Grin logo
en de es fr
Shop
GRIN Website
Publish your texts - enjoy our full service for authors
Go to shop › Theater Studies, Dance

Interkulturalität als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts

Die Rolle von Stereotypen in ausgewählten Theaterstücken des Jára (da) Cimrman-Theaters

Summary Excerpt Details

Gegenstand dieser Masterarbeit ist die Analyse von Stereotypen in den Theaterstücken des Jára (da) Cimrman-Theaters. Ich habe mich aus zwei Gründen für dieses Thema entschieden: Erstens zähle ich mich zu den treuen Bewunderern und Zuschauern der literarischen und dramatischen Werke von Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak, und zweitens ist dieses Gebiet wissenschaftlich unerforscht.

Bei der Recherche zur Arbeit des Jára (da) Cimrman-Theaters bin ich auf viele Abschlussarbeiten gestoßen. Diese behandelten zum Beispiel das Jára (da) Cimrman-Theater als kulturelles und gesellschaftliches Phänomen, die Geschichte der Entstehung der Gruppe, Jára Cimrman als neues Phänomen der tschechischen Gesellschaft, den Cimrman-Salon, Cimrman als transmediales Phänomen, den Humor, die Sprache oder die Mystifikation. Bisher hat sich jedoch niemand mit den Stereotypen vor einem interkulturellen Hintergrund beschäftigt. Genau das soll diese Masterarbeit leisten.

Das Theater Jára (da) Cimrman stellt nicht nur im tschechischen Kontext, sondern auch weltweit ein einzigartiges Phänomen dar. Es handelt sich um eine Theatergruppe, die seit fast 60 Jahren ihr Publikum mit ihrem originellen Humor und vor allem mit einer unvergleichlichen Mystifikation begeistert.

Excerpt


Inhaltsverzeichnis

I. EINLEITUNG

II. THEORETISCHER TEIL
II.1 Deutsch-Tschechische Beziehungen
II.1.1 Slaven und Germanen
II.1.2 1848 - 1918
II.1.3 1918 - 1938
II.1.4 1938 - 1948
II.1.5 Die Abschiebung der Sudetendeutschen
II.1.6 Zusammenfassung
II.2 Stereotype
II.3 Das Jára (da) Cimrman Theater
II.3.1 Geschichtlicher und politischer Kontext (1968 bis 1989)
II.3.2 Die Mystifizierung des Jára (da) Cimrman-Theaters
II.3.3 Humor des Jára (da) Cimrman-Theaters
II.3.4 Aktualität des Jára (da) Cimrman Theaters für den.. heutigen Zuschauer
II.4 Jára (da) Cimrman
II.4.1 Cimrman und Einstein
II.4.2 Cimrman und Kafka
II.4.3 Cimrman und die Frauen
II.4.4 Cimrman und der Sport
II.5 Dramaproduktion des Jára (da) Cimrman Theaters. Ein Einblick in Handlungen, Leitmotive und Gattungen
II.5.1 Akt
II.5.2 Vyšetřování ztáty třídní knihy
II.5.3 Hospoda Na Mýtince
II.5.4 Vražda v salonním coupé
II.5.5 Němý Bobeš aneb český Tarzan
II.5.6 Cimrman v říši hudby
II.5.7 Dlouhý, Široký a Krátkozraký
II.5.8 Posel z Liptákova
II.5.9 Lijavec
II.5.10 Dobytí severního pólu
II.5.11 Blaník
II.5.12 Záskok
II.5.13 Švestka
II.5.14 Afrika
II.5.15 České nebe
II.5.16 Cimrman na chmelu
II.5.17 Hymna aneb Urfidlovačka
II.5.18 Der grüne Kranz
II.5.19 Zusammenfassung

III. ANALYTISCHER TEIL
III.1 Stereotype in ausgewählten Werken des Jára (da) Cimrman- Theaters
III.1.1 Tschechentum
III.1.2 Zusammenfassung

IV. FAZIT

V. LITERATURVERZEICHNIS

VI ANHANG
VI.1 Cimrman ležící, spící
VI.1.1 Nationale Ungerechtigkeiten
VI.2 Helmut v helmě
VI.2.1 Tschechisch-Deutsche Beziehungen
VI.4 Thesen, Anmerkungen und Ideen zur Klärung des Sinns der Existenz, des dramatischen Profils und der Ziele des Jára (da) Cimrman-Theaters
VI.5 Fotodokumentation

Anmerkung der Redaktion: Teile des Anhangs wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen entfernt.

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

I. EINLEITUNG

Das Theater Jára (da) Cimrman stellt nicht nur im tschechischen Kontext, sondern auch weltweit ein einzigartiges Phänomen dar. Es handelt sich um eine Theatergruppe, die seit fast 60 Jahren ihr Publikum mit ihrem originellen Humor und vor allem mit einer unvergleichlichen Mystifikation begeistert.

Die Figur Jára Cimrman ist eine fiktive Gestalt, die im Rahmen der mystifikatorischen Werke von Zdeněk Svěrák, Jiří Šebánek und später auch Ladislav Smoljak erschaffen wurde. Obwohl Jára Cimrman ein Mann ist, der nie existierte, betrachtet das tschechische Volk ihn als den größten Tschechen. Ein Beweis für diese Behauptung ist das Ergebnis einer Umfrage aus dem Jahr 2005, bei der das tschechische Staatsfernsehen einen Wettbewerb um den größten tschechischen Giganten veranstaltete. Jára Cimrman hätte diesen Wettbewerb klar gewonnen, wenn die Veranstalter ihn nicht aufgrund seiner Nichtexistenz disqualifiziert hätten. Hier sehen wir, wie sich der Humor der tschechischen Zuschauer erheblich von jenem anderer Länder unterscheidet, in denen dieser Wettbewerb stattfand (in Großbritannien gewann Winston Churchill und in Deutschland Konrad Adenauer).

Der Humor der Zuschauer des Jára (da) Cimrman-Theaters zeigt sich auch darin, dass sie die Schaffung des Mythos um Cimrmans Leben und Werk nicht nur den ursprünglichen Autoren überlassen, sondern selbst zum Phänomen des Jára (da) Cimrmans dadurch beitragen, dass Straßen, Schulen, Vereine, Aussichtstürme und Ähnliches nach ihm benannt werden. Jára Cimrman hat sich nicht nur als der größte Tscheche, sondern auch als universelles Genie einen Platz im Herzen der Zuschauer erobert. Alles, was Cimrman erfunden hat und wie vielen Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts er zum Erfolg verholfen hat, ist im Film Jára Cimrman ležící, spící verarbeitet. Da ich diesen Film als den Höhepunkt der Zusammenarbeit des Duos Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak betrachte und ihn thematisch mehr als relevant für diese Arbeit finde, habe ich mich entschieden, seine Analyse in den Anhang dieser Masterarbeit aufzunehmen.

Gegenstand dieser Masterarbeit ist die Analyse von Stereotypen in den Theaterstücken des Jára (da) Cimrman-Theaters. Ich habe mich aus zwei Gründen für dieses Thema entschieden: Erstens zähle ich mich zu den treuen Bewunderern und Zuschauern der literarischen und dramatischen Werke von Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak, und zweitens ist dieses Gebiet wissenschaftlich unerforscht. Bei der Recherche zur Arbeit des Jára (da) Cimrman-Theaters bin ich auf viele Abschlussarbeiten gestoßen. Diese behandelten zum Beispiel das Jára (da) Cimrman-Theater als kulturelles und gesellschaftliches Phänomen, die Geschichte der Entstehung der Gruppe, Jára Cimrman als neues Phänomen der tschechischen Gesellschaft, den Cimrman-Salon, Cimrman als transmediales Phänomen, den Humor, die Sprache oder die Mystifikation. Bisher hat sich jedoch niemand mit den Stereotypen vor einem interkulturellen Hintergrund beschäftigt. Genau das soll diese Masterarbeit leisten.

Nach einer kurzen Einleitung folgt der theoretische Teil der Arbeit (I). Das erste Kapitel beschäftigt sich mit den deutsch-tschechischen Beziehungen (II.1), die für das Verständnis der Analyse der Stücke des Jára (da) Cimrman-Theaters entscheidend sind. Es folgt ein Kapitel (II.2), in dem ich den Begriff „Stereotyp“ definiere und die Theorie der sozialen Identität vorstelle, die das Konzept des Stereotyps für diese Masterarbeit geeignet widerspiegelt. Anschließend widme ich mich dem Phänomen des Jára (da) Cimrman-Theaters als solchem (II.3). Dieses Kapitel ist in Unterkapitel gegliedert, die den historisch-politischen Kontext (II.3.1), die Mystifikation (II.3.2), den Humor (II.3.3) und die Aktualität des Jára (da) Cimrman-Theaters für den heutigen Zuschauer (II.3.4) behandeln. Im dann folgenden Kapitel beschreibe ich die Figur Jára Cimrman (II.4) und ihre Beziehung zu Albert Einstein (II.4.1), Franz Kafka (II.4.2), Frauen (II.4.3) und Sport (II.4.4). Im umfangreichsten Kapitel (II.5) beschreibe ich die dramatische Produktion des Theaters im Hinblick auf Handlungen, Leitmotive und Gattungen. Nach einer kurzen Zusammenfassung folgt der analytische Teil der Arbeit (III), in dem ich die Stereotype im Kontext der Interkulturalität analysiere. Die Arbeit wird mit einem Fazit abgeschlossen, in dem ich meine Erkenntnisse zusammenfasse. Im Anhang der Arbeit ist außerdem zu finden: meine persönliche Korrespondenz mit dem Schöpfer des Jára (da) Cimrman-Theaters, Zdeněk Svěrák; relevante Fotografien mit Cimrman-Thematik; eine Zusammenfassung von Thesen, Anmerkungen und Ideen zur Entstehung des Theaters; sowie eine Analyse der Erzählung Helmut im Helm von Zdeněk Svěrák, die sich mit den deutsch-tschechischen Beziehungen und deren Auswirkungen auf die aktuellen politischen Ereignisse im Jahr 2024 beschäftigt, aufgenommen habe.

Das Jára (da) Cimrman ist tatsächlich ein Phänomen, über das bereits sehr viel geschrieben und gesagt wurde. Diese Arbeit soll als erster Schritt im Bereich der Erforschung der Stereotypen und Interkulturalität im Werk des Jára (da) Cimrman- Theaters dienen. Folgende Frage möchte ich mit dieser Masterarbeit beantworten: „Inwieweit ist es möglich, Stereotypen im Werk des Divadlo Járy Cimrmana zu finden und sie in den Kontext der Interkulturalität einzuordnen?“

II. THEORETISCHER TEIL

II.1 Deutsch-Tschechische Beziehungen

„Měli jsme - a máme - německý komplex. Naše historické zkušenosti s německým
sousedem ho vyhrotily jako sebezáchovný reflex ostražitosti. Jsme už po řadu epoch
citliví na všechno, co se za našimi hranicemi s Německem děje. Je to komplex neobyčejně silný a v podstatě stále ještě velmi zdravý. Má však povahu komplexu. Obsahuje nedostatečně reflektovanou předsudečnou známost.”1,2

Diese Masterarbeit beginnt mit einer Abhandlung über die tschechisch-deutschen Beziehungen, da dieses Thema das Leitmotiv aller Theaterstücke des Jára-Cimrman- Theaters ist. Es ist nicht möglich, die analysierten Stereotypen zu verstehen, ohne zuerst einen Blick in die Vergangenheit der Geschichte zwischen den tschechischen und deutschen Ländern zu werfen. Wenn man über Deutsch-Tschechische Beziehungen berichten möchte, ist es wichtig, erstmal einige Begrifflichkeiten zu klären. Tschechien ist eine kleine Nation - allein in diesem Satz sind die Begriffe Tschechien und Nation zu definieren. Keiner der beiden Termini sind einfach zu erklären. Die deutsche Sprache unterscheidet zwischen den Worten „tschechisch, Tschechien“ und „böhmisch, Böhmen“. Tilman Berger befasst sich mit der Frage: Böhmisch oder Tschechisch? in seinem Aufsatz Der Streit über die adäquate Benennung der Landessprache der böhmischen Länder zu Anfang des 20. Jahrhunderts 3 näher. Er versucht zu erklären, dass sich der Begriff böhmisch auf die Landschaft bezieht, wobei „tschechisch“ Bezug nimmt zu den in Böhmen lebenden Personen - also Tschechen. Diese Unterscheidung ist für die deutsch-tschechischen Beziehungen von großer Bedeutung, denn in den böhmischen, mährischen und schlesischen Ländern lebten über siebenhundert Jahre Menschen, die ursprünglich aus dem heutigem Bayern, Sachsen und Franken kamen und die sich in den Grenzregionen angesiedelt hatten und bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs dort lebten. Man findet bereits im 16. Jahrhundert Hinweise dazu, dass es wichtig war, zwischen Böhmem, Deutschem oder Deutschböhmem zu unterscheiden. Es sind im Wittenberger Universitätsregister Einträge zu finden, wo sich mehrere Studenten als „Germano- Bohemicus“ oder „Teuto-Bohemus“ bezeichneten. Sehr interessant ist, dass die tschechische Sprache zwischen „böhmisch“ und „tschechisch“ nicht unterscheidet und für beide Begriffe das Adjektiv „český“ verwendet.4,5

Mit der Begriffsdefinition „Nation“ ist es nicht viel einfacher, denn laut Christian Bala „gibt es keinen allgemein anerkannten und eindeutigen Begriff der Nation.“ Es handele sich bei diesem Begriff um das Recht auf Selbstbestimmung. Man unterscheide zwischen der Volksnation, Kulturnation, Staatsnation und Staatsbürgernation.6 Ich verstehe unter einer Nation ein Volk, das sich aufgrund unterschiedlicher Merkmale einem Land und einer Gruppe von Menschen zugehörig fühlt. Man bekennt sich zu den gleichen Werten und sehr weit befasst empfindet man sich als Teil einer sehr breiten Familie.

Im Kontext der deutsch-tschechischen Beziehungen ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass eine Nation nicht aus dem Nichts entsteht, sondern dass sie ein Resultat des Verknüpfens und des Vermischens verschiedener Menschengruppen ist. So ist es bis heute nicht unüblich, dass Menschen in Tschechien einen deutschen Nachnamen tragen und andersherum. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wirkte als Vorsitzender der deutschen sozialen Demokraten Ludwik Czech, wobei die tschechischen sozialen Demokraten ein Mann namens Antonín Němec7 leitete. Dieses Beispiel spricht für sich. Tschechen und Deutsche freuen sich einer gemeinsamen Nachbarschaftsgeschichte, die bereits über tausend Jahre andauert. Davon waren sie siebenhundert Jahre Teil derselben politischen Gruppierung. Beide Nationen haben sehr viel voneinander übernommen. Wie schwierig das war, diese beiden Nationen voneinander zu trennen, beschreibe ich am Ende dieses Kapitels.

Ich komme nochmal zu der Aussage, dass Tschechien eine kleine Nation ist. Wenn man Tschechien geografisch mit anderen Ländern Europas vergleicht, stellt man fest, dass Tschechien nur etwas kleiner ist als das heutige Österreich, aber größer als die Schweiz, Dänemark, Belgien oder die Niederlande. Geographisch gesehen ist Tschechien also nicht das kleinste Land in Europa. Warum haben viele Tschechen trotzdem einen Minderwertigkeitskomplex8? Man findet z. B. in einem Artikel der online-Ausgabe des Tschechischen Rundfunks einen Vergleich zwischen Belgien und Tschechien. Der Autor des Artikels kommt zu dem Fazit, dass Tschechien Belgien als Vorbild sehen sollte dahingehend, wie man mit dem „Komplex einer kleinen Nation“ umgehen kann und zwar indem man seine Bestimmung als kleine Nation einfach akzeptiert.9 Dies ist für diese Masterarbeit deshalb von Bedeutung, weil genau der nationale Minderwertigkeitskomplex zum Leitmotiv der Theaterstücke des Jára (da) Cimrman- Theaters wurde.

Zur Geschichte Tschechiens gehört die Tatsache, dass es über mehrere hundert Jahre versucht hat, die deutsche Herrschaft und nach dem Zweiten Weltkrieg auch vierzig Jahre der sowjetischen Unterdrückung zu überstehen. Man hoffte auf ein gemeinsames Zusammenleben mit dem slowakischen Volk, was zweimal gut funktionierte (1918 - 1939 und 1948 - 1992), jedoch nicht als endgültige Lösung. Tschechien bleibt umringt von 83 Millionen deutschen, 9 Millionen österreichischen und 40 Millionen polnischen Nachbarn. Historisch gesehen pflegten die tschechischen Länder keine guten Beziehungen mit ihren polnischen Nachbarn (das ist auch einer der Gründe, weshalb es nie zur Entstehung einer großen slavischen polnisch-tschechischen politischen Gruppierung kam), jedoch pflegt Tschechien heute eine gute Beziehung zu seinem deutschen Nachbarn - es wird sogar von Kai Witzlack-Makarevich als „Das siebzehnte Bundesland“ bezeichnet.10 So ausgezeichnete Beziehungen gab es aber nicht immer.

Gute Beziehungen pflegte die tschechoslowakische Republik (1918 - 1939) zu Frankreich (jedoch litten sie nach dem Münchner Abkommen seitens der Tschechoslowakei) und zu den USA. Man konnte amerikanische Einflüsse im Kunstfeld und in der Literatur und Architektur beobachten. Der erste tschechoslowakische Präsident, Tomáš Garigue Masaryk, war mit einer Amerikanerin verheiratet. Er habe das Konzept der demokratischen tschechoslowakischen Republik aus den USA importiert.11 Paradoxerweise war den Tschechoslowaken die amerikanische Kultur näher als z.B. die britische, spanische, italienische oder skandinavische. Hunderttausende Menschen haben beschlossen, in den USA zu emigrieren (man findet bis heute viele tschechische Nachnamen in Pennsylvania). Im Rahmen Europas könnte man vermuten, dass die Tschechen ein Bündnis mit Polen schließen würden, denn Polen ist ihnen als slavisches Volk - bis auf die Slowaken - am nächsten (sowohl geographisch als auch sprachlich) und man könnte so eine „slavische Brüderlichkeit“ unter der Idee des Panslavismus12 schließen und sich somit gegen die Germanen in Mittel- und Nordeuropa abgrenzen. Obwohl diese zwei Länder über tausend Jahre Nachbarschaft pflegen, ist es zu einem solchen „brüderlichen Bündnis“ nie gekommen.

II.1.1 Slaven und Germanen

Auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik lebten um das siebte Jahrhundert Germanen. Darüber gibt es keine schriftlichen Quellen, aber man geht von einer onomatologischen Analyse aus, die sich mit verschiedenen Orts- und Bergbezeichnungen näher auseinandersetzt. Es gibt mehrere Theorien, was mit diesen Germanen passierte. Den Theorien nach zogen sie entweder weiter oder sie assimilierten sich mit dem slavischen Volk.13

Im Jahre 861 beabsichtigte Fürst Rostislav, Kontakt mit dem Papst in Rom aufzunehmen, um sein Land kirchlich zu legitimieren. Er überging dabei den Regensburger Erzbischof, denn er wollte sein Land vor einer fränkischen Abhängigkeit schützen. Im zehnten Jahrhundert brauchten jedoch die böhmischen Länder Unterstützung der deutschen Nachbarn beim Krieg gegen Polen14. Diesen Zeitpunkt könnte man als Entstehung einer politischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tschechien bezeichnen. Eine sehr wichtige Zeitepoche für die deutsch-tschechischen Beziehungen war das zwölfte bis vierzehnte Jahrhundert, als die böhmischen Länder diesmal eine wirtschaftliche Zusammenarbeit mit ihren deutschen Nachbarn aufnahmen. Man brauchte unternehmenslustige Menschen und geschickte Handwerker, darum lud man deutsche Einwohner in die böhmischen Länder ein und bot ihnen an, in den Grenzregionen sesshaft zu werden. Seitdem lebten auch Deutsche in den böhmischen (mährischen und schlesischen) Ländern - bis 1945, also über 700 Jahre.15

In Prag wurde 1348 die älteste deutsche Universität gegründet und Prag und Eger nahmen einen starken Einfluss auf die Entwicklung des Hochdeutschen - bedenke man z. B. das bedeutendste prosaische Werk des 15. Jahrhunderts Ackermann aus Böhmen.

II.1.2 1848 - 1918

Das Jahr 1848 wird oft als „Frühling der Nationen“ bezeichnet. Die Länder der böhmischen Krone waren von 1526 bis 1918, also fast 400 Jahre, ein Teil der Habsburgischen Monarchie. Den Habsburgern wurden bereits viele Werke gewidmet, man kann über diverse Aspekte forschen und sich mit deren Bedeutung näher auseinandersetzen. Ich hebe für die Zwecke dieser Arbeit den Aspekt der nationalen Diversifikation hervor.

Stefan Zweig kommentierte in seinem Buch Die Welt von gestern die Habsburgische Monarchie folgendermaßen: „Österreich war ein alter Staat, von einem greisen Kaiser beherrscht, von alten Ministern regiert, ein Staat, der ohne Ambition einzig hoffte, sich durch Abwehr aller radikalen Veränderungen im europäischen Raume unversehrt zu erhalten.“16

In der Habsburgischen Monarchie hatten slavische Nationen den Status einer Minderheit, obwohl sie die Mehrheit der Einwohner ausmachten.17 Laut Sládek lebten in der Monarchie 51 Millionen Menschen - davon 12 bis 13 Millionen Deutsche und 11 bis 12 Millionen Ungarn. Den Rest machten Slaven aus. Zu ihrem Minderheitsstatus führte also keine zahlenmäßige Überlegenheit der Deutschen oder Ungarn, sondern diverse Faktoren: ein nennenswerter Faktor war die geografische Trennung - die Slowaken und Ruthenen gehörten unter Ungarn, die Tschechen und Schlesier waren Teil Österreichs und die Südslaven lebten unter beiden Mächten - zum Teil unter Ungarn, zum Teil unter Österreich (Serbien, Kroatien, Slowenien).

Zu Beginn des Jahres 1848 ist in Frankreich eine Revolution ausgebrochen, die sich wie eine Welle in Resteuropa ausweitete. Es gab starke pangermanische und panslavische Tendenzen, die von vielen Menschen mit größter Vorsicht betrachtet wurden. Allein František Palacký warnte vor dem Zerfall der Habsburgischen Monarchie: „Kdyby Rakouska nebylo, museli bychom jej vytvořit v zájmu Evropy i lidstva samotného.“18,19 Er war sich bewusst darüber, dass eine panslavische Lösung für die slavischen Völker kein Gewinn wäre, denn unter dem Zarentum Russlands zu leben, wäre sicher kein glücklicher Ausweg. Als zweite Option bot sich der Pangermanismus, was für die Slaven wieder keine optimale Antwort wäre - im Konzept des „Großdeutschlands“ wären sie eine tatsächliche Minderheit. Bereits Otto von Bismarck antizipierte Konflikte zwischen den Slaven - vor allem in böhmischen Ländern - und den Deutschen. Gerade da waren diese beiden Völker am meisten (nicht nur) geographisch vermischt und kamen miteinander täglich in Kontakt. Beide Völker hatten diametral unterschiedliche Vorstellungen davon, welche Richtung die politische Entwicklung der Habsburgischen Monarchie einnehmen soll. Die Deutschen unterstützten die Idee des Pangermanismus, die radikalen Tschechen hofften wiederum auf Panslavismus. František Palacký war sehr vorsichtig und unterstützte die Erhaltung der Habsburger Monarchie - wollte jedoch weg vom Zentralismus, das von Wien ausging, und strebte den sog. Trialismus 20 an. Im Jahre 1867 kam es zum sog. Dualismus - Ungarn bekam die gleichen Rechte wie Österreich. Damit verlor auch Palacký jegliche positiven Vorstellungen von der Habsburgischen Monarchie und bemerkte: „Byli jsme před Rakouskem, budeme i po něm.“21,22 Mit dieser dualistischen Entwicklung begannen angespannte Zeiten zwischen Tschechen und den in böhmischen Kronländern lebenden Deutschen. Einer der Wortführer der bürgerlichen tschechischen Nationalisten äußerte sich wie folgt:

Naše vlast jest ze všech slovanských zemí nejdále posunutá do krajů německých a již následkem toho má zjevné povolání přijmouti a východním kmenům slovanským doručiti vzdělanost německou, která předešla slovanskou [.] Naše Čechy jsou uzlem mezi národy německými a slovanskými, jsou zástupcem Slovanů vůči Německu. Čechy takto mají řešiti těžší úlohu než Švýcary a Belgie. [.] Běda vám, Čechům kmene slovanského, kteří byste chtěli nenáviděti Němce svobodné!23,24

Im Jahre 1880 wurden die sog. Stremayers Sprachdekrete erlassen, die die Sprachproblematik im Umgang mit amtlichen Behörden regeln sollten.

Nařízení explicitně zavádělo do vnější úřední řeči všech úřadů češtinu i němčinu, a to jak pro podání ústní, tak písemná (§ 1) - úřad byl povinnen odpovědět v jazyku podání (§ 2). Podklady k jednání se nemusely překládat do druhého zemského jazyka (§ 3). Nebyl-li znám jazyk adresáta, mělo se vzít v potaz jeho bydliště (§ 4). Veřejná oznámení úřadů musela být provedena v obou zemských jazycích (§ 6). U soudu měl být jednací řečí jazyk obžalovaného (§ 8), nikoliv žalujícího. Nařízení se přitom nevztahovala na armádu.25,26

Diese Sprachdekrete sorgten Jahre lang für Unruhe in parlamentarischen Debatten. So kam es zu einem Wortgefecht zwischen dem tschechischem Parlamentarier František Ladislav Rieger und dem (tschechisch)deutschen Abgeordneten Svoboda. Rieger warf deutschen Beamten einen Unwillen vor, Tschechisch zu lernen. Svoboda kontrierte wiederrum, dass Tschechen zu Deutschen konvertieren sollten.

Rieger fragte am 17. Oktober 1885 im Parlament: „Co je to vlastně ta německo-česká otázka? Je to prostě to, že asi sto mladých mužů, kteří každým rokem vstupují do státní služby, se odmítají naučit druhý jazyk země (češtinu), i když jej potřebují pro svou práci.“27,28

Svoboda antwortete: „Pokud by se Češi v Čechách změnili v Němce, nebyl by to v mých očích žádný smrtelný hřích, protože by vystoupili z nižšího stupně do slunných výšin vysoce civilizovaného národa. Ale snaha čechizovat Němce v Čechách je něco zcela jiného. Bylo by to něco neslýchaného ve světových dějinách. To je právě ten rozdíl, pane doktore Riegere, mezi germanizací a čechizací.“29,30

Claudio Magris macht in seinem Buch Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur folgende Anmerkung:

Die Habsburgermonarchie verlangte von ihren Untertanen, daß sie nicht nur Deutsche, Ruthenen, Polen seien, sondern etwas Größeres und Höheres, sie beanspruchte ein wahres und eigentliches Sacrificium nationis, einen Verzicht auf bequeme Selbstbehauptung, einen Verzicht auf das erregende Aufgehen in den Instinkten des eigenen Blutes; durch diesen Verzicht verwandelte sich der Mensch aus einem Deutschen, Tschechen oder was immer er war ... in den Österreicher.31

Er spricht von einem „vergeblichen Wunsch nach übernationaler Harmonie“ und benutzt den Ausdruck kulturelle Kolonisation Osteuropas. Seiner Meinung nach könnten ohne diese Kolonisation Dichter wie Rilke und Kafka nicht zur deutschen Literatur gezählt werden.32

Im Jahre 1897 traten Badenis Sprachverordnungen in Kraft und die Situation zwischen der tschechischen und deutschen Bevölkerung verschärfte sich. Es kam zu Straßenkämpfen zwischen den deutschen und den tschechischen Studenten33 und man hörte Äußerungen aus den Reihen der Extremisten wie folgende vom Reichsratsabgeordneten Karl Hermann Wolf: „[...] Němci si nenechají všechno líbit od Čechů, Slovinců a dalších méněcenných národností.“34,35

Die Badenis Sprachverordnungen:

Jako vnější úřední jazyk byl opět chápán jazyk podání, a to jak pro soudy, tak pro všechny úřady podřízené ministrům vnitra, spravedlnosti, financí, obchodu a orby (§ 1). Nově však bylo stanoveno, aby úřady užívaly 've všem úředním jednání, konaném k cíli vyřízení anebo rozhodnutí, onoho jazyka, ve kterém strany svoji věc ústně přednesly nebo podaly. Zvláště pak má se u soudních dvorů podávání návrhů a porada v senátě v této řeči díti.' (§ 7) U nižších instancí v Čechách a na Moravě bylo tedy dovoleno užívat češtinu i při vnitřním styku [.]. Na tuto regulaci navazovalo nařízení č. 13 z téhož dne o jazykové způsobilosti úředníků ustanovených při úřadech v království českém. Úředníci, kteří budou od 1. července 1901 nově ustanoveni k soudům, státním zastupitelstvím a k úřadům podřízeným ministerstvům vnitra, financí, obchodu a orby, měli mít povinnost prokázat znalost obou zemských jazyků slovem i písmem (§ 1). Důkaz jazykových znalostí měl být podán buď u praktické odborné úřednické zkoušky, nebo u speciální jazykové zkoušky, a to do tří let od nástupu do úřadu (§ 2).36,37

Im Rahmen einer nationalen Zusammenkunft wurden auf beiden Seiten verschiedene Vereine gegründet. Der bekannteste tschechische Verein war und ist bis heute der Sokol - es handelte sich um eine nationale und patriotisch geprägte Turnbewegung. Man nahm sich vor, die eigene Heimat wieder ins Leben zu rufen. Auf der deutschen Seite entstand 1849 der erste Turnverein der österreichisch-ungarischen Monarchie in Westböhmen in Aš.38

Nach dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde der Konflikt zwischen den Deutschen und den Tschechen offen zum Ausdruck gebracht - tschechische Soldaten desertierten massenhaft und kämpften an der französischen oder russischen Front.39

II.1.3 1918 - 1938

„Pokud by bylo možné připsat rozpuštění rakousko-uherské monarchie jednomu člověku, pak by to byl T. G. Masaryk.”40,41 Tomáš Garigue Masaryk ist etwas gelungen, was niemandem weder vor noch nach seiner Epoche gelang - er überzeugte die westlichen Mächte (vor allem Frankreich und Großbritannien) von der Gründung eines neuen demokratischen Staates mitten in Europa - der Tschechoslowakischen Republik. Die Tschechoslowakei war ein künstlich zusammengesetztes Land mit verschiedenen Nationen: Tschechen, Slowaken, Ruthenen auf der einen und Ungarn (über eine Million) und Deutsche (drei Millionen) auf der anderen Seite. Plötzlich wurden die Deutschen zu einer Minderheit. Es handelte sich um die größte ethnische Gruppe auf dem tschechoslowakischen Gebiet, die aber gleichzeitig in mindestens fünf Gruppen gegliedert war, welche ein unterschiedlicher Dialekt und eine unterschiedliche Herkunft trennte. Bis ins 19. Jahrhundert hinein bestanden keine engeren Kontakte zwischen diesen Gruppen. Es gab auch keine gemeinsamen politischen, kulturellen oder geistlichen Eliten. Im Oktober 1918 forderten diese Gruppen eine Separation, jedoch ohne Erfolg.42,43 Die westlichen Großmächte lehnten diese Forderung aus diversen Gründen ab. Man argumentierte wie folgt: 1) die Tschechoslowakei hat von Natur aus ihre Grenzen durch Gebirge klar definiert (geografischer Aspekt); 2) man wollte nicht riskieren, dass die Weimarer Republik um drei Millionen Menschen anwächst (Sicherheitsaspekt); 3) in den vom deutschen Volk besiedelten Grenzregionen befanden sich leichte chemische Industrie, Rohstoffabbau und Textilfabriken (wirtschaftlicher Aspekt); 4) es bestand das Recht auf das historische Gebiet von Böhmen und Mähren (politischer Aspekt). Masaryk verteidigte diese Entscheidung mit folgendem Argument: „Co je spravedlivější, aby 3 miliony, to jest zlomek německého národa, byly v českém státě, či aby 10 milionů Čechů., to jest národ celý, bylo ve státě německém?“ Weiter nannte er die tschechischen Deutschen Zuwanderer, obwohl sie zu dem Zeitpunkt bereits 700 Jahre die Grenzregion besiedelten. Er forderte vom ganzen tschechoslowakischen Volk - also auch von den Deutschen - dass sie sich „entösterreichisieren“.44,45

Die deutsche Minderheit musste mit vielen Schwierigkeiten kämpfen - ihre Rechte wurden von den Behörden häufig eingeschränkt, deutsche Schulen wurden geschlossen und stattdessen wurden tschechische Schulen eingeführt; viele Beamte wurden aufgrund der Sprachpolitik entlassen. Im Jahre 1928 traf die Wirtschaftskrise vor allem deutsche Arbeiter und Unternehmen, denn sie waren überwiegend in der Industrie tätig und somit vom Export abhängig. All diese unerfreulichen Bedingungen begünstigten extremistische Bewegungen und motivierten die bis zu diesem Zeitpunkt uneinige deutsche Minderheit sich zusammenzuschließen. Im Jahre 1935 war die Sudetendeutsche Partei (SdP) mit 2/3 aller deutschen Stimmen und mit der größten Wähleranzahl überhaupt, in der ganzen Republik der entscheidende Gegner der tschechoslowakischen Regierung.46

In der Zwischenzeit, als die Tschechoslowakei Zufluchtsort vieler vor den Nazis fliehenden Deutschen wurde (unter anderem Walter Ulbricht, Theodor Lessing, Thomas Mann), schmiedete Adolf Hitler seinen „Fall Grün“, in dem er bereits 1932 plante, die ganze Tschechoslowakei zu besetzen und das slavische Volk nach Sibirien umzusiedeln. Große Unterstützung fand er bei Konrad Ernst Eduard Henlein, dem späteren SS- Obergruppenführer und vor allem Führer der Sudetendeutschen Partei. Heinlein nutzte die schlechte wirtschaftliche Lage im Sudetenland47 zu seinen Gunsten aus und erklärte am 15. September 1938 in Eger:

Zkušenosti dvacetileté krutovlády a zvláště pak těžká krveprolití posledních dnů mne nutí k následujícímu prohlášení:

1. V roce 1919 jsme byli následkem odepření nám slavnostně přislíbeného práva na sebeurčení proti své vůli donuceni žít v českém státě.
2. Aniž bychom se kdy vzdali práva na sebeurčení, pokusili jsme se za nejtěžších obětí o zajištění své existence v českém státě.
3. Veškeré úsilí pohnout český národ a jeho odpovědné činitele k poctivému a spravedlivému vyrovnání stroskotaly na jejich nesmiřitelné ničící vůli.

Stoje v této hodině sudetoněmecké tísně před vámi, německým národem a celým civilizovaným světem, prohlašuji:

My chceme žít jako svobodní němečtí lidé! Chceme opět mír a práci v naší domovině! Chceme domů do Říše! Bůh žehnej nám a našemu spravedlivému boji!48,49

Frankreich und Großbritannien übten starken Druck auf den tschechoslowakischen Präsidenten Edvard Beneš aus - die Tschechoslowakei sollte das Sudetenland an Hitler abtreten. Man hoffte darauf, dass man dadurch einen Krieg mitten in Europa verhindern könne. Auf dem abgetretenen Gebiet lebten circa 820.000 Tschechen, die ungewollt plötzlich ein Teil des Dritten Reiches wurden. Am 29. September 1938 fand in München Das Münchner Abkommen statt:

Im Münchner Abkommen wurde die Abtretung des Sudetengebiets an das Deutsche Reich festgelegt. Die deutsche Besetzung sollte vom 1. bis zum 10. Oktober stattfinden, die Grenzen waren noch nicht genau festgelegt. Im Gegenzug garantierten England und Frankreich den Bestand des tschechoslowakischen Reststaats. Die Tschechoslowakei, die nur als Gegenstand, nicht aber als Subjekt des Völkerrechts behandelt wurde, musste sich dem Abkommen fügen.50

II.1.4 1938 - 1948

Das Münchner Abkommen galt nicht mal ein halbes Jahr. Am 16. März 1939 verkündete Adolf Hitler die „Zerschlagung der Rest-Tschechei“ und verkündete auf dem Prager Hradschin einen neuen Bestandteil des „Großdeutschen Reichs“, nämlich das Reichsprotektorat Böhmen und Mähren.51 Somit wurde Tschechien52 das erste Opfer der Reichspolitik Adolf Hitlers.

