Diese Untersuchung setzt sich mit Gustav Frenssens Peter Moors Fahrt nach Südwest auseinandersetzen. Es gilt hierbei, einen Aspekt zu betrachten, der von der Forschung bislang in diesem Kontext wohl weitestgehend außer Acht gelassen wurde, nämlich dem der Sympathielenkung.
Die deutsche koloniale Vergangenheit geriet spätestens 2004 ins Blickfeld der Öffentlichkeit, als die Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul, nach Namibia reiste und sich gegenüber den namibischen Bevölkerungsgruppen zur historischen Schuld Deutschlands bekannte.
Dies bedeutet, dass narratologische Strategien, die gezielt darauf ausgelegt sind, bei Rezipienten Gefühle der Empathie und Sympathie gegenüber fiktiven oder historischen Figuren hervorrufen oder gegebenenfalls deren Gegenpole, also Antipathie und Distanz zu erzeugen im Fokus dieser Untersuchung stehen. Bei diesem Roman handelt es um einen der in Deutschland meistgelesenen, als Feldzugbericht präsentierten, historischen Kolonialroman, mit fiktionalen Elementen. Dieser international erfolgreiche Text und nationaler Bestseller wurde im Oktober 1906 in Berlin erstmals veröffentlicht und erfuhr seither mehrere Neuauflagen, mit mehr oder minder tiefgreifenden Veränderungen und Ergänzungen. Thematisch behandelt dieser Pro-Kolonialroman einen Ausschnitt der deutschen Kolonialvergangenheit, den Herero- und Namaaufstand (1904-1908), sowie dessen genozidale Folgen im kaiserlichen Schutzgebiet 'Deutsch-Südwestafrika' (Namibia) und stellt Frenssens erste und einzige Auseinandersetzung mit einem kolonialen Stoff dar. In der Forschung zu Frenssen, welche ihn und sein Gesamtwerk, im Zusammenhang mit der Heimatkunstbewegung, der völkischen Literatur verortet, zeigt sich, dass sich sowohl der Umgang als auch die Einordnung dieses Schriftstellers durchaus ambivalent verhalten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Sympathielenkung – Ein Überblick
- 3. Peter Moors Fahrt nach Südwest
- 3.1 Dichotomien und Typisierung – Narratologische Verfahren zur Sympathiesteuerung
- 3.1.1 Deutsches Kollektiv – Narrative der Aufopferung für Identität und Fortschritt
- 3.1.2 Afrikanische Kollektive – Antipathie durch Diffamierung und Empathie durch Völkermord
- 3.2 Peter Moor - Empathie und Sympathie durch Protagonistenbonus, Leidensbereitschaft und Passivität?
- 3.1 Dichotomien und Typisierung – Narratologische Verfahren zur Sympathiesteuerung
- 4. Intermediale Aspekte und Ergänzungen der 1998 Ausgabe
- 5. Endergebnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Untersuchung analysiert Gustav Frenssens Roman "Peter Moors Fahrt nach Südwest" unter dem Aspekt der Sympathielenkung. Ziel ist es, bisher wenig beachtete narratologische Strategien zu identifizieren, die im Roman eingesetzt werden, um beim Leser Empathie und Sympathie für bestimmte Figuren oder Gruppen zu erzeugen oder deren Gegenpole hervorzurufen. Der Fokus liegt auf der Frage, wie der Roman die Wahrnehmung der deutschen Kolonialtruppen und der afrikanischen Bevölkerung beeinflusst.
