Vom Kirchturm zur Destination

Auswirkungen der Tourismusfusionierung in Tirol


Mémoire (de fin d'études), 2009

64 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1. Problemstellung
1.2. Zielsetzung
1.3. Forschungsfrage
1.4. Hypothesen

2. Destination vs. Region

3. Wettbewerbsfähigkeit
3.1. Das Wettbewerbsmodell von BAK BASEL
3.2. Das Wettbewerbsmodell von Dwyer und Kim

4. Der Fusionierungsprozess
4.1. Finanzierung der Tourismusorganisationen
4.2. Konfliktpotenzial und Interessensgegensätze

5. Innenmarketing
5.1. Identifikation, Motivation und Unternehmenskultur als Erfolgsfaktoren für touristische Destinationen

6. Markenmanagement
6.1. Markenmanagement am Beispiel Ötztal Tourismus

7. Maßnahmenkatalog

8. Zusammenfassung

9. Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Destinationsdefinition in Abhängigkeit der Distanz, in Anlehnung an Bieger, T. (2008), S.58

Abb. 2: Tourismusverbände in Tirol, Stand Jänner 2003, Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung, Abt. Tourismus, online

Abb. 3: Tourismusverbände in Tirol, Stand Jänner 2008, Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung, Abt. Tourismus, online

Abb. 4: Interessensystem in einer Destination, in Anlehnung an Bieger, T. (2008), S. 237

Abb. 5: interne Kommunikation gegenüber allen Multiplikatoren, Quelle: eigene Darstellung

Abb. 6. Aufbau einer Marke, Quelle: Marken Analyse Ötztal, Ötztal Tourismus

Abb. 7: Markenkern der Marke Ötztal, Quelle: Marken-Analyse Ötztal, Ötztal Tourismus

Abb. 8: stilistische Symbole der Marke Ötztal, Quelle: Ötztal Tourismus

1. Einleitung

Tirol – ein touristisches Vorzeigeland weltweit. Mit 43,4 Millionen Nächtigungen und einer Gesamtwertschöpfung von rund 3 Mrd. Euro1 gilt Tirol auch als die Tourismushochburg Österreichs. Jedoch birgt großer Erfolg und ein boomender, starker Markt auch meist großen Wettbewerb. Tirol verfügte 1991 über einen Höchststand von 254 Tourismusverbänden, von denen manche mit einem Budget von weniger als 7.000 Euro Tourismusmarketing betreiben sollten.2

Die Wettbewerbsfähigkeit der Tourismusdestinationen steht auf dem Prüfstand. Veränderungen auf den Märkten, besonders sinkende Nachfrage nach traditionellen Destinationen, Auslastungsrückgänge, Überkapazitäten, Kostendruck und Liquiditässchwierigkeiten verstärken latent vorhandene Ineffizienzen der Tourismusorganisationen, die für die Koordination des Tourismus in traditionellen Destinationen verantwortlich zeichnen.3

So erkennt auch Weiermair bereits 2001 die nötige Entwicklung für den Tourismus im Alpenraum:

Dass der Weg der alpinen Tourismuswirtschaft in Richtung größere Wettbewerbsfähigkeit gehen muss und dass es dafür größere, vernetzte Firmen oder Verbundenheiten geben wird, steht für viele Tourismusexperten fest. 4

Vor dem Hintergrund des stetig steigenden Wettbewerbs- und Kostendrucks hat die Tiroler Landesregierung die Initiative zum Zusammenschluss der lokalen Tourismusverbände zu größeren regionalen Einheiten ergriffen. Ein solcher Schritt muss wohl überlegt, genau geplant und auch wissenschaftlich begleitet werden, bringt er doch für alle Beteiligten große Veränderung in vielen Bereichen. Im Leitfaden zur Destinationsentwicklung beschreibt die Tirol Werbung (in weiter Folge TW genannt) die Komplexität der bevorstehenden Projekte:

Das rasche Voranschreiten der Fusion von Tourismusverbänden in Tirol sowie die damit verbundene Entstehung neuer und zum Teil sehr großer Verbände stellt die betroffenen Organisationen vor große Herausforderungen. 5

Dieses Handbuch führt zwei weitere komplexe Aufgabenfelder an, welche es in diesem Zusammenhang zu bewältigen gibt:

- Der Aufbau effizienter Managementstrukturen in den neuen Tourismusverbänden, einschließlich der Optimierung aller Aufgabenfelder und Arbeitsabläufe.
- Die Weiterentwicklung der neuen Tourismusverbände zu funktionierenden, marktorientierten Destinationen.6

In einer Branche mit großen emotionalen Hintergründen wie dem Tourismus sind solche Vorhaben mit genügend Fingerspitzengefühl, wohl geplanten Überlegungen und mit ausreichend Mut und Innovation zu bewältigen.