Die Beziehung zwischen den Tschechen und den Deutschen konnte nicht angespannter sein. Am 27. Mai 1942 wurde durch eine Gruppe der tschechoslowakischen Exilarmee ein erfolgreiches Attentat auf den SS-Obergruppenführer und stellvertretenden Reichsprotektor in Böhmen und Mähren Reinhard Tristan Eugen Heydrich ausgeübt, der am 4. Juni 1942 seinen Verletzungen erlag. Als Rache wurden alle aus dem Dorf Lidice stammenden Männer und alle aus dem Dorf Ležáky stammenden Erwachsenen hingerichtet. Dies hinterließ eine tiefe Spur in den deutsch-tschechischen Beziehungen. „Vztahy Čechů a Němců v Protektorátu Čechy a Morava byly poznamenány událostmi, jako bylo uzavření českých vysokých škol 17. listopadu 1939, koncentračními tábory a smutně proslulými masakry v Lidicích a jinde.“53,54

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs kehrte Präsident Edvard Beneš aus dem Exil in Großbritannien zurück und sah sich gezwungen, mit der deutschen Minderheit in Tschechien einen kurzen Prozess zu machen. Er verwies auf den französischen Soziologen Bernard Lavergne, der der Auffassung war, dass wo Minderheiten die sprachliche und nationale Homogenität stören, ein umfassender Bevölkerungstransfer stattfinden sollte. Beneš selbst äußerte sich folgendermaßen:

Nemůžeme zcela vyloučit možnost přesunu určitého obyvatelstva jako podmínky pro vytvoření rovnováhy a trvalého míru. Jakkoli mnozí Němci mohli upřímně litovat Hitlerova nástupu k moci v roce 1933, národ jako celek má za Hitlera a Himmlera stejnou odpovědnost, jako Američané za Lincolna a Roosevelta...55,56

Beneš schrieb den deutschen Sozialen Demokraten:

Pokud budou německý národ a stát poraženy, musí (sudetští Němci) nést důsledky této porážky stejně, jako je musí nést každý poražený stát a národ v každé válce. [.] Otázka zní: Mají být všichni zabiti, nebo pro ně mají být vybudována obrovská vězení či doživotní koncentrační tábory, nebo by bylo lepší, aby navždy zemi opustili?57,58

II.1.5 Die Abschiebung der Sudetendeutschen

Die Abschiebung der Sudetendeutschen wurde bereits 1942 von Beneš den zukünftigen Siegermächten vorgelegt - sie waren einverstanden. Während der Potsdamer Konferenz 1945 wurde darüber abgestimmt, dass „die deutsche Bevölkerung aus Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn in ordnungsgemäßer und humaner Weise überführt wird.“59 Eine organisierte Abschiebung begann erst im Januar 1946. Darüber wurden viele Romane und Studien geschrieben und Filme gedreht60. Es gibt viele verschiedene Thesen zu diesem bis heute sehr umstrittenen Thema. Sicher ist nur eins: Tschechien verlor einen Teil seiner Identität, der seit 700 Jahren von dem eigenen Selbst nicht wegdenkbar war.

II.1.6 Zusammenfassung

Die tschechisch-deutschen Beziehungen sind durch eine lange und komplizierte Geschichte geprägt, die bis ins Mittelalter zurückreicht. Beide Nationen waren oft Teil derselben politischen Gebilde, was zu kultureller und wirtschaftlicher Vermischung, aber auch zu Spannungen führte. Wichtige Momente waren Konflikte in der Zeit der nationalen Wiedergeburt und die Vertreibung der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute sind die Beziehungen zwischen Tschechien und Deutschland stabil und kooperativ, vor allem dank der europäischen Integration.

Das Verständnis der tschechisch-deutschen Beziehungen ist für diese Masterarbeit von großer Bedeutung, da die Autoren des Jára (da) Cimrman-Theaters genau aus diesem Themenbereich schöpfen und sich die tschechisch-deutschen Beziehungen fast durch jedes Theaterstück ziehen. Auf ihnen basieren das Drama, der Humor und die gesamte Aussagekraft des Schaffens der Autoren.

II.2 Stereotype

Stereotype sind weit verbreitete, vereinfachte und oft übertriebene Vorstellungen über die Eigenschaften, Fähigkeiten, das Verhalten oder das Aussehen einer bestimmten Gruppe von Menschen. Auf wissenschaftlicher Ebene wurden Stereotype in verschiedenen Bereichen untersucht, darunter in der Psychologie, Soziologie, in den Neurowissenschaften oder wie diese Masterarbeit demonstriert - in der Literaturwissenschaft.

Um sich in all diesen wissenschaftlichen Bereichen nicht zu verirren, stützt sich diese Arbeit u.a. auf die Theorie der sozialen Identität (SIT) des britischen Sozialpsychologen Henri Tajfel aus dem Jahre 1979. Diese Theorie erklärt, dass Menschen dazu neigen, sich selbst und andere in Gruppen einzuteilen (In-Group vs. Out-Group). Dieser Kategorisierungsprozess kann zur Bevorzugung der eigenen Gruppe und zur Stereotypisierung von Mitgliedern anderer Gruppen führen.

In folgenden drei Grundannahmen könnte die SIT zusammengefasst werden61:

1. Individuen streben danach, eine positive soziale Identität zu erhalten, die vollständig durch die Mitgliedschaft zu einer Gruppe definiert ist.
2. Eine positive soziale Identität basiert größtenteils auf vorteilhaften Vergleichen, die zwischen der Ingroup und einer relevanten Outgroup gezogen werden können: Die Ingroup muss positiv von einer Outgroup unterschieden werden bzw. als positiv distinkt von Outgroups wahrgenommen werden.
3. Wenn die soziale Identität unbefriedigend ist, dann versuchen Individuen, ihre Gruppe zu verlassen und in eine positivere Gruppe zu gelangen, oder sie versuchen, ihre Gruppe stärker positiv abzusetzen.

Im Allgemeinen könnte man sagen, dass Stereotype eine negative Konnotation mit sich tragen. Die Umgangssprache kennt mehrere Begriffe, die nach allgemeiner Auffassung als Stereotype verstanden werden: Vorurteil, Feindbild, Klischee.62 Stereotype an sich werden in zwei Unterkategorien unterteilt: Autostereotype (Aussagen, die der eigenen Gruppe zuzuordnen sind; oft mit einer positiven Konnotation) und Heterostereotype (Aussagen, die sich gegenüber fremden Kollektiven ausgrenzen; oft mit einer negativen Konnotation). Diese Begriffe sind für diese Arbeit ausschlaggebend. Außerdem dürfen nationale und soziale Stereotype nicht außer Acht gelassen werden.

„Nationalistische Bewegungen hatten im 19. Jahrhundert starken Einfluss auf die Entstehung und Etablierung von Auto- und Heterostereotypie nicht nur in der Politik und der Hochkultur, sondern auch im Alltagsleben.“63 Autostereotype sind identitätsrelevant. Im Jahre 1921 schaffte der tschechische Schriftsteller eine literarische Figur des braven Soldaten Šwejk - das am zweithäufigsten übersetzte Buch der tschechischen Literatur - das sowohl von der tschechischen Öffentlichkeit als Autostereotyp als auch von Deutschen als Heterostereotyp der Tschechen angesehen wird64. Hier könnte eine Parallele zu Jára (da) Cimrman gezogen werden, wo ein Volk eine nicht existierende Figur als Nationalhelden akzeptiert, obwohl ihr jeglicher Heroismus im üblichen Sinne fehlt - verglichen zu anderen Nationalhelden.

Die intellektuellen Eliten von Gesellschaften, vor allem, wenn sie sich als schwächer empfinden, übernehmen die Heterostereotype anderer als überlegen imaginierter bzw. eingeschätzter Gesellschaften und verwandeln sie in eigene Autostereotype. Dabei können solche Heterostereotype entweder von außen herangetragen werden oder von einer in der Region lebenden Minderheit stammen. Für letzteres mag als Beispiel der tschechische Nationaldiskurs in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelten, der sich gegen den als übermächtig empfundenen, weil von Wien unterstützten Diskurs der Deutschen in Böhmen und Mähren wehrte, damit gleichzeitig aber einige deutsche Tschechen- Stereotype übernahm.65

Der Text beschreibt ein soziales Phänomen, bei dem die intellektuellen Eliten einer Gesellschaft die Stereotype anderer als überlegen eingeschätzter Gesellschaften übernehmen und diese in ihre eigenen Selbstbilder (Autostereotype) integrieren. Dies geschieht vor allem dann, wenn sich diese Eliten als schwächer empfinden. Die Heterostereotype können entweder von außen in die Gesellschaft gebracht werden oder von einer Minderheit innerhalb der Region stammen. Dies kann sowohl bewusst als auch unbewusst geschehen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts befand sich die tschechische Gesellschaft in Böhmen und Mähren unter starkem Einfluss des österreichischen Reiches und der dort dominierenden deutschen Kultur und Sprache. Die Deutschen in Böhmen und Mähren wurden von Wien unterstützt und hatten dadurch eine mächtige Position. Sie hatten bestimmte Stereotype über die Tschechen, möglicherweise betreffend deren Kultur, Sprache und Entwicklungsstand. Die tschechischen intellektuellen Eliten begannen, einige dieser deutschen Stereotype über die Tschechen zu übernehmen und in ihre eigene nationale Identität zu integrieren. Dies geschah als Reaktion auf das Gefühl der Unterlegenheit und den Druck der als überlegen empfundenen deutschen Kultur. Konkrete Beispiele dafür sind:

1. Sprache und Bildung: Die deutschen Stereotype haben die tschechische Sprache und Bildung als minderwertig dargestellt. Die tschechischen Eliten haben diese Sichtweise übernommen und versucht, ihre eigene Sprache und Bildung zu reformieren, um sie den deutschen Standards anzupassen.
2. Industrialisierung und Wirtschaft: Wenn die Deutschen Tschechen als weniger fortschrittlich in Bezug auf Industrie und Wirtschaft betrachtet haben, konnten die tschechischen Eliten diese Sichtweise internalisieren und Maßnahmen ergreifen, um die Industrialisierung voranzutreiben und die wirtschaftliche Entwicklung zu fördern und somit diesen Stereotypen zu widersprechen.

II.3 Das Jára (da) Cimrman Theater

Gleich zu Anfang dieses Kapitels muss man sich folgende Frage stellen: „Wer war Jára (da) Cimrman?“ Die Antwort kann sehr überraschen, denn sie lautet: „Niemand.“ Gleichzeitig ist Cimrman jedoch jemand, der einer kleinen Nation mitten in Europa sehr viel bedeutet und über den seit fast 60 Jahren Vieles gesagt und geschrieben wurde. Jára (da) Cimrman ist eine Fiktion; eine fiktive Gestalt, deren Name das erste Mal am 16. September 1966 im Rundfunkspiel Alkoholfreie Weinstube zur Spinne 66 gehört wurde. Er war: „ řidič parního válce u národního podniku Stavby silnic a železnic v Hradci Králové a lidový umělec, naivní sochař-samouk vystavující v nafukovacím pavilonu vinárny své plastiky: předměty, které jeho parní válec takříkajíc připravil o třetí rozměr.“67,68 Die Autoren dieser sehr durchdachten und detailliert durcharbeiteten literarischen Figur waren Zdeněk Svěrák und Jiří Šebánek, später69 dann auch Ladislav Smoljak. Zdeněk Svěrák schrieb im Vorwort zum Buch Vinárna U Pavouka, dass diese Radiosendung „Stamm des zukünftigen Jára (da) Cimrman-Theaters war, denn das Theater Jára (da) Cimrman erwuchs aus dieser Rundfunkmystifizierung heraus.“70 Jiří Šebánek schrieb in seinem Vorwort zum gleichen Buch Folgendes: „A vděční posluchači jako by aspoň na 45 minut emigrovali z vleklého dusna normalizace do imaginárního světa nespoutané, svobodomyslné abnormalizace.“71,72 Die größte Persönlichkeit, die aus dem Programm Weinstube zur Spinne hervorgegangen ist, ist zweifellos die Persönlichkeit von Jára

Cimrman. Das neu gegründete Theater wurde nach ihm benannt und das gesamte Repertoire widmet sich seinem Leben und Werk. Die Stücke des Jára (da) Cimrman- Theaters durften nicht auf den Spielbrettern anderer Theater aufgeführt und von anderen Schauspielern als denen des Jára (da) Cimrman-Theaters gespielt werden. Laut Svěrák bereiteten die Autoren der Radiosendung Weinstube zur Spinne seine Zuhörer auf die Figur Jára (da) Cimrmans vor, was sich als eine gelungene Strategie erwies, denn das Jára (da) Cimrman Theater wurde von Anfang an zahlreich besucht. Zuspruch fand das Theater vor allem eben bei den regelmäßigen Zuhörern des Radiospiels Weinstube zur Spinne.73 Zum generellen Thema des Publikums der Theater der kleinen Formen schrieb Vladimír Just folgendes:

Do malých divadel a jejich netradičních prostor nechodili však jen mladí a nejmladší diváci. Tato divadla - jinak by se asi nestala celospolečenským fenoménem - navštěvovaly, zpočátku ze zvědavosti, i jiné, řekněme tradiční divácké vrstvy všech věkových kategorií. Tradiční divadelní diváci v šatech a s kravatou byli ovšem na počátku v hledištích malých divadel spíše v menšině, někteří z nich si připadali v nadšeně reagujícím publiku až jaksi cizorodě.74,75

Ladislav Smoljak schätze das Publikum seines Theaters sehr: „Naše divadlo potkalo velké štěstí v podobě naprosté převahy chytrých diváků.”76,77

Die Bedeutung der Weinstube zur Spinne für die Entstehung des Jára (da) Cimrman- Theaters lässt sich laut Zdeněk Svěrák wie folgt zusammenfassen:78

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Bei Jára (da) Cimrman handelt es sich um ein klares Beispiel einer literarischen Mystifikation, die nicht nur für das tschechische literarische Umfeld typisch ist, sondern auch für andere Nationen. Wenn man bei tschechischen Beispielen bleiben sollte, dann dürfen weder die gefälschten Handschriften Rukopis královédvorský und Rukopis Zelenohorský noch Figuren wie Pankrác Perla, Pérák, Ervín Hrych oder Jožka Meráno Blažejovský außer Acht gelassen werden. Bei dem zuletzt genannten handelt es sich um einen angeblichen Zauberer-Manipulator, dessen misslungene Zaubertricks im Rundfunkspiel Alkoholfreie Weinstube zur Spinne detailliert beschrieben und kommentiert wurden.79 Zdeněk Svěrák beschrieb ihn als Vorzeichen von Jára (da) Cimrman und erklärte die Idee, ein solches Rundfunkspiel überhaupt ins Leben zu rufen:

Jak vás napadlo líčit v rozhlase vystoupení kouzelníka Jožky Merano Blažejovského?

To je přece taková blbost, že jsme si to nemohli nechat ujít! A je to stejná blbost jako líčit spartakiádu. Často jsme byli nuceni komentovat věci, které do rozhlasu nepatřily. Jak chcete komentovat spartakiádu? Řeknete, že vzpažili. Co víc o tom můžete říct? Tehdy jsme se hrozně nasmáli, představovali jsme si, jak vypadá, že chodí v županu, je vychrtlý... Dokonce zvítězil v soutěži o pavoučí nohy! Měli jsme ho rádi. Myslím, že on je trošku předobrazem Járy Cimrmana.80,81

Eine weitere Inspirationsquelle für die fiktive Gestalt Jára (da) Cimrmans könnte laut Zdeněk Mahler ein tendenziell geschriebenes Buch aus der Stalin-Ära Изобретено в России82 gewesen sein, bei der es sich um ein umfassendes Schaufenster der Früchte des russischen Einfallsreichtums und der russischen Hände im Bereich der Technologie handelt. Der Autor des Buches, Wiktor Wassiljewitsch Danilewski, würdigt den immensen Beitrag des russischen Volkes zur Weltkultur und verteidigt die Vorrangstellung Russlands bei vielen Erfindungen, die „Ausländern zugeschrieben oder von ihnen gestohlen“ wurden. So sind zum Beispiel: die erste Dampfmaschine für den Bergbau, die Destillation und das Cracken von Diesel, die Vergasung von Kohle direkt in den Lagerstätten, in der Metallurgie die Gewinnung von Gold durch Zyanidierung, die Platinverarbeitung, im Maschinenbau das Motorboot, der Mähdrescher und der Traktor, das Flugzeug, der Hubschrauber und der Stratostat russische Erfindungen. In der Elektrotechnik sind die elektrische Lampe, die Fernleitung, der Transformator, der Telegraf und das Radio, die Galvanik und viele andere Erfindungen den Russen zu verdanken83. Zdeněk Mahler bringt dieses Buch mit Cimrman in Verbindung: „ (...) vážně se v ní tvrdilo, že v Rusku bylo vynalezeno skoro všechno, málem i kyslík a chůze. Když se to posune do ironie a sebeironie, tak se zrodí takový genius jako Cimrman.“84,85 Eine solche mögliche Parallele zu diesem Buch werde ich näher im Kapitel „Der inspirierende Cimrman“ andeuten.

Eine andere Parallele/Inspirationsquelle zu Cimrman könnte man in Jakub Hron Metánovský beobachten. Es handelte sich um einen Pataphysiker, der sehr wohl Cimrmans Zeitgenosse gewesen sein könnte. Laut Ladislav Smoljak diente seine Figur als eine der drei realen Gestalten, die die Entstehung des „größten tschechischen Genie des 20. Jahrhunderts“ inspirierte:

[...] můžete navštívit ojedinělé Muzeum Jakuba Hrona Metánovského, místního rodáka, génia, filantropa, matematika, filozofa, lingvisty, básníka, přírodovědce a vynálezce. Jeho široký akční rádius - až na čestné výjimky - pohříchu nenalezl prakticky žádné uplatnění. Přesto, nebo právě proto, se stal podle Ladislava Smoljaka jednou ze tří reálných osobností, které inspirovaly vznik největšího českého „žijícího“ génia 20. století.86,87

Vladimír Borecký sieht eine Verbindung zwischen Cimrman und Jakub Hron Metánovský höchstens in folgenden Punkten:

Zbývá srovnání s výtvorem pozdní české patafyziky 60. let Járou Cimrmanem, o němž byly vysloveny doměnky, že Jakuba Hrona plaguje. Osobnost Cimrmanova má sice styčné body s profesorem Hronem v dobové lokalizaci Prahou a Vídní z přelomu století s horní hranicí v r. 1914, i v charajteristice básníka, vědce a vynálezce, nikoliv však už lingvisty a filosofa, v jejichž roli se cítil Hron nejšťastnější. Cimrmanovi chybí především autenticita reálné existence. [...] Navíc ani formálně netěží cimrmanovský humor z hronovského zdroje slovních kořenů a sleduje osvědčenou tradici pointovaného narativního humoru Jaroslava Haška.88,89

Přemysl Rut gibt in seinem Vorwort zu Divadlo Járy Cimrmana. Dodatky. zu, dass er das Jára (da) Cimrman-Theater als „Theater einer Idee“ sah und die Möglichkeiten des Theaters nicht mehr als für 5 bis 7 Schauspiele schätze. Wie sehr er sich irrte, ist aus heutiger Sicht mehr als ersichtlich. Das Theater Jára (da) Cimrman erlebte als eines der wenigen Theater keine Zuschauerabwanderung nach dem Staatsstreich im Jahre 1989. Es erfreut sich auch im Jahr 2024 einer sehr großen und treuen Beliebtheit.

II.3.1 Geschichtlicher und politischer Kontext (1968 bis 1989)

Der Reformversuch des Prager Frühlings dauerte acht Monate. Im August 1968 wurde er durch die größte militärische Aktion in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg und die einzige gemeinsame Aktion des Warschauer Paktes gewaltsam beendet. Dadurch scheiterte der erste friedliche und tiefgreifende Reformversuch "von oben", der im ehemaligen Ostblock einen Systemwandel anstoßen und einen "Sozialismus mit menschlichem Antlitz" verwirklichen wollte. Es handelte sich also nicht um einen antikommunistischen Aufstand, sondern um ein Vorhaben, das die üblichen Muster des Kalten Krieges durchbrach.90 Vladimír Just schrieb dazu:91

Těžce vyzbrojená půlmilionová armáda pěti států Varšavské smlouvy, politicky připravovaná na ozbrojený odpor kontrarevolučních skupin a vítání obyvatel - internacionalistů -, byla náhle v ulicích Prahy a dalších měst konfrontována s něčím, na co ji politruci v hodinách strategie zapomněli připravit. Byla nucena ve vší své těžké, obrněné vážnosti čelit zbraním jiné generace: ironii, karikatuře, anekdotě, posměšnému songu a takřka permanentnímu happeningu, který vysílala těžko polapitelná média slovem i obrazem do celého světa takříkajíc v přímém přenosu.92

Das Theater brachte weiterhin seine oppositionelle Meinung zur Besatzung zum Ausdruck, indem es zum Beispiel antisowjetische Lieder sang und ältere Stücke aktualisierte. Daher war die tschechische Theaterszene bis zur Spielzeit 1970/1971 von Ironie und Karikatur der Besatzungstruppen geprägt. Der Grund, weshalb das Theater dem Regime am längsten widerstehen konnte, lag in der Einzigartigkeit und dem Wesen dieser Kunst, die im Gegensatz zum Fernsehen unter Beteiligung des Publikums entstand. Außerdem verstand man das Theater als ein Kultusmedium für eine kleinere und engere Gruppe von Zuschauern. František Černý schrieb dazu:

Druhá polovina 50. a počátek 60. let byl dobou divadelních výbojů [...]. V 60. letech tyto tendence uzrály. V letech 70., v době tzv. normalizace, se hlavně v oficiálních repertoárových divadlech prosadily návraty k propagandistickému divadlu a zejména zesílila tendence k únikovému rekreačnímu repertoáru. V této době, kdy znovu došlo k vážnému narušení kontinuity českého divadelního vývoje, vystoupily dopředu menší pražské i mimopražské činoherní scénky [.].93,94

Die Politik legte ihren Fokus auf Massenmedien, die einen breiteren Radius erreichten und ließ die - vor allem kleinere - Theaterszenen etwas außer Acht (mit Ausnahme des Nationaltheaters). Dies brachte einen großen Vorteil mit sich, da Studenten und Intellektuelle begannen, sich in den Theatern zu versammeln. Die Theater wurden zu Zentren für Begegnungen und Diskussionen zwischen Schauspielern und Zuschauern. Dieser Aspekt erwies sich als eine Stärke des Theaters, die von den Kommunisten unterschätzt worden war.

Zdeněk Svérák äußerte sich zu diesem Thema folgendermaßen:

Malé divadlo se dá jednak snadněji pořídit, jednak umožňuje dialog s hledištěm. Velké divadlo, když to přeženu, je spíše monolog. Herci vaří, diváci jedí. Ale malé, zvláště komediální, je kotlík, v němž se vaří herec společně s divákem. Hlediště odpovídá smíchem a potvrzuje, že rozumí a souhlasí. Je tu silnější pocit, že jsme v tom namočeni všichni. [...] Samozřejmě v hledišti byl přítomen i pocit spiklenectví a radost, že jsme to viděli, než to zakážou. Divák vychovaný číst mezi řádky a slyšet i nevyslovené si určitě politizoval i to, co tak myšleno nebylo.95,96

Die Theatersaison 1970/1971 bedeutete in der Theatergeschichte einen Wendepunkt. Es fanden Kadergespräche statt, und in vielen Ensembles kam es zu einem Leitungswechsel. Es kam häufig vor, dass wichtige Künstler die Ensembles verlassen mussten und ersetzt wurden. Die Zuschauer konzentrierten sich deshalb auf außer Prag wirkende Theaterszenen oder auf kleinere Theatergruppen, die in der Hauptstadt agierten, denn genau dort fanden die entlassenen Künstler Engagement.

Teprve od třetí posrpnové sezony 1970/1971 se setkáváme v kamenných divadlech, jež mezitím postihla první série vyhazovů a změn vedení, s nenápadnými praménky loajality k okupantům. [.] Legitimní ruský repertoár se zvolna mění na sovětský, což bylo krátce předtím nemyslitelné; prvá hostování sovětských režisérů; prvé domácí agitačně socialistické tituly [.].97,98

In den 1970er Jahren blühte das Amateurtheater auf und begann mit den stagnierenden professionellen Theatern zu konkurrieren. Die Beibehaltung des Status eines Amateurtheaters war vorzuziehen, um mehr künstlerische oder politische Freiheit zu ermöglichen. Die 1970er Jahre gipfelten in zwei wichtigen Manifesten. Das erste war die Charta 77, die als Reaktion auf die Kritik an der regierenden kommunistischen Partei wegen ihrer Verstöße gegen die Menschenrechte und Freiheiten entstand. Vor allem Theaterkünstler schlossen sich ihr an, indem sie sie unterzeichneten, darunter der Dramatiker und später erster tschechischer Präsident Václav Havel. Das zweite Manifest war das Anti-Charta-Manifest mit dem offiziellen Titel Für neue schöpferische Taten im Namen des Sozialismus und des Friedens, das als Verurteilung der Charta 77 entstand und von mehr als siebentausend Künstlern unterzeichnet wurde. Zu diesen Künstlern zählten auch Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak.99 Zdeněk Svěrák schrieb später an den verstorbenen Ladislav Smoljak einen Brief, in dem er sich dazu folgendermaßen ausdrückte: „Ze strachu, že nám zakážou hrát, jsme podstoupili i takovou hanbu, jakou byl podpis prohlášení zvaného Anticharta.“100,101 Ladislav Smoljak äußerte sich ebenfalls zum Thema Anti-Charta: „My, kteří jsme se rozhodli, že se pokusíme dělat to, co nás baví, a že s nimi nepůjdeme do otevřeného konfliktu, jsme se snažili nějak s režimem vyjít. Myslím, že tak uvažovala většina národa. [...] Věděli jsme, že pokud s režimem nevyjdeme, můžeme tu žít jen jako psanci.“102,103

In den 1980er Jahren wurden kleinere Theaterszenen zwangsvereinigt. Sie fielen unter die Verwaltung der großen und bereits konsolidierten Theater-Ensemble. Ziel war es, kleinere Theatergruppen unter die Kontrolle des Regimes zu bringen. Ende der 1980er Jahre setzte ein allmähliches "Tauwetter" ein, das eine Periode der Perestroika einleitete, die durch die Umstrukturierung der sowjetischen Wirtschaft unter der Leitung von Generalsekretär Michail Gorbatschow gekennzeichnet war. Das Theater reagierte schnell auf diese Gelegenheit der allmählichen Lockerung des Regimes und begann, Seminare zu organisieren. Filmemacher, Künstler, Liedermacher, Philosophen und andere Gruppen nahmen ebenfalls an diesen Veranstaltungen teil und machten das Projekt zu einem multikulturellen Ereignis.

Am 17. November 1989 reagierten Polizei und Sicherheitsdienst in Prag mit brutaler Gewalt auf Reformforderungen, die von unzufriedenen Studentendemonstrationen ausgingen. Gerüchte über den Tod eines Studenten namens Martin Šmid erinnerten die Tschechen an den 1939 von den Nazis ermordeten protestierenden Studenten Jan Opletal sowie an Jan Palach, der sich 1969 aus Protest gegen die Invasion von 1968 selbst verbrannt hatte.104 Am folgenden Abend, dem 18. November, wurden die geplanten Aufführungen in allen Prager Theatern, einschließlich des Jára (da) Cimrman-Theaters, und in einigen Theatern außerhalb Prags abgesagt. Stattdessen wurden Vorträge von Schauspielern gehalten, die dem Publikum ihre Meinungen und Haltungen zu den Ereignissen des Vortages darlegten.

Zdeněk Svěrák, einer der wichtigsten Vertreter des Ensembles des Jára (da) Cimrman- Theaters, trug ebenfalls zu den revolutionären Ereignissen der Samtenen Revolution bei. Am 1. Dezember 1989 besuchte er die Hochschule für Technik und Textilien in Liberec, wo er über die aktuellen Ereignisse in Prag sprach. Sein Ziel war es, die Einwohner kleinerer Städte über die Ereignisse in der Metropole zu informieren und sie so für die Situation in der Hauptstadt zu sensibilisieren.105 Er unterschrieb auch die Petition Několik vět, die die Einhaltung der Menschenrechte forderte. Auch Ladislav Smoljak unterschrieb diese Petition und erzählte, welche Angst diese Entscheidung bei den Zuschauern des Jára (da) Cimrman-Theaters auslöste:

Pane Smoljaku, vy jste taky podepsal těch Několik vět? Já na to - jo, podepsal. A on povídá - ježišmariá... oni vás zakážou a už tady nebude vůbec nic. Nebyl to samozřejmě jejich člověk, ale byl deprimovanej, že my to podepsali a on ztratí Divadlo Járy Cimrmana. Lidi často říkali - vy jste ostrůvek svobody, dvě hodiny svobody, které my si dopřejeme.106,107

II.3.2 Die Mystifizierung des Jára (da) Cimrman-Theaters

Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak schrieben in der Einleitung zum Buch Divadlo Járy Cimrmana 108,109 Folgendes: „Jára Cimrman se zrodil v den, kdy byl objeven. Dokud o něm nikdo nevěděl, neexistoval.“110 Die Autoren erläuterten die Namensherkunft von Jára (da) Cimrman auf einer sehr plausiblen Weise: Die Form von „Jára“ macht aus dem gewöhnlichen Jaroslav einen Künstler, einen Bohemien. So konnte der Mann nicht von seinen Eltern offiziell111 genannt werden. Vermutlich begann Cirman selbst, sich so zu nennen. Und seitens des Nachnamens stellen Svěrák und Smoljak fest, dass der Standesbeamte Cimrman zwar mutmaßlich richtig laut der deutschen Orthographie als Zimmermann in die Registratur eintrug, Cimrman jedoch im Feuer des Patriotismus diese deutsche Form ablehnte und phonetisch an die tschechische Sprache anpasste. Die Autoren erklären zwar die Herkunft Cimrmans Vor- und Nachnamen, aber sie schweigen zu genauerer Angabe seines Geburtsjahrs. „Jestliže se Cimrman mohl narodit v mrazivé únorové noci roku 1857, 1864, 1867 či 1887, přičemž matrikářův nejistý rukopis připouští i rok 1888, [...] ke každému datu narození náleží jiný Cimrman.“112,113 Es existierten 136 verschiedene Cirman-Gestalten. Die Autoren vernebeln mit Absicht, wann genau er geboren wurde (interessant wäre zu bemerken, dass man zwar nicht genau weiß, wann er zur Welt kam und wie er vermutlich aussah, aber man weiß mit Sicherheit, dass es während einer eiskalten Februarnacht geschah). Der Zuschauer/Zuhörer bekommt keinerlei nähere Informationen zu Cimrmans Äußerem. Dies gab den Autoren die Freiheit, Cimrman so zu gestalten, dass er keine konkrete Form114 annahm. So wurde er glaubhaft. Zur Glaubhaftigkeit schrieb Přemysl Rut: „Dorozumívacím jazykem [...] Divadla Járy Cimrmana byla mystifikace. A mystifikace už ze své povahy nemůže jinak než rozdělovat obecenstvo na ty, kdo pochopili, a na ty hloupé, kdo jen uvěřili.”115,116 Ich würde mich gerne gegen diese Impertinenz, einen Teil des Publikums als dumm zu bezeichnen, abgrenzen. Meines Erachtens handelt es sich bei der Rezeption oft um die Wahl, ob man glauben möchte und infolgedessen um eine bewusste Entscheidung, ob man glaubt und wie man damit umgeht.

Zdeněk Hořínek shreibt in seinem Buch O divadelní komedii117 , dass die Mystifikation des Jára (da) Cimrman Theaters kein Mittel zum Zweck ist, sondern eher ein Selbstzweck. Es handelt sich dabei um eine spielerische Art, wo beide partizipierenden Parteien - sowohl die Autoren als auch die Zuschauer - eine gegenseitige Belustigung erfahren können. Cimrmans Figur wurde erst im Prozess entdeckt.

„Živost a spontánnost cimrmanovské hravé mystifikace spočívá v její věčné nehotovosti. Je to kult v pohybu, je to hnutí. Předmět kultu je postupně ad infinitivum vytvářen, řetězovitě rozvíjen a obohacován o stále nové poznatky, objevy, nálezy, výmysly (.) Cimrman je Něco (či spíše Někdo), co (kdo) je teprve objevováno (objevován). Jeho obrysy se den ze dne mění, jeho hranice se posunují, jeho tvářnost se přetvařuje. Je dán pouze náznakově.“118,119

II.3.3 Humor des Jára (da) Cimrman-Theaters

Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak schrieben zwischen 1967 und 2008 15 Theaterstücke. Ihre Poetik fand ihre Grundlage in Kombination von Humor und Mystifikation. Um Mystifikation ging es im vorherigen Unterkapitel. In diesem Unterkapitel findet das Thema des Humors seine Aufmerksamkeit.

Im Dokumentarfilm Cimrmani120 unterteilt Ladislav Smoljak den Humor in zwei verschiedene Kategorien - während des Seminars und während des Akts. Beide Humorarten unterscheiden sich voneinander und funktionieren so gut, weil sie sich gewissermaßen als Gegenpol gegenüberstehen. Alle Theaterstücke des Jára (da) Cimrman Theaters haben einen identischen Aufbau: Die Aufführung beginnt mit einem theoretischen Seminar, wo pseudowissenschaftlich Inhalte „erklärt“ werden, die für den eigenen Akt nach dem Seminar von Bedeutung sind. Genau diese vorgetäuschte Wissenschaft erweckt bei den Zuschauern eine Tendenz zu lachen.

Ladislav Smoljak führt in Cimrmani an, es sei für den Theaterhumor von großer Bedeutung, dass der Schauspieler den kommenden Witz nicht im Voraus andeutet (zum Beispiel durch einen Stimmwechsel), damit er den Zuschauer nicht um die Möglichkeit beraubt, den humorvollen Moment selbst zu entdecken.

Zdeněk Svěrák vergleicht den Humor des Jára (da) Cimrman Theaters mit zwei Elektroden. Diese Elektroden stehen als Parabel zu einem Witzmoment. Sie müssen eine genaue Entfernung einnehmen, sodass ein Funke überspringen kann. Wenn man sie zu weit voneinander weghielte, könne kein Kontakt entstehen. Würde man sie wiederrum zu nah aneinanderhalten, dann bliebe für den Zuschauer nichts übrig zu entdecken. Er vergleicht sie mit einer Falle, in die der Empfänger tappt.

Auf die Frage, was für ihn Humor bedeutet, antwortete Svěrák im Sinne, er sei davon überzeugt, dass Humor eine gewisse Überlebensstrategie für den Menschen bedeutet, denn er sei das einzige Wesen, das sich des Todes bewusst ist und das sich deshalb Humor ausdachte, um nicht verrückt zu werden. Man könne nicht ständig an den Tod denken, man müsse sich daraus einen Spaß machen. Svěrák sagte wortwörtlich: „Jsou lidi, který ten humor moc nepotřebujou a těm já nerozumim. Já bez toho nemůžu žít a potřebuju to jako kyslik.“121

Auch Miloň Čepelka entdeckt in Cimrmani seinen Blickwinkel auf Humor. Seines Erachtens ist das Schlimmste, was ein Schauspieler oder Komiker machen kann, spielerisch zu übertreiben und im Voraus zu lachen, bevor der Witz überhaupt laut ausgesprochen wurde. Diese Weise wurde vom Jára (da) Cimrman Theater strickt gemieden. Diese Sichtweise wurde auch von Ladislav Smoljak geteilt, der behauptet, dass der Schauspieler selbst überrascht sein sollte, wenn das Publikum lacht.

Die Arbeit mit Sprache ist sehr wichtig, um Humor auszudrücken. Das Jára (da) Cimrman Theater wurde sich dessen bewusst und beide Autoren - sowohl Smoljak als auch Svěrák waren studierte Pädagogen - legten großen Wert darauf, wie die Schauspieler mit Sprache arbeiteten. Von großer Bedeutung war die Aussprache, Intonation, Diktion, dialektale Verfärbungen usw. Seine Stichhaltigkeit fanden als Instrumente für den Humor unter Anderem Vulgarismen, Anakoluth122, Versprecher, Propria123, Phraseologismen, Gestik und Mimik Poesie, Mehrdeutigkeit und Dialekte.

II.3.4 Aktualität des Jára (da) Cimrman Theaters für den heutigen Zuschauer

Das Jára (da) Cimrman Theater wurde zu einem Phänomen der tschechischen Theaterszene. Sein spezifischer Humor nahm nicht nur seine zeitgenössischen Zuschauer gefangen, sondern seine Beliebtheit langt bis in die heutige Zeit. Es ist nicht einfach, Eintrittskarten zu bekommen - die Aufführungen sind regelmäßig ausverkauft. Das Theater Jára (da) Cimrman spricht mit seinem originellen Humor, das auf pseudo-historischen Ereignissen und Persönlichkeiten beruht, nicht nur das tschechisch sprechende Publikum an, sondern es werden seit 2014 auch Vorstellungen in englischer Sprache inszeniert. Das Theater Jára (da) Cimrman findet seine Zuhörerschaft also auch in internationalem Milieu.

Der Humor der Stücke des Jára (da) Cimrman Theaters zeichnet sich durch intelligente Wortspiele, Absurdität und Satire aus. Diese Art von Humor ist universell und spricht ein breites Publikum, unabhängig vom Alter, an. Es werden kaum Vulgarismen verwendet und falls, dann nur als eine Art Gewürz. Zdeněk Svěrák äußerte sich im Dokumentarfilm Cimrmani zu Vulgarismen folgendermaßen:“ Je pravda, že se nebráníme ani vulgarismům. V každý hře ňákej je. Ale ne tak, že by ty hry byly sprostý. Ten vulgarimus podle nás to je koření, kterýho se nesmí zneužívat, ale byla by škoda ho tam nedat.”124,125 Die Stücke von Theater Jára (da) Cimrman stellen eine Art Rückkehr zu einer anspruchsvolleren Form der Komödie dar. Gleichzeitig sind sie nicht elitär und für das breite Publikum zugänglich, was ihre Popularität erhöht.

Theaterstücke des Jára (da) Cimrman Theaters enthalten oft Elemente sozialer und politischer Satire, die auch heute noch sehr aktuell sind. Während der kommunistischen Ära wurden diese Stücke als eine Form des subtilen Widerstands gegen das Regime angesehen. Interessant ist die Tatsache, dass die Autoren selbst behaupten, keine Satire an sich zu beabsichtigen. Zdeněk Svěrák fürte in einem Interview an:

Proč to, co rezonovalo v dobách totalitního režimu, nachází své diváky i dnes, a to již v několikáté generaci?

