Wirtschaftsprüfer unterliegen bei ihrer Berufsausübung u. a. strengen Anforderungen an die persönliche Unabhängigkeit. So wie ein Rechtsanwalt in der Rolle des Interessenvertreters seinem Mandanten nahe steht, ist es die Aufgabe des Wirtschaftsprüfers, eine Distanz zu seinem Mandanten aufrechtzuerhalten, um somit seine Unabhängigkeit zu wahren. Diese wird in § 2 Abs. 1 der Berufssatzung für Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer mit "Freiheit von Bindungen, die die berufliche Entscheidungsfreiheit des WP beeinträchtigen oder beeinträchtigen könnten" definiert.
Eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit/Unparteilichkeit kann sich im Hinblick auf die Abschlussprüfung gemäß § 319 Abs. 3 Nr. 1 HGB z. B. dann ergeben, wenn der Abschlussprüfer Anteile (z.B. Aktien) von dem zu prüfenden Unternehmen hält, da sich daraus finanzielle Eigeninteressen ableiten könnten.
In Verbindung mit § 319 Abs. 3 S. 2 HGB kann nicht nur der Wirtschaftsprüfer selbst - in seiner Rolle als Abschlussprüfer - den Ausschlussgrund realisieren, sondern auch dessen Ehegatte oder Lebenspartner. Vergleichbare Regelungen für nahe stehende Personen finden sich in der Berufssatzung und insbesondere auch in supranationalen (IFAC Code of Ethics) und nichtnationalen Regelungen (US SEC Reg. S-X).
Die detaillierte Betrachtung dieses "erweiterten Personenkreises" und der einschlägigen Regelungen ist die zentrale Problemstellung dieser Arbeit.
Da im Umfeld internationaler Unternehmen neben deutschen auch supra- und nichtnationale Regelungen parallel Anwendung finden können und die einzelnen Regelungen zumindest im Detail voneinander abweichen, soll überprüft werden, ob eine einheitliche Regelung bzw. Definition für die Anforderungen an einen "erweiterten Personenkreis" gefunden werden kann. Bei diesem Personenkreis handelt es sich im Allgemeinen um Familienangehörige und sonstige nahestehende Personen, die von Normen des Berufsstandes erfasst werden, die im Hinblick auf Regelungen zur Unabhängigkeit relevant sind.
Der Bachelor-Thesis ist eine "erweiterte Zusammenfassung" der Ergebnisse in Form einer Präsentation beigefügt, in der die Erkenntnisse zum Teil weiter interpretiert und grafisch aufbereitet wurden. Die Präsentation enthält zudem Hinweise zur praktischen Umsetzung/Implementierung des geschaffenen Lösungsansatzes.
Der Autor ist im Risiko-Management einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft tätig und verfügt über eine mehrjährige Berufserfahrung im Bereich Ethik und Unabhängigkeit.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 1.1 Einführung, persönliche Intention und Struktur
- 1.2 Hintergrund
- 1.3 Problemstellung
- 1.4 Zielsetzung und Nutzen
- 1.5 Gang der Untersuchung
- 2 Nationale Anforderungen
- 2.1 Verhältnis Berufsrecht/Handelsrecht
- 2.1.1 Wirtschaftsprüferordnung und Berufssatzung
- 2.1.2 Handels-/Bilanzrecht
- 2.1.3 Ergebnis
- 2.2 Berufsständische Regelungen
- 2.2.1 Gründe für die Besorgnis der Befangenheit
- 2.2.2 Regelungen zum "erweiterten Personenkreis"
- 2.2.3 Ergebnis
- 2.3 Handelsrechtliche Regelungen
- 2.3.1 Regelungen und der "erweiterte Personenkreis"
- 2.3.2 Gesetzgebungsverfahren § 319 HGB
- 2.3.3 Ergebnis
- 3 Nichtnationale und supranationale Anforderungen
- 3.1 Europäische Union
- 3.1.1 Einleitung
- 3.1.2 EU-Kommissionsempfehlungen zur Unabhängigkeit
- 3.1.3 Regelungen zum "erweiterten Personenkreis"
- 3.1.4 Ergebnis
- 3.2 IFAC
- 3.2.1 Einleitung
- 3.2.2 Regelungen zur Unabhängigkeit
- 3.2.3 Regelungen zum "erweiterten Personenkreis"
- 3.2.4 Ergebnis
- 3.3 SEC Rules & Regulations
- 3.3.1 Einleitung
- 3.3.2 Regelungen zur Unabhängigkeit
- 3.3.3 Regelungen zum "erweiterten Personenkreis"
- 3.3.4 Ergebnis
- 4 Nationale versus exterritoriale Anforderungen
- 4.1 Der "erweiterte Personenkreis"
- 4.1.1 Deutsche Rechtsnormen
- 4.1.2 EU-Vorgaben
- 4.1.3 IFAC und SEC
- 4.2 Regelungsbereiche
- 4.3 Übersicht
- 5 Erkenntnisse
- 5.1 Einleitung
- 5.2 Ausgangskriterien
- 5.2.1 Prinzipienorientierung versus Einzelfallregelung
- 5.2.2 Berücksichtigte Einzelaspekte
- 5.3 Gesamtlösungsansatz
- 5.4 Schlusswort
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelor-Thesis untersucht die Definition und Relevanz des "erweiterten Personenkreises" in Bezug auf Unabhängigkeitsvorschriften der Wirtschaftsprüfung. Ziel ist es, nationale, nichtnationale und supranationale Normen zu vergleichen und einen praktikablen Lösungsansatz für die Praxis zu entwickeln, der die unterschiedlichen Anforderungen berücksichtigt.
