Analyse von Friedrich Schillers theoretischer Schrift

Über den Grund des Vergnügens an Tragischen Gegenständen


Hausarbeit (Hauptseminar), 2008

23 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhalt

1 Einleitung

2 Vorüberlegungen zum Historischen Kontext und zum Aufbau der Schrift

3 Analyse
3.1 Die Zweckmäßigkeit in der Kunst
3.2 Das Freie Vergnügen und die Sinnliche Lust
3.3 Über den Grund des Erhabenen
3.4 Über die Zweckmäßigkeit und Zweckwidrigkeit als Grund für die Rührung
3.5 Über den Grund der Faszination am Bösen in der Kunst

4 Schluss

Bibliografie

1 Einleitung

Johann Christoph Friedrich von Schiller ist neben Goethe eine zentrale Gestalt der Literaturgeschichte. Obwohl vor allem Schillers Dramen zur Weltliteratur gehören, erlangte er zugleich ansehnlichen Ruhm mit einer Vielzahl von theoretischen Schriften. Über den Grund des Vergnügens an Tragischen Gegenständen wird Substanz der vorliegenden Analyse sein. Die Abhandlung über das Ästhetische in der Tragödie ist insofern von beträchtlichem Interesse, da durch sie eine kennzeichnende Weltanschauung zum Vorschein kommt. Welche für die damalige Zeit typischen Begrifflichkeiten und Darstellungsfragen aufgegriffen werden und inwiefern die Thematiken in einem ethisch aufklärenden Kontext zu betrachten sind, wird ferner verdeutlicht. Somit kann sich nun der Leser dieser Arbeit auf einen ästhetischen Diskurs einlassen, um sich Schillers anregende Überlegungen direkt vor Auge zu führen.

2 Vorüberlegungen zum Historischen Kontext und zum Aufbau der Schrift

Anlass für Schillers Abhandlung ist das umfassende Studium, das er im Vorfeld Immanuel Kant gewidmet hat. Somit muss diese Schrift als Teil eines komplexen ästhetischen Kontextes gesehen werden. Versuche über Erläuterungen zur Ästhetik gibt es zahlreiche, doch die Gedanken Kants lassen sich in den Schillerschen Aufsätzen zugenüge wiederfinden. In einem Brief an seinen Freund Christian Gottfried Körner drückt Schiller seine Begeisterung für Kants geistige Arbeit wie folgt aus:

Du erräthst wohl nicht, was ich jetzt lese und studire? Nichts schlechteres als Kant. Seine Kritik der Urtheilskraft, die ich mir selbst angeschafft habe, reißt mich hin durch ihren lichtvollen geistreichen Inhalt und hat mir das größte Verlangen beigebracht, mich nach und nach in seine Philosophie hineinzuarbeiten.[1]

Die während der Aufklärung verbreiten Grundfragen zur Wahrnehmung der Welt waren begehrte ästhetische als auch philosophische Gegenstände. Neben Kant gab es eine Vielzahl an Schriftstellern, die sich mit ähnlichen Darstellungsfragen beschäftigten.[2] So wundert es nicht, dass beispielsweise auch Lessing, Diderot, Burke oder eben Schiller bereits vorhandene Begrifflichkeiten und Theorien übernahmen und weiterführten. Vor diesem geschichtlichen Hintergrund sind Begriffe wie „Erhabenes“, „freies Vergnügen“, „Zweckmäßigkeit“, etc. keine Erfindung von Schiller selbst. Er benutzt sie lediglich, definiert sie in seinem Kontext neu und setzt sie in schlüssige Zusammenhänge. Dementsprechend schreibt er in einem weiteren Brief an Körner, dass er Kantische Ansätze in der zu erörternden Schrift aufgreifen, analysieren und weiterführen möchte:

Jetzt arbeite ich einen ästhetischen Aufsatz aus, das tragische Vergnügen betreffend. In der Thalia wirst du ihn finden und viel Kantischen Einfluß darin gewahr werden.[3]