Základem byl humor, nikoli satira,“ charakterizoval výstižně podstatu cimrmanovské poetiky, která i když se nevyhýbala politickým analogiím, nedělala to nikdy v první řadě a už vůbec ne prvoplánově. Vždy poskytovala divákům požitek, aby si k okouzlení z pointy došli sami.126,127

Auch heute, in einer Zeit des politischen Wandels und der Unsicherheit, sind Themen wie Bürokratie, Korruption und menschliche Dummheit immer noch aktuell. Dieser Humor greift also immer noch Themen auf, die für die heutige Gesellschaft relevant sind. In einem anderen Interview sagt Zdeněk Svěrák erleichtert, er sei froh, dass manche Passagen, wo man früher aus satirischen Gründen lachte, den heutigen Zuschauer lau lassen werden:

Změnil se Cimrman nebo respektive vaše psaní Cimrmana se změnou režimu?

Myslím, že ne. Nikdy jsme nepsali útočnou satiru a myslíme si, že divák ani nepozná, která hra byla napsána před listopadem 1989 a která po něm. Ty hry hrajeme tak, jak jsme je hráli. Je pravda, že na některých místech se dřív diváci smáli a dneska je ticho, ale to jsou opravdu jenom výjimky. Například býval velký smích na repliku: Rozhodli jsme se, že zajdeme na hlavní nádraží, koupíme si jízdenky a zajedeme do Vídně. Protože tehdy nebylo možné zajít na hlavní nádraží, koupit si jízdenky a odjet do Vídně. Co je na tom dneska směšného? Nic. Ale my jsme nakonec rádi, že se nesmějou a můžeme do té Vídně.128,129

Eines der charakteristischen Merkmale der Stücke des Jára (da) Cimrman Theaters ist ihre Verortung in einem pseudohistorischen Kontext, der jedoch voller Anspielungen auf die tschechische nationale Identität und Geschichte ist. Dieses Element spricht das Publikum nicht nur durch Humor an, sondern auch durch ein Gefühl des Nationalstolzes und der kulturellen Zugehörigkeit.

Obwohl Cimrman eine fiktive Figur ist, ist er zu einer Ikone geworden, die den tschechischen Sinn für Humor und Selbstironie symbolisiert. Als eindeutiges Beispiel für solch eine Behauptung war die Auswertung der Enquete im Jahre 2015130, als Jára (da) Cimrman vom Volke aus zum größten Tschechen gewählt wurde. Es handelte sich um einen Wettbewerb, in dem rund 100 000 Menschen ihre Stimmen abgegeben haben. Solche Sendungen gab es zuvor z.B. in Großbritannien oder Deutschland; Persönlichkeiten wie der Premierminister Winston Churchill und der westdeutsche Bundeskanzler Konrad Adenauer waren siegreich. In der Tschechischen Republik wurde zur größten tschechischen Persönlichkeit weder ein Premierminister noch ein Bundeskanzler, sondern eine fiktive, in der Wirklichkeit nie existierende Figur eines Pechvogels gewählt:

V roce 2005 si Češi Cimrmana v televizní anketě zvolili za největšího Čecha, tedy kdyby to majitelé práv z BBC nezatrhli. Co to o Češích vypovídá?

Zaprvé to vypovídá, že v té době už Cimrman vstoupil do povědomí široké veřejnosti. Zadruhé to, myslím, vyjadřuje vztah k té anketě. Že to je vlastně nesmysl, určovat největšího Čecha. Já nevím, jestli je větší Hus, nebo Komenský - a jde to vůbec porovnat? Češi takové věci rádi znevažují. Ale je v tom určitě i to, že toho Járu mají lidi rádi. Kdyby ho nemilovali, asi by to neudělali.

Proč myslíte, že Češi Cimrmana milují?

Já jsem došel k závěru, že sympatické a blízké je jim to jeho smolařství. To, že je to zneuznaný génius. Ono se mu máloco povedlo, mysleli si o něm, že je blázen. A taky že byl za toho Rakouska přiškrcený - kdyby žil v jiném ovzduší, on by světu ukázal. A to je český mindrák. Cimrman vlastně ztělesňuje naše mindráky. Takové to: Kde bychom mohli být, kdyby nás nedusil Rakušan. Němec. Nebo Rus.131,132

Einer der im Ausland berühmtesten tschechischen Regisseure, Jiří Menzel, kommentierte die Wahl Jára (da) Cimrman zum größten Tschechen wie folgt:

Jára Cimrman je něco, co nám můžou ostatní národy závidět. Svědčí o smyslu Čechů pro inteligenstní humor. Který jiný národ dokáže zvolit jako svého nejlepšího velikána někoho, kdo vlastně vůbec neexistoval, stavět mu pomníky, citovat výroky jeho autorů? Němci mají Marxe, Francouzi Markýze Sada, Rusové mají Potěmkina, my máme Járu Cimrmana.133,134

Zdeněk Svěrák äußerte sich dazu provokativ: „ [...] Cimrman je tak trochu v každém z nás, je součástí každého Čecha, je totiž zrcadlem české povahy [...] ale řekněme si na rovinu, kolik Cimrmana je v každém z nás. oproti tomu , jak málo je v nás Karla IV., Jana Žižky či Jana z Husi!“135,136

Weitere zwei Persönlichkeiten, die die Wahl Jára (da) Cimrman zum größten Tschechen kommentierten, waren die Soziologin Jiřina Šiklová und der Psychiater Cyril Höschl:

Na otázku, zda jsme normální jako národ, když na první místo největšího příslušníka "kmene" dokážeme dát neexistující postavu, odpověděla 23. února 2005 známá socioložka Jiřina Šiklová: "Je Cimrmanův úspěch náhodou, zásluhou skupiny nadšenců, či ukazuje, že nebereme nic vážně v duchu odkazu a tradic Haškových? Podle mě svědčí o naší totální nejistotě. Tolikrát se měnili hrdinové, tolikrát se přepisovaly dějiny, že každý hrdina je jakoby soušasně zkažen. A z rozpaků z toho všeho si proto vybereme raději toho Cimrmana." Na druhé straně to podle psychiatra Cyrila Höschla svědčí i o českém smyslu pro humor: "Možná by nám i někde v cizině závíděli, že se sami na něco takového nevzmůžou."137,138

Die Sprache, die Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak in ihren Stücken verwenden, ist reich an archaischen und formalen Ausdrücken, die im Kontrast zur modernen Sprache stehen. Diese sprachliche Mischung unterhält und bildet gleichzeitig auch das Publikum. Auch wenn sich die Sprache weiterentwickelt, bleiben die zugrunde liegenden Strukturen und humoristischen Mechanismen verständlich und relevant.

Das Theater Jára (da) Cirmrman hat auch eine bedeutende mediale und kulturelle Wirkung. Neben den Theaterstücken sind auch (Kurz/Dokumentar)Filme entstanden, was die Reichweite des Theaters vergrößert hat. Repliken und Szenen aus den Stücken sind Teil des tschechischen Kulturerbes geworden und werden im Alltag häufig zitiert. Dieses kulturelle Phänomen trägt zur langfristigen Relevanz und Aktualität der Stücke bei. Obwohl sich die Zeiten verändern, bleiben diese Spiele beliebt und relevant, weil sie grundlegende menschliche Qualitäten und soziale Fragen ansprechen, die auch heute noch aktuell sind.

II.4 Jára (da) Cimrman

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S. 26139

Jára (da) Cimrman wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Wien geboren. Sein Vater war ein tschechischer Schneider und seine Mutter war die österreichische Schauspielerin Marlen Jelínek140. Es ist schwierig, sein genaues Geburtsdatum festzustellen, denn Cimrman „änderte oft seine Daten, um seine zahlreichen Epigonen und Fälscher zu verwirren, die sich für ihn ausgaben.“ Er kam zur Welt auf dem Riesenrad in Prater, wo seine Mutter ihre Sopranstimme übte, denn sie war Sopranistin an der Laienoper der tschechischen Minderheit. Cimrman erblickte das Licht der Welt während der Arie de Tosca. Immer wenn er später diese Arie hörte, fühlte er sich wie neugeboren. Es gibt noch ein Ereignis, das Cimrman mit dem Riesenrad in Prater verbindet - sein Vater verunglückte dort.

Laut Cimrmans Tagebucheinträgen hatte er keine glückliche Kindheit. Seine Eltern schrieben ihn gleichzeitig in zwei Schulen ein: sein Vater meldete ihn an einer Schule der tschechischen Minderheit an, seine Mutter registrierte ihn wiederrum an einer österreichischen Schule. Er musste beide Schulen gleichzeitig besuchen. Diese Tatsache wurde in seinen späteren Manuskripten abgedruckt: er schrieb in einer Mischung von beiden Sprachen und seine Texte waren durchspickt von Germanismen und Bohemismen. Cimrman suchte Böhmen als das Land, wo er sterben möchte. „Er kam nur nach Böhmen, um zu sterben. Aber gerade das zeugt von seinem reinen Tschechentum. Denn nach reiflicher Überlegung befand er unsere Heimat als zu diesem Zweck als geeignetsten.“ Genau dieser Fakt diente als Argument gegen den bekannten österreichischen Cimrmanologen Erich Fiedler, der Jára (da) Cimrman als Giganten österreichischer Herkunft einordnen wollte.

II.4.1 Cimrman und Einstein

Laut Dr. Hedvábný kannten sich Albert Einstein und Jára (da) Cimrman persönlich. Sie haben sich bei einem Konzert in Zürich kennengelernt; Einstein spielte Geige und Cimrman begleitete ihn auf der Schnabelflöte. Sie komponierten zusammen viele Foxtrotts, die später fälschlicherweise George Gershwin zugeschrieben wurden. „Aber davon ließen sich die beiden Physiker nicht beirren, und sie blieben ein unzertrennliches Gespann. Ihre Freunde mit Sinn für Humor nannten sie Zweitsein.

Reporter: Irgendeine Bemerkung über die Relativitätstheorie haben Sie in ihrer Korrespondenz nicht gefunden?

Dr. Hedvábný: Nein. Obwohl ich ziemlich lange gesucht habe.

Reporter: Nicht einmal eine Andeutung ist da?

Dr. Hedvábný: Eine Andeutung ist bestimmt drin. Aber ich hab sie nicht gefunden.

II.4.2 Cimrman und Kafka

Am 27.4. 1968 hielt Dr. Hedvábný an der Sorbonne Universität eine Vorlesung. Das Thema, mit dem er seine Zuhörer bekanntmachen wollte, war die Beziehung zwischen Jára (da) Cimrman und Franz Kafka. Diese zwei Persönlichkeiten lernten sich im Herbst des Jahres 1912 in Prag in einem Freundenhaus kennen. Laut Cimrmans Tagebuch verstanden sich beide gut und unterhielten sich angenehm. Es gab jedoch ein sprachliches Problem in ihrer Kommunikation: Jára (da) Cimrman sprach Wiener Deutsch, Franz Kafka dagegen Prager Deutsch, „so daß sie einander zwar ausgezeichnet verstanden, nichtsdestotrotz nicht so ganz.“

Es wollten sich zwei Mitarbeiterinnen des Freundenhauses zu ihnen an den Tisch setzen. Eine war französischer Herkunft und hieß Frou Frou, die andere hieß Fráňa und zeigte Interesse an Franz Kafka. Beide Männer hatten an den Frauen kein Interesse, sie wollten sich einfach weiter unterhalten. Sie bezahlten die Frauen, um sie in Ruhe zu lassen. Cimrman erzählte Kafka, wie ihm in Prag sein Portemonnaie und Fagottfutteral entwendet bzw. entfremdet war. „[...] wird endlich deutlich, wer eigentlich der wahre Urheber des Gedankens der Entfremdung war.“

II.4.3 Cimrman und die Frauen

Prof. Ladislav Smoljak verfasste einen Artikel über Cimrmans Beziehung zu Frauen. Dieser Artikel erschien in der Mädchenzeitschrift „Veronika“. Cimrman war mit dieser Mädchenzeitschrift verbunden, denn er wurde 1893 zum Redakteur. Einige Beispiele seiner umfangreichen journalistischen Tätigkeit wären die Rubriken: Haushaltsgeräte, Logik für Hausfrauen oder Modenschau.

Cimrman war sich bewusst, dass wenn man Männer motivieren sollte, im Haushalt zu helfen, dann könnte das nur dank Einführung der Haushaltsgeräte gelingen. Er zeigte seinen technischen und erfinderischen Geist, indem er seine ersten Erfindungen - wie z.B. ein Gerät zum Staubsaugen mittels komprimierter Luft - skizzierte.

In der Rubrik „Logik für Hausfrauen“ hat Cimrman in der 6. Nummer des III. Jahrgangs folgendes Quiz abgedruckt: „Was ist ein Wichtelriese?“ Für die richtige Antwort konnte man ein Nähkörbchen gewinnen. Leider geling es keiner Leserin, dieses Quiz richtig zu lösen. Die einzig richtige Antwort lautete folglich:

Ein Wichtelriese ist ein Geschöpf von mathematischer Ungleichheit: abnormal großer Mensch < Wichtelriese < normaler Riese (Anm.: a <b lesen wir a kleiner als b, oder b größer als a).

Cimrman war bei den Frauenbewegungen sehr beliebt. „[...] es verging kein Tag, an dem er nicht zu einer Damenversammlung oder einer Vorlesung eingeladen war.“ Diese Tatsache ist auf Missverständnisse zurückzuführen. Cimrman äußerte sich immer wieder negativ zu bestimmten Frauenthemen. Seine Aussagen wurden jedoch zu seinen Gunsten ausgelegt. Als Beispiel könnte man folgende zwei Aussagen aufführen:

1. „Es ist ungerecht, daß nur der Mann im Schweiße seines Angesichts sein Brot erwerben muß, um die Frau und die Kinder zu ernähren. Die Kinder können natürlich nicht arbeiten. Man kann sich jedoch nicht damit abfinden, daß auch die Frau nicht arbeitet, welche doch arbeiten könnte und sollte.“
2. „Die Ehe drängt die Frau in eine nicht gleichberechtigte Stellung, und deshalb wäre es falsch, wenn ich heiraten würde.“

II.4.4 Cimrman und der Sport

Cimrmans Tätigkeit auf dem Feld des Sports und der Körpererziehung wird kaum beachtet, wobei man ihm viele Turngeräte verdankt. „Vielleicht deshalb, weil er seine Entdeckungen auf diesem Feld irgendwie nebenbei machte, man könnte sagen, während der Arbeit an wichtigeren Aufgaben.“ Es handelt sich z.B. um den Barren oder die Erfindung des Kastens.

Cimrman geriet in einen Streit mit der Turnbewegung Sokol.141 „Als Ursache werden Eifersucht und mangelnde Vaterliebe angegeben, doch Kern des Streits war eine terminologische Frage.“ Cimrman schlug vor, dass man neben dem Turngerät Pferd auch ein Fohlen bräuchte, anstatt den Bock, der weder terminologisch noch biologisch zum Pferd passte. Dieser Vorschlag wurde jedoch hartnäckig abgelehnt, ohne jegliche Unterstützung triftiger Argumente. Infolgedessen gründete Cimrman seine eigene Organisation SUP142 (Sport und Fantasie).

II.5 Dramaproduktion des Jára (da) Cimrman Theaters. Ein Einblick in Handlungen, Leitmotive und Gattungen

Um den nachstehenden Kapiteln folgen zu können, muss der Drama- und Filmproduktion seitens der Handlungen, Leitmotiven und Gattungen detaillierte Beachtung geschenkt werden. Das Jára (da) Cimrman-Theater erfreut sich 15 Theaterspielen, die innerhalb von 41 Jahren entstanden sind. Die ersten sieben Theaterstücke wurden innerhalb der ersten sieben Jahre verfasst, die restlichen acht im Laufe der nächsten 34 Jahre. Im Theaterstück Záskok (1994) wird folgende Aussage gemacht: „Proč psát nový hry, když lidi chtějí starý a osvědčený?“143,144 Das Theater Jára (da) Cimrman nahm sich diese Aussage nicht zu Herzen, denn es verfasste nach diesem Theaterstück noch drei weitere innovative Theaterstücke, die großen Erfolg ernteten.

In der Theaterarbeit des Jára (da) Cimrman-Theaters begegnen wir verschiedenen Genres. Dazu gehören Familiendrama, Operette, Kriminalstück, Märchen, Zukunftsspiel, historischer Mythos, Reisebericht und andere. Zdeněk Svěrák sagte dazu:

Přišli jsme na to, jak fikci s Cimrmanem udržovat po léta živou - do každé hry jsme museli přispět něco nového [.]. Šli jsme tedy po žánrech: jak by napsal detektivku, jak cestopis, jak pohádku. To nám otevřelo zajímavé možnosti. Takže když jsme si řekli téma Cimrman a pohádky, načetli jsme jich spoustu v rámci přípravy a pátrali, čím by ty Járovi mohly být jiné.145,146

Diese dramatischen Genres werden oft parodiert und man begegnet hier der Trivialität und Banalität des Sujets. Mehr dazu werde ich in den folgenden Abschnitten schreiben.

Typisch für die Theaterinszenierung sind reale Personen aus der Geschichte, denen Jára Cimrman theoretisch hätte begegnen können. Ladislav Smoljak meinte dazu: „Při těch prvních představeních byli lidé překvapeni tím, že se dá mluvit o neexistujícím člověku, zasazovat ho do dobových kontextů, kdy se setkal s Einsteinem, kdy se setkal s Edisonem, pomohl Straussovi, poradil Eiffelovi, Čechovovi, to bylo takové roztomilé, zábavné.“147,148

Unverkennbar für den Aufbau der Theaterstücke ist folgendes Muster: die eigene Aufführung beginnt mit einem pseudowissenschaftlichen Seminar, das das Publikum mit dem historischen Kontext und weiteren für das Spiel ausschlaggebenden Hintergründen bekanntmacht. Anschließend folgt dann das eigene Theaterstück. Dieser Aufbau ist in jedem Theaterstück zu beobachten und somit jedem treuen Zuschauer bekannt. Daraus zieht Zdeněk Svěrák Nutzen, indem er das Theaterstück Lijavec mit folgenden Worten einführt:

Vážení přátelé, vítám vás na našem představení. Úvodem jenom takovou malou organizační změnu: z technických důvodů jsme se rozhodli přehodit pořadí jednotlivých částí večera. My jsme původně nejdříve sehráli hru Lijavec a po ní následovala beseda o hře. Ovšem zkušenost ukázala, že to nebylo šťastné řešení, protože většina diváků o přestávce nebo během besedy odešla, posledně jsme tu nakonec zbyli sami. Takže dnes to obrátíme a začneme nejdříve tou besedou. Čili jestli máte někdo nějaký dotaz k té hře, kterou uvidíte, tak se nestyďte a klidně se zeptejte. My jsme tady od toho, abychom odpovídali... Nikdo? Můžete se zeptat na cokoli, co se týká té hry třeba jen vzdáleně... Máme tu odborníky na jednotlivé aspekty celé problematiky.149,150

11.5.1 Akt

Der Einakter Akt wurde von Zdeňek Svěrák verfasst und im Jahre 1967 uraufgeführt. Ursprünglich waren für die Aufführung zwei Einakter geplant, einer sollte von Zdeňěk Svěrák und einer von Jiří Šebánek geschrieben werden. Da Šebánek seine Aufgabe nicht erfüllte und der eine Einakter von Svěrák nicht für die ganze Theatervorstellung genügte, griff man zur improvisierten Notlösung, vor dem eigenen Spiel ein „Aufklärungsseminar“ einzusetzen, das sich dem Leben und Schaffen Jára (da) Cimrman widmete. Man nannte dieses Seminar wissenschaftliches Symposium. Überraschenderweise fand das Seminar größere Resonanz als der eigene Einakter. Dies war ausschlaggebend für den Aufbau aller späteren Aufführungen. Ladislav Smoljak kommentiert die Entstehung des Seminars wie folgt:

První představení mělo být složeno ze Zdeňkovy a Šebánkovy hry. Zdeněk měl hru rychle, takže jsme ji začali zkoušet. Jenže Šebánek dlouho nebyl hotov. zatímto Zdeňkovu hru už jsme měli nacvičenou i pozpátku. Říkali jsme si, že už s tím musíme vyrukovat. Najednou bylo 14 dní před povinnou předváďečkou a museli jsme něčím pokrýt chybějící část představení, tak jsme se dohodli, že napíšeme přednášky o Cimrmanovi - teprve tehdy nás napadlo, že bychom se mohli začít zabývat i Cimrmanem jako osobou, jeho životem a jeho tvorbou. Takže semináře vlastně vznikly z nouze. Předvedli jsme to režisérce Heleně Philippové, pozvali jsme spoustu přátel a známých, a největší ohlas měl kupodivu seminář, přestože byl téměř improvizovaný, ušitý velmi rychle, na poslední chvíli. Hra měla taky celkem dobrý ohlas, ale úspěch semináře pro nás byl důležitým znamením.151,152

Fast jedes Theaterstück bekam von seinen Autoren einen Untertitel. Der Untertitel von Akt lautet Familiendrama mit Gesang und Tanz. Es handelt sich um eine burleske Farce, in der das Publikum zu seinem ersten Besuch im Jára (da) Cimrman-Theater beglückwünscht wird. Das Publikum lacht bereits, denn es ist das erste Stück, das das Jára (da) Cimrman-Theater je aufgeführt hat.

In dem Seminar wird dem Publikum das „wissenschaftliche Team“ vorgestellt und man wurde mit der „Entdeckung des Jahrhunderts“ bekanntgemacht, nämlich dem Theaterstück, das Jára (da) Cimrman verfasste - Akt. Dieses Spiel wurde nur einmal während Cimrmans Leben aufgeführt. Er selbst schrieb für seine Nachfolger:

Kdokoli se rozhodneš tuto komedii po mé smrti uvésti, nikterak mne nešanuj. Můj duch nebude tě po nocích strašiti, změníš-li ku své potřebě některé věty, některou z postav, či celý děj... Mně jedná se o myšlenku. Ta aby zůstala. Převedete-li si vše do vašich poměrů, které jistě budou neméně zajímavé než ty naše, já, starý klasik, budu jen rád. Jen o jedn prosím. Aby se věci nechopil břídil. Věřím, že ujme-li se mé hry nejlepší žijící spisovatel český, bude míti úspěch.153,154

Bei dem eigenen Einakter geht es um alternde Eltern, die ihre erwachsenen Söhne zusammenrufen. Die Söhne kennen einander nicht, sie sind sich nie zuvor begegnet. Die Eltern hatten insgesamt fünf Kinder, es erscheinen jedoch nur 3: Geschäftsmann Béda, Lehrer Láďa und Sexuologe Pepa. Es wurde ihnen erklärt, wieso sie nicht zusammen aufwuchsen. Ihr Vater, Herr Žíla, war ein Maler. Er spezialisierte sich auf Akte. Ihre Mutter, Frau Žílová, stand in ihrer Jugendzeit Herr Žíla als Model. Gerade diese Spezialisierung auf Akte ist den Söhnen zum Verhängnis geworden. Herr Žíla ließ sich leicht verführen und konnte nie sein Gemälde beenden - Frau Žílová wurde immer in Erwartung. Herr Žíla sagte: „Nebylo mi souzeno namalovat ženské tělo, neboť jakmile jsem je spatřil, zhoubný démon mi vyrval paletu a štětec a poručil mi běsnit.“155,156 Er beschloss, die Kinder im Rahmen der Fertigstellung des Gemäldes loszuwerden. So betäubte er seine Frau mit einem Fleischklopfer, sie verlor ihr Gedächtnis und er schickte alle Kinder mit verschiedenen Transportmitteln quer durchs Land. Frau Žílová kam vor zwei Jahre zu sich und zwang ihren Mann, die Kinder zusammenzurufen.

Die Figuren sind es, die das ganze Spiel zur Farce machen. Herr Žíla begann mehrere Straftaten, Frau Žílová ließ sich nackt malen, Pädagoge Láďa mag keine Kinder und hat selbst ein Problem mit der Defäkation - immer, wenn er emotional wird, kommt es zu einem „Unfall“. Béda ist ein scharfsichtiger Stricher, der in einem Kinderheim aufwuchs und selbst mehrmals im Gefängnis saß. Und die Figur des selbstbewussten Sexuologen Papa spricht allein für sich.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.2 Vyšetřování ztáty třídní knihy

Vyšetřování ztráty třídní knihy bedeutet auf Deutsch „Untersuchung des Verlusts des Klassenbuchs“. Dieses Stück wurde von Ladislav Smoljak verfasst und im Jahre 1967 aufgeführt - also noch im gleichen Jahr wie das erste Theaterstückt Akt - und es bekam keinen Untertitel. Das Seminar ist monothematisch und widmet sich Jára (da) Cimrmans pädagogischer Tätigkeit. Im wissenschaftlichen Symposion wird das Publikum mit der Cimrman'schen Theorie des Futurismus bekanntgemacht:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Es handelt sich dabei um ein absurdes Theaterstück, in dem man schon seit sieben Jahren ein Klassenbuch sucht, das jemand aus Scherz versteckte. Die ganze Handlung spielt im Klassenzimmer. Das Publikum suppliert die Klasse, es wird mit ihm so kommuniziert, als ob vor der Bühne Schüler in Schulbänken säßen. In der Inszenierung treten nur vier Figuren auf: der Klassenlehrer, der Direktor, der Inspektor und der Landesschulrat. Aus der Auflistung geht eine klare Hierarchie hervor, die Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak hervorheben wollten und noch mehr - sie wollten auf die Devotion hinweisen, die für die kommunistische Zeit sehr typisch war.157 Es handelt sich dabei um eine Allegorie auf das politisch-soziale System - je höher eine Person gestellt war, desto dümmer war laut Smoljak diese Person:

Já jsem tenkrát říkal - tenhle člověk má vysokej post, to musí bejt pěknej blb. Používalo se to s oblibou i opačně: tihle jsem, člověče, poznal nějakýho blba, ten musí mít určitě nějakou funkci. Vzpomínám si například na soudruha Zvolského z Pražského kulturního střediska. To byl prosťáček, až to bylo dojemný. [...] Jednou se s námi zapovídal a říká: “Pochopte, co znamenal rok 1948 pro lidi, co byli tehdy u moci. Já jsem byl podruh na vesnici a živil jsem se tím, že jsem vynášel za pět korun sedlákům záchody a senkruvny. Přišel rok 1948, já se stal předsedou družstva a ti sedláci museli stat přede mnou uctivě s čepicí v ruce!” Zdeněk mi pak zasmušile povídá: “Co si asi ty sedláci tehdy museli myslet? Že jim teď vládnou vynašeči hoven.”158,159

Diese Haltung demonstrierten die Autoren anhand der Figuren - am besten konnte man den Klassenlehrer verstehen, der schien von allen am intelligentesten und am praktischsten orientiert zu sein; etwas schwieriger konnte man die Botschaft des Direktors verstehen. Den Inspektor verstand man kaum und der Landesschulrat sprach kein einziges Wort. Der Zuschauer kann dieses Theaterstück als eine Parodie auf das absurde Drama wahrnehmen - man stellt eine unsinnige Realität dar, es fehlt an kontinuierlicher Handlung, den Gestalten fehlt eine psychologische Ausarbeitung und man spricht mit einer deformierten Sprache.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.3 Hospoda Na Mýtince

Hospoda Na Mýtince bedeutet auf Deutsch „Kneipe auf der Waldlichtung“. Sie ist das erste Theaterstück, das Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak zusammenschrieben und laut Zdeněk Svěrák ist sie das erste „richtig geschriebene Cimrman'sche Theaterspiel“.

Byla to Hospoda na Mýtince, kterou jsme naše společné psaní zahájili. A shodli jsme se později na tom, že to byla první správně napsaná cimrmanovská hra. Měla téma z doby vzducholodí a balónů, byla to operetta, žánr, který v té době kvetl, a měla naivní libreto, jaké mohl Cimrman s přimhouřením jednoho oka oka napsat. Zatímco první tři hry našeho divadla (můj Akt, Tvoje Vyšetřování třídní knihy Domácí zabijačka Jiřího Šebánka) byly hledáním stylu, tady jsme na to konečně kápli.160,161

Hodpoda na Mýtince hatte ihre Prämiere im Jahr 1969 und zählt zum Genre der Operette, einer musikalisch-dramatischen Unterhaltungseinheit, bei der sich gesprochenes Wort mit Gesang abwechselt. Man könnte sagen, dass es sich bei einer Operette um einen Vorläufer des Musicals handelte.

Im Seminar wird der Zuschauer darüber informiert, dass Jára (da) Cimrman ein Pendant zu Leonardo da Vinci war - genauso begabt und erfinderisch. Gleichzeitig fühlt sich das Publikum belustigt, als es erfährt, dass Jára (da) Cimrman bis zu seinem 15. Lebensjahr glaubte, ein Mädchen zu sein. Seine Eltern ließen es ihn glauben, damit er alte Kleider seiner älteren Schwester Luisa abtragen konnte. Weiter wird darüber berichtet, wie Cimrman von Ferdinand Graf von Zeppelin zu einem Rundflug eingeladen wurde und wie er sein siebenstündiges musikalisches Fresco komponierte.

Im eigenen Spiel geht es um das Leben eines Gastronomen in einer vergessenen Kneipe. Er erbte die Kneipe von seinem Großvater, der ein bekannter Einsiedler war, aber sich danach sehnte, eine Kneipe zu haben. Erstmal eröffnete sein Großvater eine Kneipe bei der Straße Richtung Písek, aber es störte ihn, dass Gäste kamen. Dann übersiedelte er mit seiner Kneipe in ein vergessenes Gässchen in Opočno, aber wieder haben die Gäste ihn gefunden. Am Ende eröffnete er eine Kneipe inmitten einer Waldlichtung und war endlich glücklich. Und genau diese Kneipe erbte sein Enkel.

Das Spiel beginnt mit dem Kneipenbesuch des gefälschten Grafen von Zepellin und geflüchteten Gefangenen Kulhánek. Es handelt sich hier um einen Krimiplot, denn Graf von Zepellin ist ein gesuchter Schleuser. Am Ende wird er vom Ermittler Trachta gefangen. (Diese Figur erscheint nochmal im nächsten Theaterstück Vražda v salonním coupé im Jahr 1970.) Das lustige an der Handlung ist eine ausgedachte weibliche Figur - der Gastronom erfindet seine Enkelin, um die beiden Gäste längstmöglich aufzuhalten und somit mehr Geld zu verdienen. Die beiden Männer sehnen sich erotisch nach der wunderschönen Enkelin.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.4 Vražda v salonním coupé

Vražda v salonním coupé bedeutet auf Deutsch „Mord in einem Salonzugabteil“. Dieses Theaterstück hatte seine Premiere am 14.05.1970. Fünf Jahre später, am 19.03.1975, besuchten das Theaterstück drei hochrangige Personen, unter anderem auch Herr Zvolský, von dem ich bereits im Unterkapitel über Vyšetřování ztráty třídní knihy berichtete. Genau dieser Herr empfiehl den Autoren, das Stück komplett zu überarbeiten:

To je pěkná figurka, ten Cimrman. Já jsem se bavil. Já budu dobře spát. Ale škoda, že to není dnešní. Aspoň trochu. Ono to nechce moc. Tu a tam šlehnout. Tu rukavici zvednout. Vždyť vy nemusíte mířit někam vysoko, na politiku strany atakdále, vy můžete natřít ty komunály [...]. Také řekl, že ty postavičky v našich hrách by mohly zůstat, jak jsou, jenom bychom jim měli dát jiné povídačky. Nejdřív jsme tomu nerozuměli.

Pak jsme pochopili, že rada spočívá v tom, abychom postavám napsali jiné dialogy, jinak s tím nemusíme hýbat.162,163

Zdeněk Svěrák beschreibt die Versuche, die Texte so zu überarbeiten, dass man nicht in weitere Konflikte mit dem Regime gerät, mit Humor: „Dost jsme se při krmení vlka s cílem neublížit koze pobavili.“164,165

Vražda v salonním coupé trägt den Untertitel Detektivspiel. Der Hauptinhalt des Spiels dreht sich um die Untersuchung des Todes eines Fabrikbesitzers. Das Genre des Krimis wird hier verletzt, denn die Pointe wird dem Zuschauer bereits im Seminar verraten - nämlich, dass der Fabrikbesitzer nicht wirklich gestorben ist. Zu der Handlung:

Drei Passagiere reisen im luxuriös ausgestatteten Salonabteil des internationalen Schnellzugs: der berühmte tschechische Polizeiinspektor Václav Trachta, der Industrielle Mayer, der verschiedene wärmende Produkte herstellt (Pelzmäntel, Rum, Schamottesteine), und der Fabrikant Bierhanzel, der sich auf die Herstellung von Salbe zur Haarverdichtung spezialisiert hat. Am Bahnhof von Istanbul stößt der Schüler des Kommissars, der Polizeipraktikant Jindřich Hlaváček, zu ihnen, der gerade seine Diplomarbeit über die Spurensicherung in Zügen beendet. Die Reise verläuft ereignislos, bis der Fabrikbesitzer Bierhanzel über Zahnschmerzen klagt. Der Zugbegleiter eilt mit einem Handbohrer herbei, und nach dem Eingriff fühlt sich der Fabrikarbeiter viel besser. Bald aber verschwinden die Schmerzen ganz, denn Bierhanzel stirbt. Es folgt eine Untersuchung des Falles unter der Leitung von Inspektor Trachta, der kosmische Ermittlungsmethoden anwendet und sich über seinen Praktikanten stellt.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.5 Němý Bobeš aneb český Tarzan

Němý Bobeš aneb český Tarzan bedeutet auf Deutsch „Stummer Bobeš oder tschechischer Tarzan“ und hatte seine Premiere am 24.11.1971. Es handelt sich um ein Theaterstück im Schaffen des Jára (da) Cimrman-Theaters bisher ungewöhnlich. Das Stück ist insofern untypisch, als dass sich Vorträge mit Auszügen aus dem Werk abwechseln. Zdeněk Svěrák sagte dazu folgendes:

Řekli jsme si, že zkusíme opustiti schéma seminář plus hra a propleteme to, takže diváka učiníme svědkem bádání. Že mu ukážeme, co se dochovalo, jaké jsme měli možnosti, jak to vysvětluje náš nepřítel Fiedler, a uděláme ukázky jeho a našeho pojetí. Je z toho roztomilý představení, ale tohle jsme si zkusili jen jednou a pak jsme se vrátili pokorně k představení, kde jsou seminář i hra ucelené, protože to mají rádi diváci i my.166 167

Das ganze Stück ist eine Parodie des Dramas als solches, da es eigentlich gar kein Drama ist - die Schauspieler demonstrieren ihre Aufbauarbeit und ihr schauspielerisches Können im Vergleich zu Professor Fiedlers österreichischem Konzept. Man arbeitet hier mit einer mehrstufigen Retrospektive. Die Handlung dreht sich um einen Arzt und einen Priester, die versuchen, den wahren Vater des stummen Bobeš zu finden. Bobeš ist stumm, weil er von Rehen aufgezogen und später von einem Jäger aufgefunden wurde. Hier finden wir eines der ältesten Theatermotive - das Motiv des Findens. Wir beobachten dieses Motiv in antiken griechischen Tragödien. Der Arzt hofft, dass das Zusammentreffen mit seinem Vater ihn heilen könnte, und das wird bestätigt. Interessant ist, dass zur Feststellung der Vaterschaft ein Bluttest durchgeführt wird.

Die berühmtesten Sprüche:166,167

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.6 Cimrman v říši hudby

Cimrman v říši hudby bedeutet auf Deutsch „Cimrman im Reich der Musik“ und hatte seine Premiere am 03.05.1973. Es handelt sich um einen Einakter, der sich mit den Erfolgen eines tschechischen Ingenieurs in Indien näher befasst. Das Genre der Operette stellt den Prozess der Industrialisierung in den asiatischen Ländern dar.

Es ist ein Fest der goldenen tschechischen Hände. In Indien treffen sich der deutsche Ingenieur Wagner, der den einheimischen Plantagenbesitzer Vishna mit seinem dysfunktionalen Diffusor enttäuschte, und der tschechische Ingenieur Vaněk aus Kolben und Daněk. Auch der britische Gouverneur Colonel tritt in die Geschichte ein. Der liebenswürdige und fähige Vaněk rettet den armen Wagner vor dem Tod und organisiert gleichzeitig die Zuckerlieferung von Böhmen nach Indien, außerdem bringt er dem Pflanzer Krishna bei, wie man Pilsner Bier braut. Das Ganze wird von Smetanas, Mozarts und Verdis Taktstocks der klassischen Musik untermalt. Bei Vaněk hört man leichte und lustige Töne, dagegen werden Wagners Auftritte sehr dunkel und dramatisch untermauert.