Aus welchen strategischen Gründen diese Fusionierungen stattgefunden haben, welche Ergebnisse erzielt wurden und welche Auswirkungen damit verbunden sind, wird im Rahmen dieser Arbeit analysiert.

1.1. Problemstellung

Durch die gesetzmäßige „Zwangshochzeit“ der touristischen Zielgebiete in Tirol ergeben sich zahlreiche Folgen, die für die einzelnen Wettbewerber sowohl positive Effekte, als auch große Herausforderungen bedeuten.

Die Überführung dieses regionalwirtschaftlichen Tourismusparadigmas in das dem Destinationsgedanken innewohnende wettbewerbsorientierte Denken birgt verschiedene tourismuspolitische und finanzwirtschaftliche Herausforderungen. 7

Sämtlichen Fusionierungen, Zusammenlegungen, Übernahmen oder dergleichen, sowohl im öffentlichen als auch im privatwirtschaftlichen Bereich liegt der Gedanke von Synergiepotenzialen zu Grunde. Um solche Potenziale optimal ausschöpfen zu können, bedarf es des konkreten Willens und des nötigen Engagements für eine erfolgreiche Zusammenarbeit aller Beteiligten, wie sie in einigen Regionen bereits erfolgreich stattfindet. Von solchen Synergien können meist keine Anspruchsgruppen und Leistungsträger ausgeschlossen werden, und stellen somit oft ein öffentliches Gut dar.

Innovation hat aus der Sicht von Tourismusorganisationen den Charakter eines öffentlichen Gutes. Es ist weniger Aufgabe dieser Organisationen, innovative Produkte als vielmehr ein innovatives Klima in der Region zu schaffen. 8

Öffentliche Güter sind jene, die der Markt nicht zu vertretbaren Preisen oder auch gar nicht zur Verfügung stellt bzw. stellen kann, wie z.B. Gesundheit, Frieden, Gerechtigkeit, Sicherheit etc. Unter öffentlichen Gütern versteht man solche, bei denen man einen Nutzungsausschluss nicht geltend machen kann und Nichtrivalität bei ihrer Nutzung gegeben ist. Wenn diese Güter hergestellt werden, haben also allen einen Nutzen davon.9

Neben der Schwierigkeit der Bereitstellung von unterschiedlichen Leistungsbündeln, der Heterogenität der einzelnen Anbieter stellt zudem die Streuung der Eigentumsverhältnisse, welchen sich aus dem kontinuierlichen Wachstum von traditionellen Destinationen im Alpenraum ergeben hat, sowie das dezentral angesiedelte Innovationspotenzial von Tourismusunternehmen ein Problem hinsichtlich einer zentralen Management- und Organisationsinstanz dar. 10

Da Tourismus in Tirol noch vor wenigen Jahren von mehr als 250 unabhängigen Anbietern bestritten wurde, und diese eigentlich in einem konkurrierendem Verhältnis zueinander gestanden haben, wird es als eine der zentralen Aufgaben angesehen werden den Gedanken vom ich zum wir zu stärken. Vom Kirchturmdenken zur Destination. Um optimale Marktauftritte, innovative touristische Leistungsangebote oder erfolgreiche Positionierungen der 36 neuen Destinationen bewerkstelligen zu können, muss zunächst die Sicherstellung einer erfolgreichen, synergieorientierten operativen Arbeit in den einzelnen Regionen gewährleistet sein. Hier gilt es die Idee der Kooperation weiterzuentwickeln und zu stärken.

