Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Pius XI
Die Enzyklika Mit brennender Sorge
Die Reaktion auf die Rassengesetze
Pius XII
Übergang zu leiser Diplomatie
Antrittsenzyklika Summi pontificatus
Die Weihnachtsbotschaft 1942
Mögliche Gründe dafür, dass Pius XII. nicht laut protestierte
Die Deportation der römischen Juden im Oktober 1943
Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Einleitung
In dieser Arbeit soll es um ein Thema gehen, zu dem schon viel geforscht und publiziert wurde: Das Verhalten der Päpste zur Judenverfolgung und -vernichtung vor und während des Zweiten Weltkrieges. Schwerpunktmäßig soll es um Papst Pius XII. gehen, der ein halbes Jahr vor Kriegsbeginn zum Papst gewählt wurde. Ihm wird von vielen Kritikern vorgeworfen, dass er nicht laut genug gegen die Judenverfolgung und Deportation in die Vernichtungslager protestiert hat, zuweilen wird auch vom „Schweigen“ des Papstes zur Judenvernichtung gesprochen.
Vergleichend sollen in dieser Hausarbeit mehrere Werke zum Thema befragt werden. Dabei soll in chronologischer Reihenfolge auf einige zentrale Äußerungen und Maßnahmen der Päpste eingegangen werden, die von verschiedenen Autoren unterschiedlich bewertet werden.
Pius XI
Die Enzyklika Mit brennender Sorge
Zunächst soll es um die Enzyklika Mit brennender Sorge gehen, die Pius XI. im Jahr 1937 veröffentlicht hat und an der Eugenio Pacelli, der Kardinalstaatssekretär und spätere Papst Pius XII., entscheidend mitgewirkt hat.
Das Besondere an dieser Enzyklika ist, dass sie nicht wie üblich in lateinischer, sondern in deutscher Sprache verfasst wurde. Sie richtet sich „an die Erzbischöfe und Bischöfe Deutschlands und die anderen Oberhirten, die in Frieden und Gemeinschaft mit dem apostolischen Stuhl leben“[1] und es geht darin um „die Lage der katholischen Kirche im deutschen Reich.“
Pius XI. prangert an, dass Deutschland immer wieder gegen das Reichskonkordat, das er 1933 mit Deutschland ausgehandelt hatte, verstoßen hat. Er kritisiert, „wie von der anderen Seite die Vertragsumdeutung, die Vertragsumgehung, die Vertragsaushöhlung, schließlich die mehr oder minder öffentliche Vertragsverletzung zum ungeschriebenen Gesetz des Handelns gemacht wurden.“ Er macht darauf aufmerksam, dass der Heilige Stuhl immer wieder dagegen protestiert hat:
Wir sind, Ehrwürdige Brüder, nicht müde geworden, den verantwortlichen Lenkern der Geschicke Eures Landes die Folgen darzustellen, die aus dem Gewährenlassen oder gar aus der Begünstigung solcher Strömungen sich zwangsweise ergeben müßten. Wir haben alles getan, um die Heiligkeit des feierlich gegebenen Wortes, die Unverbrüchlichkeit der freiwillig eingegangenen Verpflichtungen zu verteidigen gegen Theorien und Praktiken, die – falls amtlich gebilligt – alles Vertrauen töten und jedes auch in Zukunft gegebene Wort innerlich entwerten müßten.
Dann verurteilt er die Rassenideologie der Nationalsozialisten:
Wer die Rasse, oder das Volk, oder den Staat, oder die Staatsform, die Träger der Staatsgewalt oder andere Grundwerte menschlicher Gemeinschaftsgestaltung – die innerhalb der irdischen Ordnung einen wesentlichen und ehrengebietenden Platz behaupten – aus dieser ihrer irdischen Wertskala herauslöst, sie zur höchsten Norm aller, auch der religiösen Werte macht und sie mit Götzenkult vergöttert, der verkehrt und fälscht die gottgeschaffene und gottbefohlene Ordnung der Dinge. Ein solcher ist weit von wahrem Gottesglauben und einer solchem Glauben entsprechenden Lebensauffassung entfernt.
Er betont, dass es eine Irrelehre sei, „Gott, den Schöpfer aller Welt, den König und Gesetzgeber aller Völker, vor dessen Größe die Nationen klein sind wie Tropfen am Wassereimer, in die Grenze eines einzelnen Volkes, in die blutmäßige Enge einer einzelnen Rasse einkerkern zu wollen.“
Es wird deutlich, dass sich Pius XI. offen an das deutsche Volk wendet und klar und eindeutig formuliert, was er von der NS-Ideologie hält. Sánchez bewertet diese Enzyklika als einen energischen Einspruch des Papstes gegen die Rassenpolitik in Deutschland.[2] Lill schätzt das Auftreten Pius XI. als „entschieden“[3] ein.
Die Enzyklika wurde am 21.03.1937, am Palmsonntag in allen deutschen Kirchen verlesen. Die Reaktionen in Deutschland waren „Verhaftungen, Beschlagnahmungen, Enteignungen, [die] über die deutsche Kirche“ niedergingen.[4]
Sánchez hält fest, dass die Verlesung dieser Enzyklika jedoch einen geringen Einfluss auf die deutschen Katholiken hatte. Es gäbe kein Anzeichen dafür, dass diese daraufhin das deutsche Regime weniger unterstützten.
[...]
[1] Die folgenden Zitate aus der Enzyklika entstammen der Website: http://www.vatican.va/holy_father/pius_xi/encyclicals/documents/hf_p-xi_enc_14031937_mit-brennender-sorge_ge.html.
[2] Sánchez, José M.: Pius XIII. und der Holocaust. Anatomie einer Debatte. Paderborn: Schöningh, 2003, S. 70.
[3] Lill, Rudolf: Die Macht der Päpste. Kevelaer: Lahn, 2006, S. 149.
[4] Brechenmacher, Thomas: Der Vatikan und die Juden. Geschichte einer unheiligen Beziehung vom 16. Jahrhundert bis zur Gegenwart. München: Beck, 2005, S. 184.