Hier ein Zitat aus einer zeitgenössischen Kritik, und zwar von Dr. Manfred Jäger in der

Zeitschrift Musikalische Rundschau, abgedruckt am 08.01.1912:

Kulturní ruch české menšiny vídeňské je tak překotný a čilý, až se někdy táži, mají-li ti lidé pro samé divadlo, sbory pěvecké a slavnosti tělovýchovné chvilku času též na řemeslo, úřad či obchod. Poslední erupce je rázu hudebně dramatického a zasloužil se o ni p. Jaroslav Cimrman. Tento skladatel, který je sám sobě libretistou, biletářem, prvním tenorem i kritikem, sepsal operní jednoaktovku „Úspěch českého inženýra v Indii“. V novinách se nechal slyšet, že chce dáti tímto dílem stárnoucí opeře oživující injekci. Povinnost recenzenta přinutila mne být tomuto hudebnímu vpichu osobně přítomen. Řeknu jen tolik: Stárnoucí opera dostala od p. Cimrmana dávku vpravdě zvěrolékařskou. A do míst, kam to jistě nečekala. Soudím, že si ubožačka dlouho nesedne.168,169

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

11.5.7 Dlouhý, Široký a Krátkozraký

Dlouhý, Široký a Krátkozraký bedeutet auf Deutsch „Langer, Breiter und Kurzsichtiger“ und es ist eine Anspielung auf ein tschechisches Kindermärchen, das Langer, Breiter und Langsichtiger heißt. Dieses Theaterstück hatte seine Premiere am 17.10.1974. Drei Jahre später war Dlouhý, Široký a Krátkozraký das erste Spiel des Jára (da) Cimrman-Theaters, das man auf eine Grammophon-Schallplatte aufnahm und somit dem breiten Publikum zur Verfügung stellte. Zdeněk Svěrák hatte zu Beginn Zweifel daran, ob es eine gute Idee war:

V roce 1977, kdy se na černé desce objevila poprvé naše hra, a to Dlouhý, Široký a Krátkozraký, jsme v divadle váhali, jestli je vůbec dobré vydávat naše představení na zvukových nosičích. Bláhově jsme se totiž báli, že to ohrozí návštěvnost [...]. Pak k nám do divadla najednou začali chodit lidé, kteří naše texty znali a jen si kontrolovali, zda je říkáme přesně. Nebo se přišli podívat, jak se vlastně ze zakleté princezny Zlatovlásky vyklube žena, protože tuto proměnu jim zvuková nahrávka zatajila.170,171

Der Untertitel lautet Ein Märchen, das bei Kindern nicht gut ankam. Es handelt sich dabei um eine gewisse Travestie von Volksmärchen, um eine Komödie. Im Seminar grenzen sich die Cimrmanologen 172 gegen das Klischee der Märchen ab. Jára (da) Cimrman begann, in den Dörfern Märchen zu sammeln und grenzte sich dabei gegen die Utopie aller Märchen ab und schrieb welche selbst in realistischere Weise um: Wie ist der arme Mann in noch mehr Schwierigkeiten geraten; Ein märchenhafter Horror über 13 Schwiegermütter oder Kasperls kleines Grabmal. Dlouhý, Široký a Krátkozraký ist auch ein Märchen von Jára (da) Cimrman, aber die Cimrmanologen bearbeiteten das Märchen für die Ohren des heutigen Zuschauers folgendermaßen:

1. In Cimrmans Version verwandelt sich Goldlöckchen in eine hässliche Hexe. Die Cimrmanologen schrieben sie zu einer jungen Schönheit um.
2. Die Cimrmanologen haben die Zahl der Todesopfer von 27 auf nur 5 reduziert.
3. Die Cimrmanologen konnten die Sklerose des Großvaters Vševěds halbieren.

Eine interessante Figur ist eben der im Punkt 3 genannte Großvater Vševěd. Vševěd ist ein tschechisches Wort, das eine allwissende Person bezeichnet und man könnte es frei als Opa Alleswisser übersetzen. In diesem Märchen ist Großvater Vševěd eine plaudernde Gestalt, die aber durch ihre Allwissenheit viel Macht besitzt. Wenn man von ihm einen Rat möchte, muss man sich dabei viel Unnötiges anhören. Laut Ladislav Smoljak sollte es eine Parodie an alle alten Männer sein, die eine wichtige Funktion besitzen. Einmal geriet das Theater Jára (da) Cimrman sogar in Schwierigkeiten, denn man habe es als Kritik des damaligen tschechoslowakischen Präsidenten Gustáv Husák interpretiert:

Představ si, že se jednou dokonce myslelo, že děd Vševěd je parodie na Husáka. A vysvětluj tehdy někomu, že děd Vševěd je prostě parodie na všechny žvanivý starý dědky, na každýho důležitýho starce všude na světě, co mluví z cesty, že postava symbolizuje obecný problém starců, co dostanou nějakou funkci. S Husákem tam nebyl jediný styčný bod.173,174

Das Stück selbst erzählt von einer abenteuerlichen Reise zur Wiederherstellung der weiblichen Schönheit von Prinzessin Goldlöckchen, die ihr von dem bösen Riesen Koloděj genommen wurde. In der Anfangsszene kommt Prinz Jasoň im königlichen Schloss an und entdeckt, dass seine geliebte Braut, Prinzessin Goldlöckchen, aufgrund von Kolodějs Zauberei einen Bart und einen großen Fuß hat. Jasoň beschließt, die Prinzessin von dem bösen Fluch zu befreien, und macht sich gemeinsam mit ihr, ihrem königlichen Vater und dem Kurzsichtigen auf die Suche nach Großvater Vševěd, der sie beraten soll, wie sie Koloděj besiegen können. Jasoňs böser Zwillingsbruder, Prinz Drsoň, beobachtet das Geschehen aus der Ferne und plant, im richtigen Moment einzugreifen, um die Prinzessin für sich zu gewinnen.

Großvater Allwissend rät trotz seiner fortgeschrittenen Sklerose, Koloděj um seinen Zauberring zu berauben. In einem direkten Duell verliert Jasoň zwar, aber nur durch eine List: er bringt Koloděj zum Weinen, und als dieser nach seinem Taschentuch greift, fällt der Ring heraus. Die Geschichte endet glücklich, da Goldlöckchen mit Hilfe des wiedergefundenen Rings wieder zu ihrer weiblichen Schönheit zurückfindet.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.8 Posel z Liptákova

Posel z Liptákova bedeutet auf Deutsch „Bote aus Liptákov“. Es sind zwei Einakter, die innerhalb von einem Abend aufgeführt werden. Die Premiere fand am 20.04.1977 statt und der Untertitel lautet Expedice do kraje Cimrmanova stáří, also auf Deutsch übersetzt „Expedition in die Region von Cimrman's Altwerden“. Im Gegensatz zu den anderen Spielen vermitteln diese beiden Einakter einen sehr abschreckenden Eindruck.

1. Theaterspiel Posel světla (Gesandter des Lichts)

Die Handlung spielt aus der Sicht von Cimrman in einer fernen Zukunft, in der soziale Harmonie herrscht und die Menschen keine Schimpfwörter oder Vulgarismen mehr benutzen - solche Wörter sind nur noch in alten Wörterbüchern zu finden.

Das friedliche Leben des alten Vaters und der alten Mutter, die in ihrem gemütlichen Häuschen in Tanvald Amüsanten Arthur (die Android-Version des heutigen Fernsehens oder Radios) schauen, wird durch die Ankunft ihres Sohnes Standa gestört, der per eine Rohre anreist. Nach einer herzlichen Begrüßung macht Standa ihnen Vorwürfe, dass sie ihn ein völlig nutzloses Jurastudium haben machen lassen, weil seine Kanzlei in dieser idealen Gesellschaft keine Arbeit hat und bankrott geht. Er teilt ihnen mit, dass er stattdessen in das Geschäft mit Taschenlampen einsteigen will (daher der Name „Bote des Lichts“) und das Haus der Familie benötigt, um dort eine Manufaktur einzurichten, in der die Lampen hergestellt werden - seine Eltern sollen sich in ein Altersheim hoch in den Bergen zurückziehen.

Die Mutter versucht, Standa davon zu überzeugen, seinen Plan zu überdenken, denn wenn der Vater, der aufgrund seines Alters die Dinge langsamer versteht, begreift, was geschieht, wird etwas Schreckliches passieren. Sie kann ihn jedoch nicht überzeugen, und der Vater begreift schließlich die Situation und schimpft Standa mit Hilfe eines alten Wörterbuchs nicht nur heftig aus, sondern schlägt ihm auch, wie befohlen, mit seiner eigenen Taschenlampe auf den Hinterkopf. Daraufhin schicken die Eltern ihren ungehorsamen Sohn per Rohrleitung zurück nach Prag. Unterwegs trifft Standa auf seinen Chemiker, der TNT für die Herstellung von Taschenlampen dabeihat, und so geht am Ende alles gut aus.

2. Theaterspiel Vizionář (der Visionär)

Der dörfliche Wahrsager Hlavsa, der die Zukunft durch den Blick in einen heißen Ofen voraussieht, wird von Ptáček, einem Prager Kohlebaron, angesprochen, der sich Gedanken darüber macht, ob seine Tochter den Fabrikarbeiter Kolben oder den Fabrikarbeiter Daňek heiraten soll, die beide aus Prag stammen. Das wichtigste Kriterium für die Wahl des zukünftigen Schwiegersohns ist für ihn, ob einer der beiden schnarcht. Hlavsa gelingt es, beide Bewerber im Ofen zu sehen, aber leider nur, wenn sie wach sind, so dass er die entscheidende Frage von Ptáček nicht beantworten kann.

Während der Wahrsagerei erinnert Hlavsas Sohn František seinen Vater daran, dass er laut der Prophezeiung am selben Tag sterben soll. Und tatsächlich klopft es bald darauf an der Tür und der Sensenmann selbst tritt ein. Hlavsa bittet ihn um ein wenig Geduld, da er sich noch um seine letzten Angelegenheiten kümmern muss. Der Sensenmann willigt ein, wenn auch widerwillig, woraufhin Hlavsa seinen gesamten Hof seinem Sohn František vermacht. Dieser lehnt jedoch das Erbe ab, da er nicht reich sein will.

Im weiteren Gespräch stellt sich heraus, dass Hlavsa in seinem Ofen seltsame Dinge über den Reichtum reicher Leute gesehen hat, was Ptáček so sehr beunruhigt, dass er den Sensenmann überredet, ihm noch etwas Zeit zu geben und Hlavsa erneut in die Zukunft schauen zu lassen. Hlavsas Vision, dass Ptáčeks Bergwerk Terezka in der Zukunft in „Peter“ oder „etwas Rotes“ Bezruč umbenannt werden wird, erregt Ptáček jedoch nicht, da er glaubt, dass er das Bergwerk günstig an Bezruč verkaufen wird.

Das Stück gipfelt darin, dass der Sensenmann merkt, dass er zu lange im Gespräch verweilt hat, und Hlavsa nicht mehr mitnimmt. Er bricht zu seinem letzten Auftrag auf - eine Art Ferdinand in Sarajevo. Er fügt jedoch hinzu, dass nach ihm ein neuer, junger Kollege kommen wird, der ähnliche Verzögerungen nicht zulassen wird.

Bei Posel Světla beobachten wir eine gewisse Skepsis gegenüber dem Fortschritt und der wissenschaftlich-technischen Revolution. Vizionář deutet den Ausbruch des Ersten Weltkriegs und die spätere Enteignung reicher Unternehmer an. Laut Přemysl Rut haben die Autoren den Namen Cimrman nur zum Schutz vor der kommunistischen Zensur verwendet: Beide Stücke hätten ohne Cimrman als Theater- oder Fernseh-Mikrokomödien aufgeführt werden können.175

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.9 Lijavec

Lijavec bedeutet auf Deutsch „Gussregen“. Der Untertitel lautet Spiel mit echtem Regen. Die Premiere fand am 22.01.1982 statt. Das „wissenschaftliche Seminar“ ist als eine Diskussion mit dem Publikum konzipiert. Das Ausschlaggebendste aus dem Seminar für das Stück selbst ist die Information, dass Jára (da) Cimrman bereits 20 Jahre vor dem Gründer des Psychodramas, Jacob Levy Moreno, Therapietheater praktizierte. Cimrman bereitete ein Drama vor: Der Unverschämte Hausner.

Als Cimrman am Ende seines Lebens seine künstlerische Laufbahn rekapitulierte, kam er zu einem traurigen Schluss: Keines seiner Werke, die seinen Namen tragen, hatte Anerkennung gefunden. Aus diesem Grund beschloss er, sich in die Anonymität zurückzuziehen und Volksschriftsteller zu werden. Er erkannte klar, dass die moderne Zeit unweigerlich zum Niedergang des volkstümlichen Schaffens in Bereichen wie Volksliedern, Märchen, Sprichwörtern und Redensarten führen würde. Der einzige Aspekt der mündlichen Folklore, der lebendig bleiben wird, ist seiner Ansicht nach, die Anekdote. Und genau diese Form der Folklore spielt in seinem Stück Lijavec eine zentrale Rolle.

"Ein Spiel mit echtem Regen“ spielt im Herberk, einem Heim für Reisende, wo sich der Oberinspektor aller Altersheime, eine Hebamme als Mann Formánek, Leutnant Pihrt und ein Müller in einer regnerischen Nacht treffen. Dieses Treffen findet mit der sehr widerwilligen Hilfe einer unmotivierten Aufseherin statt. Im Laufe des Stücks wird dem Publikum klar, dass es sich nicht um eine gewöhnliche Theateraufführung handelt, sondern um ein so genanntes Psychodrama, das von den Bewohnern des Altenheims unter der Regie von Cimrman selbst aufgeführt wird. Gelegentlich fallen die Bewohner aus der Rolle. Dieses therapeutische Theater, das Cimrman erfunden hat, soll den Bewohnern als Mittel zur Bewältigung ihrer Lebenstraumata und Misserfolge dienen. Außerdem stellt sich am Ende heraus, dass Cimrman die Rolle des Inspektors der Altenheime für sich selbst geschrieben hat.

Im Theater von Jára (da) Cimrman begegnet der Zuschauer zum zweiten Mal der Technik des „Theater im Theater“. Das erste Mal erschien diese Technik im Theaterspiel Němý Bobeš. Die Autoren greifen zu „Theaters im Theater“ noch in Záskok. Mehr dazu werde ich im Abschnitt über das Theaterstück Záskok schreiben.

Die Theatertechnik des sog. „Theater im Theater“ besteht darin, eine andere Theateraufführung innerhalb einer Theaterproduktion zu inszenieren. Mit anderen Worten: Die Figuren der Haupthandlung werden selbst zu Schauspielern, die ein anderes Stück aufführen. Diese Technik schafft einen vielschichtigen erzählerischen Effekt, bei dem das Publikum nicht nur das Stück selbst sieht, sondern auch, wie die Schauspieler andere Rollen in dem Stück spielen.

„Theater im Theater“ wird oft verwendet, um Themen im Zusammenhang mit Kunst, Schauspiel, Illusion und Realität zu beleuchten. Es kann eine Möglichkeit sein, die Beziehung zwischen den Figuren und ihren Rollen zu erforschen oder die traditionellen Theatertäuschungen zu unterbrechen, indem das Publikum bewusst Teil des Stücks wird. Diese Technik ermöglicht es Autoren und Regisseuren, komplexere und vielschichtigere Erfahrungen zu schaffen.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.10 Dobytí severního pólu

Dobytí severního pólu bedeutet auf Deutsch „Die Eroberung des Nordpols“. Die Premiere fand am 28.10.1985 statt und laut Ladislav Smoljak handelt es sich um das beste Theaterstück des Jára (da) Cimrman-Theaters: „Smoljak se domnívá, že je to naše nejlepší hra. Ale není třeba ho brát vážně, neboť takhle on často plane pro nejnovější dítě, které porodíme. Ačkoli v tomto případě možná.“176,177 Der ganze Titel lautet Dobytí severního pólu Čechem Karlem Němcem 5. dubna 1909 (Eroberung des Nordpols durch den Tschechen Karel Němec am 5. April 1909. Wichtig wäre hier zu erwähnen, dass „Němec“ auf Deutsch „Deutscher“ bedeutet.) Auch dieses Theaterstück hat einen

Untertitel. Dieser lautet Severské drama, also „Nordisches Drama“. Das ganze Spiel könnte man als Dramatisierung des Tagebuchs der unerschrockenen tschechischen Polarforscher, die sich an die nördliche Drehscheibe wagten, beschreiben.

Im Seminar wird darüber informiert, weshalb sich Jára (da) Cimrman auf die Reise zum Nordpol begab - er sollte nämlich ein „Live-Bild“ mit der Thematik „Die Tschechen auf dem Nordpol“ aufbauen und er wollte sich die Realien vor Ort anschauen. Dabei entdeckte er einen Schneemenschen und freundete sich mit einer Eskimofamilie an. Die Zuschauer werden ein lebendiger Teil der Inszenierung von den „Live-Bildern“, denn sie werden von den Cimrmanologen aufgefordert, auf die Bühne zu gehen und sich aktiv an der Gestaltung zu beteiligen.

Eine Gruppe von vier tapferen Männern, angeführt von dem unerschrockenen Karel Němec, begibt sich auf eine riskante Expedition zum Nordpol. Das Gepäck der ganzen Expeditionsgruppe wird von Varel Frištenský auf seinen Schultern getragen, dessen „außergewöhnliche Körperkraft den traditionellen Hundeschlitten ersetzt“178. Die lange und beschwerliche Reise fordert ihr Gemüt, sie werden mutlos und hungrig. In ihrer Verzweiflung denken sie über eine drastische Lösung nach - sie wollen ihren starken Mann Frištenský essen. Dieses Schicksal wird jedoch durch den Gänserich, den er bei sich trägt, abgewendet. Unterwegs entdecken sie die gefrorenen Gestalten von Professor Mac Donald und seinem Diener Beran, die sich ein Jahr zuvor auf dieselbe Mission begeben hatten. Auf der Rückreise wollen sie jedoch Beran essen, der sie nach dem Auftauen beschimpft, weil er und der Professor geplant hatten, ein Jahrhundert im Eis zu verbringen. Am nächsten Tag wird der Nordpol von dem Amerikaner Robert Edwin Peary erobert. Die Tschechen beschließen, ihren Sieg nicht bekannt zu geben, damit er nicht an das verhasste Österreich fällt. Erst nach der Gründung der Tschechoslowakei beschließt der einzige überlebende Polarforscher, Frištenský, die Wahrheit zu enthüllen, wird aber für verrückt erklärt.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.11 Blaník

Der Berg Blaník, der legendäre Gipfel der tschechischen Landschaft, gilt seit der Urewigkeit als ein starkes Symbol der Hoffnung in den dunklen Zeiten tschechischer Geschichte. Seit jeher verkörpert er den Wunsch nach Freiheit und der Wiederherstellung der Identität der tschechischen Nation. Das Theaterstück Blaník ist das erste Theaterstück des Jára (da) Cimrman-Thetaters, welches nach der Samtrevolution entstand. Seine Premiere fand am 16.05.1990 statt. Zdeněk Svěrák schrieb: „Hru Blaník [...] jsme se Smoljakem psali na přelomu let 1988-89. Myšlenka, že legendární podzemní vojsko zase nevyjede, i když dobře ví, jak by ho národ potřeboval, se nám jevila jako aktuální.“179,180 Laut der Legende soll die Untergrundarmee aus dem Berg hinausfahren, um dem Volk zu helfen, wenn es ihm am schlechtesten geht. Gleichzeitig gib es aber im Tschechischen einen Spruch, der lautet: „Es war noch nie so schlimm, dass es nicht noch schlimmer werden könnte.“ Und genau dagegen grenzte sich Jára (da) Cimrman ab:

Jára Cimrman [si] uvědomuje, že že tato pověst jedním dechem nalévá lidu naději, ale zároveň i rezignaci a pasivní spoléhání na cizí pomoc. Tato životodárná, a přitom zjoubná pověst musela by být dějinnou praxí dávno vyvrácena, kdyby byla nebyla vymyšlena tak rafinovaně. Výjezd zachránců z hory podmiňuje pžředevším tím, že národu musí být nejhůře. Kvůli tomu se Jára Cimrman znepřátelil s Aloisem Jiráskem, autorem Starých pověstí českých. Napsal mu: „Lojzo! Protože Blaničtí za celých tři sta let habsburského útlaku nikdy nevyjeli, deprimuješ tak národ vyhlídkou, že to, co prožívá, není ještě nic proti tomu, co teprve přijde.“181,182

Er formulierte selber die Legende um, um sie glaubhafter zu machen:

Das Stück Blaník handelt von der Geschichte des Geschichtslehrers Chvojka, der in das Innere des Berges Blaník kommt. Er verfolgt die Debatten der Blaník-Ritter über die berühmten, aber tragisch verlorenen Schlachten der tschechischen Geschichte und nimmt aktiv an den Diskussionen teil. Unter den Rittern sticht der mutige Veverka von Bitýška hervor, der sofort bereit ist, der Nation zu Hilfe zu kommen, insbesondere im Revolutionsjahr 1848. Trotz seines Eifers ist er jedoch an die Befehle der St.-Wenzels-Kanzlei gebunden, die sich strikt an die Regeln für den Auszug der Ritter aus dem Gebirge hält, wonach die Nation erst in ihre schlimmste Lage geraten muss, bevor die Ritter eingreifen. Da die Lage nie so verzweifelt war, dass sie nicht noch schlimmer werden konnte, verbringt die nie kämpfende Armee ihre Zeit mit Kegeln. Dieser unschuldige Zeitvertreib erklärt letztlich auch den geheimnisvollen Donner, der der Legende nach aus dem Inneren des mythischen Berges zu hören ist.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.12 Záskok

Záskok bedeutet auf Deutsch „das Einspringen“ und im theatralischen Kontext ist damit eine Person gemeint, die eine fremde Rolle übernimmt, um das Theaterstück vor dem Absagen zu bewahren - z.B. aufgrund eines krankheitsbedingten Ausfalles eines Schauspielers o.Ä. Dieses Theaterstück hatte seine Premiere am 27.03.1994. Der Untertitel dieses Spiels lautet „Cimrman's Stück über die unglückliche Premiere von Vlasta“ und es handelt sich dabei um eine Komödie, die wieder die Methode „Theater im Theater“ anwendet. Diese Methode konnten die Zuschauer bereits in Theaterstücken Němý Bobeš und Lijavec beobachten. Ich würde sagen, dass wir diese Methode am ausgearbeitetsten gerade im Stück Záskok beobachten können, was viel über die Entwicklung des Autorenduos Svěrák-Smoljak aussagt.

Im „wissenschaftlichen Symposium“ erfahren die Zuschauer, dass Cimrman seine eigene Theatergruppe hatte, in der er berühmte Theaterstücke probte und sogar sein eigenes Schaffen inszenierte. Nachdem er aber sehr wenige Amateure hatte, musste er die bereits existierenden Theaterstücke seinem Ensemble anpassen. Somit spielte er anstatt „Alibaba und 40 Rüber“ ein Stück namens „Einzelgänger Alibaba“ oder er schaffte die Tragödie Hamlet, ohne die eigene Hamlet-Figur zu spielen.

Das Stück handelt von der Ankunft des berühmten Schauspielers des Pilsner Theaters, Karel Infeld Prácheňský, in einem tschechischen Dorf, wo er das Stück "Vlasta" retten soll. Die Theatergruppe befindet sich in einer Krise, nachdem ein Schauspieler plötzlich ausgestiegen ist, und in letzter Minute gelingt es ihnen, Prácheňský als Ersatz zu engagieren. Anfangs sind die Schauspieler von seinem dramatischen Vortrag begeistert, doch bald stellen sie fest, dass Prácheňský nicht nur arrogant ist, sondern auch unter einem sehr schlechten Gedächtnis leidet. Prácheňský verachtet seine Rolle, was dazu führt, dass die Souffleuse allmählich die Hauptrolle übernimmt und mit wachsender Intensität in die Handlung eingreift.

Laut Eva Formánková spielen die Autoren gekonnt mit den Elementen der trivialen Dramatik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts und nutzen dabei Klischees und Stereotype dieser Ära. Jede Figur birgt ein Geheimnis, das im Verlauf des Stücks nach und nach enthüllt wird - die gesamte Handlung basiert auf dem schrittweisen Aufdecken dieser Geheimnisse. Die Anzahl der Klischees, die mit solcher Präzision beachtet werden, dass sie schließlich zu einer Parodie von sich selbst werden, ist beträchtlich. Ein typisches Beispiel ist der Feldwebel Vogeltanz, der sich in Vlasta verliebt und beschließt, sie zu heiraten. Als jedoch herauskommt, dass Vlasta ein Mann ist, bleibt Vogeltanz fest entschlossen, seine Heiratsabsicht beizubehalten. In das Stück tritt auch ein aus der antiken Dramatik bekannter deus ex machina auf - hier in der Gestalt des Invaliden Karásek, der als Souffleur fungiert und die Fehler Prácheňskýs korrigiert. Wie in anderen Werken von Svěrák und Smoljak arbeiten die Autoren auch hier mit allgemein bekannten Schulkenntnissen kulturell-historischer Fakten. Ein markantes Merkmal ist die Überlagerung des dramatischen Zeit-Raums mit dem realen Zeit-Raum der Inszenierung.183

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.13 Švestka

Švestka bedeutet in diesem Kontext auf Deutsch „der Pflaumenbaum“. Es handelt sich um ein neues Genre, das die Autoren Svěrák-Smoljak erfanden und zwar um ein sogennantes „Sklerotikon“. Wie man dem Namen entnehmen kann, handelt es sich um ein Theaterstück, das sich mit der Sklerose, also mit dem notorischen Vergessen näher auseinandersetzt. Švestka ist das 13. Spiel des Theaters Jára (da) Cimrman und hatte seine Premiere am 14.11.1997.

Švestka ist ein Spiel über das Altern. Die Cimrmanologen behaupten in ihrem wissenschaftlichen Symposion, dass die Gebrechen des Alters vor allem Intellektuelle betreffen und dass man vor allem zwei Hauptphänomene beobachten kann: 1. die Unfähigkeit, einen Gedanken festzuhalten und gleichzeitig 2. die Unfähigkeit, den Gedanken loszulassen.

In dem Spiel ist eine Frist von 18 Uhr festgelegt, innerhalb derer der Pflaumenbaum, gepflückt werden muss. Geschieht dies nicht, geht die Ernte nach den Regeln an die Eisenbahn verloren. Es wird im gesamten Stück immer wieder an diese Frist erinnert, doch diesmal wird die Erinnerung an den Lauf der Zeit durch den Bergsteiger Pulec vermittelt. Pulec richtet seine Bemerkungen über die herannahende Stunde immer wieder an Přemysl Hájek, der, obwohl er den ganzen Prozess der Ernte in Gang gesetzt hat, dies allmählich vergisst. Das Stück selbst fungiert als Demonstration der beiden im Bericht beschriebenen spezifischen Probleme des Alters: die Unfähigkeit, an einer Idee festzuhalten und die Unfähigkeit, sie loszulassen. Der sklerotische Ex-Bahnwächter

Hájek kommt am Bahnhof von Středoplky an und ist fest entschlossen, einen Pflaumenbaum zu pflücken, bevor seine Ernte auf die Eisenbahn fällt, aber selbst mit der Hilfe seines Freundes Pulec kann er dieses Vorhaben nicht verwirklichen. Ein Motiv, das sich durch das ganze Drama zieht, ist Hájeks ständige Unfähigkeit, nicht nur die Idee zu behalten, sondern auch den Griff der rechten Hand beim Händeschütteln zu lösen.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.14 Afrika

Afrika ist das vorletzte Theaterstück des Jára (da) Cimrman-Theaters. Die Premiere fand am 04.10.2002 statt und der Untertitel lautet Češi mezi lidožravci (Tschechen unter den Menschenfressern). In einem „Fachseminar“ erfährt der Zuschauer, dass Cimrman ein Theaterstück über Afrika geschrieben hat. Die Cimrmanologen stellten sich die Frage, ob Cimrman persönlich jemals Afrika besucht hat oder ob er nach einem ähnlichen Prinzip wie Karl May arbeitete, der die Themen für seine Bücher hauptsächlich aus der Literatur und von Landkarten entnahm. Sie fanden heraus, dass Cimrman tatsächlich in Afrika war. Dort baute er eine Eisenbahnstrecke und arbeitete als Bahnhofsvorsteher. Außerdem beobachtete und züchtete er afrikanische Tiere. Auf Grundlage seiner Beobachtungen kritisierte er Darwin und Pawlow für deren Theorien. Gleichzeitig erfährt der Zuschauer eine für die heutige Zeit sehr wichtige Information, nämlich dass laut den Cimrmanologen der Begründer des Internets niemand anderer als Jára Cimrman selbst war.

Im eigentlichen Stück geht es um eine tschechische Expedition, bestehend aus Doktor Žába, Baron aus Úvaly bei Prag, Cyril Metoděj und dem Luftschiffpiloten. Gerade das Luftschiff ist das Verkehrsmittel, das ihnen die Reise nach Afrika ermöglicht. Die Expedition trifft auf einen gelehrigen Stamm von menschenfressenden schwarzen Albinos, die auch nach dem Versuch der Expedition, sie tschechisch zu lehren und mit den zehn Geboten vertraut zu machen, den Kannibalismus nicht aufgeben. Am Ende des Stücks regt sich jedoch ihr Gewissen dank der Verse des tschechischen Dichters Josef Václav Sládek, und die Eingeborenen fliegen mit der Expedition nach Böhmen, wo sich ihr Häuptling in Prag lebenslang im Nationalmuseum ausstellen und schließlich ausstopfen lässt.

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.15 České nebe

České nebe (2008) ist das letzte Theaterstück, das die Autoren Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak zusammenschrieben. Es bedeutet auf Deutsch „Tschechischer Himmel“ und trägt den Untertitel Cimrmanův dramatický kšaft (Das dramatische Testament von Cimrman). Das Drama schildert die Zeit des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs. Smoljak sagte dazu: „Oproti předchozím se v této hře projevil náš vztah k histoii ve větší míře. [...] Látka je tak zajímavá, že divák bude mít co dělat, aby rozlišil, co jsme si vymysleli a co je historická pravda, která je v mnoha případech sama o sobě paradoxní až komická.“184,185

Das Theaterstück „České nebe“ spielt zur Zeit des Ersten Weltkriegs, als sich im Jenseits die Größen der tschechischen Geschichte versammeln, um zu entscheiden, wer von den neuen Anwärtern in ihre postmortale Gesellschaft aufgenommen werden soll. Doch bald verlagert sich das Hauptaugenmerk dieses himmlischen Rates auf eine bedeutende Aufgabe: das tschechische Volk zu der Idee eines unabhängigen Staates zu inspirieren. Dieses bedeutende Gremium besteht aus drei Schlüsselpersonen - dem Urvater Čech, Jan Ámos Komenský und dem heiligen Wenzel - die beschließen, ihren Rat um weitere Mitglieder zu erweitern. In diese Gesellschaft werden Jan Hus und Karel Havlíček Borovský berufen, wobei Komenský, motiviert durch seine Erfahrungen mit Koedukation, darauf besteht, eine Frau als sechstes Mitglied des Rates aufzunehmen. Doch Božena Němcová stößt bei diesem Vorschlag auf Widerstand des moralisch kompromisslosen Hus, was schließlich zu einem Kompromiss führt, bei dem symbolisch Němcovás berühmteste literarische Figur - die Großmutter - in dieses höchste nationale Gremium aufgenommen wird. Im Stück treten Figuren wie Miroslav Tyrš, der Gründer des Sokol, und der kontroverse Marschall Josef Wenzel Radetzky von Radetz auf, die der Handlung eine weitere Dimension verleihen. Die Persönlichkeiten des tschechischen Volkes werden in dieser Inszenierung systematisch in Kategorien von nationalen Helden und Antihelden eingeteilt, was den bekannten Ansatz widerspiegelt, mit dem das tschechische Publikum in Geschichtsunterrichtsstunden konfrontiert wird, wenn Figuren als „Lehrer der Nation“, „Vater der Nation“, „Führer der Nation“ oder „Verräter der Nation“ bezeichnet werden.

Vladimír Hulec schrieb in seiner Rezension über České nebe:

[.] České nebe je hra vycizelovaná do nejjemnějších detailů. Je vtipná, plná jízlivé ironie a břitkých šlehů. Je vysoce sofistikovaná, historicky a kulturně poučná a poučená, a přitom veskrze srozumitelná. Zabývá se „českou otázkou“ v mnoha motivech je až nečekaně aktuální a neuhýbavá, přitom nabízí humor nadčasový a - jak je u Smoljaka a Svěráka zvykem - laskavý a smířlivý.186,187

Die berühmtesten Sprüche:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

II.5.16 Cimrman na chmelu

Cimrman na chmelu bedeutet auf Deutsch „Cimrman auf der Hopfenernte“. Es handelt sich dabei um einen kurzen Beitrag, der 1982 von Zdeněk Svěrák dramatisch aufbereitet wurde.

Cimrman schrieb für die Arbeiter auf den Hopfenfeldern kurze, spannende Theaterszenen und führte sie den Hopfenpflückern direkt in ihren Unterkünften auf. Da man auf Strohsäcken schlief, durfte im Zimmer weder eine Lampe noch Kerzen angezündet werden, sodass Cimrman im Dunkeln spielen musste. Seine Hopfenernte-Werke betrachtet Cimrman als den Höhepunkt seines dramatischen Talents.

Zdeněk Svěrák nennt als Beispiel die Szene Der grüne Kranz, in der sich das Ehepaar Bártovi über die Heirat ihrer Tochter unterhält, die einen Mann namens Němec188 heiraten soll. Der Vater ist dagegen und diskutiert darüber mit seiner Frau. Die Szene endet mit der Hochzeit.

II.5.17 Hymna aneb Urfidlovačka

Hymna oder Urfidlovačka ist ein leicht mystifizierendes Stück mit Gesängen über den Ursprung des tschechischen Nationallieds. Es ist zunächst Gegenstand eines Konflikts zwischen einem tschechischen Schuhmacher, einem deutschen Schneider und einem jüdischen Komponisten. Das Stück dreht sich um den Versuch, eine tschechische Nationalhymne zu schaffen, die die Identität und die Bestrebungen der tschechischen Nation zum Ausdruck bringen soll. Die Figuren im Stück haben mit verschiedenen komischen Hindernissen und Missverständnissen bei der Erstellung der Hymne zu kämpfen, was zu einer Reihe absurder und satirischer Situationen führt.

Das Stück, welches sowohl Gesangseinlagen als auch ein einführendes Seminar mit dem Titel Hymny šumí po krajinách českých (Hymnen murmeln durch die böhmischen Länder) umfasst, spielt in der Altstadt von Prag um die Zeit vor dem Jahr 1834, als die Premiere von Josef Kajetán Tyls Theaterstück Fidlovačka aneb Žádný hněv a žádná rvačka (Fiedlerei oder kein Zorn und kein Streit) stattfand. Smoljak ließ sich bei seiner Komödie von Tyls Fidlovačka inspirieren. In Smoljaks „Hymne“ wird dieses Lied zum zentralen Motiv der Handlung und steht im Mittelpunkt eines Streits zwischen einem tschechischen Schuster, einem deutschen Schneider und einem jüdischen Komponisten.

II.5.18 Der grüne Kranz

„Grüner Kranz“ ist ein kurzes dramatisches Stück aus dem Jahre 1992. In dem Dialog unterhält sich ein Ehepaar über ihre Tochter Liduška, um die sich ein Mann bemüht. Er ist Tscheche, hat einen tschechischen Nachnamen, aber die Bedeutung seines Nachnamens heißt „Deutsch“ - also Ausländer. Der Vater zögert daher, seine Tochter an einen „Fremden“ zu verheiraten. Die Mutter hat sich bei Herrn Lehrer Würtenthal (einem Tschechen mit deutschem Nachnamen) über dieses Thema erkundigt und versichert dem Ehemann, dass „Němec“ ein tschechischer Name ist und der Bewerber also Tscheche ist. Schließlich stimmt der Vater der Heirat zu.

II.5.19 Zusammenfassung

Das Thema, das alle ausgewählten Werke - seien es Bühnenstücke, Filme oder Erzählungen - durchzieht, lässt sich unter einem Begriff zusammenfassen: das Tschechentum. Vladimír Just schrieb 1985:

Divadlo Járy Cimrmana je jedno z nejčeštějších divadel naší novodobé divadelní historie. Nejen, že navazuje na nejprogresivnější tradice moderního českého humoru [...], ale českost je tu ve hře i významově: všudypřítomným tématem všech cimrmanovských kreací bez rozdílu je téma češství.189,190

Das Tschechentum ist in den Theaterstücken des Jára (da) Cimrman-Theaters auf vielen Ebenen präsent - von sprachlichen und kulturellen Anspielungen bis hin zur Darstellung der tschechischen Lebensweise und historischer Ereignisse. Die Stücke dieses Theaters interpretieren die tschechische nationale Identität auf unterhaltsame und originelle Weise und tragen zugleich zu ihrer Formung und Stärkung bei. Dank ihres spezifischen Humors und kulturellen Kontexts ist das Jára-Cimrman-Theater zu einem wichtigen Teil des tschechischen kulturellen Erbes geworden.

III. ANALYTISCHER TEIL

III.1 Stereotype in ausgewählten Werken des Jára (da) Cimrman- Theaters

Diese Masterarbeit hat zum Ziel, Stereotype in den Theaterstücken des Jára (da) Cimrman-Theaters zu identifizieren und zu analysieren. In diesem Kapitel werde ich mich auf Beispiele und die Analyse ausgewählter Passagen konzentrieren, die in den Bereich der Interkulturalität fallen. Da diese Arbeit im Rahmen des Masterstudiums Interkulturelles Management entsteht, ist es notwendig, eine klare Eingrenzung vorzunehmen, innerhalb dessen die analytische Arbeit stattfinden wird. Als Schwerpunkt meiner Analysen habe ich das Thema Tschechentum gewählt und werde konkrete Beispiele weiter in Unterkapitel unterteilen.