Schließlich ist es im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung unabdingbar, dass sich Vertreter touristischer Unternehmen und insbesondere der Tourismusorganisationen mit der lokalen und regionalen Politik befassen und darin aktiv mitwirken, speziell wenn es um konkrete Projekte geht. 11

1.2. Zielsetzung

Ziel dieser Arbeit ist es, die vorgenommenen Fusionierungen der touristischen Organisationseinheiten in Tirol zu diskutieren und in Hinblick auf die Kriterien der Wettbewerbsfähigkeit, der gesellschaftspolitischen Auswirkungen und des neuen Marktauftrittes zu analysieren. Als Ergebnis der Arbeit wird ein Empfehlungs- und Maßnahmenkatalog erarbeitet, um die untersuchten Elemente zusammenzufassen und um Handlungsaktionen für die neuen Tiroler Destinationen ableiten zu können.

1.3. Forschungsfrage

Welche Auswirkungen in gesellschaftspolitischer, (tourismus)politischer und wettbewerblicher Hinsicht hat die Fusionierung der Tourismusverbände in Tirol laut Tourismusgesetz 2006?

1.4. Hypothesen

1. Von der Region zur Destination , vom Kirchturmdenken zur Destination sind absolut notwendige Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit touristischer Regionen in Tirol.
2. Um erfolgreich am touristischen Weltmarkt bestehen zu können, müssen die neuen Destinationen synergieorientierte Kooperationsformen operativ umsetzen.
3. Durch die Fusionierung lt. Tourismusgesetz 2006 in Tirol ergibt sich die Möglichkeit starke Marken aufzubauen und diese erfolgreich am Tourismusmarkt durchzusetzen.

2. Destination vs. Region

Sprachen Tourismusexperten vor einigen Jahren noch von Fremdenverkehrsorten , Reisezielen oder Feriengebieten , wird heute von Tourismuswissenschaftern nur noch über sogenannte Destinationen diskutiert. In der Literatur finden sich viele, teilweise stark unterschiedliche Definitionen einer Destination. Wissenschaftlich betrachtet gibt es wichtige Unterschiede zwischen den Begriffen Region und Destination.

Kleine Regionen, mit sehr überschaubaren Strukturen (wie sie in Tirol sehr lange vorherrschten) und auch eher bescheidenen Budgetrahmen können im Allgemeinen nicht als Destination im eigentlichen Sinne bezeichnet werden.

Freyer erwähnt Fremdenverkehrsorte, Reiseziele und Resorts als übergreifenden Begriff für die verschiedenen Anbieter, ob Gemeinde, Land, Gebiet, Region, Resort, Stadt oder Landschaft.12 Er bringt damit zum Ausdruck, dass der Gast verschiedene Größen von Räumen als sein Reiseziel bestimmen kann.13

Kaspar bezeichnet den Fremdenverkehrsort als Kristallisationspunkt der Nachfrage .14 Damit soll betont werden, dass die touristische Nachfrage auf einen Ort und nicht auf ein Unternehmen ausgerichtet ist. Dieser Ort muss aus der Sicht des Konsumenten, des Touristen bestimmt werden.15

Die WTO definiert eine Destination als Ort mit einem Muster von Attraktionen und damit verbundenen Tourismuseinrichtungen und Dienstleistungen, den ein Tourist oder eine Gruppe für einen Besuch auswählt und den die Leistungsersteller vermarkten.16 Aus dieser Definition geht hervor, dass die Destination als Reiseziel und Tourismusprodukt zu verstehen ist. Mit dem Begriff Destination scheint ein Überbegriff gefunden zu sein, der sämtliche Arten und Größen von Reisezielen/Reiseprodukten abdeckt.17

In der heutigen Tourismuswissenschaft ist die Definition einer Destination von Bieger am weitesten verbreitet:

Destination ist eine räumlich abgegrenzte Wettbewerbseinheit, die alle Einrichtungen enthält, die für die Wahl eines/-r Urlaubsortes/-region bestimmend sind. 18

Große Bedeutung kommt hierbei dem Faktor der urlaubsbestimmenden Einrichtungen zu. Hierbei handelt es sich nicht bloß um Angebotselemente, welche von jedem Urlauber vorausgesetzt werden, sondern vielmehr um eine geschlossene Kette von Dienstleistungen, die sich über die gesamte Destination erstreckt und in ihrer Gesamtheit dem Gast das eigentliche Produkt Urlaub vermittelt.

