatorischen Werk die Rede sein kann und wenn ja, inwiefern sich diese Emanzipation durch die im Roman vertretene Androgynie verwirklichen lässt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung .
2. Die Frau Ende de18. Jahrhundert
2.1 Die ziale ellung der Frau
2.2 DaFrauenideal
2.3 Ehe
2.4 Die Emanzipation der Frau
3. DaFrauenbild in „Lucinde“
3.1 hlegelFrauenbild
3.2 DaFrauenbild im Roman
3.2.1 Litte
3.2.2 Loui
3.2.3 Caroline
3.2.4 Lucinde
3.3 Entwurf einer idealen Liebeeziehung
4. Daandrogyne Ideal
5. Emanzipation durch Androgynie?
7. Literatur- und glenverzeichni
1. Einleitung
Diese Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Roman „Lucinde“ von Friedrich Schlegel. Herausgearbeitet werden sollen vor allem die androgynen und emanzipatorischen Motive des Romans. Während Androgynie heute noch relativ ähnlich definiert wird wie zu Schlegels Zeiten, hat der Begriff der Emanzipation insbesondere der Frauenemanzipation einen deutlichen Bedeutungswandel erfahren. Das liegt vor allem daran, dass die eigentliche Frauenbewegung nach der Französischen Revolution noch in den Kinderschuhen steckte und sich die Rolle der Frau in der Gesellschaft im Laufe der Zeit deutlich gewandelt hat. Darum wird im ersten Teil der Hausarbeit vor allem auf das Frauenbild und -ideal des 18. Jahrhunderts eingegangen.
Anschließend soll das Frauen- und Männerbild in Schlegels Roman mit den gängigen Vorstellungen verglichen werden. Hervorgehoben werden vor allem die Abweichungen von den gesellschaftlichen Konventionen, die das Werk zu einem Skandal werden ließen. Nicht unschuldig an der negativen Rezeption des Werkes ist wohl auch die Ähnlichkeit mit Schlegels eigenem Liebesleben, weshalb dieses in einem eigenen Kapitel kurz vorgestellt werden soll.
Am Ende der „Lehrjahre der Männlichkeit“ entwirft Schlegel zudem eine für das 18. Jahrhundert außergewöhnliche Form einer Liebesbeziehung, in der Sinnen- und Seelenliebe vereint sind. Diese Beziehung soll ebenfalls kurz vor- und den gängigen Beziehungen gegenübergestellt werden.
Ein weiterer Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den androgynen Motiven der „Lucinde“. Es soll vor allem geklärt werden, ob und inwieweit es sich hierbei um echte Androgynität handelt und auf die Funktion dieser Motive eingegangen werden. Das letzte Kapitel und damit die Schlussbetrachtung enthält die kritischen Frage, ob bei Schlegels „Lucinde“ überhaupt von einem emanzipatorischen Werk die Rede sein kann und wenn ja, inwiefern sich diese Emanzipation durch die im Roman vertretene Androgynie verwirklichen lässt.
2. Die Frau Ende des 18. Jahrhunderts
Das Frauenbild und die Stellung der Frau im 18. Jahrhundert unterscheiden sich deutlich von dem des 21. Jahrhunderts. Während Schlegels „Lucinde“ nach Erscheinen 1799 als Skandal wahrgenommen wurde, würde ein solches Werk heute kaum noch Aufsehen erregen. Ebenso wenig würde man noch von einem emanzipatorischen Werk sprechen. Zur Zeit des Romans sah das allerdings noch ganz anders aus. Um die emanzipatorischen Motive daher ausfindig machen zu können, müssen zunächst die soziale Stellung der Frau im 18. Jahrhundert, sowie das Frauenideal und die ersten aufkommenden emanzipatorischen Gedanken erläutert werden.