Neben den Stereotypen zum Thema Tschechentum, auf die ich mich konzentriere, finden sich in den Theaterstücken unter anderem auch folgende Stereotype: das Stereotyp der Wissenschaft, das Stereotyp des Lehrers, das Stereotyp menschlicher Ausscheidungen, das Stereotyp der Vulgarismen, das Stereotyp der Frau (Frau als Mutter; Frau als sexuelles Idol; untreue Frau; Frau, die in die Gestalt eines Mannes verwandelt wurde; Frau als literarische Figur u. a.), das Stereotyp des Alters, das Stereotyp des Todes, das Stereotyp des Glaubens an Gott und andere. Diese werden jedoch nicht Ziel dieser Arbeit, daher werden sie bewusst außer Acht gelassen.

III.1.1 Tschechentum

Das Tschechentum erwähnte ich im letzten Kapitel des theoretischen Teils. Für die Analyse der Stereotype ist gerade dieses Thema sehr prägend. Fast in jedem Werk des Jára (da) Cimrman-Theaters wird eine starke Rivalität zwischen den Cimrmanologen und dem österreichischen Professor Erich Fiedler betont.

Der Name des Professor Fiedlers wird gleich im ersten Theaterstück des Jára (da) Cimrman-Theaters Akt (1967) erwähnt. Von Anfang an wird der Zuschauer in die Animosität zwischen den beiden Subjekten eingeführt. Im Referat, das das Leben Jára (da) Cimrmans erörtert, wird gegen Profesor Fierdlers Einwand, Jára (da) Cimrman als einen Tschechen zu bezeichnen, Einspruch eingelegt:

A tato polovičatost se později projevila v jeho rukopisech, které jsou prány směsicí češtiny a němčiny, hemží se to v nich germanismy - i čechismy. Právě odtud pramení také námitky rakouského, vídeňského profesora Ericha Fiedlera proti tomu, abychom považovali Járu da Cimrmana především za českého velikána.191,192

Die Cimrmanologen argumentieren gegen Professor Fiedler mit folgender Entgegnung: „[...] o jeho skutečných vlasteneckých citech hovoří [...] nejlépe poslední zápis v deníku, v němž Mistr výslovně prokazuje touhu [...] „uvidět svou vlast - Böhmen.“ Wie man hier sehen kann, ist es nicht einfach, Cimrman eindeutig einer Nation zuzuordnen. Er selbst bezeichnet zwar Böhmen als seine Heimat, aber genau diesen Begriff (Böhmen) schreibt er auf Deutsch. Hier kommt man auf das Thema des ersten Kapitels dieser Masterarbeit zurück, die sich mit dem Thema befasst, ob und falls ja dann wie kann man einen Tschechen von einem Deutschen oder Deutschtschechen unterscheiden, wenn diese zwei Nationen nebeneinander zum Zeitpunkt Jára (da) Cimrmans 700 Jahre lebten? Die Cimrmanologen wollen Cimrman für sich behalten und als einen großen Tschechen bezeichnen. Profesor Fiedler gibt jedoch nicht nach und fordert diesen „Großmeister“ für die österreichische Nation.

Zu einer weiteren Auseinandersetzung kommt es im Referat zum Theaterstück Vyšetřování ztráty třídní knihy (1967), indem der Dozent Jaroslav Weigel die Annahme von Professor Fiedler, Cimrman hätte „belebtes Holz“ erfunden, ablehnt:

Je až směšné, jak si tuto zásadu vysvětluje profesor Erich Fiedler z Vídně. V odborářském časopise rakouských loutkářů „Österreichischer Puppenmacher“ jsem si s úžasem přečetl jeho článek končící slovy: „Při vyřezávání loutek Cimrman mimoděk vynalezl samorost. A tak je třeba i oživlé dřevo řadit k jeho vynálezům.193,194

Im Theaterstück Hospoda na Mýtince (1969) kritisiert Professor Pavel Vondruška Erich Fiedler für seine grob ausgeführte wissenschaftliche Arbeit. Diese beiden Professoren sind sich nicht darüber einig, in welchem Jahr Jára (da) Cimrman begann, Operetten zu schreiben. Laut Vondruška soll man auf das Jahr 1883 zurückgreifen; Fiedler sieht wiederum den Anfang Cimrmans Schaffen vier Jahre früher und setzt den Beginn Cimrmans Schaffen ins Jahr 1879. Dagegen grenzt sich Professor Vondruška eindeutig ab und kritisiert seinen Gegner:

[...] To se stalo v roce 1883. A tento rok je třeba považovat za počátek jeho práce v oblasti operety. Profesor Fiedler klade sice tento mezník o čtyři léta zpět, do roku 1879, ale důvody, kterými své tvrzení podpírá, jsou jen dalšími důkazy povrchnosti práce tohoto rakouského badatele. Profesor Erich Fiedler totiž oběvil v divadelním oddělení vídeňského muzea plakát z citovaného roku s anotací Cimrmanovy zpěvohry “Marná snaha”. Kdyby se však Erich Fiedler byl obtěžoval a požádal v témže oddělení vídeňského m uzea - a dokonce u téže soudružky - o nahlédnutí do textu zmíněné hry, shledal by, že o nějaké zpěvohře nemůže být ani řeči.195,196

Gleichzeitig gibt Vondruška Professor Fiedler im entferntesten Sinne Recht, dass Jára (da) Cimrman vielleicht im Jahre 1879 eine Inspirationsquelle zum Schreiben einer Operette fand:

Profesor Fiedler má snad vzdáleně pravdu alespoň v tom, že Cimrman byl možná zmíněnou událostí přiveden na myšlenku inscenovat hru, v níž by se dalo zpívat kdekoli, aniž by tím děj utrpěl na plynulosti, a že ho tato myšlenka přivedla o tři léta později na operetní scénu divadla An der Wien.197,198

Im Theaterstück Vražda v salónním coupé (1970) erfährt der Zuschauer eine ausschlaggebende Information - Professor Fiedler ist ein Gymnasialprofessor199 und kein Hochschulprofessor. Dies steht im Kontrast zu den gehobenen akademischen Titeln der Cimrmanologen: Doktor der Zoologie Zdeněk Svěrák, Dozent Jaroslav Weigel, Ingenieur Jaroslav Hraběta, Professor Miloň Čepelka und Professor der Philosophie Ladislav Smoljak.

Das „wissenschaftliche Symposion“ beginnt mit Kritik an Professor Fierler seitens Doktor Zdeněk Svěrák, der das Niveau der Publikation von Doktor Fiedler senkt, indem er sie zunächst als Buch, dann als Broschüre, anschließend als Heft und schließlich als Flugblatt bezeichnet, obwohl die Publikation über 400 Seiten hat. Gleichzeitig kritisiert Svěrák Fieldlers Schlussfolgerung, dass Cimrman in der „Kriminalistik unserer Zeit“ nichts zu sagen hat:

Rakouský profesor Erich Fiedler (je to středoškolský profesor, nikoli vysokoškolský), tedy učitel Fiedler ve své nedávno vyšlé knize (je to spíše brožura nežli kniha, prostě sešit) „Cimrman - Diletant oder Fachmann?“, v tomto svém - no letáku - na straně 428 tvrdí, že v oboru kriminalistiky nemá Cimrman naší době co říci. Rádi bychom však svému vídeňskému kolegovi připomněli, že stejným způsobem bagatelizoval jeho dílo dramatické, a přece se dnes ve světě hrají s úspěchem již čtyři Cimrmanovy hry.200,201

Zur größten Auseinandersetzung zwischen den Cimrmanologen und Professor Fiedler kommt es im Theaterstück Němý Bobeš aneb český Tarzan (1971), in dem beide Lager versuchen, Cimrmans Spiel (1891) zu rekonstruieren. Professor Fiedler war mit seiner Rekonstruktion zwar schneller fertig, aber die Qualität seiner literaturwissenschaftlichen Arbeit war laut den Cimrmanologen sehr niedrig:

Chtěli bychom vám předvést, jak svědomitá vědecká práce může i z tak malé hromádky stavebního materiálu postavit solidní budovu dramatu. Nezastíráme ovšem, že tu a tam chybí cihla či trám. Kde si nejsme jisti, neimprovizujeme. Nechceme totiž - a to říkáme otevřeně - postupovat jako profesor Fiedler z Vídně, který se také do rekonstrukce této hry pustil, dokonce ji jako celosvětovou premiéru uvedl. Pravda, předběhl nás. Ale když jsme to jeho představení ve Vídní zhlédli, všichni jsme se shodli, že o tak uchvátané prvenství není co stát.202,203

Der Ansatz Professor Fiedlers wird von den Cimrmanologen in einer Demonstration lächerlich gemacht, in der sie sich der Rekonstruktion eines Teils des Cimrman-Stücks widmen, dessen Text vollständig erhalten ist. Dennoch hat Professor Fiedler nach Ansicht der Cimrmanologen das Unmögliche geschaffen, nämlich vom Originaltext abzuweichen:

To byl tedy první obraz. Možná by vás zajímalo, jak ho interpretovali ve Vídni. Domníváte se asi, že se od naší verze nemohli lišit - vždyť text se tu zachoval v plném znění. Profesor Fiedler však dokázal, že to možné je. [...] A to svedlo profesora Fiedlera k neuvěřitelné deformaci prostého textu. [...] Sami vidíte, že si profesor Fiedler s rekonstrukcí Cimrmanovy hry mnoho problémů nedělal. Sám ostatně v divadelním programu píše, že ho práce strhla natolik, že s ní byl hotov - jak doslova říká - „ein, zwei“.204,205

Ein weiteres Problem sehen die Cimrmanologen bei der Figur „starý popušek“ (alter Papagai), wo sie der Ansicht sind, dass es sich um einen Mann handelt, der mit Nachnamen Papoušek heißt, wobei Professor Fiedler diese Figur wortwörtlich interpretiert und das Theaterstück mit einem Vogel aus der Familie der Papagaien inszeniert. Professor Ladislav Smoljak bezeichnet diese Interpretation als geradezu falsch.206 Er hofft zugleich, dass Professor Fiedler sich nicht an die Inszenierung von Cimrmans Stück Napříč Afrikou wagt, in dem die Hauptfigur der tschechische Reisende Holub207 ist.208

Weiter kritisieren Cimrmanologen Fiedlers Herangehensweise zum Thema Schwangerschaft und Entbindung. Der österreichische Restaurator verstand den Satz „Mikovec kommt vom Feld“ nicht als Rückkehr aus dem Krieg, sondern interpretierte ihn als das Erscheinen eines Försters, der erschöpft von der Feldarbeit kommt. Der Gegenstand, den Mikovec laut erhaltenem Text „mit einem gewaltigen Rumpeln“ auf die Bank werfen sollte, ist in seiner Version eine Peitsche. Mikovec, der nach Professor Fiedler das Feld am Wald gepflügt hatte und daher nicht länger als ein paar Stunden von zu Hause weg gewesen sein konnte, wundert sich nach seiner Rückkehr dennoch, dass seine Frau in der Zwischenzeit an Gewicht zugenommen hat, und verbietet ihr, zu den Himbeeren zu gehen. Einige Monate später brachte die Frau ein Kind zur Welt. Diese Szene haben die Cimrmanologen im Gegensatz zu Professor Fiedler ausgelassen.

Doktor Bořivoj Penc weist darauf hin, dass es in den Auseinandersetzungen mit Professor Fiedler nicht um persönliche Voreingenommenheit geht, und hebt hervor, was die Cimrmanologen an Fiedler schätzen:

Vážení přátelé, byli bychom opravdu neradi, kdyby ve vás vznikl dojem, že snad v našich polemikách s profesorem Fiedlerem jde o nějakou osobní zaujatost. My například oceňujeme, s jakou péčí profesor Fiedler opatřil věcným rejstříkem překlad naší knihy „Cimrman und Kindergarten“. Ale to zároveň ukazuje, kam by měl profesor Fiedler příště napřít své síly.209,210

Wo die Cimrmanologen und Professor Fiedler endgültig auseinandergehen, und zwar bis zum Ende des Stücks, ist die Passage, in der Bobeš ein neues Fahrrad erhält. Die Aussage „Erstes Rad211, und gleich ein Premier“ brachte Professor Fiedler aus der Fassung. Da ihm anscheinend die Information fehlte, dass Premier damals eine bekannte Marke für Fahrräder war, interpretierte er den Satz so, dass Bobeš die erste Runde der Landtagswahlen gewonnen und Premierminister geworden sei. Ab diesem Moment schreiben die Cimrmanologen und Professor Fiedler ein völlig anderes Stück.

Dem letzten Hinweis auf die mangelhafte Arbeit des österreichischen Gegners der Cimrmanologen, Professor Erich Fiedler, begegnen wir im letzten Cimrman-Stück České nebe (2008). Doktor Zdeněk Svěrák kritisiert hier die sehr schwache Kenntnis des Tschechischen von Professor Fiedler, die bei weitem nicht ausreicht für die wissenschaftliche Rekonstruktionsarbeit zur Analyse des Nachlasses von Jára Cimrman.

Rakouský profesor Erich Fiedler při pátrání po Cimrmanových stycích s Franzem Kafkou, který byl v Louvru rovněž častým hostem, došel k závěru, že Cimrman neměl v podniku příliš dobrou pověst a platil tu za největšího pijana. Přátelé! To je tak nehorázný omyl, dokazující Fiedlerovu neznalost češtiny, že může soutěžit snad jen s jeho dnes už slavnou překladatelskou botou, svědčící o jeheo nezenalosti angličtiny, kdy přeložil titul encyklopedie „Who is Who“ jako „Vlak je vlak“.212,213

III.1.1.1 Tschechischer versus deutscher Ingenieur

Im Theaterstück Cimrman v říši hudby (1973) wird der Stereotyp eines Ingenieurs aufgegriffen. Es werden gegeneinander der tschechische Ingenieur Vaněk und der deutsche Ingenieur Wagner aufgestellt. Das Singsspiel trägt den Untertitel Úspěch českého inženýra v Indii (Erfolg eines tschechischen Ingenieurs in Indien), der verrät, welcher der beiden Ingenieure der erfolgreichere sein soll. Ingenieur Wagner wird noch vor dem eigentlichen Beginn als eine unsympathische Figur beschrieben:

Také bych nerad, aby došlo zase k jinému extrému, totiž k projevům nenávisti vůči německému inženýru Wagnerovi. Pravda, inženýr Wagner je postava negativní, ale za to jeho představitel kolega Brukner nemůže. On musí hrát roli tak, aby působil odpudivě, ale jinak, v soukromém životě, je to člověk nesmírně laskavý, až slušný.214,215

Dem deutschen Ingenieur droht eine Todesstrafe durch einen Elefantentritt, denn er hat sein Versprechen nicht gehalten und den Diffuseur nicht in Betrieb genommen. Der Plantagenbesitzer Krischna ist sehr sauer und sagt: „Zde tento Němec podvésti mě chtěl a teď se právěm chvěje.“216,217 Auf die Bühne tritt Ingenieur Vaněk und rettet diese angespannte Situation, indem er das Gerät in Gang bringt, dadurch den Ingenieur Wagner rettet und dazu noch schafft, die Inder für das tschechische Bier zu begeistern. Den Inhalt dieses Gesangspiels kann man dem Kapitel Drama- und Filmproduktion des Jára (da) Cimrman-Theaters. Ein Einblick in deren Handlungen, Leitmotive und Gattungen entnehmen. Als Beispiele der Stereotype über tschechische Ingenieure liste ich hier einige Aussagen aus dem Gesangspiel auf. Die Inhalte sprechen für sich - alle sind von Vaněk begeistert, man lobt die geschickten Hände der tschechischen Ingenieure und freut sich über ihre Anwesenheit. Es wird das tschechische Bier gelobt. Sogar der britische Colonel wünscht sich, im nächsten Leben als Tscheche geboren zu werden. Vaněk rettet Menschen in New York oder auf Island, hilft Eltern in Ungarn und im Gegensatz zu Ingenieur Wagner schafft er es, die Zuckermaschine zu reparieren. Im Gegenteil grenzt man sich gegenüber den Deutschen ab und schickt den Ingenieur Wagner mit dem ersten Zug zurück. Am Ende versucht Wagner Tschechisch zu lernen und bemüht sich sehr den typisch tschechischen Konsonanten „ř“ richtig auszusprechen, worin er scheitert.

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.203-212

Das ganze Theaterstück endet mit einer pompösen Szene, in der sowohl Colonel als auch Krischna vor Vaněk niederknien und er segnet sie wie ein Priester oder Herrscher.

III.1.1.2 Stereotyp über tapfere Tschechen

Im Theaterstück Dobytí severního pólu (1985) wird über eine tapfere tschechische

Expedition berichtet, die sich auf den Nordpol begibt und dabei sogar den Amerikaner

Robert Edwin Peary übertrifft. Im Text selbst werden die Tschechen als tapfer bezeichnet:

Česká polární výprava opustila dne 5. dubna 1909 severní ledový pól. Teprve den nato dorazil k pólu Američan Robert Edwin Peary. Stateční Čechové se k prvenství nepřihlásili, aby vítězství nebylo připsáno nenáviděnému Rakousku. Teprve po letech, v roce 1918, jediný žijící člen výpravy Varel Frištenský vyjevil lékařskému konziliu v Kosmonosích u Mladé Boleslavi pravdu. Jeho výpověď byla zaprotokolována a vynesla mu prodloužení pobytu v ústavu o dalších deset let.218,219

Aus diesem Zitat wird ersichtlich, welche politische Stimmung zwischen den Tschechen und Österreichern herrschte - man spricht hier ausdrücklich über das verhasste Österreich. Man gibt als Nation einen internationalen Sieg auf (die Eroberung des Nordpols), um zu verhindern, dass Österreich aus diesem Erfolg eigenen Nutzen machen könnte. Das Ganze wird durch die Rede des Expeditionsleiters untermauert:

Přátelé, kamarádi, bratři! Po měsících útrap a strádání nadešla konečně vytoužená chvíle, kdy na tomto nejsevernějším bodě naší zeměkoule stanul Čech. Je to sice poněkud zkaleno tím, že jsem Němec. Ale jen jménem. Srdcem, hlavou i těmato nohama jsem Čech.220,221

Über die tschechische Tapferkeit wird lustig im Lied berichtet, das der Hilfslehrer Václav Poustka gegen die Trübsinnigkeit komponierte und das alle gemeinsam sangen:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

III.1.1.3 Tschechischer versus deutscher Name

Bereits im vorherigen Beitrag wurde das Bedauern des Tschechen Karel Němec über die Bedeutung seines Nachnamens geäußert. Dieses Thema zieht sich durch das gesamte Werk des Jára (da) Cimrman-Theaters. Eines der Beispiele könnte Doktor Wasserfall im Theaterspiel Švestka (1997) sein. Er wird von Herrn Motyčka für seinen deutschen Nachnamen kritisiert. Ein Tscheche soll laut ihm einen tschechischen Nachnamen haben. Warum hieße er nicht Vodopád222 ? Er soll sich laut Motyčka dafür schämen. Herr Wasserfall erwiderte, dass er früher Vodopád hieß, aber er fühlte sich gezwungen, seinen Nachnamen zu verdeutschen, denn Kinder machten sich über ihn lustig. Leider half es nicht, aber als er die Nachnamenänderung zurücknehmen wollte, stoß er auf Widerstand seitens der Behörden. So trägt er einen deutschen Nachnamen, obwohl er ein Tscheche ist. Herr Motyčka spricht ihn hartnäckig mit seinem ursprünglichen tschechischen Nachnamen an - Vodopád:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Ein ähnliches Beispiel findet man in der Theaterskizze Zelený věnec (Der grüne Kranz, 1992). Ein Ehepaar unterhält sich über ihre Tochter Liduška und ihren Bewerber. Das ausschlaggebende Thema für Liduškas Vater ist die Frage, ob der Mann ein Tscheche ist. Der Bewerber ist zwar ein Tscheche, trägt auch einen tschechischen Nachnamen (Němec), aber die Bedeutung seines Nachnamens heißt „Deutscher“ und genau das wird ein Problem für Liduškas Vater - er möchte seine Tochter an keinen „Fremden“ verheiraten. Liduškas Mutter erkundigte sich beim Lehrer Würthenthal, der zwar ein Tscheche ist, aber einen deutschen Nachnamen trägt. Die ganze Theaterskizze wirkt auf den heutigen Zuschauer etwas absurd, aber genau solche „Streitigkeiten im kleinen Rahmen“ waren im 19. Jahrhundert alltägliche Realität unter den Nationalisten oder Menschen mit starkem nationalen Bewusstsein.

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: https://www.supraphonline.cz/album/810-sverak-odskok-od-cimrmana-do-lazni- kozich?trackId=12175 [abgerufen am 17.07.2024 um 07:59]

Ladislav Smoljak schrieb ein Stück mit Liedern Hymna aneb Urfidlovačka (1998), in dem die Entstehung der tschechischen Nationalhymne thematisiert wird. Sein Stück ist völlig erfunden, aber es spiegelt treffend die Stimmung in den böhmischen Ländern zu Beginn des 19. Jahrhunderts wider.

In dem Stück treten der Schuhmacher Kajetán - ein tschechisch sprechender tschechischer Patriot; Josef - sein Sohn; Mareš - ein zweisprachiger Prager Jude und Musiker; Mastílková - seine Tochter, eine tschechisch sprechende deutsche Patriotin; Gertruda - ihre Nichte, eine Deutsche; und der Schneider Jammerweil - ein deutsch sprechender tschechischer Patriot auf. Schon aus der Besetzung ist ersichtlich, wie kompliziert die Problematik der nationalen Zugehörigkeit im 19. Jahrhundert war. Es war sehr schwierig zu bestimmen, wer welcher Nation angehörte. Es ist wichtig zu erwähnen, dass vor der Französischen Revolution diese Frage meist niemand stellte. Es war für den Menschen nicht von Bedeutung. Mit der nationalen Erneuerung kam jedoch die Notwendigkeit der nationalen Abgrenzung.

Hier sehen wir zwei tschechische Patrioten - Kajetán und Jammerweil. Beide bekennen sich zur tschechischen Nationalität, aber jeder spricht eine andere Sprache. Hier sieht man, dass auch ein deutsch sprechender Mensch sich als Tscheche und tschechischer Patriot fühlen konnte. Im Gegensatz dazu wurde Mastílková in Prag einem zweisprachigen Juden, Mareš, geboren, fühlt sich aber selbst als deutsche Patriotin (obwohl sie fast kein Deutsch kann). Wichtig ist die Bemerkung von Mareš, der Kajetán darauf hinweist, dass er sich als Jude weder der einen noch der anderen Seite zuwendet, denn „Wir Juden sind ausgesprochen universell.“223 Mareš nimmt die Rolle eines sprachlichen Mediators ein: Er korrigiert die Sprache des tschechischen Patrioten Kajetán, die voller Germanismen durchwoben ist, und erklärt gleichzeitig seiner Tochter Mastílková, wie man das Gewünschte auf Deutsch ausdrückt. Zum Beispiel, dass es im Deutschen kein Verb „přizabít“ gibt und wie man es am besten ausdrückt.

Auch in diesem Stück wird das Tabu gemischter Ehen thematisiert. Ich habe gerade dieses Beispiel ausgewählt, weil es aus meiner Sicht sehr anschaulich ist. Es zeigt gut, in welchem Geist das gesamte Stück spielt. Vladimír Just schrieb im Jahr 2000 in der Literarischen Zeitung: „Smoljakovu "Hymnu" považuji - ve svém žánru - za hru i inscenaci desetiletí. Neznám v českém jevištním humoru a satiře devadesátých let nic, co bych s ní mohl srovnávat.“224,225

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. To nejlepší ze Smoljaka, Svěráka a Járy Cimrmana II. Vyd. 2., V Ottově nakladatelství 1. Praha: Ottovo nakladatelství, 2006. ISBN 80-7360-257-1. S.27-29

Im Theaterstück České nebe (2008) wird vermutet, dass hinter Cimrmans Misserfolg sein deutscher Nachname steht und es wird ihm geraten, seinen Nachnamen ins Tschechische zu übersetzten. Dies lehnt Cimrman ab - jeder soll den Namen beibehalten, mit dem er geboren wurde.

Když Jára Cimrman dal první náčrt své hry České nebe pčečíst příteli Josefu Svatopluku Macharovi, řekl mu básník, že za neúspěchem jeho her možná stojí Cimrmanovo nebásnické jméno. A dokonce mu hned navrhl pseudonym Jaroslav Budivoj Tesař. S ním že by měl u vlasteneckého publika větší ohlas. Cimrmanovi byla však dobová móda košatých básnických jmen směšná. V jednom z dopisů nalezených v Macharově pozůstalosti, to formuje pregnantně: “Každý by měl nosit jméno, se kterým se narodil.”226,227

In diesem Unterkapitel möchte ich noch andere Stellen aus dem Werk Svěrák-Smoljak zitieren. Hier geht es zwar nicht um die Rivalität tschechischer versus deutscher Name, aber Namen spielen hier auch eine wichtige Rolle. Nehmen wir als Beispiel die Eltern von Jára (da) Cimrman. Sein Vater ist zwar ein Tscheche, besitzt aber einen deutschen Vornamen (Leopold) und auch Nachnamen, der zwar orthographisch nach heutiger Rechtschreibung falsch geschrieben ist, aber immer noch deutsch ist (Cimrman). Seine Mutter ist eine Österreicherin aus Wien, heißt mit Vornamen Marlen (ein deutscher Vorname) aber mit Nachnamen heißt sie Jelinek, was wiederum ein typisch tschechischer Nachname ist.

Andere interessante Passage zum Thema Namen und damit verbundener Thematik der Herkunft finden wir in Dobytí severního pólu (1985) als die tschechische Expeditionsgruppe an den Diener des amerikanischen Professors Mac Donald namens Beran trafen. Beran spricht Tschechisch mit einem starken amerikanischen Akzent. Er freut sich, seine Landsleute zu treffen. Bei dem gemeinsamen Kennenlernen kommt es zu Missverständnissen seitens der Namen. Der Häuptling heißt Němec, wodurch ihn Beran als „deutschen Tschechen“ versteht. Er selbst bezeichnet sich als „amerikanischer

Tscheche“. Beran wundert sich über die einfache Technik, mit der ihn die Tschechen aufgetaut haben. Mit dem Professor Mac Donald hatten sie komplizierte Geräte erwartet. Den Tschechen genügte ein Stock zum Auftauen. Beran missversteht auch die Aussage von Varel Fristensky, dass er ein Primitiver ist und schlussfolgert daraus, dass Tschechen auch schon Kolonien haben. Zum Schluss sprechen Sie zusammen über die Unterdrückung der Tschechen in der österreichisch-ungarischen Monarchie. Hier liste ich einige Beispiele:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.362-364 '

Das letzte Beispiel widmet sich einer kurzen Notiz im allerersten Theaterstück des Jára (da) Cimrman-Theaters Akt (1973). Dozent Jaroslav Weigel erwähnt im Referat über Cimrmans Kunstwerk den Amerikaner tschechischer Herkunft Frank Malina, der in Amerika sehr geschätzt sei. Laut Weigel sollte Cimrman auf Malina großen Einfluss genommen haben:

V období, které nazýváme dynamickým, soustřeďoval se Cimrman především na pohyb. Kdo se jen trochu s jeho názory neznámí, tomu je zřejmé, že dnes tolik ceněný americký kinetik Frank Malina - mimochodem českého původu - by bez Cimrmana byl možná někým jiným, rozhodně ne však Malinou!228,229

III.1.1.4 Tschechisch-Deutsche Beziehungen

Wie ich bereits im ersten Kapitel dieser Masterarbeit versuchte zu erklären, waren tschechisch-deutsche Beziehungen nie einfach und sie wurden zum Thema vieler literarischen Werke. Auch Werke von Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak sind durch diese Thematik durchwoben.

Im Theaterstück Posel z Liptákova (1997) erklingt folgender Satz: „Teplé pivo je horší než studená Němka.“230,231 Es handelt sich um einen Satz, wegen dem die Autoren des Jára (da) Cimrman-Theaters von Genehmigungskommissionen gerügt wurden, da er politisch unkorrekt sei. Im Film „Nejiská sezóna“232 (1988) fragt Genossin Karásková während des Genehmigungsgesprächs die Autoren, was die Deutschen dazu sagen würden, wenn sie die Vorstellung besuchten. Sie könnten sich beleidigt fühlen. Die Genossin bezieht die Situation auf sich selbst: „Wenn ich in Deutschland kalte Tschechin hören würde, wäre ich bestimmt beleidigt.“ Zdeněk Svěrák erwidert, dass die Deutschen normalerweise nicht zu ihren Vorstellungen ins Theater kommen und dass sie kein Tschechisch verstehen.

Im Theaterstück Lijavec (1982) geht ein Zivilbeamter der geheimen österreichischen Polizei in die Wirtshäuser und fragt die Leute nach anti-habsburgischen Anekdoten, die er aufschreibt und später gegen die Bürger verwendet. Der Inspektor der Altersheime, den Jára Cimrman selbst darstellt, singt ein anti-habsburgisches Lied, in dem er auf den katastrophalen Zustand der österreichisch-ungarischen Monarchie hinweist und auch betont, dass die Tschechen ein tapferes Volk sind und sich vor den Deutschen nicht fürchten müssen: „Odpočívej v pokoji, Rakosuko je na hnoji. Odpočívej v pokoji, Čech se Němce nebojí.“233,234 Diese Version ist auf der Videoaufzeichnung der Aufführung zu sehen. Im Sammelband der gesammelten Stücke fehlen jedoch diese Zeilen.

In Afrika (2002) bereitet sich eine tschechische Abenteuergruppe darauf vor, den afrikanischen Kontinent zu erforschen und einen Stamm von Albinos zu studieren. Das Stück beginnt mit öffentlichen Reden, in denen die folgende Aussage fällt: „Někteří se našemu podniku vysmívali - jako například pražští Němci. Někteří nám dokonce házeli klacky pod nohy - jako například cestovatel Vojta Náprstek, vlastním jménem Fingerhut.“235,236 Aus diesem Zitat wird die Feindseligkeit zwischen Tschechen und Deutschen deutlich. Vojta Náprstek war ein tschechischer Patriot und Reisender, der mit bürgerlichem Namen Adalbert Fingerhut hieß. In derselben Passage hält der ,große tschechische niederadelige Baron Ludwig Úvalský von Úvaly bei Prag‘ eine Rede, der nicht besonders gut tschechisch spricht, was für das Publikum sehr komisch ist. Unter anderem erklärt er, dass “celý svět bude koukat, co zase Češi jednou provedli".237,238

In České nebe (2008) wird die Desertion tschechischer Soldaten thematisiert, die sich weigerten, für das verhasste Österreich zu kämpfen. Ganze Regimenter liefen davon und kämpften an der Seite der französischen und russischen Truppen gegen die österreichisch-ungarische Monarchie und Deutschland. Der Stereotyp des Verhältnisses zwischen Tschechen und Deutschen wird in České nebe humorvoll in der tschechischen Himmelkommission dargestellt. Der Vorsitzende der tschechischen Kommission, der heilige Wenzel, weiß nicht, wie er mit den verstorbenen Deserteuren umgehen soll. Er zeigt Verständnis für sie und gerät sogar mit Marschall Radetzky in Konflikt, der befiehlt, nur Soldaten in österreichischen Uniformen in den Himmel zu lassen. Heiliger Wenzel lässt sich jedoch nicht in seine Zuständigkeiten hineinreden und wirft den Marschall aus dem tschechischen Himmel. Dieser droht, dass die Tschechen es bereuen werden, da sie ohne Wien keine Chance haben.

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání.

Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.554-561

III.1.1.5 Tschechisch-Russische Beziehungen

Eine Anspielung auf die Beziehung zwischen Tschechen und Russen findet sich ebenfalls im Stück České nebe (2008). Jan Ámos Komenský, der Lehrer der Nationen, wie die Tschechen ihn nennen, denkt laut darüber nach, warum tschechische Soldaten gerade nach Russland fliehen. Er äußert die Theorie des Panslawismus, also dass die kleine tschechische Nation durch das große Russland geschützt werden könnte. Karel Havlíček Borovský ist gegen diese Idee, und der Urvater Čech stimmt Havlíček Borovský zu. Während der Völkerwanderung zogen die slawischen Stämme nämlich von Osten nach Westen und ließen sich gerade in der böhmischen Talsenke nieder - die Tschechen sind die Nachkommen der Slawen, die am weitesten gekommen sind. Sehr weit weg von Russland.

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.560

Karel Havlíček Borovský schlägt vor, dass die Tschechen einen unabhängigen Staat gründen sollten. Selbst wenn das bedeuten würde, dass sie in einen Konflikt mit den Deutschen oder den Russen geraten: „A tu myšlenku bychom měli my tady shora podpořit. I s rizikem, že budeme muset samostatně čelit rozpínavosti německé u ruské říše.“239,240

In dem nach der Revolution entstandenen Stück Blaník (1990) erklärt Dr. Svěrák bei einem wissenschaftlichen Symposium, dass die Legende von der unterirdischen Armee wahrscheinlich auf tschechischem Boden entstanden ist. Jára Cimrman beschäftigte sich mit der Frage, warum diese Legende in den tschechischen Ländern so populär ist—jedes kleine Kind kennt sie - während in anderen Ländern mit ähnlichen Legenden über unterirdische Ritter die Geschichte in Vergessenheit gerät. Cimrman sieht die Antwort in der geographischen Lage:

Jára Cimrman vidí příčinu vzniku a silné obliby blanické pověsti v Čechách hlavně v zeměpisné poloze naší vlasti. Shodně s Palackým byl si Cimrman vědom toho, že jsme tu v Evropě jako zrnko mezi mlýnskými kameny. Ze západu na nás doléhá imperialismus germánský a z východu nás drtí rozpínavost kolosu velkoruského. Cimrman píše: „Není divu, že takto tísněný malý národ hledá sobě ochrany nadpřirozené, ano i zázračné, neboť jedině zázrakem lze tu přežíti.241,242

Man findet noch in zwei Theaterstücken Anspielungen auf die Armut und Rückständigkeit des zaristischen Russlands. Die Anspielung auf Armut findet sich im Stück Cesta na severní pól. Wenn die tschechische Polarexpedition in Russland aus dem Zug steigt, strömen sofort Russen herbei und fragen, ob sie Hunde dabeihaben und ob sie ihnen nicht etwas zu essen verkaufen könnten:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.341

Die zweite Anspielung bezieht sich auf die intellektuelle Rückständigkeit und erscheint im Stück Záskok (1994), wo es um das Fahrrad geht. Jára Cimrman benutzte es ganz gewöhnlich, aber in Russland war das Fahrrad zu dieser Zeit nur Gegenstand leidenschaftlicher Debatten in anarchistischen Kreisen:

Milí přátelé, seznámili jsme se s několika zvláštnostmi Cimrmanovy kočující herecké společnosti. Osobitých rysů bylo však víc. Ansámbl například proslul nezvykle rychlými přesuny. V době, kdy jízdní kolo bylo v západní Evropě přepychen horních deseti tisíc, u nás aparátem podvínů a v carském Rusku pouze předmětem vášnivých debat v anarchistických kroužcích, používal Cimrmanův umělecký soubor byciklu zcela běžně.243,244

III.1.1.6 Fremde Kulturen als Vorbild

Das Theaterstück Švestka (1997) enthält ein besonderes Motiv, das mit dem Phänomen des Alters zusammenhängt. In einem der Vorträge des wissenschaftlichen Symposiums wird ein Problem diskutiert, das laut Professor Ladislav Smoljak vor allem bei älteren Intellektuellen auftritt. Es ist das Problem, einen Gedanken festzuhalten und das Problem, einen Gedanken loszulassen. In dem Stück selbst wird dieses Altersgebrechen am ehemaligen Wächter Přemysl Hájek demonstriert, der zwar die Aktion des Pflaumenpflückens organisiert hat, aber während des Stücks immer wieder diesen Auftrag vergisst (Unfähigkeit, einen Gedanken festzuhalten). Ein weiteres Gebrechen ist hingegen, dass er, sobald ihm jemand zur Begrüßung die Hand reicht, diese nicht mehr loslässt (Unfähigkeit, einen Gedanken loszulassen). Die Figuren im Stück Švestka sind sich dieses Gebrechens bewusst und versuchen, den Handschlag zu vermeiden. Als Doktor Eda Wasserfall an der Station ankommt, versuchen alle, ihn vor dem Handschlag mit Hájek zu warnen. Ich habe Ausschnitte aus dieser Passage des Stücks ausgewählt, da sie meiner Meinung nach für diese Masterarbeit mehr als relevant sind - die Figuren suchen in den Bräuchen anderer Kulturen nach einem Argument gegen den Handschlag:

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.467f

In dem Theaterstück Švestka begegnen wir der Inspiration durch die japanische Kultur nicht nur im Stück selbst, sondern auch in dem Vortrag von Professor Pavel Vondruška. Professor Vondruška informiert das Publikum über Cimrmans Geschäftsreise nach Japan (irgendwann vor 1912), bei der Cimrman den Auftrag hatte, die Japaner von den Vorteilen der Verwendung von Gabel und Messer zu überzeugen - er arbeitete für eine Firma, die Bestecke herstellte. Zu diesem Zweck hatte er eine humorvolle Darbietung einstudiert, die er in Restaurants in Tokio vorführte. Er ließ sich zwei Schalen Reis, eine Schreibmaschine und zwei Schachuhren bringen. Er stellte den Timer an der ersten Uhr ein und zeigte, wie unverhältnismäßig lange es dauert, Reis mit Stäbchen zu essen. Dann stellte er die zweite Uhr in Gang und verschlang in wenigen Sekunden den Inhalt der zweiten Schale mit Messer und Gabel. In der gewonnenen Zeit setzte er sich an die Schreibmaschine und schrieb ein Gedicht. Die Gedichte stießen bei den speisenden Japanern auf großen Erfolg, obwohl sie auf Tschechisch waren.