Der Erstdruck des Beitrages zum tragischen Vergnügen wurde also 1792 in der Thalia veröffentlicht. 1802 nahm Schiller die Schrift in den Kleineren Prosaischen Schriften auf.[4] Die Thematik des Aufsatzes Über den Grund des Vergnügens an Tragischen Gegenständen[5] rührt von Schillers Vorlesung, die er im Sommer 1790 hielt, her.[6] In ihm versucht Schiller, das Verhältnis zwischen Ethik und Ästhetik darzulegen. Die moralische Zweckmäßigkeit wie auch die Sittlichkeit (als vernunftgeleitete Einstellung auf das menschliche Vergnügen bezogen) steht dabei im Mittelpunkt seiner Betrachtungen und wird im Verlauf näher beleuchtet werden. Wie bedeutend sich der Einfluss des Sittengesetzes auf den Menschen darstellt, zeigt sich dann, wenn eben dessen Macht bedroht wird.[7]

Die beiden ersten Seiten seines Aufsatzes wirken wie eine Art Einleitung, in der Schiller Bezug zu einigen seiner Zeitgenossen nimmt und mithilfe deren Meinung über die Künste er selbst den Zweck der Künste erläutert. Anschließend diskutiert er den Begriff des „freien Vergnügens“ und verweist bereits in diesem Zusammenhang auf die Zweckmäßigkeit. Weiterhin unternimmt er eine Klasseneinteilung zwischen schönen und rührenden Künsten vor und bringt somit das „Erhabene“ zur Sprache. Obwohl das Erhabene schon immer ein großes Feld in der Ästhetik bediente, handelt Schiller es in diesem Aufsatz verhältnismäßig knapp ab. Doch da das Erhabene bereits durch Kant erörtert wurde und Schiller sich durch dessen Einfluss auch zu Theoriebildungen das Erhabene betreffend aufgerufen sah, verfasste er selbst noch drei weitere Schriften, die sich mit eben dieser Thematik befassen; nämlich Vom Erhabenen, Ueber das Pathetische und Ueber das Erhabene.[8] Der nächste Gegenstand, den Schiller in diesem Aufsatz beschreibt, behandelt das Gefühl der Rührung. Mittels einer Analyse zur Tugendhaftigkeit weist er auf die Zweckmäßigkeit und die Zweckwidrigkeit in der Ästhetik hin. Durch vorbereitende Betrachtungen zur moralischen Zweckmäßigkeit gelingt ihm der Übergang zur Tragödie. Das eingangs erläuterte Vorwissen wendet er nun auf spezifische tragische Figuren an. Er belegt daher seine vorhergehenden theoretischen Behauptungen, indem er sie auf Beispiele aus der Praxis projiziert. Anhand dieser tragischen Persönlichkeiten macht er deutlich, dass ein tragischer Held seine Pflicht nicht über eine bestimmte Zweckmäßigkeit stellen darf und der Zuschauer dies erst zu begreifen lernen muss. Als letzten Punkt führt er die menschliche Faszination für das Böse in der Tragödie an. Die einleuchtenden Gründe für diese Begeisterung als auch die Schwierigkeit, Vergnügen an tragischer Boshaftigkeit zu erlangen, werden ebenfalls im Verlauf näher beleuchtet werden. Der Aufbau der vorliegenden Analyse folgt der Anordnung der Schillerschen Überlegungen.

3 Analyse

3.1 Die Zweckmäßigkeit in der Kunst

Zu Beginn seines Aufsatzes lehnt sich Schiller gegen die Auffassung einiger „neuere[r] Ästhetiker“, gemeint sind u.a. Johann Georg Sulzer, Denis Diderot und Karl Philipp Moritz[9], welche der Kunst nicht den Zeck des Vergnügens unterstellen wollen. Seiner Ansicht nach solle man vielmehr stolz auf den Vorteil sein[10], dass die schönen Künste den natürlichen Zweck „Vergnügen auszuspenden und Glückliche zu machen“ (358) bereits inhärent haben:

Spielend verleihen sie, was ihre ernstern Schwestern uns erst mühsam erringen lassen; sie verschenken, was dort erst der sauer erworbene Preis vieler Anstrengungen zu sein pflegt. […] Die Kunst allein gewährt uns Genüsse, die nicht erst abverdient werden dürfen […]. (358/359)