- Definition des "erweiterten Personenkreises" in verschiedenen Rechtsordnungen
- Vergleich nationaler (Deutschland), nichtnationaler und supranationaler Vorschriften
- Analyse der Unterschiede in den Regelungsansätzen (prinzipienorientiert vs. kasuistisch)
- Entwicklung eines praktikablen Gesamtlösungsansatzes für die Praxis
- Bewertung der Umsetzung der EU-Richtlinien im deutschen Recht
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Die Arbeit behandelt die nationale und internationale Ausprägung der Problematik des "erweiterten Personenkreises" im Kontext der Unabhängigkeitsvorschriften für Wirtschaftsprüfer. Sie beschreibt den Hintergrund, die Problemstellung (Definition und Relevanz des "erweiterten Personenkreises"), die Zielsetzung (Entwicklung eines praktikablen Lösungsansatzes) und den Aufbau der Untersuchung.
2 Nationale Anforderungen: Dieses Kapitel analysiert die deutschen Regelungen zur Unabhängigkeit von Wirtschaftsprüfern, die sowohl im Berufsrecht (WPO, Berufssatzung) als auch im Handelsrecht (HGB) verankert sind. Es beleuchtet das Verhältnis beider Rechtsordnungen, die Begründung der Besorgnis der Befangenheit und die konkreten Regelungen zum "erweiterten Personenkreis" in beiden Rechtsbereichen, wobei Unterschiede und Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden. Das Gesetzgebungsverfahren zum Bilanzrechtsreformgesetz wird ebenfalls analysiert.
3 Nichtnationale und supranationale Anforderungen: Dieses Kapitel untersucht die Regelungen der Europäischen Union (EU-Kommissionsempfehlungen, 8. EG-Richtlinie), der International Federation of Accountants (IFAC) und der Securities Exchange Commission (SEC) hinsichtlich der Unabhängigkeit von Wirtschaftsprüfern und der Definition des "erweiterten Personenkreises". Es analysiert die extraterritoriale Wirkung dieser Regelungen und ihre Relevanz für deutsche Wirtschaftsprüfer.
4 Nationale versus exterritoriale Anforderungen: Dieses Kapitel vergleicht die nationalen und internationalen Regelungen zum "erweiterten Personenkreis" und deren Regelungsbereiche (finanzielle, persönliche und wirtschaftliche Verflechtungen). Es analysiert die Unterschiede in den Ansätzen (prinzipienorientiert vs. Einzelfallregelung) und bietet eine übersichtliche Gegenüberstellung der verschiedenen Regelungen.
5 Erkenntnisse: Dieses Kapitel fasst die Ergebnisse der vorherigen Kapitel zusammen, diskutiert die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Regelungsansätze und entwickelt einen integrierten Lösungsansatz zur Berücksichtigung des "erweiterten Personenkreises", der die verschiedenen regulatorischen Anforderungen, die Erwartungen der Öffentlichkeit und praktische Umsetzbarkeit in Einklang bringt.