Eine weitere Inspiration durch Japan zeigt sich in Cimrmans theatertechnischer Innovation, bei der weibliche Rollen von männlichen Schauspielern nur in weiblichen Masken dargestellt werden. Diese Idee kam Cimrman während seines Besuchs im traditionellen japanischen Nö-Theater.245

III.1.1.7 Berühmte tschechische Niederlagen

Das Theater von Jára Cimrman ist bekannt für seine Fähigkeit, sich über Ereignisse lustig zu machen, die für die tschechische Nation fatale historische Konsequenzen hatten. Die Vorstellung von großen, mächtigen Nationen, die ebenfalls so „über ihre politischen Misserfolge scherzen“ könnten, erscheint mir sehr unwahrscheinlich. Hier liegt der Unterschied zwischen kleinen, im weltweiten Maßstab eher weniger bedeutenden Nationen und den Weltmächten - kleine Nationen scheinen politische Misserfolge mit mehr Gelassenheit nehmen zu können. Vielleicht hängt das auch damit zusammen, dass der politische Misserfolg kleiner Nationen das Weltgeschehen nicht beeinflusst, also nur minimale bis keine Auswirkungen außerhalb ihrer Grenzen hat, und sie es sich daher „leisten“ können, über Misserfolge hinwegzusehen. (Oft bleibt kleinen Nationen auch nichts anderes übrig.) Genau das haben die Autoren der Cimrman-Theaterstücke thematisiert. Anspielungen auf tschechische Misserfolge finden wir in drei Stücken:

1. Dlouhý, Široký a Krátkozraký (1974)

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts, während der Herrschaft Maria Theresias, wurden die böhmischen Länder von einer Hungersnot heimgesucht. Dieser katastrophale Zustand wurde durch die Folgen des Siebenjährigen Krieges verursacht, bei dem Getreidespeicher zerstört und landwirtschaftliche Flächen vernachlässigt wurden. Die Situation verschlimmerte sich durch einen besonders harten Winter, gefolgt von einem Tauwetter, das bis in den April andauerte. In den zwei darauffolgenden Jahren konnte nicht genug Getreide angebaut werden. Zu dieser Zeit war die Fronarbeit verpflichtend, was die Leibeigenen dazu zwang, den Großteil ihrer Ernte dem Adel abzuliefern. Infolgedessen starben innerhalb von zwei Jahren fast eine halbe Million Menschen. Im Jahr 1775 entschlossen sich einige Bauern, Gutsbesitzer und Dorfrichter in Ostböhmen, sich gegen die Obrigkeit aufzulehnen. Eine Gruppe der Rebellen versuchte am nächsten Tag, nach Chlumec nad Cidlinou vorzudringen, aber die Bürger verbarrikadierten die

Straßen und verteidigten die Stadt, bis die königliche Armee eintraf. Die darauf folgende zweitägige Schlacht mit dem Militär endete damit, dass die Bauern in einen nahegelegenen Teich getrieben wurden, wo drei Männer ertranken, fünf vor Ort getötet und 211 gefangen genommen wurden.246

Aus der Sicht eines heutigen Nicht-Historikers scheint diese Auseinandersetzung von nicht besonders großer Bedeutung zu sein und wird eher als Stoff der Kategorie „für den Test lernen und dann vergessen“ eingeordnet. Genau darüber sprechen auch die Cimrman-Autoren im Stück Blaník, siehe Punkt 3. Genau auf diese misslungene Schlacht spielen die Cimrman-Autoren im Stück Dlouhý, Široký a Krátkozraký an:

Nakonec se však Cimrman musel své sběratelské činnosti vzdát, neboť situace na českém venkově se nebezpečně vyhrotila. Například nedaleko Chlumce si na něho počíhali sedláci, vypřáhli mu koně, rozebrali si knihy a prázdný vůz svrhli do Cidliny. Toto jejich vítězství se tak stalo malou náplastí na jejich předchozí neúspěchy.247,248

2. Dobytí Severního pólu (1985)

Doktor Bořivoj Penc hält auf dem akademischen Symposium einen Vortrag über die lebenden Bilder von Jára Cimrman. Er nennt Beispiele für Cimrmans Werke und hebt insbesondere dessen historischen Triptychon mit dem Titel Unsere berühmten Niederlagen hervor, der aus den folgenden drei Bildern besteht: Die Schlacht bei Lipany, Die Schlacht am Weißen Berg und Die Bauern bei Chlumec. Wie man sieht, tauchen auch hier die Bauern von Chlumec auf.249

3. Blaník (1990)

Im einleitenden Seminar zum Stück Blaník befasst sich Professor Miloň Čepelka mit Cimrmans Theorie, dass historische Ereignisse eine doppelte Funktion haben: 1) Das Ereignis beeinflusst den Lauf der Geschichte und 2) das Ereignis wird zum

Gegenstand des Geschichtsunterrichts. Laut Čepelka neigen Historiker dazu, die zweite Funktion zu unterschätzen, doch nach Cimrmans Ansicht ist diese Funktion genauso wichtig wie die erste. Wenn nicht sogar wichtiger.

Co se například stalo roku 1775 u Chlumce and Cidlinou? Oddíl vojska zahnal několik desítek sedláků do rybníka. Událost sama se tedy týkala asi jedné stovky osob. Jako dějepisná látka pod názvem “bitva u Chlumce” zdeptala tato šarvátka milióny žáků i učitelů. Nevíme přesně, kolik sedláků u Chlumce padlo, ale rozhodně méně, než nedostatečných za neznalost tohoto dějepisného učiva.250,251

In Blaník wird das Thema der tschechischen Niederlagen durch die unterirdische Armee thematisiert. Es handelt sich um gefallene Soldaten, die jetzt eine zweite Chance bekommen, ihre Misserfolge auszugleichen: „Cimrman tu vyjádřil krásnou myšlenku, že padlí v neúspěšných bitvách dostanou příležitost odčinit porážku budoucím vítězstvím.“252,253

III.1.2 Zusammenfassung

In den Theaterstücken des Jára (da) Cimrman-Theaters findet man als eines der größten Themen das Tschechentum. Stereotype über tapfere Tschechen oder tschechische Ingenieure sind keine Ausnahme. Bei der Analyse bezogen auf das Tschechentum (und letztlich auch bei der Analyse anderer Stereotype) ist es wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Autoren alle diese Themen mit großer Übertreibung behandelten. Es handelt sich praktisch um Satire, um eine Art Hyperbel des tschechischen Volkes, die durch ihre Übertreibung sowohl die Aufmerksamkeit heimischr als auch ausländischer Zuschauer (das Jára (da) Cimrman-Theater führt Stücke auch auf Englisch auf) auf sich zieht, gleichzeitig zum Nachdenken anregt und zu kritischem Denken führt.

Die in den vorhergehenden Unterkapiteln aufgeführten Stereotype können die Zuschauer dazu anregen, über die tschechische Geschichte, die tschechisch-deutschen und tschechisch-russischen Beziehungen sowie über fremde Kulturen - wie zum Beispiel das kulturell sehr entfernte Japan - nachzudenken. Vor allem zwingt es die Zuschauer, über die nationale und möglicherweise sogar die Geschichte der eigenen Familie nachzudenken.

IV. FAZIT

In meiner Masterarbeit habe ich versucht, die Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters aus einer anderen Perspektive zu betrachten, als es bisher in der Literaturwissenschaft üblich war. Wissenschaftliche Arbeiten, die sich mit dem Thema des Jára (da) Cimrman-Theaters befassen, konzentrieren sich bisher eher auf Phänomene wie die Entstehung des Theaters, seine Poetik, Sprache, humoristische Wirkung, Mystifikation, Rezeption oder Relevanz für das heutige Publikum. Ich habe meinen Forschungsansatz in den Rahmen der Interkulturalität eingebettet und die Forschungsfrage gestellt, inwieweit es möglich ist, Stereotype in den Werken des Jára (da) Cimrman-Theaters zu erfassen und in einen interkulturellen Kontext zu setzen.

Das Ergebnis dieser Masterarbeit lässt sich wie folgt zusammenfassen: Stereotype spielen in den Werken des Jára (da) Cimrman-Theaters eine zentrale Rolle. Man könnte sogar sagen, dass der gesamte Aufbau des Cimrman’schen Theaters auf Stereotypen basiert. In den Theaterstücken lassen sich zum Beispiel folgende Stereotype identifizieren: das Stereotyp der Wissenschaft, das Stereotyp des Lehrers, das Stereotyp der menschlichen Ausscheidung, das Stereotyp der Vulgarismen, das Stereotyp des Alters, das Stereotyp des Todes, das Stereotyp des Glaubens, das Stereotyp der Frau (Frau als Mutter, Frau als sexuelles Idol, untreue Frau, Frau, die in einen Mann verwandelt wurde, Frau als literarische Figur) und andere. Der Schwerpunkt dieser Masterarbeit liegt jedoch auf Stereotypen, die mit Interkulturalität zu tun haben.

Die gesamte Cimrman’sche Poetik ist auf dem Stereotyp einer kleinen, über Jahrhunderte unterdrückten Nation im Herzen Europas aufgebaut, die unter einem Minderwertigkeitskomplex leidet und danach strebt, auf globaler Ebene erfolgreich zu sein und sich mit den führenden Nationen der Welt zu messen. Gerade diese absurde Unwirklichkeit führt beim Publikum zu einem Gefühl der Verbundenheit und Exklusivität. Als größter Rivale werden die deutschsprachigen Nachbarn - Österreicher oder Deutsche - wahrgenommen. Die Autoren des Jára (da) Cimrman-Theaters erfanden die fiktive Figur Jára Cimrman, der einen tschechischen Vornamen und einen eingedeutschten Nachnamen trägt. Er ist jemand (obwohl er eine literarische Fiktion ist), der sich so tief in die Herzen der Zuschauer eingeprägt hat, dass er 2005 die Umfrage zum größten Tschechen gewann und - natürlich im Rahmen einer Parodie - als größter tschechischer Genie aller Zeiten angesehen wird.

Das Ziel dieser Arbeit war es, dem deutschsprachigen Leser dieses einzigartige Phänomen näherzubringen, das Jára Cimrman darstellt. Mit Abstand muss ich leider feststellen, dass dieses Ziel nicht vollständig erreicht wurde. Die Grenzen dieser Arbeit liegen in der Eigenheit der Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters, die als absurd bezeichnet werden könnten. Es erwies sich als sehr schwierig, wenn nicht gar unmöglich, die Poetik der Theaterstücke und die Intentionen der Autoren Zdeněk Svěrák und Ladislav Smoljak einem nicht-tschechischen Leser oder zumindest einem Nicht-Slavisten näherzubringen.

Ein zentrales Element zum Verständnis der Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters ist das Verständnis der komplexen tschechisch-deutschen Beziehungen. Die Rivalität zwischen Tschechen und Deutschen zieht sich durch die gesamte Poetik der Cimrman’schen Werke. Es begegnen uns Aussagen wie das „verhasste Österreich“ oder der ewige Wettstreit zwischen tschechischen Cimrmanologen und dem deutschen Cimrmanologen Erich Fiedler. Gerade diese Feindschaft zwischen Nationen, die sich in einem ungleichen Verhältnis zueinander befinden, lässt sich als Stereotyp in einen interkulturellen Kontext einordnen.

Die tschechische Identität ist ein großes Thema, das sich durch alle Werke des Jára (da) Cimrman- Theaters zieht. Ein Beispiel hierfür ist der Ingenieur Vaněk, ein tschechischer Ingenieur, der erfolgreicher ist als der deutsche Ingenieur Wagner und im Ausland viel mehr Erfolg und Anerkennung erhält. In den Stücken wird das tschechische Volk als tapfer und erfolgreich dargestellt, ein Volk, dessen Bürger der britische Colonel im nächsten Leben selbst gern angehören würde. Kritisch muss ich anmerken, dass es mir offenbar nicht gelungen ist, die beabsichtigte Mystifikation und Absurdität der Autoren hinreichend deutlich zu machen - einige Passagen dieser Arbeit könnten beim Leser den Eindruck erwecken, dass alles, was er liest, ernst gemeint sei. An dieser Stelle ist es jedoch wichtig, Folgendes zu betonen: Die Figur des Jára Cimrmans existiert nicht. Jeder Text über ihn ist von der ersten bis zur letzten Zeile Fiktion. Auch wenn zum Beispiel behauptet wird, dass er mit Kafka und Einstein befreundet war, Briefe mit Lenin austauschte, Eiffel bei der Perfektionierung seines Pariser Turms half und nahezu alle Größen seiner Zeit inspirierte, so muss klar betont werden, dass dies reine literarische Fiktion ist. Dies ist mir bedauerlicherweise nicht vollständig gelungen, dem Leser verständlich zu machen. Die Stücke des Jára (da) Cimrman-Theaters könnten für einen unkundigen Leser unverständlich, absurd oder gar pathetisch erscheinen, und der Leser könnte sich fragen, ob die Autoren das alles ernst meinten? Die Antwort ist klar: Nein, das taten sie nicht. Und das weiß der tschechische Zuschauer, weshalb er die Stücke so sehr genießt. Das Jára (da) Cimrman-Theater hat nach wie vor für Monate im Voraus ausverkaufte Vorstellungen.

Neben der Feindschaft zwischen Tschechen und Deutschen (die sich unter anderem in der Kritik tschechischer Patrioten an Tschechen mit deutschen Namen widerspiegelt) wird auch die Feindschaft zwischen Tschechen und Russen thematisiert, sowie die Ablehnung des Panslawismus als Lösung für die tschechische Souveränität. Eine weitere Kultur, die in den Werken des Jára (da) Cimrman-Theaters thematisiert wird, ist Japan - einerseits (als Hyperbel) als Vorbild (Verbeugung statt Händedruck), andererseits versucht Jára Cimrman, den Japanern die Essstäbchen zu nehmen und ihnen das europäische Besteck aufzudrängen.

Als letzter Stereotyp, das ich im Rahmen der Interkulturalität erwähnen möchte, sind die „berühmten tschechischen Niederlagen“ - ein weiterer Beweis für die Absurdität und den Humor, der für die Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters typisch ist. Schon die Wortkombination „berühmte Niederlagen“ ist an sich widersprüchlich und könnte als Oxymoron bezeichnet werden. Die Zuschauer lachen, weil diese Verbindung den Komplex einer kleinen Nation bestätigt, die gleichzeitig über ihr eigenes Schicksal scherzt.

Das Thema der Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters habe ich für meine Masterarbeit gewählt, um dieses außergewöhnliche literarische Phänomen der Mystifikation einem deutschsprachigen Publikum näherzubringen, da die tschechisch-deutschen Beziehungen im Mittelpunkt der Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters stehen und dieses Thema meiner Meinung nach für den deutschsprachigen Leser von Interesse sein könnte. Sicherlich könnte dieses Thema in Zukunft weiterentwickelt und um weitere Forschungsfragen zur Interkulturalität erweitert werden. Sollte jemand daran interessiert sein, die Stereotype in den Theaterstücken des Jára (da) Cimrman- Theaters weiter zu untersuchen, würde ich eine gründliche Analyse der Stereotype empfehlen, die ich in dieser Masterarbeit skizziert habe. Ich bin davon überzeugt, dass sie als Sprungbrett für weitere Forschungen im Bereich der Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters und der Interkulturalität dienen können.

Die letzten Zeilen des Fazits möchte ich der Anlage widmen. Unkonventionell habe ich mich entschieden, Beispiele aus der filmischen und prosaischen Arbeit der Autoren des Jára (da) Cimrman-Theaters aufzunehmen, obwohl das Thema dieser Masterarbeit die Theaterproduktion ist. Die Gründe für diese Entscheidung sind vielfältig. Als erstes Beispiel führe ich den Film Jára Cimrman liegend, schlafend an, der das Wesen des Phänomens Jára Cimrman hervorragend einfängt - der Film zeigt Cimrman als großen Genie, der zwar das Telefon, den Kinematographen, die Sicherung, die Glühbirne, den Akkumulator, das Dynamo und das Strommessgerät erfunden hat, dem diese Entdeckungen jedoch nicht patentiert wurden, weil er zu spät kam. Der zwar die Größen seiner Zeit inspirierte, selbst aber kein Glück hatte und verkannt blieb. Cimrman wird als Pechvogel dargestellt, der der Welt zeigen könnte, was in ihm steckt, wenn man ihm die Gelegenheit dazu geben würde. Und gerade deshalb ist er dem tschechischen Zuschauer sympathisch.

Weiterhin habe ich mich entschieden, die Erzählung Helmut in Helm aufzunehmen, die meiner Meinung nach die tschechisch-deutschen Beziehungen widerspiegelt und in gewisser Weise zu deren erfolgreicher positiver Entwicklung aufruft. Der Auszug ist für den heutigen deutschsprachigen Leser, der sich für Innen- und Außenpolitik interessiert, von besonderer Aktualität.

Neben Fotos, die die Arbeit des Jára (da) Cimrman-Theaters dokumentieren, habe ich mich entschieden, auch persönliche Korrespondenz aufzunehmen, die ich per E-Mail mit dem Co- Autor der Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters, Zdeněk Svěrák, geführt habe, der im Alter von 88 Jahren bereit war, mir einige Fragen zu beantworten.

Abschließend möchte ich folgendes sagen: Die Werke des Jára (da) Cimrman-Theaters sind von Stereotypen im Zusammenhang mit interkulturellen Beziehungen durchzogen, und ich halte dieses Thema zweifellos für tragfähig und würdig einer tiefergehenden Untersuchung.

V. LITERATURVERZEICHNIS

Primäre Literatur:

CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9.

Sekundäre Literatur:

BORECKÝ, Vladimír. Zrcadlo obzvláštního: z našich mašíblů. Humas. Praha: Hynek, 1999. ISBN 80-86202-38-0.

ČERNÝ, František. Kalendárium dějin českého divadla. I. vydání. Havlíčkův Brod: Svaz českých dramatických umělců, 1989. ISBN 80-85096-02-1.

ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8.

Dodatky: Historie Divadla Járy Cimrmana: Doslov: Rejstřík. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 1993. ISBN 80-85192-62-4.

FÁBIÁN, ANNAMÁRIA; OWZAR, ARMIN; TROST, IGOR: Auto- und Heterostereotypie im Europa des 19. Jahrhunderts: Linguistische, literaturwissenschaftliche, historische und politikwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: Springer Berlin Heidelberg, 2022.

GARDAVSKÝ, Vítězslav. Fenomén Německo. Vydání I. Praha: Vydavatelství ústředního výboru KSČ, 1967.

HAHNOVÁ, Eva. Od Palackého k Benešovi: německé texty o Češích, Němcích a českých zemích. Historie (Academia). Praha: Academia, 2014. ISBN 978-80-200-2389-6.

HOŘÍNEK, Zdeněk, DVOŘÁK, Jan, ed. O divadelní komedii. Praha: Pražská scéna, 2003. Edice komedie. ISBN 80-86102-31-9.

HRUŠKA, Petr (ed.). V souřadnicích volnosti: česká literatura devadesátých let dvacátého století v interpretacích. Praha: Academia, 2008. ISBN 978-80-200-1630-0.

JUST, Vladimír a KNOPP, František. Divadlo v totalitním systému: příběh českého divadla (1945-1989) nejen v datech a souvislostech. Praha: Academia, 2010. ISBN 978-80-200-1720-8.

LAZORČÁKOVÁ, Tatjana. Pódia z krabičky: nesoustavné nahlédnutí do historie malých neprofesionálních scén 60. let 20. století. Praha: Národní informační a poradenské středisko pro kulturu, 2005. ISBN 80-7068-191-8.

LEHMANN (RED.), Reinhard. Ad libitum - Sammlung Zerstreuung - Volk und Welt: Nr.1. I. Auflage. Berlin: Verlag Volk und Welt, 1990. ISBN 3-353-00688-5.

MAGRIS, Claudio. Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur. Wien: Paul Zsolnay, 2000. ISBN 3-552-04961-4.

NEKULA, Marek; FLEISCHMANN, Ingrid a GREULE, Albrecht (ed.). Franz Kafka im sprachnationalen Kontext seiner Zeit: Sprache und nationale Identität in öffentlichen Institutionen der böhmischen Länder. Köln: Böhlau, 2007. ISBN 978-3-412-12006-1.

PLACHETKA, JAN: Foukání proti větru: Třetí, závěrečná část rozprávění se Zdeňkem

Mahlerem. In: Literární noviny, 2010, J. 21, Nr. 35.

SEIBT, Ferdinand. Německo a Češi: dějiny jednoho sousedství uprostřed Evropy. Přeložil Petr DVOŘÁČEK. Praha: Academia, 1996. ISBN 80-200-0577-3.

SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, 2002. ISBN 80-7205-901-7.

SMOLJAK, Ladislav. Mým divákům: rozhovor s Ladislavem Smoljakem. Praha: Paseka, 2010. ISBN 978-80-7432-078-1.

SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. To nejlepší ze Smoljaka, Svěráka a Járy Cimrmana II. Vyd. 2., V Ottově nakladatelství 1. Praha: Ottovo nakladatelství, 2006. ISBN 80-7360-257-1.

SMOLJAK LADISLAV; SVĚRÁK ZDENĚK: Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Melantrich 1987.

SOZIALWISSENSCHAFTLICHE KONFLIKTTHEORIEN: eine Einführung. III. Auflage. Wiesbaden: Springer Science & Business Media, 2005. ISBN 3-531-14425-1.

SVĚRÁK, Zdeněk a ŠEBÁNEK, Jiří. Vinárna U Pavouka: výbor scénářů a textů stejnojmenného rozhlasového pořadu. Praha: Radioservis, 1998. ISBN 80-86212-01-7.

VELČOVSKÝ, Václav. Nesoužití: česko-německá jazyková politika 18.-20. století. Praha:

NLN, Nakladatelství Lidové noviny, 2014. ISBN 978-80-7422-298-6.

Video Quellen:

Akt: https://www.youtube.com/watch?v=jO9LlZMmJYQ&t=1542s

Vyšetřování ztráty třídní knihy: https://www.youtube.com/watch?v=Hcz2-CKcSlY

Hospoda Na Mýtince: https://www.youtube.com/watch?v=iJnMmnlV 2Q

Vražda v salónním coupé: https://www.youtube.com/watch?v=D xLf9Cu9ms

Němý Bobeš: https://www.youtube.com/watch?v=kuPm5rO3gHs

Cimrman v říši hudby: https://www.youtube.com/watch?v=PrrUuIbVOWo

Dlouhý, Široký a Krátkozraký:

https://www.youtube.com/watch?v=K9hWZPqxHv4&t=1172s

Posel z Liptákova: https://www.youtube.com/watch?v=VI73aF6li18

Lijavec: https://www.youtube.com/watch?v=tlCxwbP3cac&t=4379s

Dobytí severního pólu: https://www.youtube.com/watch?v=3rMJK4BKziM

Blaník: https://www.youtube.com/watch?v=8ocKqtzTsRg

Záskok: https://www.youtube.com/watch?v=v4k5dqISleY&t=2041s

Švestka: https://www.youtube.com/watch?v=-iTDGzu0q2c

Afrika: https://www.youtube.com/watch?v=CcAnAFIAvPk&t=2069s

České nebe: https://www.youtube.com/watch?v=NKifXQov3hc

https://www.youtube.com/wateh?v=vCwQg4 b2g&t=1s https://www.youtube.com/wateh?v=rYOe-x2-K2o https://www.ceskatelevize.cz/porady/24446-nejista-sezona/

Internetquellen:

https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/handwoerterbuch-politisches- system/202074/nation/

https://plus.rozhlas.cz/belgicane-cesky-vzor-7842490

https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/aussenpolitik/muenchner-abkommen- 1938.html

https://www.hdg.de/lemo/kapitel/nachkriegsjahre/befreiung-und-besatzung/potsdamer- konferenz.html

https://eldar.cz/cimrman/n 19991230mf.htm

http://www.radioservis-as.cz/archiv06/2706/27titul.htm

https://www.databazeknih.cz/knihy/vynalezeno-v-rusku-nastin-dejin-ruske-techniky- 301957

https://www.li-go.de/ pages/wissensbereiche/rhetorik/anakoluth.html

https://www.novinky.cz/clanek/kultura-padesat-let-divadla-jary-cimrmana-zakladem- byl-humor-ne-satira-40010224

https://www.idnes.cz/kultura/aktuality/nejvetsi-cech-jara-

cimrman.A050201_211139_domaci_sas

https://www.lidovky.cz/relax/lide/cimrman-jsme-my-rekl-v-rozhovoru-k-50-vyroci- zrodu-ceskeho-genia-zdenek-sverak.A171111 214125 lide ele

https://www.bpb.de/themen/kalter-krieg/prag-1968/274330/50-jahre-nach-prag-68/

https://www.ustrcr.cz/uvod/antologie-ideologickych-textu/anticharta/anticharta- historicky-kontext/

https://www.slpb.de/zeitenwende/tschechoslowakei-die-samtene-revolution

https://www.bpb.de/themen/kalter-krieg/prag-1968/274330/50-jahre-nach-prag-68/

https://www.literaturdownload.at/pdf/Stefan%20Zweig%20- %20Die%20Welt%20von%20gestern.pdf

https://cesky.radio.cz/divadlo-jary-cimrmana-drzi-rekordy-8087334

https://www.filmovyprehled.cz/cs/film/397423/jara-cimrman-lezici-spici

https://www.supraphonline.cz/album/810-sverak-odskok-od-cimrmana-do-lazni- kozich?trackId=12175

https://www.cimrman.at/list.php?l=50

https://strednicechy.rozhlas.cz/vite-proc-se-rika-dopadli-jak-sedlaci-u-chlumce-a-o- kterem-chlumci-j e-vlastne-9035976

https://www.virtualniarcheologie.cz/stezka-markomanu/o-dobe-marobudovy- rise/puvod-germanu-a-jejich-prichod-do-cech/

VI. ANHANG

VI.1 Cimrman ležící, spící

Bei Cimrman ležící, spící (Cimrman liegend, schlafend) handelt es sich um eine Filmproduktion aus dem Jahr 1983. Der Regisseur von diesem in Tschechien sehr berühmten Film war Ladislav Smoljak, das Drehbuch schrieben beide Autoren des Jára (da) Cimrman-Theaters zusammen.

Der Inhalt des Films kann wie folgt zusammengefasst werden254: Der größte Schriftsteller, Erfinder, Maler, Physiker, Skifahrer und Philosoph der letzten hundert Jahre war zweifellos der tschechische Gigant Jára Cimrman. „Obwohl man darüber endlose und leidenschaftliche Diskussionen führen und dem widersprechen kann, ist dies alles, was man dagegen unternehmen kann.“ Die Worte der alten, knochigen Führerin im Federmuseum von Liptákov erregten die Aufmerksamkeit eines Theaterwissenschaftlers, der sich auf die Suche nach den Spuren dieses vergessenen Genies gemacht hatte. In Cimrmans Kammer befindet sich eine Ausstellung von Gegenständen, die von ihm übriggeblieben sind. Die Führerin teilt während der Besichtigung ihre Erinnerungen an Cimrman und begleitet den Zuschauer durch den Film.

Der Film ist in folgende Abschnitte untergeteilt:

Jára Cimrman in seinen Schuljahren in Prag im 18. Jahrhundert: Seine Eltern hielten vor ihm absichtlich geheim, dass er ein Junge war, damit er die Kleider seiner älteren Schwester Luisa auftragen konnte. Erst mit fünfzehn Jahren sah er zum ersten Mal eine nackte Frau, seine Lehrerin, wie sie sich umzog. Nachdem er herausfand, dass er selbst ein Mann war, wurde er aus der Mädchenschule ausgeschlossen.

Jára Cimrman, die inspirierende Figur: Er begegnet Erfindern, Schriftstellern, Konstrukteuren und Komponisten, denen er durch seine Ideen Inspiration verleiht und sie zu Spitzenleistungen bringt.

Jára Cimrman, der zu spät Kommende: Obwohl er Erfindungen macht, kommt er stets zu spät ins Patentamt. Bell, die Brüder Lumiěre, Edison und Nobel haben ihn mit denselben Entdeckungen überholt.

Jára Cimrman als schöpferisches Genie in Prag im Jahr 1897: Er ist der Vertraute berühmter tschechischer Persönlichkeiten. Wenn Prag kein Meer hat, schafft Cimrman es zumindest für eine halbe Stunde in Form eines illusionären Bildes im Stadtzentrum.

Jára Cimrman als zerstörerische Kraft auf Konopiště im Jahr 1909: Er wird zum Erzieher der Kinder des Thronfolgers, um den Doppelgänger des Erzherzogs, den Mörder Nývlt, auszunutzen. Sein unnachgiebiger Druck soll Kaiser Franz Joseph II. dazu zwingen, den Tschechen die Unabhängigkeit zu gewähren. Doch der Mann im Arbeitszimmer des Kaisers entpuppt sich ebenfalls als Doppelgänger und geschickter Würger - Macháně, Nývlts ehemaliger Zellengenosse.

Jára Cimrman in Pacov im Jahr 1911: Eine wandernde Theatergesellschaft hat mit ihren Stücken keinen Erfolg. Vor den verärgerten Zuschauern fliehen sie mit Hilfe der Szene „Der Windsturm aus den Bergen“, bei dem ein starker, imaginärer Wind die Schauspieler samt Requisiten und Dekorationen von der Bühne „wegweht“.

Jára Cimrman in Liptákov im Jahr 1914: Nach dem Tod seiner Schwester wird er hier Lehrer, aber mit Beginn des Krieges verlässt er den Ort. An der Stelle, an der er zuletzt „gesehen wurde“, befindet sich heute eine Gedenktafel. Es ist Abend, die Touristen sind bereits abgereist, nur der Wissenschaftler bleibt zurück. Schockiert sieht er durch das Fenster der Kammer, wie die Führerin Cimrmans Hemd anzieht, sich in sein Bett legt und den Rest der Gedenkzigarre anzündet.

VI.1.1 Nationale Ungerechtigkeiten

In dem vorherigen Kapitel beschrieb ich den Inhalt des Films aus dem deutlich wird, wie bedeutend Cimrman war. Was für ein Genie er war, aber zugleich auch Pechvogel. Er half großen weltweiten Erfindern, Schriftstellern und Komponisten, ihre Werke zu verbessern. Selbst erfand er viele bedeutende Innovationen, die den zukünftigen Verlauf der technischen Revolution beeinflussten. Leider kam er mit seinen Patenten stets zu spät. Andere hatten ihn übertroffen. Der tschechische Zuschauer kann dies als große „nationale Ungerechtigkeiten“ empfinden, die sie darin bestätigen, dass kleine Nationen in der Welt nicht erfolgreich bestehen können - die größeren und mächtigeren werden sie überrollen. Als Vergeltung spielte Cimrman eine wichtige Rolle beim Zerfall der österreichisch-ungarischen Monarchie.

Ich erlaube mir hier, die Sequenzen des Films zu beschreiben, die ich für diese Arbeit als besonders relevant erachte.

1. Der inspirierende Cimrman

a. Als Cimrman mit seinem Luftballon über die elektrischen Leitungen flog, striff der Korb die Telegraphendrähte. Unten auf dem Boden stand Guglielmo Marconi und beobachtete alles. Cimrman rief: „Versuchen Sie es mal ohne Drähte, lieber Marconi.“ Auf Cimrmans Anregung hin erfand Marconi daraufhin den drahtlosen Telegraphen.

b. Die Szene beginnt mit einem Blick auf Gustave Eiffel, der in seinem Arbeitszimmer sitzt und sich ein Modell seines Turms ansieht. Cimrman tritt zu ihm und verändert wortlos die Beine des Modells in die heute so charakteristische und einzigartige Position für Eiffels Turm. Eiffel betrachtet Cimrmans Innovation mit sichtlicher Begeisterung.

c. Johann Strauss Sohn dirigiert seine neue Komposition und ist mit etwas unzufrieden. Cimrman rät ihm, es in A-Dur zu versuchen, was bei Strauss auf Erfolg stößt. Kurz darauf teilt Cimrman ihm mit, dass er eine Idee für eine Operette habe und zeigt ihm eine Fledermaus. Dies inspiriert den Komponisten zur Erstellung seiner gleichnamigen Operette (1874).

d. Cimrman reitet an Anton Pavlovich Tschechow vorbei und fragt ihn, woran er gerade schreibt. Tschechow antwortet: „Ich schreibe über zwei Schwestern.“ Cimrman fragt, ob das nicht zu wenig sei. Tschechow bringt daraufhin den sehr bekannten Roman „Drei Schwestern“ (1900) hervor.

2. Der zu spät kommende Cimrman

a. Cimrman kommt zum Patentamt und erklärt, dass er das Telefon erfunden hat. An der Tür trifft er auf den sich verabschiedenden Alexander Graham Bell.

b. Die Szene wiederholt sich, diesmal erfand Cimrman den Kinematographen. Leider kommt er wieder zu spät. Die Brüder Lumiere waren schneller.

c. Auch beim dritten Versuch hat Cimrman kein Glück. Er erfand die Sicherung, die Glühbirne, den Akkumulator, den Dynamo und den Stromzähler, aber kam erneut erst nach Edison zum Patentamt.

d. Das einzige Patent, das ihm gelingt, sind zweiteilige Badeanzüge.

e. Cimrman erfand das Dynamit, doch Alfred Nobel war, wie zu erwarten, schneller.

3. Cimrman, der die Monarchie zerschlägt

Cimrman ist als Privatlehrer der Kinder des Thronfolgers Franz Ferdinand d'Este angestellt. Im Geschichtsunterricht vermittelt er den Kindern, dass die Monarchie verfault sei und die beste Regierungsform die Demokratie sei.

Gleichzeitig drängt er den Thronfolger, den Tschechen wohlgesonnen zu sein und ihnen dieselben Rechte zu gewähren wie den Ungarn.

VI.2 Helmut v helmě

Helmut v helmě (Helmut im Helm) ist eine Kurzgeschichte, die im Sammelband To nejlepší ze Smoljaka, Svěráka a Cimrmana II. (Das Beste aus Smoljak, Svěrák und Cimrman II.) im Jahr 2006 erschien. Die Erzählung wird aus der Perspektive eines Großvaters geschildert, der mit seinen Enkeln eine Radtour unternimmt. Alle freuen sich über das schöne Wetter, da es zuvor nur geregnet hatte. Als sie die Straße erreichten, hörten sie ein dunkles Brummen hinter sich. Der Großvater erkannte, dass es weder ein Auto noch ein Mähdrescher war - es handelte sich um eine Gruppe junger Männer auf Motorrädern. Vorsichtshalber stieg der Großvater mit seinen Enkeln vom Rad ab und wartete am Straßenrand im Gras. Es waren deutsche Motorradfahrer. In der Erzählung werden scheinbare Kleinigkeiten beschrieben, die zu großen internationalen Konflikten führen könnten.

VI.2.1 Tschechisch-Deutsche Beziehungen

Zdeněk Svěrák schrieb eine kurze Geschichte, eine Erzählung, mit dem prägnanten Titel Helmut v helmě (Helmut im Helm). Schon aus der Wahl des Vornamens geht klar hervor, dass die Geschichte von Deutschen handelt - unter den Sprechern der tschechischen Sprache wird der Name Helmut im pejorativen Sinne verwendet und als Synonym für alle Deutschen benutzt. Zdeněk Svěrák schreibt in seiner Erzählung über einen Großvater, der mit seinen Enkeln eine Fahrradtour macht. Er weist auf das unangemessene Verhalten deutscher Touristen hin, die sich so verhalten, als würde ihnen Tschechien gehören. Er schreibt über die Angst und den Hass, den der Großvater gegenüber den Deutschen verspürte, und bezieht dies auf die Erinnerungen an den Zweiten Weltkrieg - die Motorradfahrer trugen anstelle eines Motorradhelms einen Helm der Wehrmacht. Am Ende schreibt Svěrák eine Kolumne, in der er sich wünscht, dass sie als Botschaft in der deutschen Presse veröffentlicht wird. Zum Schluss äußert er den Wunsch nach einem „nachbarschaftlichen und freudigen Verständnis zweier moderner Nationen“.

Smečka mladých mužů na silných strojích. Němečtí motocyklisté. Ovládali celou silnici odleva doprava, jeli v rojnicích s rukama majestátně rozpjatýma na širokých řídítkách. A jeden z nich, jako nějaké rohaté hloupé dobytče na kraji stáda, se sveřepě řítil přímo na nás. Když se pravou stupačkou, na níž spočívala noha ve vysoké botě, téměř otřel a pak o děti, spatřil jsem něco, co mi vyrazilo dech: ten jezdec neměl na hlavě motoristickou přilbu, ale helmu wehrmachtu z druhé světové války.

[...] Ale já shledal, že den přestal být hezký, neboť jsem po dlouhé době pocítil strach a nenávist.

Byl bych rád, kdyby tento můj letní fejeton otiskly některé německé noviny. Další řádky budou totiž určeny hlavně německým čtenářům.

Někdo - třeba celníci na hranicích - by měl motorizovaným klukům, kteří si vyrazí do Česka, vysvětlit, že jezdit k nám v helmě po dědečkovi je neslušné. Dědeček totiž taky přijel na takovém silném motocyklu a nechoval se tu dobře. Dal nám pocítit strach a nenávist.