2.1 Die soziale Stellung der Frau
Die soziale Stellung der Frau im 18. Jahrhundert ist vor allem auf ihre Tätigkeit im Haus beschränkt. Sie hatte als Gattin, Hausfrau und Mutter für ein reibungsloses Funktionieren des Haushaltes zu sorgen, erhielt dafür allerdings kaum Anerkennung. Neben zahlreichen Pflichten rund um die Haushaltsführung und Kindererziehung wurde sie noch nicht einmal als Rechtsperson anerkannt und war von ihrem Ehemann in vielfacher Hinsicht vollkommen abhängig:
Die Familie konnte wohl festes Unterkommen und sozialen Schutz gewähren, enthielt jedoch keine festen Regelungen von Arbeitszeit oder-lohn(deutlich erkennbar in der gesellschaftlich und religiös geringen Werteinschätzung der dienenden, arbeitenden Frau), keinen Schutz für die abhängigen Mitglieder (Frauen, Kinder, Dienstboten) gegen die Übergriffe des autoritären Hauspatriarchen (körperliche Züchtigung, sexuelleÜbergriffe), erlaubte keine eigene Entscheidung über lebenswichtige Fragen(Beruf, Heirat) und keine Verfügungsgewaltüber eigenes Vermögen; die Familie gewährte der Frau weder Anerkennung noch Schutz als eigenständige Rechtsperson. Für alle diese Bereiche traf einzig und allein der„Hausvater“ rechtlich und moralisch alle Entscheidungen.1
Die Frau hatte nicht selten den ganzen Tag selbstständig und ohne Unterlass zu arbeiten, durfte und konnte aber keine eigenen Entscheidungen treffen. Das hatte zur Folge, dass neben der Rechtlosigkeit noch eine nicht zu unterschätzende „Gesichtslosigkeit“2hinzukam. Das heißt, die Frau war durch die äußeren Umstände dazu gezwungen sich voll und ganz auf das Wohl ihrer Familie zu konzentrieren und ihre eigene Persönlichkeit zurückzustellen bzw. konnte diese erst gar nicht richtig ausbilden. Außerdem erhielten Frauen kaum Bildung, da diese den Männern vorbehalten war. Zwar gab es seit dem 18. Jahrhundert schon verschiedene Möglichkeiten der Mädchenbildung, die eine zunehmende Individualität ermöglichen konnte, diese war aber minimal und lediglich Mädchen aus der Mittel- und Oberschicht vorbehalten3. Die Ausbildung beschränkte sich auf Grundkenntnisse im Lesen, Schreiben, Rechnen und in der Religion. Mehr Beachtung wurde den geselligen Künsten und verschiedenen „weiblichen“ Fertigkeiten wie Benehmen in der Gesellschaft, Haushaltsführung usw. geschenkt.
Frauen außerhalb der vermeintlichen Geborgenheit des Hauses hatten es um einiges schwerer. Sie führten meist ein Leben als Verstoßene und mussten allein um ihren Unterhalt und ihr Leben kämpfen. Dabei handelt es sich vor allem um Mätressen, Kindsmörderinnen und so genannte Hexen - meist Unverheiratete und damit für das gesellschaftliche System gefährliche Frauen - die ein anderes Leben als das sozial angesehene führten und nicht als Magd o. Ä. in einem bürgerlichen Haushalt unterkamen4. Einen etwas anderen Status hatten Schauspielerinnen, die zwar genauso wenig Rechte besaßen wie andere Frauen, dennoch eine gewisse Anerkennung genossen und halbwegs unabhängig vom Mann ihren Lebensunterhalt bestritten5.
Zu der Rechts- und Gesichtslosigkeit der Frau kam, dass Frauen auch von der Geschichtsschreibung kaum beachtet wurden. Während dort vor allem die Verdienste und Taten der Männer eine große Rolle spielten, fanden Frauen nur äußerst selten Erwähnung. Sie führten ein Dasein im Schatten ihrer Männer und wurden - wenn überhaupt - nur im Zusammenhang mit diesen erwähnt6.
2.2 Das Frauenideal
Die Rolle der Frau im sozialen Gefüge des 18. Jahrhunderts war zwar eine unbeachtende, dennoch keine unbedeutende. Die Frau kümmerte sich darum, dass in Haus und Hof und in der Familie alles reibungslos funktionierte und hielt so dem Mann den Rücken für seine - hoffentlich - gewinnbringenden Geschäfte oder andere Aufgaben außerhalb des Hauses frei. Kein Wunder also, dass sie zahlreichen Ansprüchen zu genügen hatte. In der so genannten Hausväterliteratur können die einzelnen Aufgaben der „Hausmutter“ nachgelesen werden: Kochen, Backen, Brauen, Seife machen, Lichter ziehen, Wäsche waschen und vieles mehr - und das alles neben der Kindererziehung und ohne den heutigen Komfort. Die Hausmutter des 18. Jahrhunderts hatte also einen arbeitsreichen Tag, durfte aber trotz allem ihr Äußeres und ihr Benehmen nicht vernachlässigen: „Liebe, Güte, Gefühl, Rezeptivität, Religiosität, Passivität, Selbstverleugnung, Hilfsbereitschaft, Tugend, Anmut, Schönheit“7 sollen die typisch weiblichen Geschlechtsmerkmale sein, nicht zu vergessen die Mütterlichkeit.