Darauf aufbauend, wird dieser Begriff von anderen Tourismuswissenschaftern noch erweitert bzw. spezifiziert:

… eine Neuakzentuierung des Destinationsbegriffs von der rein angebotsorientierten Betrachtung hin zum Kriterium der Wahrnehmbarkeit am Markt, zum Potenzial, die Destinationsmarke auf den relevanten Quellmärkten etablieren zu können. 19

Alleine am Begriff der Wahrnehmbarkeit am Markt wären wahrscheinlich viele kleinere Fremdenverkehrsorte in Tirol gescheitert und hätten sich zumindest nur sehr schwer als echte Destination etablieren können. Ihre Marken waren eigentlich keine und konnten somit auch nicht auf den Quellmärkten etabliert werden. (Das Thema Marken und Markenmanagement wird in nachfolgenden Kapiteln noch ausführlich diskutiert.)

Lehar beschreibt 6 Kriterien zur Erreichung des Prädikates echte Destination:

- Führung eines Callcenters
- Websitegestaltung mit Content- und
- Suchmaschinenoptimierung
- Erstellung von direkt buchbaren Packages
- Messeauftritte
- Organisation und Durchführung von Pressereisen20

Bieger erläutert, dass die (geografische) Definition von Destinationen auch von der räumlichen Distanz des Betrachters abhängt. So kann beispielsweise für Wintersportler ein Tal mit entsprechendem Angebot an Pisten und Aufstiegshilfen eine Destination darstellen, für kulturinteressierte Amerikaner aber auch ganz Europa als touristische Destination interpretiert werden.21

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Destinationsdefinition in Abhängigkeit der Distanz, in Anlehnung an Bieger, T. (2008), S.58

Viele Experten weisen darauf hin, dass auch der Faktor der Angebotsgestaltung für den Destinationsbegriff ausschlaggebend ist. Während sich Regionen kaum mit ihrer angebotsseitigen Strukturen auseinandersetzten, müssen sich Destinationen strategisch mit diesen Themen beschäftigen.

Sowohl die Angebotsvielfalt als auch die Angebotsspezialisierung im alpinen Tourismus kann ausgebaut werden. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass das Angebot in einer Destination mit der Größe der Destination in Zusammenhang steht. Für kleine Destinationen wird eine Angebotsspezialisierung als Erfolg versprechend angesehen, für große Destinationen ist es ein breites Angebot. Die Frage der angebotsseitigen Positionierung und regionsübergreifender Kooperationen zählt zu den zentralen Herausforderungen für die einzelnen alpinen Destinationen. 22

Nur sehr wenige der Regionen in Tirol konnten vor den Zusammenschlüssen zu Regionalverbänden mit Angebotsvielfalt oder marketingtechnischen Spezialisierungen punkten. Dies gilt vor allem im saisonalen Kontext, denn die meisten Ferienorte waren entweder sommer- oder winterlastig, was Angebotsvielfalt über das gesamte Jahr von vornherein ausschließt. Innerhalb der neuen Destinationen gleichen sich diese Differenzen zum Teil aus, sodass die Destination als Ganzes über das gesamte Jahr verteilt eine größere Angebotsvielfalt (im Winter wie im Sommer) aufweisen kann.

Eine perfekte Destinationsmanagement Gesellschaft kann nur die sein, die sich von der Denkweise einer Region endgültig verabschiedet. Während letztere sich nämlich mit ihren Marketing- und Budgetüberlegungen von Saison zu Saison tastet und dabei den übergeordneten – und im Regelfall von externen Beratern erstellen – Leitbildern und Konzepten so wenig wie möglich Betrachtung schenkt, bekennt sich Destinationsmanagement zum strategischen Management. Diese Management Philosophie will die Lücke zwischen Strategie und täglicher Marketingarbeit schließen. Nur wer sich immer wieder sein Ziel, seine Strategie ganz bewusst vor Augen hält, wird auch in der Lage sein, seine täglichen Marketingaktivitäten danach auszurichten.23

Für ein touristisches Zielgebiet gilt es unter anderem, sich am touristischen (Welt-)Markt behaupten zu können, um den langfristigen Erfolg dieser Region sicher stellen zu können.

Destinationen als Produzenten touristischer Leistungen sind daran zu messen, wie gut sie ihre Leistungen auf die Bedürfnisse der Abnehmer auszurichten vermögen. Nur wenn es ihnen gelingt, für ihre Produkte einen ausreichenden Preis am Markt zu erzielen, um alle am Produktionsprozess Beteiligten (z.B. Hoteliers, Bergbahnen etc.) ausreichend zu belohnen. 24

Ein kritisches Auseinandersetzen mit den Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit und der unmittelbaren Konkurrenz ist daher unabdingbar für ein erfolgreiches Destinationsmanagement. Das nächste Kapitel gibt Aufschluss über die Bedeutung und mögliche Kriterien der Bestimmung von Wettbewerbsfähigkeit.