Taky by jim ten financ měl říct, že když už nás německý dědeček na začátku té hrozné války přinutil jezdit vpravo, ať to jeho vnuci respektujou a neroztahujou se po celé vozovce.

Jsem poslední, kdo by chtěl zvedat ode dna historie kaly. Patřím k těm, co si přejí, aby strach a nenávist byly vystřídány sousedským porozuměním dvou moderních národů. Proto jsem vlastně napsal tyhle řádky.255,256

Anmerkung der Redaktion: Teile des Anhangs wurden aus datenschutzrechtlichen Gründen entfernt.

VI.4 Thesen, Anmerkungen und Ideen zur Klärung des Sinns der Existenz, des dramatischen Profils und der Ziele des Jára (da) Cimrman-Theaters

Diese Abbildung wurde aus urheberrechtlichen Gründen durch das Lektorat entfernt.

Quelle: SVĚRÁK, Zdeněk a ŠEBÁNEK, Jiří. Vinárna U Pavouka: výbor scénářů a textů stejnojmenného rozhlasového pořadu. Praha: Radioservis, 1998. ISBN 80-86212-01-7. S.216f

VI.5 Fotodokumentation

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: https://edu.ceskatelevize.cz/okruh/jara-cimrman

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: https://zdjc.cz/cs/program/cimrman-v-risi-hudby/

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: https://www.hoerspielundfeature.de/wendelaender-1-5-jagd-nach-jara-cimrman-der-boehmischste-100.html

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

Quelle: https://www.ceskatelevize.cz/porady/21574-jara-cimrman-lezici-spici/

Abb. in Leseprobe nicht enthalten

[...]


1 GARDAVSKÝ, Vítězslav. Fenomén Německo. Vydání I. Praha: Vydavatelství ústředního výboru KSČ, 1967. S. 7

2 Wir hatten - und haben - einen Deutschlandkomplex. Unsere geschichtliche Erfahrung mit unserem deutschen Nachbarn hat ihn als Selbsterhaltungsreflex der Wachsamkeit verschärft. Seit vielen Epochen sind wir sensibel für alles, was jenseits unserer Grenze zu Deutschland geschieht. Es handelt sich um einen außerordentlich starken Komplex, der in der Tat noch sehr gesund ist. Er hat jedoch den Charakter eines Komplexes. Er enthält eine unterreflektierte vorurteilsbehaftete Vertrautheit.

3 NEKULA, Marek; FLEISCHMANN, Ingrid a GREULE, Albrecht (ed.). Franz Kafka im sprachnationalen Kontext seiner Zeit: Sprache und nationale Identität in öffentlichen Institutionen der böhmischen Länder. Köln: Böhlau, 2007. ISBN 978-3-412-12006-1.

4 Germanische und romanische Sprachen übernahmen den auf Deutsch als „Böhmen“ zu übersetzenden Begriff aus der keltischen Sprache. Der tschechischen Kultur wurde Antike Tradition, die für die Begriffsverbreitung „Böhmens“ zuständig war, viel später zugänglich.

5 SEIBT, Ferdinand. Německo a Češi: dějiny jednoho sousedství uprostřed Evropy. Přeložil Petr DVOŘÁČEK. Praha: Academia, 1996. ISBN 80-200-0577-3. S.12

6 https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/handwoerterbuch-politisches-system/202074/nation/ [abgerufen am 02.01.2024 um 19:10]

7 auf Deutsch übersetzt: Deutscher

8 Zu dieser Hypothese sind viele Artikel geschrieben worden.

9 https://plus.rozhlas.cz/belgicane-cesky-vzor-7842490 [abgerufen am 02.01. um 22:13]

10 WITZLACK-MAKAREVICH, Kai. Havel fehlt uns. I. vydání. Berlin: Frank & Timme, Berlin, 2023. ISBN 978-3-7329-9018-4.

11 SEIBT, Ferdinand. Německo a Češi: dějiny jednoho sousedství uprostřed Evropy. Přeložil Petr DVOŘÁČEK. Praha: Academia, 1996. ISBN 80-200-0577-3. S. 30

12 Im 19. Jahrhundert gab es unter vielen sog. „nationalen Erweckern“ die Idee des großen Panslavismus - also ein politisches Vorhaben, dass sich alle slavischen Völker Europas unter die Obhut Russlands schließen würden. Vor dieser Idee warnte jedoch František Palacký - einer der bedeutendsten tschechischen Historiker, Politiker und Erwecker.

13 https://www.virtualniarcheologie.cz/stezka-markomanu/o-dobe-marobudovv-rise/puvod-germanu-a- jejich-prichod-do-cech/ [abgerufen am 16.04.2024 um 10:01]

14 Den Tschechen ist es zwar im Vergleich zu Polen nicht gelungen, selbstständig und unabhängig zu bleiben, aber auch hat sie nicht das gleiche Schicksal getroffen, wie die Lausitzer Sorben, die von Sachsen und Polen praktisch verschlungen wurden.

15 Im 20. Jahrhundert zählte das von deutschen Bewohnern besiedelte Gebiet 26.000 km2 - das kann man gut mit der Ausdehnung Belgiens vergleichen (30 688 km2 ). Es gab 3400 Gemeinden, wo überwiegend deutsche Bewohner wohnten. Ein Drittel davon war ausschließlich durch deutsche Bewohner besiedelt.

16 https://www.literaturdownload.at/pdf/Stefan%20Zweig%20-%20Die%20Welt%20von%20gestern.pdf S. 20 [abgerufen am 25.01.2024 um 23:08]

17 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 7

18 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 9

19 Wenn es Österreich nicht gäbe, hätten wir es zum Wohle Europas und der Menschheit selbst erschaffen müssen.

20 Das tschechische Parlament sollte die gleichen Befugnisse haben wie das Budapester Parlament. Diese Forderung stoß an Widerstand seitens der Deutschen und Ungarn und kam nie zur Erfüllung. Als Folge hatte dieser Streit, dass die Tschechen Sudetendeutsche als ihren Erzfeind empfanden.

21 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 13

22 Es gab uns vor Österreich, es wird uns auch nach Österreich geben.

23 SEIBT, Ferdinand. Německo a Češi: dějiny jednoho sousedství uprostřed Evropy. Přeložil Petr DVOŘÁČEK. Praha: Academia, 1996. ISBN 80-200-0577-3. S. 193

24 Von allen slawischen Ländern ist unsere Heimat am wenigsten von den deutschen Gebieten entfernt, und schon deshalb hat sie eine offensichtliche Berufung, den ostslawischen Stämmen die deutsche Erziehung, die der slawischen vorausging, anzunehmen und zu vermitteln [...] Unser Böhmen ist der Knotenpunkt zwischen den deutschen und slawischen Völkern, es ist der Vertreter der Slawen gegenüber Deutschland... Böhmen hat eine schwierigere Aufgabe zu lösen als die Schweizer und die Belgier. [...] Wehe euch, ihr Tschechen vom slawischen Stamme, die die freien Deutschen hassen wollt!

25 VELČOVSKÝ, Václav. Nesoužití: česko-německá jazyková politika 18.-20. století. Praha: NLN, Nakladatelství Lidové noviny, 2014. ISBN 978-80-7422-298-6. S. 112

26 Die Verordnung führte ausdrücklich sowohl Tschechisch als auch Deutsch als externe Amtssprache aller Ämter ein, sowohl für mündliche als auch für schriftliche Eingaben (§ 1) - das Amt war verpflichtet, in der Sprache der Eingabe zu antworten (§ 2). Die Verfahrensunterlagen brauchten nicht in die andere Sprache übersetzt zu werden (§ 3). Wenn die Sprache des Empfängers nicht bekannt war, war sein Wohnort zu berücksichtigen (§ 4). Öffentliche Bekanntmachungen der Behörden hatten in beiden Landessprachen zu erfolgen (§ 6). Die Gerichtssprache ist die Sprache des Beklagten (§ 8), nicht die des Klägers. Die Vorschriften galten nicht für das Militär.

27 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 15

28 Was ist die deutsch-tschechische Frage? Es geht einfach darum, dass die etwa hundert jungen Männer, die jedes Jahr in den öffentlichen Dienst eintreten, sich weigern, die zweite Sprache des Landes (Tschechisch) zu lernen, obwohl sie sie für ihre Arbeit brauchen.

29 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 15

30 Wenn sich die Tschechen in Böhmen in Deutsche verwandeln würden, wäre das in meinen Augen keine Todsünde, denn dann wären sie von einer niedrigeren Stufe zu den sonnigen Höhen einer hochzivilisierten Nation aufgestiegen. Aber der Versuch, die Deutschen in Böhmen zu tschechisieren, ist etwas ganz anderes. Das wäre etwas Unerhörtes in der Weltgeschichte. Das, Herr Dr. Rieger, ist der Unterschied zwischen Germanisierung und Tschechisierung.

31 MAGRIS, Claudio. Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur. Wien: Paul Zsolnay, 2000. ISBN 3-552-04961-4. S. 25

32 MAGRIS, Claudio. Der habsburgische Mythos in der modernen österreichischen Literatur. Wien: Paul Zsolnay, 2000. ISBN 3-552-04961-4. S. 26

33 Seit dem 4. April 1889 wurde die Prager Universität in zwei unabhängige Institutionen (also getrennt für tschechische und deutsche Studenten) geteilt.

34 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 17

35 Die Deutschen lassen sich nicht alles gefallen, von Tschechen, Slowenen und anderen minderwertigen Nationalitäten.

36 VELČOVSKÝ, Václav. Nesoužití: česko-německá jazyková politika 18.-20. století. Praha: NLN, Nakladatelství Lidové noviny, 2014. ISBN 978-80-7422-298-6. S. 114f

37 Als äußere Amtssprache wurde wieder die Sprache der Verwaltung verstanden, und zwar sowohl für die Gerichte als auch für alle den Innen-, Justiz-, Finanz-, Handels- und Landwirtschaftsministern unterstellten Stellen (§ 1). Neu festgelegt wurde jedoch, dass die Behörden "in allen amtlichen Verfahren, die der Erledigung oder Entscheidung dienen, die Sprache zu verwenden haben, in der die Parteien mündlich vorgetragen haben oder in der sie ihre Anträge stellen". Insbesondere bei den Gerichten sind die Einreichung von Anträgen und die Beratungen der Kammer in dieser Sprache zu führen" (§ 7). Bei den unteren Gerichten in Böhmen und Mähren war es somit erlaubt, auch im internen Verkehr Tschechisch zu verwenden [...]. Dieser Regelung folgte die Verordnung Nr. 13 vom selben Tag über die Sprachkenntnisse der in Ämter des tschechischen Königreichs berufenen Beamten. Beamte, die ab dem 1. Juli 1901 neu in Gerichte, Staatsanwaltschaften und den Ministerien des Innern, der Finanzen, des Handels und des Ackerbaus unterstellte Ämter berufen wurden, mussten ihre Kenntnisse der beiden Landessprachen in Wort und Schrift nachweisen (§ 1). Der Nachweis der Sprachkenntnisse war entweder durch eine berufspraktische Sachkundeprüfung oder durch eine besondere Sprachprüfung innerhalb von drei Jahren nach Amtsantritt zu erbringen (§ 2).

38 https://www.sdj-geschichte.de/Struktur/B-Vorgeschichte/b-Jugendbewegung/Turner-alt.htm [abgerufen am 04.01.2024 um 14:29]

39 Es kam dadurch zu sehr dramatischen Momenten, wenn Bruder gegen Bruder oder sogar ein Sohn gegen den eigenen Vater kämpften - beide auf gegenüberliegenden Seiten der Front. Vgl. https://ct24.ceskatelevize.cz/clanek/archiv/cesi-na-frontach-1-svetove-valky-231711 [abgerufen am 04.01.2024 um 14:40]

40 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 23

41 Wenn es möglich wäre, die Auflösung der österreichisch-ungarischen Monarchie einem Mann zuzuschreiben, dann wäre es T. G. Masaryk.

42 SEIBT, Ferdinand. Německo a Češi: dějiny jednoho sousedství uprostřed Evropy. Přeložil Petr DVOŘÁČEK. Praha: Academia, 1996. ISBN 80-200-0577-3. S. 254

43 Man suchte Unterstützung in Berlin. Berlin antwortete klar - man solle versuchen, mit Prag gute diplomatische Beziehungen zu pflegen.

44 SEIBT, Ferdinand. Německo a Češi: dějiny jednoho sousedství uprostřed Evropy. Přeložil Petr DVOŘÁČEK. Praha: Academia, 1996. ISBN 80-200-0577-3. S. 283f

45 Was ist gerechter, dass 3 Millionen, also ein Bruchteil des deutschen Volkes, im tschechischen Staat sind, oder dass 10 Millionen Tschechen..., also das ganze Volk, im deutschen Staat sind?

46 SEIBT, Ferdinand. Německo a Češi: dějiny jednoho sousedství uprostřed Evropy. Přeložil Petr DVOŘÁČEK. Praha: Academia, 1996. ISBN 80-200-0577-3. S. 304

47 Im Jahre 1936 gab es 525.000 arbeitslose Sudetendeutsche - das war ungefähr so viel, wie zum gleichen Zeitpunkt in ganz Frankreich. [SEIBT, Ferdinand. Německo a Češi: dějiny jednoho sousedství uprostřed Evropy. Přeložil Petr DVOŘÁČEK. Praha: Academia, 1996. ISBN 80-200-0577-3. S. 307]

48 HAHNOVÁ, Eva. Od Palackého k Benešovi: německé texty o Češích, Němcích a českých zemích. Historie (Academia). Praha: Academia, 2014. ISBN 978-80-200-2389-6. S. 401

49 Die Erfahrung von zwanzig Jahren Grausamkeiten und vor allem das schwere Blutvergießen der letzten Tage zwingen mich, folgende Erklärung abzugeben:
1.1919 wurden wir infolge der Verweigerung unseres feierlich versprochenen Selbstbestimmungsrechts gegen unseren Willen gezwungen, in einem tschechischen Staat zu leben.
2.Ohne jemals auf unser Selbstbestimmungsrecht zu verzichten, haben wir unter schwersten Opfern versucht, unsere Existenz im tschechischen Staat zu sichern.
3.Alle Bemühungen, die tschechische Nation und ihre verantwortlichen Beamten zu einer gerechten Regelung zu bewegen, sind an ihrem unerbittlichen Zerstörungswillen gescheitert.
In dieser Stunde der sudetendeutschen Not stehe ich vor Ihnen, dem deutschen Volk und der ganzen zivilisierten Welt und erkläre:
Wir wollen als freies deutsches Volk leben! Wir wollen wieder Frieden und Arbeit in unserem Vaterland! Wir wollen heim ins Reich! Gott segne uns und unseren gerechten Kampf.

50 https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/aussenpolitik/muenchner-abkommen-1938.html [abgerufen am 04.01.2024 um 21:22]

51 https://www.dhm.de/lemo/kapitel/ns-regime/aussenpolitik/reichsprotektorat-boehmen-und- maehren.html [abgerufen am 04.01.2024 um 21:31]

52 Die Slowakei wurde - genauso wie Österreich - dem Dritten Reich aufgrund einer politischen Einigung angeschlossen.

53 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 135

54 Die Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen im Protektorat Böhmen und Mähren waren geprägt von Ereignissen wie der Schließung der tschechischen Universitäten am 17. November 1939, den Konzentrationslagern und den berüchtigten Massakern in Lidice und anderswo.

55 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 138

56 Wir können die Möglichkeit eines Bevölkerungstransfers als Voraussetzung für die Schaffung eines Gleichgewichts und eines dauerhaften Friedens nicht völlig ausschließen. So sehr viele Deutsche Hitlers Machtübernahme 1933 aufrichtig bedauert haben mögen, die Nation als Ganzes trägt für Hitler und Himmler ebenso viel Verantwortung wie die Amerikaner für Lincoln und Roosevelt.

57 SLÁDEK, Milan. Němci v Čechách: německá menšina v českých zemích a Československu 1848-1946. Praha: Pragma, c2002. ISBN 80-7205-901-7. S. 139

58 Wenn die deutsche Nation und der deutsche Staat besiegt werden, müssen sie (die Sudetendeutschen) die Folgen dieser Niederlage tragen, so wie jeder besiegte Staat und jede besiegte Nation sie in jedem Krieg tragen muss. [...] Die Frage ist: Sollen sie alle getötet werden, oder sollen für sie riesige Gefängnisse oder Konzentrationslager auf Lebenszeit gebaut werden, oder wäre es besser für sie, das Land für immer zu verlassen?

59 https://www.hdg.de/lemo/kapitel/nachkriegsjahre/befreiung-und-besatzung/potsdamer-konferenz.html [abgerufen am 04.01.2024 um 22:33]

60 Vyhnání Gerty Schnirch, 2009; Habermann, 2010

61 vgl. Sozialwissenschaftliche Konflikttheorien: eine Einführung. III. Auflage. Wiesbaden: Springer Science & Business Media, 2005. ISBN 3-531-14425-1. S. 410

62 Fabian, Annamaria; Owzar, Armin; Trost, Igor: Auto- und Heterostereotypie im Europa des 19. Jahrhunderts: Linguistische, literaturwissenschaftliche, historische und politikwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: Springer Berlin Heidelberg, 2022. S. 1

63 Fabian, Annamaria; Owzar, Armin; Trost, Igor: Auto- und Heterostereotypie im Europa des 19. Jahrhunderts: Linguistische, literaturwissenschaftliche, historische und politikwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: Springer Berlin Heidelberg, 2022. S. 6

64 vgl. Fabian, Annamaria; Owzar, Armin; Trost, Igor: Auto- und Heterostereotypie im Europa des 19. Jahrhunderts: Linguistische, literaturwissenschaftliche, historische und politikwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: Springer Berlin Heidelberg, 2022. S. 25

65 vgl. Fabian, Annamaria; Owzar, Armin; Trost, Igor: Auto- und Heterostereotypie im Europa des 19. Jahrhunderts: Linguistische, literaturwissenschaftliche, historische und politikwissenschaftliche Perspektiven. Wiesbaden: Springer Berlin Heidelberg, 2022. S. 27

66 im Original: vinárna U Pavouka

67 Fahrer einer Dampfwalze im Staatsbetrieb Straßen- und Eisenbahnbau in Hradec Králové und ein Volkskünstler, ein naiver Autodidakt, der seine Skulpturen im aufblasbaren Pavillon der Weinstube ausstellte: Gegenstände, die seine Dampfwalze sozusagen ihrer dritten Dimension beraubt haben.

68 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 6

69 seit 1967, wann er zum Mitverfasser des Theaterstückes „Vyšetřování ztráty třídní knihy“ wurde

70 SVĚRÁK, Zdeněk a ŠEBÁNEK, Jiří. Vinárna U Pavouka: výbor scénářů a textů stejnojmenného rozhlasového pořadu. Praha: Radioservis, 1998. ISBN 80-86212-01-7. S. 7

71 SVĚRÁK, Zdeněk a ŠEBÁNEK, Jiří. Vinárna U Pavouka: výbor scénářů a textů stejnojmenného rozhlasového pořadu. Praha: Radioservis, 1998. ISBN 80-86212-01-7. S. 10

72 Und die dankbaren Zuhörer schienen, zumindest für 45 Minuten, aus der langwierigen Schwüle der Normalisierung in eine imaginäre Welt der ungezügelten, frei denkenden Abnormalisierung ausgewandert zu sein.

73 vgl. SVĚRÁK, Zdeněk a ŠEBÁNEK, Jiří. Vinárna U Pavouka: výbor scénářů a textů stejnojmenného rozhlasového pořadu. Praha: Radioservis, 1998. ISBN 80-86212-01-7. S. 205

74 LAZORČÁKOVÁ, Tatjana. Pódia z krabičky: nesoustavné nahlédnutí do historie malých neprofesionálních scén 60. let 20. století. Praha: Národní informační a poradenské středisko pro kulturu, 2005. ISBN 80-7068-191-8. S. 18

75 Aber nicht nur die jungen und jüngsten Zuschauer kamen in die kleinen Theater und ihre unkonventionellen Räume. Diese Theater - sonst wären sie wohl nicht zu einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen geworden - wurden auch von anderen, sagen wir mal traditionellen Zuschauern aller Altersgruppen, zunächst aus Neugierde besucht. Traditionelle Theaterbesucher in Kleid und Krawatte waren allerdings anfangs eher eine Minderheit in den Sälen der kleinen Theater, manche von ihnen fühlten sich in dem begeistert reagierenden Publikum irgendwie fremd.

76 SMOLJAK, Ladislav. Mým divákům: rozhovor s Ladislavem Smoljakem. Praha: Paseka, 2010. ISBN 978-80-7432-078-1. S. 161

77 Unser Theater hatte das große Glück, dass es ein überwältigendes Übergewicht an klugen Zuschauern gab.

78 SVĚRÁK, Zdeněk a ŠEBÁNEK, Jiří. Vinárna U Pavouka: výbor scénářů a textů stejnojmenného rozhlasového pořadu. Praha: Radioservis, 1998. ISBN 80-86212-01-7. S. 209f

79 https://eldar.ez/cimiman/n 19991230mf.htm [abgerufen am 20.02.2024 um 10:02]

80 http://www.radioservis-as.cz/archiv06/2706/27titul.htm [abgerufen am 20.02.2024 um 10:36]

81 Wie sind Sie auf die Idee gekommen, den Auftritt des Magiers Jožka Merano Blažejovský im Radio zu porträtieren? Das ist doch so dumm, dass wir es nicht übersehen konnten! Und es ist genauso dumm wie die Darstellung der Spartakiade. Wir waren oft gezwungen, Dinge zu kommentieren, die nicht ins Radio gehören. Wie wollt ihr die Spartakiade kommentieren? Sie werden sagen, dass sie die Arme hochhoben. Was kann man dazu noch sagen? Wir haben damals so gelacht, als wir ihn uns vorstellten, wie er im Morgenmantel herumläuft und dürr aussieht... Er hat sogar den Spinnenbein-Wettbewerb gewonnen! Wir haben ihn geliebt. Ich glaube, er ist so etwas wie eine Vorschau auf Jara Cimrman.

82 auf Deutsch übersetzt: Erfunden in Russland

83 vgl. https://www.databazeknih.cz/knihy/vynalezeno-v-rusku-nastin-dejin-ruske-techniky-301957 [abgerufen am 20.02.2024 um 13:56]

84 Plachetka, Jan: Foukání proti větru: Třetí, závěrečná část rozprávění se Zdeňkem Mahlerem. In: Literární noviny, 2010, J. 21, Nr. 35, S. 21.

85 Es wurde ernsthaft behauptet, dass fast alles in Russland erfunden wurde, sogar der Sauerstoff und das Gehen. Wenn man es mit Ironie und Selbstironie treibt, erhält man ein Genie wie Cimrman.

86 https://magazm.pametnaroda.cz/pribehy-pametniku/v-zilach-cimrmana-kolovala-i-jeho-krev-apro- capka-by l-don-quij otem-19stoleti https://www.bpb.de/themen/kalter-krieg/prag-1968/274330/50-jahre- nach-prag-68/ [abgerufen am 18.06.2024 um 11:16]

87 [...] können Sie das einzigartige Museum von Jakub Hron Metánovský besuchen, einem Einheimischen, Genie, Philanthropen, Mathematiker, Philosophen, Linguisten, Dichter, Naturforscher und Erfinder. Von rühmlichen Ausnahmen abgesehen, fand sein weiter Aktionsradius praktisch keine Anwendung. Dennoch, oder vielleicht gerade deshalb, wurde er laut Ladislav Smoljak zu einer der drei wirklichen Persönlichkeiten, die das größte tschechische „lebende“ Genie des 20. Jahrhunderts hervorbrachten.

88 BORECKÝ, Vladimír. Zrcadlo obzvláštního: z našich mašíblů. Humas. Praha: Hynek, 1999. ISBN 80-86202-38-0. S. 13f

89 Was bleibt, ist der Vergleich mit der Schöpfung des späten tschechischen Pataphysikers der 1960er Jahre, Jára Cimrman, von dem behauptet wurde, er habe Jakub Hron plagiiert. Cimrmans Persönlichkeit hat zwar Berührungspunkte mit Professor Hron in der zeitgenössischen Verortung von Prag und Wien ab der Jahrhundertwende, mit der Obergrenze 1914, und in der Charakteristik des Dichters, Wissenschaftlers und Erfinders, aber nicht mehr des Sprachwissenschaftlers und Philosophen, in dessen Rolle sich Hron am wohlsten fühlte. Vor allem fehlt es Cimrman an der Authentizität der realen Existenz. [...] Zudem schöpft Cimrmans Humor auch formal nicht aus der Hronov'schen Sprachquelle und steht in der bewährten Tradition des pointenreichen Erzählhumors von Jaroslav Hašek.

90 https://www.bpb.de/themen/kalter-krieg/prag-1968/274330/50-jahre-nach-prag-68/ [abgerufen am 30.04.2024 um 20:01]

91 JUST, Vladimír a KNOPP, František. Divadlo v totalitním systému: příběh českého divadla (1945-1989) nejen v datech a souvislostech. Praha: Academia, 2010. ISBN 978-80-200-1720-8. S. 98

92 Eine schwer bewaffnete Armee von einer halben Million Mann aus fünf Warschauer-Pakt-Staaten, die politisch auf den bewaffneten Widerstand konterrevolutionärer Gruppen und auf den herzlichen Empfang der Bevölkerung - der Internationalisten - vorbereitet war, sah sich auf den Straßen Prags und anderer Städte plötzlich mit etwas konfrontiert, worauf sie das Politbüro in Strategiekursen nicht vorbereitet hatte. Sie war gezwungen, sich in all ihrem schweren, gepanzerten Ernst mit den Waffen einer anderen Generation auseinanderzusetzen: Ironie, Karikatur, Anekdote, Spottlied und das fast permanente Happening, das von den schwer zu fassenden Medien in Wort und Bild sozusagen live in die ganze Welt übertragen wurde.

93 ČERNÝ, František. Kalendárium dějin českého divadla. I. vydání. Havlíčkův Brod: Svaz českých dramatických umělců, 1989. ISBN 80-85096-02-1. S.93

94 Die zweite Hälfte der 1950er und der Beginn der 1960er Jahre waren eine Zeit der theatralischen Ausbrüche [...]. In den 1960er Jahren reiften diese Tendenzen. In den 1970er Jahren, in der Zeit der so genannten Normalisierung, kam es zu einer Rückkehr zum Propagandatheater, vor allem in den offiziellen Repertoiretheatern, und die Tendenz zu einem erholenden Freizeitrepertoire verstärkte sich. Zu dieser Zeit, als die Kontinuität der tschechischen Theaterentwicklung erneut ernsthaft unterbrochen wurde, traten kleinere Prager und außerpragische Schauspielhäuser hervor [...].

95 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S. 62

96 Ein kleines Theater ist einfacher zu bespielen und ermöglicht den Dialog mit dem Publikum. Das große Theater ist, wenn ich es überspitzt ausdrücken darf, eher ein Monolog. Die Schauspieler kochen, das Publikum isst. Aber das kleine Theater, insbesondere die Komödie, ist ein Kessel, in dem der Schauspieler mit dem Publikum kocht. Das Publikum antwortet mit Lachen und bestätigt damit, dass es verstanden hat und einverstanden ist. Es gibt ein stärkeres Gefühl, dass wir alle dabei sind. [...] Natürlich gab es auch ein Gefühl der Verschwörung im Publikum und ein Gefühl der Freude darüber, dass wir es gesehen hatten, bevor es verboten wurde. Ein Zuschauer, der dazu erzogen wurde, zwischen den Zeilen zu lesen und das Unausgesprochene zu hören, hat sicherlich auch das politisiert, was nicht so gemeint war.

97 JUST, Vladimír a KNOPP, František. Divadlo v totalitním systému: příběh českého divadla (1945-1989) nejen v datech a souvislostech. Praha: Academia, 2010. ISBN 978-80-200-1720-8. S. 98

98 Erst seit der dritten Nach-August-Saison 1970/1971 stößt man in den Steintheatern, die in der Zwischenzeit die erste Serie von Entlassungen und Leitungswechseln erlebt haben, auf subtile Loyalitätsbekundungen gegenüber den Besatzern [...] (das legitime russische Repertoire verwandelt sich langsam in das sowjetische, was kurz zuvor noch undenkbar war; die ersten Gastspiele sowjetischer Regisseure; die ersten einheimischen agitatorischen sozialistischen Titel [...].

99 https://www.ustrcr.cz/uvod/antologie-ideologickych-textu/anticharta/anticharta-historicky-kontext/ [abgerufen am 01.08.2024 um 21:25]

100 SVĚRÁK, Zdeněk. Půlstoletí s Cimrmanem: legendární divadlo z odvrácené strany. Divadlo Járy Cimrmana. V Praze: Paseka, 2016. ISBN 978-80-7432-724-7. S.18

101 Aus Angst vor einem Spielverbot gingen wir zu Schanden und unterzeichneten eine Erklärung, die so genannte Anti-Charta.

102 SMOLJAK, Ladislav. Mým divákům: rozhovor s Ladislavem Smoljakem. Praha: Paseka, 2010. ISBN 978-80-7432-078-1. S. 53

103 Wir, die uns entschieden haben, das zu tun, was uns Spaß macht, und nicht in einen offenen Konflikt mit ihnen zu geraten, haben versucht, mit dem Regime auszukommen. Ich denke, das war die Denkweise der meisten in der Nation. [...] Wir wussten, wenn wir uns nicht mit dem Regime vertragen, können wir hier nur als Geächtete leben.

104 https://www.slpb.de/zeitenwende/tschechoslowakei-die-samtene-revolution [abgerufen am 01.08.2024 um 23:00]

105 https://www.youtube.com/watch?v=rYOe-x2-K2o [abgerufen am 02.08.2024 um 08:17]

106 SMOLJAK, Ladislav. Mým divákům: rozhovor s Ladislavem Smoljakem. Praha: Paseka, 2010. ISBN 978-80-7432-078-1. S. 77

107 Herr Smoljak, haben Sie Několik vět auch unterschrieben? Ich sagte, ja, habe ich. Und er sagte - Mensch... sie werden euch verbieten und es wird hier nichts mehr geben. Er war natürlich nicht ihr Mann, aber er war deprimiert, dass wir unterschrieben hatten und er das Jára Cimrman Theater verlieren würde. Die Leute sagten oft: ihr seid eine Insel der Freiheit, zwei Stunden Freiheit, die wir uns gönnen.

108 auf Deutsch übersetzt: Das Jára (da) Cimrman-Theater

109 Smoljak, Ladislav; Svěrák, Zdeněk: Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Melantrich 1987, S. 9.

110 Jára Cimrman wurde an dem Tag geboren, an dem er entdeckt wurde. Bevor jemand von ihm wusste, existierte er nicht.

111 In der tschechischen Sprache gibt es duzende Männernamen, die auf das Suffix -slav enden. Diese Männer werden in familiärer Umgebung in der Regel mit einer Diminutivform angesprochen: Jaroslav- Jára, Stanislav-Stáňa, Květoslav-Květa, Vratislav-Vráťa, Miroslav-Míra, Miloslav-Míla usw.

112 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 9

113 Wenn Cimrman in einer frostigen Februarnacht 1857, 1864, 1867 oder 1887 geboren sein könnte, während die unsichere Handschrift des Standesbeamten das Jahr 1888 zulässt, [...] gehört jedes Geburtsdatum zu einem anderen Cimrman.

114 Die Tschechische Post gab im Jahr 2014 eine Briefmarkserie mit einem von 136 möglichen Bildern von Jára (da) Cimrman heraus. Außerdem waren die Briefmarken zum ersten Mal in der Tschechischen Republik rund. Die auf 2 500 Stück limitierte Auflage des Gedenkbogens mit der ersten tschechischen Rundbriefmarke war innerhalb eines Tages ausverkauft. Zdeněk Svěrák schrieb dazu: „Další dobrá zpráva: Jára Cimrman je na známkách. Má první kulatou známku, kterou Česká pošta vydala, ale zase přišel chudák pozdě - v době, kdy lidé přestávají psát papírové dopisy.“ Auf Deutsch übersetzt: „Noch mehr gute Nachrichten: Jára Cimrman ist auf den Briefmarken. Er hat die erste runde Briefmarke, die die tschechische Post herausgegeben hat, aber der arme Kerl war wieder zu spät dran - in einer Zeit, in der die Leute keine Papierbriefe mehr schreiben.“ Quelle: SVĚRÁK, Zdeněk. Půlstoletí s Cimrmanem: legendární divadlo z odvrácené strany. Divadlo Járy Cimrmana. V Praze: Paseka, 2016. ISBN 978-80-7432-724-7. S.22

115 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 7

116 Die kommunikative Sprache des [...] Jára Cimrman Theaters war die Mystifikation. Und die Mystifikation kann nicht anders, als das Publikum in diejenigen zu teilen, die verstanden haben, und diejenigen, die dumm sind und nur [alles] geglaubt haben.

117 auf Deutsch übersetzt: Zur Theaterkomödie

118 HOŘÍNEK, Zdeněk, DVOŘÁK, Jan, ed. O divadelní komedii. Praha: Pražská scéna, 2003. Edice komedie. ISBN 80-86102-31-9. S. 182 - 183.

119 Die Lebendigkeit und Spontaneität von Cimrmans spielerischer Mystifikation liegt in ihrer ewigen Unfertigkeit. Es ist ein Kult in Bewegung, es ist eine Strömung. Der Gegenstand des Kults wird allmählich ad infinitivum geschaffen, in einer Kette entwickelt und durch immer neue Erkenntnisse, Entdeckungen, Funde, Erfindungen bereichert (...) Cimrman ist etwas (oder vielmehr jemand), das (der) immer noch entdeckt wird. Seine Konturen verändern sich Tag für Tag, seine Grenzen verschieben sich, sein Gesicht wird neu geformt. Es gibt ihn nur in Andeutungen.

120 https://www.youtube.com/watch?v= vCwQg4 b2g&t=1s [abgerufen am 14.04.2024 um 08:06]

121 Es gibt Leute, die den Humor nicht wirklich brauchen, und die verstehe ich nicht. Ich kann ohne ihn nicht leben und ich brauche ihn wie Sauerstoff.

122 Das Anakoluth stellt eine (bewusste) Störung des syntaktisch üblichen bzw. grammatikalisch korrekten Satzbaus dar. Die ursprünglich geplante Satzkonstruktion wird während des Sprechens unerwartet verändert, sodass sich die neu entstehende Äußerung nicht bruchlos in das Satzgefüge integrieren lässt. Es erfolgt jedoch kein vollständiger Abbruch des Satzes. [https://www.li- go.de/_pages/wissensbereiche/rhetorik/anakoluth.html; abgerufen am 20.05. um 13:06]

123 Eigennamen

124 https://www.youtube.com/watch?v= vCwQg4 b2g&t=1s [abgerufen am 14.04.2024 um 11:00]

125 Es stimmt, dass wir nicht vor Vulgaritäten zurückschrecken. In jedem Spiel gibt es einen. Aber es ist ja nicht so, dass die Spiele ordinär wären. Die Vulgarität ist ein Gewürz, das unserer Meinung nach nicht missbraucht werden sollte, aber es wäre schade, sie nicht einzubauen.

126 Woran liegt es, dass das, was in den Zeiten des totalitären Regimes Anklang fand, auch heute noch sein Publikum findet, sogar über mehrere Generationen hinweg? „Der Humor, nicht die Satire, war die Grundlage“, charakterisierte er treffend das Wesen der zimmanischen Poetik, die sich zwar nicht vor politischen Analogien scheute, dies aber nie in erster Linie und schon gar nicht vordergründig tat. Sie verschaffte dem Publikum stets das Vergnügen, selbst in den Bann der Pointe zu geraten.“

127 https://www.novinky.cz/clanek/kultura-padesat-let-divadla-jary-cimrmana-zakladem-byl-humor-ne- satira-40010224 [abgerufen am 08.05.2024 um 07:03]

128 Hat sich Cimrman oder Ihr Schreiben über Cimrman durch den Regimewechsel verändert? Das glaube ich nicht. Wir haben nie beleidigende Satire geschrieben, und wir glauben nicht, dass das Publikum erkennen kann, welches Stück vor November 1989 und welches danach geschrieben wurde. Wir spielen die Stücke so, wie wir sie gespielt haben. Es stimmt, dass das Publikum an manchen Stellen früher gelacht hat und heute schweigt, aber das sind wirklich die Ausnahmen. Zum Beispiel gab es früher ein großes Gelächter bei der Zeile: „Wir beschlossen, zum Hauptbahnhof zu gehen, Fahrkarten zu kaufen und nach Wien zu fahren." Denn damals war es unmöglich, zum Hauptbahnhof zu gehen, Fahrkarten zu kaufen und nach Wien zu fahren. Was ist daran heute schon lustig? Nichts. Aber am Ende sind wir froh, dass sie nicht lachen und wir nach Wien fahren können.