Im Gegensatz zur Kunst müssen nämlich Vergnügen des Verstandes und der Vernunft, wie auch „Freuden der Sinne“ (359) erst erarbeitet werden. Dieser aufwändige Weg muss bei den Künsten nicht gegangen werden, da sie dieses Vergnügen von Anfang an beinhalten. Daher schlussfolgert Schiller, dass das mitgeführte Vergnügen der Künste nicht als niedere, sondern als positive Eigenschaft gesehen werden soll. Somit müsse es nicht verteidigt oder gerechtfertigt, sondern bestaunt werden, weil die Kunst über den Vergnügen bereitenden Zweck infolgedessen „erhaben“ (359) ist. Dass der Zusammenhang zwischen Kunst und Vergnügen für Schiller selbstverständlich ist, ergibt sich daraus, dass er es vielmehr als Aufgabe der Kunst sieht, Vergnügen immediat herzustellen.

Im Verlauf behauptet Schiller, dass die zeitgenössische Tendenz darin besteht, den Künsten einen moralischguten Zweck unterzuschieben.[11] Wenn der eigentliche Zweck, die Menschen zu vergnügen, nun eher ein moralischer sein soll, dann verringert sich automatisch das Vergnügen. Die Konsequenz aus derart unnatürlicher Handlungsweise führt nach Schiller zu mittelmäßiger Kunst.[12] Da die Künste, indem sie stets Moralischgutes vermitteln sollen, an diesen Zweck immer auch gleichzeitig gebunden sind, erfahren sie eine Einschränkung. Je eingeschränkter die Künste sind, desto unfreier werden sie. Analog gewinnt die Kunst an Mittelmäßigkeit, je unfreier und zweckgebundener sie ist. In diesem Zusammenhang entsteht die Spekulation über den auftretenden Widerspruch, der sich aus einer ungewollt Vergnügen bereitenden Kunst ergeben würde. Der „höchste Zweck“, dem die Menschheit nacheifern sollte, besteht für Schiller nämlich im Vergnügen selbst.

[...]


[1] Janz, Rolf-Peter: Theoretische Schriften. Frankfurt am Main: Klassikerverlag 1988. S.1287.

[2] Hans Blumenberg, Philosoph des 20. Jahrhundert, versucht diesen anhaltenden Trend der Aufklärung in seinem Schiffbruch mit Zuschauer durch seine Schiffbruchmetapher einzufangen.

[3] Janz 1988: 1287.

[4] Vgl. Ebd. 1286.

[5] Schiller, Friedrich: Über den Grund des Vergnügens an Tragischen Gegenständen. In: Friedrich Schiller. Sämtliche Werke. Fünfter Band. Hrsg. von Gerhard Fricke u. Herbert G. Göpfert. 6. Aufl. München: Hanser 1980. S. 358-372.

Alle anschließenden Bezugnahmen im laufenden Text beziehen sich auf diese Ausgabe.

[6] Vgl. Janz 1988: 1286.

[7] Vgl. Koopmann, Helmut: „Kleinere Schriften nach der Begegnung mit Kant.“ In: Schiller-Handbuch. Hrsg. von Helmut Koopmann. Stuttgart: Alfred Kröner 1998. S. 576.

[8] Vgl. Koopmann 1998: 580/590.

[9] Vgl. Janz 1988: 1291.

[10] Vgl. Schiller 1980: 358.

[11] Vgl. Ebd. 359.

[12] Vgl. Ebd. 359.

Ende der Leseprobe aus 23 Seiten

Details

Titel
Analyse von Friedrich Schillers theoretischer Schrift
Untertitel
Über den Grund des Vergnügens an Tragischen Gegenständen
Hochschule
Friedrich-Schiller-Universität Jena  (Institut für Germanistische Literaturwissenschaften)
Veranstaltung
Schillers Theoretische Schriften
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
23
Katalognummer
V151787
ISBN (eBook)
9783640633258
ISBN (Buch)
9783640633401
Dateigröße
535 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Friedrich Schiller, Theoretische Schriften, Über den Grund des Vergnügens an tragischen Gegenständen, Analyse, Zweckmäßigkeit, Erhabenes
Arbeit zitieren
Elisabeth Jung (Autor:in), 2008, Analyse von Friedrich Schillers theoretischer Schrift , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/151787

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