Anhand des spezifischen Sexualitätsdiskurses in der Jugendzeitschrift BRAVO wird untersucht, inwiefern Sexualität in diesem tabuisiert und entsprechend als diskursives Wissensobjekt konstruiert wird. Zunächst werden dafür theoretische Vorannahmen über das Tabu dargelegt und anschließend in ein diskurstheoretisches Gerüst überführt. Auf Grundlage der theoretischen Einordnung des Phänomens folgt die Erarbeitung einer fallspezifischen wissenssoziologischen Diskursanalyse, für dessen Umsetzung Verfahren aus der Grounded Theory Methodologie adaptiert werden. Entsprechend der foucaultschen Diskurstheorie geht es im Rahmen der Analyse ausgewählter BRAVO-Artikel darum, die Aussagen als regelhafte und typisierbare Einheiten des Diskurses zu rekonstruieren. Indem die sprachlichen Muster als diskursive Regeln identifiziert werden, wird die Phänomenstruktur und Diskursordnung als grundlegend geschlechtsspezifisch konstatiert.
Insbesondere in den Sprechweisen der BRAVO-Redaktion spiegelt sich eine Hierarchisierung zwischen männlicher Sexualität als Norm und weiblicher Sexualität als Abweichung jener Norm wider. Der männliche Sexualtrieb wird infolgedessen verstärkt naturalisiert und das Sprechen über männliche Sexualität legitimiert. Weibliche Sexualität hingegen wird konstant in Abhängigkeit zur männlichen Sexualität und deshalb nicht als etwas der Frau Eigenes konstruiert. Neben der Klassifizierung aufgrund des Geschlechts werden zudem Kategorisierung entlang des Alters und der sexuellen Orientierung geschaffen. Das Sexualitätstabu zeigt sich folglich entsprechend der Situation und der Personen, für die es geltend gemacht wird, in unterschiedlicher Gestalt. Aufgrund der Rekonstruktion widerständiger Argumentationsstrukturen konnten jedoch auch Diskontinuitäten im Diskurs konstatiert werden, die davon zeugen, dass Tabus und das vermeintlich gültige Wissen um Sexualität nicht unaufhebbar, sondern prinzipiell wandelbar sind. Die vorliegende Arbeit stellt einen relevanten Beitrag zur geschlechtersoziologischen und diskursanalytischen Forschung dar, da sie zum Ziel hat die Geschlechterordnung und die damit einhergehenden Geschlechternormen als in Diskursen hervorgebrachtes Konstrukt zu problematisieren. Gleichzeitig wird dadurch die Kontingenz und prinzipielle Veränderbarkeit von Diskursen thematisiert.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Jugendzeitschrift BRAVO
- Forschungsstand
- Theorieteil: Eine soziologische Konzeptualisierung des Tabus
- Das Tabu
- Die Geschichte des Tabubegriffs
- Der Tabubruch
- Diskurstheoretische Konzeptualisierung des Sexualitätstabus
- Der foucaultsche Diskursbegriff
- Die Diskursivierung von Sexualität
- Die Repressionshypothese
- Wissen und Macht
- Sexualität, Geschlecht und Tabu
- Das Tabu
- Empirieteil: Die Tabuisierung von Sexualität in der BRAVO
- Method(olog)ische Vorgehensweise
- Diskursforschung
- Wissenssoziologische Diskursanalyse
- Grounded Theory Methodologie
- Korpusbildung: Datenauswahl und Stichprobenziehung
- Diskursforschung
- Analytisches Verfahren
- Grobanalytische Schritte: Was wird wie analysiert?
- Feinanalytische Schritte: Das Herstellen von Zusammenhängen
- Qualitätssicherung
- Die geschlechtsspezifische Tabuisierung von Sexualität
- Problematisierung der Eltern-Kind-Beziehung
- Das Tabu des vorehelichen Sex
- Legitimierung männlichen (Fehl)verhaltens
- Sexuelle Belästigung und sexueller Missbrauch
- Weibliche Lust und sexuelle Selbstbestimmung
- Männliche Masturbation
- Homosexualität
- Schwules Begehren
- Lesbisches Begehren
- Method(olog)ische Vorgehensweise
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit untersucht die geschlechtsspezifische Tabuisierung von Sexualität im Diskurs der Jugendzeitschrift BRAVO. Ziel ist es, die Konstruktion von Sexualität als diskursives Wissensobjekt zu analysieren und aufzuzeigen, wie Geschlechterordnungen und -normen in Diskursen hervorgebracht werden. Die Arbeit beleuchtet die Kontingenz und Veränderbarkeit solcher Diskursordnungen.
- Geschlechtsspezifische Tabuisierung von Sexualität in der BRAVO
- Diskursive Konstruktion von Sexualität als Wissensobjekt
- Anwendung wissenssoziologischer Diskursanalyse und Grounded Theory
- Analyse sprachlicher Muster und diskursiver Regeln
- Problematisierung von Geschlechterordnungen und -normen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und beschreibt den Forschungsstand. Der Theorieteil beleuchtet den Tabubegriff soziologisch und diskurstheoretisch, insbesondere im Kontext der Foucaultschen Diskurstheorie. Der Empirieteil beschreibt die methodologische Vorgehensweise, die eine wissenssoziologische Diskursanalyse mit Elementen der Grounded Theory kombiniert. Die Analyse der BRAVO-Artikel konzentriert sich auf die Rekonstruktion sprachlicher Muster und die Identifizierung diskursiver Regeln. Die Kapitel 8.1 bis 8.6 untersuchen verschiedene Aspekte der geschlechtsspezifischen Tabuisierung.
Schlüsselwörter
Geschlecht, Sexualität, Tabu, Diskursanalyse, Wissenssoziologie, BRAVO, Foucault, Grounded Theory, Geschlechterordnung, Diskursive Konstruktion, Repressionshypothese, Macht, Wissen.
- Citar trabajo
- Aline Lupa (Autor), 2022, Die geschlechtsspezifische Tabuisierung von Sexualität. Eine wissenssoziologische Diskursanalyse, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1518344