Schlüsselwörter
Wirtschaftsprüfung, Unabhängigkeit, Besorgnis der Befangenheit, erweiterter Personenkreis, nationale Normen, nichtnationale Normen, supranationale Normen, Wirtschaftsprüferordnung (WPO), Handelsgesetzbuch (HGB), Berufssatzung, EU-Kommissionsempfehlungen, IFAC, SEC, Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG), Qualitätssicherung, Immediate Family, Close Family.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Bachelor-Thesis: "Der erweiterte Personenkreis in der Wirtschaftsprüfung"
Was ist der Gegenstand dieser Bachelor-Thesis?
Die Arbeit untersucht die Definition und Relevanz des "erweiterten Personenkreises" im Kontext der Unabhängigkeitsvorschriften für Wirtschaftsprüfer. Sie vergleicht nationale, nichtnationale und supranationale Normen und entwickelt einen praktikablen Lösungsansatz für die Praxis.
Welche Rechtsordnungen werden in der Thesis betrachtet?
Die Thesis analysiert deutsche (Wirtschaftsprüferordnung, Berufssatzung, Handelsgesetzbuch), europäische (EU-Kommissionsempfehlungen), internationale (IFAC) und US-amerikanische (SEC) Regelungen zur Unabhängigkeit von Wirtschaftsprüfern und deren Definition des "erweiterten Personenkreises".
Was ist der "erweiterte Personenkreis"?
Der "erweiterte Personenkreis" bezeichnet im Kontext der Wirtschaftsprüfung Personen, deren Nähe zu einem Wirtschaftsprüfer dessen Unabhängigkeit beeinträchtigen könnte. Die genaue Definition variiert je nach Rechtsordnung.
Wie werden die nationalen und internationalen Regelungen verglichen?
Die Arbeit vergleicht die Regelungen hinsichtlich ihrer Definition des "erweiterten Personenkreises", der Regelungsbereiche (finanzielle, persönliche und wirtschaftliche Verflechtungen) und der zugrundeliegenden Ansätze (prinzipienorientiert vs. Einzelfallregelung). Unterschiede und Gemeinsamkeiten werden herausgearbeitet.
Welche Zielsetzung verfolgt die Thesis?
Ziel ist die Entwicklung eines praktikablen Gesamtlösungsansatzes für die Praxis, der die unterschiedlichen nationalen und internationalen Anforderungen an die Unabhängigkeit von Wirtschaftsprüfern berücksichtigt und die verschiedenen regulatorischen Anforderungen, die Erwartungen der Öffentlichkeit und die praktische Umsetzbarkeit in Einklang bringt.
Welche Kapitel umfasst die Thesis?
Die Thesis gliedert sich in fünf Kapitel: Einleitung, Nationale Anforderungen, Nichtnationale und supranationale Anforderungen, Nationale versus exterritoriale Anforderungen und Erkenntnisse. Jedes Kapitel analysiert einen spezifischen Aspekt der Thematik.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Thesis?
Schlüsselwörter sind: Wirtschaftsprüfung, Unabhängigkeit, Besorgnis der Befangenheit, erweiterter Personenkreis, nationale Normen, nichtnationale Normen, supranationale Normen, Wirtschaftsprüferordnung (WPO), Handelsgesetzbuch (HGB), Berufssatzung, EU-Kommissionsempfehlungen, IFAC, SEC, Bilanzrechtsreformgesetz (BilReG), Qualitätssicherung, Immediate Family, Close Family.
Wie wird der "erweiterte Personenkreis" in den verschiedenen Rechtsordnungen definiert?
Die Definition des "erweiterten Personenkreises" variiert je nach Rechtsordnung. Die Thesis analysiert diese Unterschiede und zeigt auf, wie verschiedene Rechtsordnungen mit der Problematik umgehen.
Welche Rolle spielt die EU-Richtlinie?
Die Thesis untersucht die Umsetzung der EU-Richtlinien im deutschen Recht und analysiert die Auswirkungen auf die Definition und Relevanz des "erweiterten Personenkreises" im deutschen Kontext.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Thesis?
Die Thesis fasst die Ergebnisse zusammen und entwickelt einen integrierten Lösungsansatz, der die verschiedenen regulatorischen Anforderungen berücksichtigt und einen praktikablen Umgang mit dem "erweiterten Personenkreis" in der Praxis ermöglicht.
- Citar trabajo
- Bachelor of Arts (BA) Martin Loos (Autor), 2010, Reflexe von Unabhängigkeitsvorschriften in der Wirtschaftsprüfung auf einen "erweiterten Personenkreis", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152355