2.3 Ehe
Die Partnerwahl bei einer Heirat ging ausschließlich vom Mann aus - die Frau konnte gegebenenfalls noch ablehnen oder zustimmen. Der Mann achtete dabei nicht nur darauf, dass die Frau möglichst alle oben aufgezählten Tätigkeiten gut beherrschte und standesgemäß war, sondern auch darauf, dass sie möglichst jung und biegsam war8. Da die Ehefrau nach solch oberflächlichen Kriterien ausgesucht wurde, galten sinnliche und geistige Liebe als unvereinbar. Die sinnliche Frau, die ihren Trieb auslebte, wurde gering geschätzt, eine Auslebung der Triebe nur in der Ehe zur Fortpflanzung anerkannt9. Die Ehe beruhte daher auf einer reinen Zweckgemeinschaft in der die Frau dem Mann untergeordnet war, nicht aber auf einer echten und gleichberechtigten Liebesbeziehung.
2.4 Die Emanzipation der Frau
Das Wort „Emanzipation“ bedeutet allgemein eine Befreiung von Bevormundung. Die Verknüpfung des Wortes mit der Emanzipation der Frau geschah ungefähr ab Mitte des 19. Jahrhunderts, als verschiedene Frauenbewegungen um Wahlrecht, bessere Lebensbedingungen, Bildung und Berufsfreiheit, Persönlichkeitsbildung, Vereinbarkeit von Beruf und Mutterschaft, eine freie Sexualmoral verbunden mit Schwangerschaftsverhütung und -abbruch, gleiche Erziehung von Mädchen und Jungen und anderes kämpften sowie vieles davon auch durchsetzen konnten10. Das Vorangegangene lässt unschwer erkennen, dass die Emanzipation der Frau im 18. Jahrhundert noch nicht allzu weit fortgeschritten war. Zwar wurden die Forderungen der Französischen Revolution nach Freiheit und Gleichheit zunächst auch auf die Frauen und die Mädchenbildung übertragen, nur wenige Jahre später wurden allerdings wieder die konservativen Werte propagiert11.
Es kann also davon ausgegangen werden, dass zur Zeit des Erscheinens der „Lucinde“ die Frauenemanzipation noch kein allgemeines Thema war, obwohl sie schon vorsichtig begonnen hatte. Emanzipatorische Themen in Schlegels Werk - und seien sie aus heutiger Sicht noch so unscheinbar - waren darum umso brisanter und der Realität ein weites Stück voraus.
[...]
1Barbara Becker-Cantarino: (Sozial)Geschichte der Frau in Deutschland, 1500-1800. Ein Forschungsbericht. In: Barbara Becker-Cantarino (Hg.): Die Frau von der Reformation zur Romantik. Die Situation der Frau vor dem Hintergrund der Literatur- und Sozialgeschichte. Bonn: Bouvier 1980, S. 254.
2Vgl. ebd. S. 246.
3Vgl. ebd. S. 267.
4Vgl. ebd. S. 256.
5Vgl. ebd. S. 262.
6Vgl. ebd. S. 247f.
7Barbara Becker-Cantarino: (Sozial)Geschichte der Frau in Deutschland, 1500-1800. Ein Forschungsbericht. In: Barbara Becker-Cantarino (Hg.): Die Frau von der Reformation zur Romantik. Die Situation der Frau vor dem Hintergrund der Literatur- und Sozialgeschichte. Bonn: Bouvier 1980, S. 247.
8Vgl. ebd. S. 112.
9Vgl. Friedrich Schlegel: Lucinde. Kritische Friedrich-Schlegel-Ausgabe. Hg. von Ernst Behler, JeanJacques Anstett und Hans Eichner. Bd. 5: Dichtungen. München/Paderborn/Wien: Schöningh; Zürich: Thomas 1962, S. XXIII.
10Vgl. Florence Hervé (Hg.): Geschichte der deutschen Frauenbewegung. Köln: Pahl-Rugenstein 1982.
11Vgl. Barbara Becker-Cantarino: (Sozial)Geschichte der Frau in Deutschland, 1500-1800. Ein Forschungsbericht. In: Barbara Becker-Cantarino (Hg.): Die Frau von der Reformation zur Romantik. Die Situation der Frau vor dem Hintergrund der Literatur- und Sozialgeschichte. Bonn: Bouvier 1980, S. 266.
- Arbeit zitieren
- Jessica Rohrbach (Autor:in), 2008, Androgynie und Emanzipation in Friedrich Schlegels "Lucinde", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151281
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