129 http://www.radioservis-as.cz/archiv06/2706/27titul.htm [abgerufen am 08.05.2024 um 07:28]

130 https://www.idnes.cz/kultura/aktuality/nejvetsi-cech-jara-cimrman.A050201 211139 domaci sas]

131 Im Jahr 2005 wählten die Tschechen Cimrman in einer Fernsehumfrage zum größten Tschechen, das heißt, wenn die Rechteinhaber der BBC nicht den Stecker gezogen hätten. Was sagt das über die Tschechen aus? Erstens, dass Cimrman zu diesem Zeitpunkt bereits im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit angekommen war. Zweitens sagt es meines Erachtens etwas über die Einstellung zur Umfrage aus. Dass es Unsinn ist, den größten Tschechen zu bestimmen. Ich weiß nicht, ob Hus oder Komenský größer ist - und gibt es überhaupt einen Vergleich? Die Tschechen verharmlosen solche Dinge gerne. Aber es ist sicher eine Tatsache, dass die Leute Jara mögen. Wenn sie ihn nicht lieben würden, hätten sie es wahrscheinlich nicht getan. Warum, glauben Sie, lieben die Tschechen Cimrman? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sie sein Pech mögen und ihm nahe stehen. Die Tatsache, dass er ein unerkanntes Genie ist. Er hat sehr wenig gemacht, man hielt ihn für verrückt. Und auch, dass er während der österreichischen Periode erdrosselt wurde - hätte er in einer anderen Atmosphäre gelebt, hätte er es der Welt gezeigt. Und das ist die tschechische Mentalität. Cimrman verkörpert tatsächlich unsere Denkweise. Es ist wie: Wo könnten wir sein, wenn wir nicht von einem Österreicher erdrosselt worden wären. Einem Deutschen. Oder einem Russen.

132 https://www.lidovky.cz/relax/lide/cimrman-jsme-my-rekl-v-rozhovoru-k-50-vyroci-zrodu-ceskeho- genia-zdenek-sverak.A171111 214125 lide ele [abgerufen am 15.05.2024 um 16:20]

133 SVĚRÁK, Zdeněk. Půlstoletí s Cimrmanem: legendární divadlo z odvrácené strany. Divadlo Járy Cimrmana. V Praze: Paseka, 2016. ISBN 978-80-7432-724-7. S.24

134 Jára Cimrman ist etwas, um das uns andere Nationen beneiden können. Es zeugt vom Sinn der Tschechen für intelligenten Humor. Welche andere Nation kann einen Menschen, den es in Wirklichkeit gar nicht gab, zu ihrem besten großen Mann küren, ihm Denkmäler errichten und die Sprüche seiner Autoren zitieren? Die Deutschen haben Marx, die Franzosen haben Marquis Sade, die Russen haben Potemkin, wir haben Jára Cimrman.

135 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S. 58 und S. 60

136 "[...] Cimrman steckt ein bisschen in jedem von uns, er ist Teil eines jeden Tschechen, er ist ein Spiegel des tschechischen Charakters [...] aber seien wir ehrlich, wie viel Cimrman in jedem von uns steckt... im Vergleich dazu, wie wenig Karl IV, Jan Žižka oder Jan von Hus in uns steckt!“

137 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S. 60

138 Am 23. Februar 2005 antwortete die bekannte Soziologin Jiřina Šiklová auf die Frage, ob wir als Nation normal sind, wenn wir eine nicht existierende Figur an die erste Stelle des größten Mitglieds des „Stammes“ setzen können: „Ist der Erfolg von Cimrman ein Zufall, das Verdienst einer Gruppe von Enthusiasten, oder zeigt er, dass wir im Sinne des Hašek-Erbes und der Traditionen nichts ernst nehmen? Meiner Meinung nach zeigt er unsere totale Verunsicherung. Die Helden haben sich so oft verändert, die Geschichte wurde so oft umgeschrieben, dass jeder Held verdorben zu sein scheint. Und weil das alles so peinlich ist, ziehen wir es vor, den Cimrman zu wählen.“ Andererseits, so der Psychiater Cyril Höschl, sei dies auch ein Beweis für den tschechischen Humor: „Vielleicht beneidet man uns sogar irgendwo im Ausland darum, dass sie sich zu so etwas nicht selbst aufschwingen“.

139 LEHMANN (RED.), Reinhard. Ad libitum - Sammlung Zerstreuung - Volk und Welt: Nr.1. I. Auflage. Berlin: Verlag Volk und Welt, 1990. ISBN 3-353-00688-5.

140 Jelinek ist ein tschechischer Nachname und bedeutet „das Hirschen“

141 Der Sokol (der Falke) ist eine Turnbewegung, die 1862 in Prag gegründet wurde. Diese Bewegung war national und patriotisch geprägt. Es stand das nationale gemeinschafterlebnis im Vordergrund und man unterstütze dadurch die Idee des Panslavismus, denn es sind auch in naderen slavischen Ländern Sokolverbände entstanden: z.B. in Slowenien, Polen, Ukraine, Bulgarien, Serbien usw.

142 auf Deutsch übersetzt: der Geier [der Falke (sokol) x der Geier (sup)]

143 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 416

144 Warum neue Spiele schreiben, wenn die Leute die alten und bewährten Spiele wollen?

145 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S. 71

146 Wir haben uns überlegt, wie wir die Fiktion mit Cimrman über Jahre hinweg am Leben erhalten können - wir mussten zu jedem Stück etwas Neues beisteuern [...] Also haben wir uns für Genres entschieden: wie er einen Krimi, einen Reisebericht, ein Märchen schreiben würde... Das eröffnete interessante Möglichkeiten. Als wir also auf das Thema Cimrman und Märchen kamen, lasen wir zur Vorbereitung eine Menge davon und überlegten, wie die Járas anders sein könnten.

147 https://cesky.radio.cz/divadlo-jarv-cimrmana-drzi-rekordv-8087334 [abgerufen am 26.07.2021 um 07:11]

148 Bei diesen ersten Aufführungen waren die Leute überrascht, dass man über eine nicht existierende Person sprechen konnte, ihn in den Kontext der Zeit stellen konnte, als er Einstein traf, als er Edison traf, Strauss half, Eiffel beriet, Tschechow, es war so niedlich, lustig.

149 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 291

150 Liebe Freunde, herzlich willkommen zu unserer Aufführung. Zunächst einmal eine kleine organisatorische Änderung: Aus technischen Gründen haben wir uns entschlossen, die Reihenfolge der einzelnen Teile des Abends zu tauschen. Ursprünglich haben wir zuerst das Stück Lijavec aufgeführt und anschließend eine Diskussion über das Stück geführt. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass das keine glückliche Entscheidung war, weil die meisten Zuschauer in der Pause oder während des Gesprächs gegangen sind und wir am Ende alleine dastanden. Deshalb werden wir heute den Spieß umdrehen und zuerst mit dem Vortrag beginnen. Wenn also jemand Fragen zu dem Stück hat, das ihr gleich sehen werdet, könnt ihr sie gerne stellen. Wir sind hier, um zu antworten... Keiner? Ihr könnt uns alles über das Stück fragen, auch aus der Ferne... Wir haben Experten für jeden Aspekt des Themas.

151 SMOLJAK, Ladislav. Mým divákům: rozhovor s Ladislavem Smoljakem. Praha: Paseka, 2010. ISBN 978-80-7432-078-1. S. 19

152 Die erste Aufführung sollte aus dem Stück von Zdeněk und Šebánek bestehen. Zdeněk hatte das Stück schnell, also fingen wir an, es zu proben. Aber Šebánek war noch lange nicht fertig. Das Stück von Zdeněk hatten wir schon rückwärts geprobt. Wir dachten, wir müssten damit herausrücken. Plötzlich war es 14 Tage vor der obligatorischen Aufführung und wir mussten den fehlenden Teil der Aufführung nachholen, also haben wir uns bereit erklärt, Vorträge über Cimrman zu schreiben - erst dann dachten wir, dass wir anfangen könnten, uns mit Cimrman als Person, seinem Leben und seinem Werk zu beschäftigen. So entstanden die Seminare eigentlich aus der Not heraus. Wir haben es der Regisseurin Helena Philippová vorgestellt, wir haben viele Freunde und Bekannte eingeladen, und überraschenderweise hatte das Seminar die größte Resonanz, obwohl es fast improvisiert war, sehr schnell gemacht, in letzter Minute. Das Stück kam auch recht gut an, aber der Erfolg des Seminars war für uns ein wichtiges Zeichen.

153 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 34

154 Wer auch immer beschließt, diese Komödie nach meinem Tod aufzuführen, schont mich in keiner Weise. Mein Geist wird euch nachts nicht heimsuchen, wenn ihr einige Zeilen, einige Figuren oder die gesamte Handlung nach euren Bedürfnissen ändert... Mir geht es um die Idee. Ich möchte, dass sie bleibt. Wenn ihr alles in eure eigenen Verhältnisse übertragt, die sicher nicht weniger interessant sind als unsere, bin ich, ein alter Klassiker, nur zu froh. Nur um eine Sache bitte ich. Dass die Angelegenheit nicht von einem Pfuscher aufgegriffen wird. Ich glaube, wenn der beste lebende tschechische Schriftsteller mein Stück aufgreift, wird es ein Erfolg werden.

155 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 42

156 Ich war nicht dazu bestimmt, einen Frauenkörper zu malen, denn sobald ich ihn sah, schnappte sich ein bösartiger Dämon meine Palette und meinen Pinsel und befahl mir, zu toben.

157 vgl. SVĚRÁK, Zdeněk. Půlstoletí s Cimrmanem: legendární divadlo z odvrácené strany. Divadlo Járy Cimrmana. V Praze: Paseka, 2016. ISBN 978-80-7432-724-7. S.18

158 SMOLJAK, Ladislav. Mým divákům: rozhovor s Ladislavem Smoljakem. Praha: Paseka, 2010. ISBN 978-80-7432-078-1. S. 35f

159 Damals habe ich gesagt: Dieser Typ hat einen hohen Posten, er muss ein echter Idiot sein. Es wurde auch gerne andersherum verwendet: Mann, ich habe einen Idioten getroffen, der muss eine Funktion haben. Ich erinnere mich zum Beispiel an den Genossen Zvolský vom Prager Kulturzentrum. Er war ein Einfaltspinsel, es war rührend. [...] Er sprach einmal zu uns und sagte: 'Verstehen Sie, was 1948 für die Menschen bedeutete, die damals an der Macht waren. Ich war ein Tagelöhner auf dem Dorf und verdiente meinen Lebensunterhalt damit, dass ich den Bauern für fünf Kronen Toiletten und Heuböden austrug. Als das Jahr 1948 kam, wurde ich Vorsitzender der Genossenschaft und die Bauern mussten mit ihren Mützen in der Hand respektvoll vor mir stehen!“ Zdeněk meinte zu mir dann traurig: „Was müssen diese Bauern damals gedacht haben? Dass sie jetzt von Scheißwegträgern regiert werden.“

160 SVĚRÁK, Zdeněk. Půlstoletí s Cimrmanem: legendární divadlo z odvrácené strany. Divadlo Járy Cimrmana. V Praze: Paseka, 2016. ISBN 978-80-7432-724-7. S.16

161 Es war die Kneipe an der Waldlichtung, in der wir mit dem Schreiben begannen. Und wir waren uns später einig, dass es das erste richtig geschriebene Cimrman-Stück war. Es hatte ein Thema aus dem Zeitalter der Luftschiffe und Ballons, es war eine Operette, ein damals blühendes Genre, und es hatte ein so naives Libretto, wie Cimrman es mit einem Augenzwinkern hätte schreiben können. Während die ersten drei Stücke unseres Theaters (Mein Akt, Deine Klassenuntersuchung und Jiří Šebáneks Das häusliche Gemetzel) eine Suche nach Stil waren, haben wir hier endlich alles richtig gemacht.

162 Dodatky: Historie Divadla Járy Cimrmana: Doslov : Rejstřík. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 1993. ISBN 80-85192-62-4. S. 23

163 Das ist eine schöne Figur, dieser Cimrman. Ich hatte Spaß. Ich werde gut schlafen. Aber es ist schade, dass es nicht von hetiger Zeit ist. Wenigstens ein bisschen. Es will nicht viel. Ein kleiner Spritzer hier und da. Nehmt den Handschuh in die Hand. Man muss nicht hoch zielen, auf die Parteipolitik und so weiter [...]. Er sagte auch, dass die Figuren in unseren Stücken so bleiben könnten, wie sie sind, wir sollten ihnen nur andere Geschichten geben. Wir haben das zuerst nicht verstanden. Dann haben wir verstanden, dass der Rat lautete, verschiedene Dialoge für die Figuren zu schreiben, sonst brauchen wir sie nicht zu ändern.

164 Dodatky: Historie Divadla Járy Cimrmana: Doslov : Rejstřík. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 1993. ISBN 80-85192-62-4. S. 26

165 Wir hatten viel Spaß dabei, den Wolf zu füttern, um die Ziege nicht zu verletzen. (Im Tschechischen gibt es ein Phraseologismus, der lautet: um den Wolf zu füttern und die Ziege gesund zu erhalten.)

166 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S. 38

167 Wir dachten, dass wir versuchen würden, das Seminar-plus-Spiel-Schema zu verlassen und es so zu verflechten, dass der Zuschauer Zeuge der Erkundung wird. Dass wir ihm zeigen, was erhalten geblieben ist, welche Möglichkeiten wir hatten, wie unser Feind Fiedler es erklärt, und dass wir Demonstrationen seiner und unserer Konzeption machen. Daraus wurde eine nette Aufführung, aber wir haben das nur einmal ausprobiert und sind dann bescheiden zu einer Aufführung zurückgekehrt, in der das Seminar und das Theaterstück integriert sind, denn das ist es, was das Publikum und wir mögen.

168 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S. 39

169 Die kulturelle Aktivität der tschechischen Minderheit in Wien ist so schnell und lebhaft, dass ich mich manchmal frage, ob diese Menschen Zeit für Theater, Chöre und Turnfeste, aber auch für Handwerk, Büro oder Geschäft haben. Die letzte Eruption ist musikalischer und dramatischer Natur und stammt von Jaroslav Cimrman. Dieser Komponist, der selbst Librettist, Platzanweiser, erster Tenor und Kritiker ist, hat eine einaktige Oper „Der Erfolg eines tschechischen Ingenieurs in Indien“ geschrieben. Er hat in den Zeitungen verlauten lassen, dass er mit diesem Werk der in die Jahre gekommenen Oper einen Aufschwung geben will. Meine Pflicht als Rezensent zwang mich, bei dieser musikalischen Injektion persönlich anwesend zu sein. Ich will nur so viel sagen: Die alternde Oper hat von Herrn Cimrman eine wahrhaft tierärztliche Dosis erhalten. Und zwar an Stellen, die sie sicher nicht erwartet hat. Ich schätze, das arme Ding wird [gemeint ist damit die Oper] nicht lange stillsitzen.

170 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S. 41

171 Im Jahre 1977, als unser Stück „Langer, Weiter und Kurzsichtiger“ zum ersten Mal auf der Schallplatte erschien, zögerten wir am Theater, ob es eine gute Idee ist, unsere Aufführungen auf Ton zu veröffentlichen. Wir hatten dummerweise Angst, dass es die Besucherzahlen gefährden würde [...] Dann kamen plötzlich Leute ins Theater, die unsere Texte kannten und nur nachschauten, ob wir sie richtig sprechen. Oder sie kamen, um zu sehen, wie sich die verzauberte Prinzessin Goldlöckchen in Wirklichkeit als Frau entpuppte, denn die Tonaufnahme verbarg diese Verwandlung vor ihnen.

172 Als Cimrmanologen werden die „Spezialisten“ bezeichnet, die sich auf alles, was die Gestals Jára (da) Cimrman betrifft, spezialisieren. Sie leiten die Seminare vor der eigenen Theateraufführung.

173 SMOLJAK, Ladislav. Mým divákům: rozhovor s Ladislavem Smoljakem. Praha: Paseka, 2010. ISBN 978-80-7432-078-1. S.36

174 Stell dir vor, dass man früher sogar dachte, dass Opa Alleswisser eine Parodie von Husák sei. Und dann erkläre jemandem, dass Opa Alleswisser einfach eine Parodie von all den plappernden alten Knackern ist, von jedem wichtigen alten Mann überall auf der Welt, der aus dem Nähkästchen plaudert, dass die Figur das allgemeine Problem der alten Männer symbolisiert, die irgendein Amt bekommen. Es gab keinen einzigen Berührungspunkt mit Husák.

175 vgl. Dodatky: Historie Divadla Járy Cimrmana: Doslov: Rejstřík. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 1993. ISBN 80-85192-62-4. S. 55

176 Dodatky: Historie Divadla Járy Cimrmana: Doslov: Rejstřík. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 1993. ISBN 80-85192-62-4. S.44

177 Smoljak meint, es sei unser bestes Spiel. Aber man braucht ihn nicht ernst zu nehmen, denn so schwärmt er oft für das neueste Baby, das wir zur Welt bringen. Obwohl in diesem Fall vielleicht.

178 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 341

179 Dodatky: Historie Divadla Járy Cimrmana: Doslov: Rejstřík. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 1993. ISBN 80-85192-62-4. S.47

180 Das Stück Blaník [...] schrieb ich mit Smoljak um die Jahreswende 1988/89. Der Gedanke, dass die legendäre Untergrundarmee nicht wieder auftauchen würde, obwohl sie wusste, wie sehr die Nation sie brauchte, schien uns zeitgemäß zu sein.

181 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S. 377

182 Jára Cimrman [ist] sich bewusst, dass dieser Ruf den Menschen in einem Atemzug Hoffnung, aber auch Resignation und passives Vertrauen auf fremde Hilfe einflößt. Dieses lebensspendende und doch ergreifende Gerücht hätte von der Praxis der Geschichte längst widerlegt werden müssen, wäre es nicht so raffiniert erfunden worden. Der Abzug der Retter vom Berg ist dadurch bedingt, dass es der Nation am schlechtesten gehen muss. Aus diesem Grund machte Jára Cimrman Alois Jirásek, dem Autor der Altböhmischen Märchen, zum Feind. Er schrieb an ihn: „Lojza! Da das die Uterbergarmee in den dreihundert Jahren habsburgischer Unterdrückung nie rausgefahren ist, deprimierst du die Nation mit der Aussicht, dass das, was sie gerade erlebt, nichts ist im Vergleich zu dem, was noch kommen wird.

183 vgl. HRUŠKA, Petr (ed.). V souřadnicích volnosti: česká literatura devadesátých let dvacátého století v interpretacích. Praha: Academia, 2008. ISBN 978-80-200-1630-0. S. 608-614

184 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S.52

185 Im Vergleich zu den vorangegangenen Stücken ist unser Verhältnis zur Geschichte in diesem Stück deutlicher [...] Der Stoff ist so interessant, dass es dem Publikum schwerfallen wird, zwischen dem, was wir uns ausgedacht haben, und der historischen Wahrheit zu unterscheiden, die in vielen Fällen selbst paradox ist, bis hin zur Komik.

186 ČERMÁKOVÁ, Dana. Zdeněk Svěrák. Třetí doplněné vydání. Portréty (Imagination of People). [Praha]: Imagination of People, 2014. ISBN 978-80-87685-19-8. S.54

187 České nebe ist ein bis ins kleinste Detail ausgefeiltes Spiel. Es ist witzig, voller Ironie und scharfer Seitenhiebe. Es ist höchst anspruchsvoll, historisch und kulturell informativ und aufschlussreich, aber dennoch allgemein verständlich. Es behandelt die „tschechische Frage“ in vielen Motiven, ist unerwartet aktuell und unerbittlich und bietet dabei einen zeitlosen Humor, der - wie bei Smoljak und Svěrák üblich - freundlich und versöhnlich ist.

188 Němec bedeutet auf Deutsch „Deutscher“

189 Smoljak, Ladislav; Svěrák, Zdeněk: Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Melantrich 1987. S. 307

190 Das Theater von Jára Cimrman ist eines der tschechischsten Theater unserer neueren Theatergeschichte. Es knüpft nicht nur an die fortschrittlichsten Traditionen des modernen tschechischen Humors an [...], sondern auch Tschechizität ist hier sowohl spielerisch als auch bedeutungsvoll präsent: Ein allgegenwärtiges Thema aller Cimrman-Kreationen ohne Ausnahme ist das Thema des Tschechentums.

191 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.24

192 Und diese Halbherzigkeit hat sich später in seinen Manuskripten niedergeschlagen, die von einer Mischung aus Tschechisch und Deutsch durchzogen sind, in denen es von Germanismen - und Tschechismen - nur so wimmelt. Daher rühren auch die Einwände des österreichischen, Wiener Professors Erich Fiedler, Jára da Cimrman nicht in erster Linie als tschechische Größe zu betrachten.

193 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.64

194 „Es ist geradezu lächerlich, wie Professor Erich Fiedler aus Wien dieses Prinzip interpretiert. In der Gewerkschaftszeitschrift der österreichischen Puppenmacher österreichischer Puppenmacher’ habe ich mit Erstaunen seinen Artikel gelesen, der mit den Worten endet: ,Beim Schnitzen von Marionetten hat Cimrman unbewusst das Wurzelholz erfunden. Und so muss auch das lebende Holz zu seinen Erfindungen gezählt werden.‘“

195 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.88

196 Das geschah im Jahr 1883. Und dieses Jahr muss als Beginn seiner Arbeit im Bereich der Operette angesehen werden. Professor Fiedler setzt diesen Meilenstein zwar um vier Jahre zurück, in das Jahr 1879, aber die Gründe, mit denen er seine Behauptung stützt, sind nur weitere Beweise für die Oberflächlichkeit der Arbeit dieses österreichischen Forschers. Professor Erich Fiedler entdeckte nämlich im Theaterabteil des Wiener Museums ein Plakat aus dem zitierten Jahr mit der Anmerkung zu Cimrmans Singspiel ,Vergebliche Mühe’. Hätte sich jedoch Erich Fiedler die Mühe gemacht und im selben Abteil des Wiener Museums - und sogar bei derselben Genossin - um Einsicht in den Text des erwähnten Stückes gebeten, hätte er festgestellt, dass von einem Singspiel keine Rede sein kann.

197 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.88

198 Professor Fiedler hat vielleicht entfernt recht zumindest darin, dass Cimrman durch das erwähnte Ereignis möglicherweise auf die Idee gebracht wurde, ein Stück zu inszenieren, in dem überall gesungen werden könnte, ohne dass der Handlungsfluss darunter leidet, und dass ihn dieser Gedanke drei Jahre später auf die Operettenbühne des Theaters An der Wien führte.

199 Im tschechischen Kontext benutzt man als Anrede am Gymnasium anstatt „Herr Lehrer“ die gehobene Form „Herr Professor“, obwohl es sich meistens um Lehrer nur mit einem Magisterabschluss handelt.

200 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.119

201 Der österreichische Professor Erich Fiedler (es handelt sich um einen Gymnasialprofessor, nicht um einen Hochschulprofessor), also Lehrer Fiedler, behauptet in seiner kürzlich veröffentlichten Veröffentlichung (es ist eher eine Broschüre als ein Buch, einfach ein Heft) ,Cimrman - Dilettant oder Fachmann?‘ auf Seite 428, dass Cimrman in der Kriminalistik unserer Zeit nichts zu sagen hat. Wir möchten jedoch unserem Wiener Kollegen in Erinnerung rufen, dass er auf ähnliche Weise sein dramatisches Werk herabgesetzt hat, und dennoch werden heute weltweit bereits vier Cimrman- Stücke erfolgreich aufgeführt.

202 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.154

203 Wir möchten Ihnen zeigen, wie gewissenhafte wissenschaftliche Arbeit auch aus einem so kleinen Haufen Baumaterial ein solides Drama-Gebäude errichten kann. Wir verbergen jedoch nicht, dass hier und da ein Ziegel oder ein Balken fehlt. Wo wir uns nicht sicher sind, improvisieren wir nicht. Wir wollen nämlich - und das sagen wir offen - nicht so vorgehen wie Professor Fiedler aus Wien, der sich ebenfalls an die Rekonstruktion dieses Stückes gemacht und es sogar als Weltpremiere aufgeführt hat. Zugegeben, er war uns zuvorgekommen. Aber als wir seine Aufführung in Wien sahen, waren wir uns alle einig, dass ein solch hastiger Vortritt nichts wert ist.

204 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.155f

205 Das war also das erste Bild. Vielleicht interessiert es Sie, wie es in Wien interpretiert wurde. Sie denken wahrscheinlich, dass es sich von unserer Version nicht unterscheiden konnte - schließlich ist der Text hier in voller Länge erhalten geblieben. Professor Fiedler hat jedoch bewiesen, dass das möglich ist. [...] Und das führte Professor Fiedler zu einer unglaublichen Verfälschung des einfachen Textes. [...] Sie sehen selbst, dass Professor Fiedler sich bei der Rekonstruktion von Cimrmans Stück nicht viele Gedanken gemacht hat... Er schreibt übrigens selbst im Theaterprogramm, dass ihn die Arbeit so sehr gefesselt hat, dass er - wie er wörtlich sagt - ,ein, zwei’ damit fertig war.

206 vgl. CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.161

207 Holub ist ein typisch tschechischer Nachname. Das Wort übersetzt man ins Deutsche als „Taube“

208 vgl. vgl. CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.162

209 vgl. CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.174

210 Liebe Freunde, wir möchten wirklich nicht, dass Sie den Eindruck gewinnen, dass in unserer Kontroverse mit Professor Fiedler vielleicht eine persönliche Voreingenommenheit besteht. Wir schätzen zum Beispiel die Sorgfalt, mit der Professor Fiedler die Übersetzung unseres Buches „Cimrman und Kindergarten“ mit einem Index versehen hat. Es zeigt aber auch, worauf Professor Fiedler seine nächsten Bemühungen konzentrieren sollte.

211 Im Tschechischen entsteht der humorvolle Moment dadurch, dass das Wort „kolo“ mehrere Bedeutungen hat. Eine Bedeutung entspricht dem deutschen „Rad“ und die andere dem deutschen „Runde“.

212 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.527

213 „Der österreichische Professor Erich Fiedler kam bei seiner Suche nach Cimrmans Verbindungen zu Franz Kafka, der ebenfalls ein häufiger Gast im Louvre war, zu dem Schluss, dass Cimrman in diesem Etablissement keinen besonders guten Ruf hatte und als der größte Trinker galt. Freunde! Das ist ein so ungeheuerlicher Irrtum, der Fiedlers Unkenntnis der tschechischen Sprache beweist, dass er nur mit seinem inzwischen berühmten Übersetzungsfehler konkurrieren kann, der seine mangelnde Kenntnis des Englischen zeigt, als er den Titel der Enzyklopädie ,Who is Who‘ als ,Zug ist Zug‘ übersetzte.“

214 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.201

215 Ich möchte auch vermeiden, dass es zu einem anderen Extrem kommt, nämlich zu Hassäußerungen gegenüber dem deutschen Ingenieur Wagner. Es stimmt zwar, dass Ingenieur Wagner eine negative Figur ist, aber dafür kann sein Darsteller, Kollege Brukner, nichts. Er muss die Rolle so spielen, dass sie abstoßend wirkt, aber im Privatleben ist er ein äußerst freundlicher und sogar anständiger Mensch.

216 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.202

217 Hier wollte mich dieser Deutsche betrügen, und jetzt zittert er zu Recht.

218 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.365

219 Die tschechische Polarexpedition verließ am 5. April 1909 den Nordpol. Erst am folgenden Tag erreichte der Amerikaner Robert Edwin Peary den Pol. Die tapferen Tschechen beanspruchten den ersten Platz nicht für sich, um zu verhindern, dass der Sieg dem verhassten Österreich zugeschrieben wird. Erst Jahre später, im Jahr 1918, offenbarte das einzige noch lebende Mitglied der Expedition, Varel Frištenský, dem medizinischen Konsilium in Kosmonosy bei Mladá Boleslav die Wahrheit. Seine Aussage wurde protokolliert und führte zu einer Verlängerung seines Aufenthalts in der Anstalt um weitere zehn Jahre.

220 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.365

221 Freunde, Kameraden, Brüder! Nach Monaten der Qual und Entbehrungen ist endlich der ersehnte Moment gekommen, in dem an diesem nördlichsten Punkt unseres Planeten ein Tscheche steht. Zwar wird dies etwas getrübt dadurch, dass ich Deutscher bin. Aber nur vom Namen her. Mit Herz, Verstand und diesen Beinen bin ich Tscheche.

222 Vodopád ist die tschechische Übersetzung zu Wasserfall

223 SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. To nejlepší ze Smoljaka, Svěráka a Járy Cimrmana II. Vyd. 2., V Ottově nakladatelství 1. Praha: Ottovo nakladatelství, 2006. ISBN 80-7360-257-1. S.31

224 https://www.cimrman.at/list.php2l550 [abgerufen am 19.07.2024 um 13:00]

225 Ich betrachte Smoljaks „Hymna“ als das Stück und die Inszenierung des Jahrzehnts in ihrem Genre. Mir ist im tschechischen Theaterhumor und in der Satire der neunziger Jahre nichts bekannt, das ich damit vergleichen könnte.

226 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.534

227 Als Jára Cimrman den ersten Entwurf seines Stücks ,České nebe’ seinem Freund Josef Svatopluk Machar zur Durchsicht gab, sagte ihm der Dichter, dass möglicherweise Cimrmans Misserfolge auf seinen unpoetischen Namen zurückzuführen seien. Er schlug ihm sogar sofort das Pseudonym Jaroslav Budivoj Tesař vor, mit dem er beim patriotischen Publikum wahrscheinlich mehr Resonanz finden würde. Cimrman fand jedoch die zeitgenössische Mode der ausgefallenen poetischen Namen lächerlich. In einem der in Machars Nachlass gefundenen Briefe formuliert er das prägnant: „Jeder sollte den Namen tragen, mit dem er geboren wurde.

228 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.33

229 In der Periode, die wir als dynamisch bezeichnen, konzentrierte sich Cimrman vor allem auf Bewegung. Wer sich auch nur ein wenig mit seinen Ansichten auskennt, dem ist klar, dass der heute so hochgeschätzte amerikanische Kinetiker Frank Malina - übrigens tschechischer Herkunft - ohne Cimrman vielleicht jemand anderes wäre, aber bestimmt nicht Malina!

230 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.259

231 Warmes Bier ist schlimmer als eine kalte Deutsche.

232 https://www.ceskatelevize.cz/porady/24446-nejista-sezona/ [abgerufen am 20.07.2024 um 10:01]

233 https://www.youtube.com/watch2v5tlCxwbP3cac <1:12:58> [abgerufen am 01.08.2024 um 23:06]

234 Ruhe in Frieden, Österreich ist auf dem Mist. Ruhe in Frieden, der Tscheche fürchtet sich nicht vor dem Deutschen.

235 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.497

236 Einige haben unser Unternehmen verlacht - wie zum Beispiel die Prager Deutschen. Manche haben uns sogar Steine in den Weg gelegt - wie zum Beispiel der Reisende Vojta Náprstek, mit bürgerlichem Namen Fingerhut.

237 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.498

238 die ganze Welt sehen wird, was die Tschechen wieder einmal angestellt haben

239 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.561

240 Und diese Idee sollten wir von hier oben unterstützen. Auch mit dem Risiko, dass wir uns eigenständig der Expansion des deutschen oder des russischen Reiches stellen müssen.

241 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.377

242 Jára Cimrman sieht die Ursache für die Entstehung und starke Beliebtheit der Blaník-Legende in Böhmen hauptsächlich in der geografischen Lage unseres Landes. Ähnlich wie Palacký war Cimrman sich dessen bewusst, dass wir hier in Europa wie ein Körnchen zwischen Mühlsteinen stehen. Von Westen her drücken der germanische Imperialismus und von Osten her zerdrückt die Expansion des russischen Kolosses auf uns. Cimrman schreibt: „Es ist kein Wunder, dass ein so bedrängtes kleines Volk nach übernatürlichem und sogar wundersamem Schutz sucht, denn nur durch ein Wunder kann man hier überleben.“

243 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.413

244 Liebe Freunde, wir haben uns mit einigen Besonderheiten von Cimrmans wandernder Schauspieltruppe vertraut gemacht. Es gab jedoch mehrere charakteristische Merkmale. Das Ensemble war beispielsweise für seine ungewöhnlich schnellen Umzüge bekannt. Während das Fahrrad in Westeuropa ein Luxus für die obersten Zehntausend war, bei uns als exotisches Gerät galt, und in der Zarenzeit in Russland lediglich ein Gegenstand leidenschaftlicher Debatten in anarchistischen Kreisen darstellte, nutzte Cimrmans Kunsttruppe das Fahrrad ganz gewöhnlich.

245 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.446,451

246 vgl. https://stredmcechy.rozhlas.cz/vtte-proc-se-rika-dopadli-jak-sedlaci-u-chlumce-a-o-kterem-chlumci-je-vlastne-9035976 [abgerufen am 02.08.2024 um 17:05]

247 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.217

248 Am Ende musste Cimrman jedoch seine Sammlertätigkeit aufgeben, da sich die Lage auf dem tschechischen Land gefährlich zuspitzte. So lauerten ihm beispielsweise in der Nähe von Chlumec Bauern auf, spannten seine Pferde aus, nahmen die Bücher an sich und warfen den leeren Wagen in die Cidlina. Dieser Sieg war für sie ein kleiner Trost für ihre vorherigen Misserfolge.

249 Vgl. CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.336

250 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.369

251 Was geschah zum Beispiel im Jahr 1775 bei Chlumec nad Cidlinou? Eine Abteilung Soldaten trieb einige Dutzend Bauern in einen Teich. Das Ereignis selbst betraf also etwa hundert Personen. Als Geschichtsstoff unter dem Namen „Schlacht bei Chlumec“ hat dieses Gefecht jedoch Millionen von Schülern und Lehrern das Leben schwer gemacht. Wie viele Bauern bei Chlumec gefallen sind, wissen wir nicht genau, aber sicher weniger als die Anzahl der schlechten Noten, die wegen Unkenntnis dieses Geschichtsstoffs vergeben wurden.

252 CIMRMAN, Jára da; SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. Hry a semináře: úplné vydání. Vydání třetí. Divadlo Járy Cimrmana. Praha: Paseka, 2021. ISBN 978-80-7637-268-9. S.377

253 Cimrman brachte hier einen schönen Gedanken zum Ausdruck, dass die Gefallenen in gescheiterten Schlachten die Gelegenheit erhalten, ihre Niederlage durch künftige Siege wiedergutzumachen.

254 vgl. https://www.filmovvprehled.cz/cs/film/397423/iara-cimrman-lezici-spici [abgerufen am 28.07.2024 um 23:14]

255 SMOLJAK, Ladislav a SVĚRÁK, Zdeněk. To nejlepší ze Smoljaka, Svěráka a Járy Cimrmana II. Vyd. 2., V Ottově nakladatelství 1. Praha: Ottovo nakladatelství, 2006. ISBN 80-7360-257-1. 100f

256 Eine Gruppe junger Männer auf mächtigen Maschinen. Deutsche Motorradfahrer. Sie beherrschten die ganze Straße von links nach rechts, fuhren in einer Linie mit majestätisch ausgebreiteten Armen an den breiten Lenkern. Und einer von ihnen, wie ein dummes gehörntes Rindvieh am Rande der Herde, raste entschlossen direkt auf uns zu. Als er sich mit der rechten Fußraste, auf der ein Stiefel in hoher Lederstiefel ruhte, fast an den Kindern schrammte, sah ich etwas, das mir den Atem raubte: Der Fahrer trug keinen Motorradhelm, sondern einen Wehrmachtshelm aus dem Zweiten Weltkrieg. [...] Aber ich stellte fest, dass der Tag aufgehört hatte, schön zu sein, denn ich fühlte nach langer Zeit wieder Angst und Hass. Ich würde mich freuen, wenn diese Sommerkolumne in einigen deutschen Zeitungen abgedruckt würde. Die folgenden Zeilen sind nämlich hauptsächlich für die deutschen Leser bestimmt. Jemand - vielleicht die Zöllner an der Grenze - sollte den motorisierten Jungs, die nach Tschechien fahren, erklären, dass es unhöflich ist, bei uns in Opa’s Helm zu fahren. Denn Opa kam auch auf so einem starken Motorrad und benahm sich hier nicht gut. Er ließ uns Angst und Hass spüren. Dieser Zöllner sollte ihnen auch sagen, dass wenn uns schon deutscher Großvater zu Beginn des schrecklichen Krieges dazu gezwungen hat, rechts zu fahren, seine Enkel das respektieren und sich nicht über die ganze Fahrbahn ausbreiten sollten. Ich bin der Letzte, der den Schlamm der Geschichte aufwirbeln möchte. Ich gehöre zu denen, die sich wünschen, dass Angst und Hass durch nachbarschaftliches Verständnis zweier moderner Nationen ersetzt werden. Deshalb habe ich diese Zeilen eigentlich geschrieben.

Excerpt out of 119 pages  - scroll top

Buy now

Title: Interkulturalität als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts

Master's Thesis , 2024 , 119 Pages , Grade: 1,3

Autor:in: Alice Nicolson (Author)

Theater Studies, Dance
Look inside the ebook

Details

Title
Interkulturalität als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts
Subtitle
Die Rolle von Stereotypen in ausgewählten Theaterstücken des Jára (da) Cimrman-Theaters
College
University of applied Sciences Regensburg  (angewandte Natur- und Kulturwissenschaften)
Grade
1,3
Author
Alice Nicolson (Author)
Publication Year
2024
Pages
119
Catalog Number
V1524197
ISBN (PDF)
9783389120309
ISBN (Book)
9783389120316
Language
German
Tags
interkulturalität schlüsselkompetenz jahrhundert rolle stereotypen theaterstücken jára cimrman-theaters
Product Safety
GRIN Publishing GmbH
Quote paper
Alice Nicolson (Author), 2024, Interkulturalität als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1524197
Look inside the ebook
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
  • Depending on your browser, you might see this message in place of the failed image.
Excerpt from  119  pages
Grin logo
  • Grin.com
  • Payment & Shipping
  • Contact
  • Privacy
  • Terms
  • Imprint