3. Wettbewerbsfähigkeit

Die Wirtschaft war noch nie so kompetitiv wie heute. Das Internet mit seiner weltweiten Reichweite und seinem Reichtum an Information verstärkt die Intensität des Wettbewerbs in allen Bereichen der Wirtschaft. 25

Diese Aussage von Hinterhuber trifft auch in voller Wirkung auf die Tourismusbranche im Alpenraum zu. Die Wahrnehmung der Destination als touristische Wettbewerbseinheit rückt immer mehr ins Zentrum des wissenschaftlichen Interesses.26 Wettbewerbsfähigkeit ist ein mächtiger Begriff, der sich darin definiert, mit den Konkurrenten Schritt zu halten, oder noch besser, ihnen einen Schritt voraus zu sein. Fundierter ausgedrückt, ist es die Fähigkeit einer touristischen Destination, Werte für den Kunden bzw. ausreichende Wertschöpfung zu erzielen, um das wirtschaftliche Überleben der Region zu sichern.27

Der Wettbewerb unter den Destinationen hat sich durch die Globalisierung und den internationalen Wettbewerb zunehmend verschärft. Mehr denn je ist es für eine Destination entscheidend, sich bei bestehenden und potentiellen Gästen durch hochqualitative Dienstleistungen und die Schaffung von Werten zu profilieren.28 Auch wenn die erfreuliche Entwicklung des Tourismus in den letzten Jahrzehnten eindeutig gezeigt hat, dass das Reisen und Verreisen zu einer wichtigen, wenn nicht zur wichtigsten Tätigkeit der Bevölkerung außerhalb der Arbeitszeit geworden ist, ist der Wettbewerbsdruck groß. Landschaftlich und klimatisch attraktive Reisedestinationen erhöhen aufgrund verbilligter Flugtarife den Konkurrenzdruck stark.29

Bieger definiert Wettbewerbsfähigkeit folgendermaßen:

Die Fähigkeit, am Markt ausreichende Wertschöpfung zu erzielen, kann als Wettbewerbsfähigkeit bezeichnet werden. Eine Destination muss als Ganzes wie eine Wettbewerbseinheit strategisch mit dem Ziel geführt werden, die langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu sichern. 30

Kurzfristig betrachtet beruht Wettbewerbsfähigkeit insbesondere auf dem Preis- Leistungsverhältnis der aktuell angebotenen Produkte. Dies allein reicht aber langfristig nicht aus, um sich einen dauerhaften Vorsprung bzw. Wettbewerbsvorteil am Markt zu verschaffen. Langfristig geht es vielmehr darum, dass Produktportfolio und Produktpipeline des Unternehmens Kernkompetenzen widerspiegeln. Kernkompetenzen bedeuten die Fähigkeit, spezifisches KnowHow aufzubauen und in entsprechende Produktleistungen umzuwandeln.31 Die Entwicklung von Kernkompetenzen stellt somit eine Voraussetzung für die Entwicklung von Wettbewerbsfähigkeit dar. Die sind integrierte und durch organisationale Lernprozesse koordinierte Gesamtheiten von Technologien, Know-How, Prozessen und Einstellungen.32

Die Wettbewerbsfähigkeit vieler Ferienorte in Tirol wäre ohne die durchgeführte Fusionierung zumindest sehr fraglich, gaben schon alleine die Finanzmittel der kleineren Orte Auskunft über die strategischen Möglichkeiten dieser Verbände. Exemplarisch werden nachfolgend die Finanzmittel (umgerechnet in Euro) einiger Tiroler Gemeinden aus dem Jahr 1996 dargestellt (Tabelle 1):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Finanzierung Tourismusverbände 1996, Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung, Abt. Tourismus

Auf die Erklärung der Begriffe Nächtigungsabgaben und Pflichtbeiträge wird in Kapitel 4.1 näher eingegangen.

Zins erkennt bereits im Jahre 1993 die Möglichkeit einer Allianzenbildung als mögliche Handlungsalternative für Tourismusverbände:

Das Zusammenwirken einer Organisation mit anderen Organisationen und Menschen kann in verschiedenster Weise erfolgen, und diese Möglichkeiten sind besonders durch Kleinunternehmen bzw. Tourismusorganisationen als eine Handlungsalternative zu betrachten. Dies gilt sowohl im Wettbewerb mit größeren Organisationen als auch für den Wettbewerb mit kleinen auf gesättigten Märkten. Zusammenarbeit im strategischen Sinne ist eine Grundhaltung, erstreckt sich auf bedeutende Gebiete und ist auf Dauerhaftigkeit ausgerichtet. 33

In der Literatur finden sich viele Determinanten, um die Wettbewerbsfähigkeit von touristischen Destinationen zu bestimmen. In dieser Arbeit werden zwei – nach Ansicht des Autors sehr zutreffende – Modelle für die Bestimmung von Wettbewerbsfähigkeit vorgestellt. Zum einen entwickelte die Schweizer Konjukturforschungs-AG BAK Basel Economics ein wissenschaftliches Modell, um die Wettbewerbsfähigkeit von Destinationen zu bestimmen, zum anderen wird das Modell von Dywer und Kim vorgestellt. In den folgenden Kapiteln werden diese Modelle dargestellt, miteinander verglichen und auf die neuen Destinationen in Tirol umgelegt.

[...]


1 Quelle: Amt der Tiroler Landesregierung, Raumordnung – Statistik

2 vgl. Lehar, G. (2002), S. 10f

3 vgl. Pechlander, H. (2003), S. 1

4 Weiermeier, K. (2001), S.116

5 TW, Leitfaden zur Destinationsentwicklung (2005), S.6

6 TW, Leitfaden zur Destinationsentwicklung (2005), S.7

7 vlg. Lehar, G., in Siller/Zehrer (Hrsg.) (2008), S. 186

8 vgl. Bieger, T. & Weibel, C. (1998), S. 179

9 vgl. Mundt, J. (2004), S. 117

10 Tschurtschenthaler, P. (1999), S. 69

11 vgl. Bieger, T. (2008), S. 34

12 vgl. Freyer, W. (1993), S. 197

13 vgl. Bieger, T. (2008), S. 55

14 vgl. Kaspar, C. (1991), S. 68

15 vgl. Bieger, T. (2008), S. 55

16 vgl. WTO (1993), S. 22

17 vgl Bieger, T. (2008), S.55

18 Bieger, T. (2008), S. 56

19 Lehar, G., in Siller/Zehrer (Hrsg.) (2008), S.187

20 vlg. Lehar, G., in Siller/Zehrer (Hrsg.) (2008), S.187

21 vgl. Bieger, T. (2008), S.58

22 Zehrer, A. & Siller, H. in: Freyer, W., Neumann M., Schuler, A. (2008), S. 375

23 DMMA (2002), Von der Region zur Destination, S. 1

24 Bieger, T. (2008), S. 58

25 Hinterhuber, H. (2001) in Weiermair, K., Peters, M., Reiger E. (Hrsg.), S.102

26 vgl. Keller, P. (1995), S. 17

27 vgl. Laesser, Ch. in: Weiermair, K. & Pechlaner, H. (2002), S. 79

28 vgl. Pechlaner, H. & Fischer, E. (2004), S. 265

29 vgl. Dettmer, H. (2005), S.2

30 Bieger, T. (2008), S.58

31 vgl. Broda, S. (2005), S.46

32 vgl. Hinterhuber, H. (1996), S. 11

33 vgl. Zins, A. (1993), S.27

Fin de l'extrait de 64 pages

Résumé des informations

Titre
Vom Kirchturm zur Destination
Sous-titre
Auswirkungen der Tourismusfusionierung in Tirol
Université
Management Center Innsbruck  (FH Tourismus- Freizeitwirtschaft)
Note
1
Auteur
Année
2009
Pages
64
N° de catalogue
V151615
ISBN (ebook)
9783640635948
ISBN (Livre)
9783640636136
Taille d'un fichier
1143 KB
Langue
allemand
Mots clés
Tourismus Tirol, Tourismusfusionierung, Destinationsmanagement, Tourismusverbände Tirol
Citation du texte
Leo Holzknecht (Auteur), 2009, Vom Kirchturm zur Destination, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151615

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