- Analyse der narratologischen Strategien zur Sympathielenkung in "Peter Moors Fahrt nach Südwest"
- Untersuchung der Darstellung deutscher und afrikanischer Kollektive im Roman
- Bewertung der Rolle des Protagonisten Peter Moor bei der Steuerung von Empathie und Sympathie
- Betrachtung intermedialer Aspekte und der Veränderungen in späteren Ausgaben des Romans
- Einordnung des Romans in den Kontext der deutschen Kolonialgeschichte und der Vergangenheitsbewältigung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beleuchtet den Kontext der deutschen Kolonialvergangenheit und die zunehmende öffentliche Auseinandersetzung damit, insbesondere im Bezug auf den Genozid an den Herero und Nama. Sie führt den Fokus auf Gustav Frenssens "Peter Moors Fahrt nach Südwest" und dessen bisher wenig erforschten Aspekt der Sympathielenkung ein. Der Roman wird als einflussreicher Pro-Kolonialroman vorgestellt, der einen Ausschnitt des Herero- und Namaaufstands darstellt und in der Forschung unterschiedlich eingeordnet wird, wobei seine ideologische Ausrichtung und Einordnung in die Heimatkunstbewegung und den Kontext des Nationalsozialismus kritisch diskutiert werden.
2. Sympathielenkung – Ein Überblick: Dieses Kapitel bietet einen theoretischen Überblick über den Begriff der Sympathielenkung in der Literaturwissenschaft und beschreibt verschiedene narratologische Techniken, mit denen Autoren die Emotionen und Reaktionen ihrer Leser steuern können. Es werden verschiedene Ansätze und Definitionen von Sympathielenkung und Rezeptionslenkung diskutiert und differenziert, um ein solides Fundament für die anschließende Analyse von Frenssens Roman zu schaffen.
3. Peter Moors Fahrt nach Südwest: Dieses Kapitel ist die Kernanalyse des Romans. Es untersucht, wie Frenssen durch narrative Strategien die Sympathien des Lesers lenkt. Es analysiert die Darstellung der deutschen Kolonialtruppen als aufopferungsbereites Kollektiv, das für Fortschritt und Identität kämpft, im Kontrast zu der Diffamierung der afrikanischen Bevölkerung. Weiterhin wird die Rolle des Protagonisten Peter Moor und seine Wirkung auf die Empathie des Lesers untersucht, unter Berücksichtigung seines Protagonistenbonus, seiner Leidensbereitschaft und seiner Passivität. Die Analyse betrachtet die dichotome Struktur der dargestellten Kollektive und die Konzeption des "Eigenen" und "Fremden" im Roman.
4. Intermediale Aspekte und Ergänzungen der 1998 Ausgabe: Dieser Abschnitt befasst sich mit den intermedialen Aspekten des Romans und den Veränderungen, die in der 1998er Ausgabe vorgenommen wurden. Es wird untersucht, inwiefern diese Änderungen die Wirkung des Textes und die Sympathielenkung beeinflusst haben und ob möglicherweise neue Perspektiven oder Interpretationen ermöglicht werden. Die Analyse könnte auch den Kontext der Wiederauflage in Namibia berücksichtigen.
Schlüsselwörter
Sympathielenkung, Rezeptionslenkung, Gustav Frenssen, Peter Moors Fahrt nach Südwest, Kolonialroman, Herero und Nama, Genozid, Narratologie, Deutsches Kaiserreich, Heimatkunst, Propaganda, ideologische Ansätze, Sozialdarwinismus, Vergangenheitsbewältigung.
Häufig gestellte Fragen
Was ist der Fokus der Analyse von "Peter Moors Fahrt nach Südwest"?
Die Analyse konzentriert sich auf die Sympathielenkung in Gustav Frenssens Roman "Peter Moors Fahrt nach Südwest". Sie untersucht, wie der Roman narrative Strategien einsetzt, um Empathie und Sympathie für bestimmte Figuren oder Gruppen (insbesondere deutsche Kolonialtruppen) zu erzeugen und Antipathie gegenüber anderen (afrikanische Bevölkerung) zu schüren.
Welche narratologischen Strategien werden untersucht?
Die Untersuchung identifiziert und analysiert verschiedene narratologische Techniken, die im Roman verwendet werden, um die Emotionen und Reaktionen des Lesers zu steuern. Dies umfasst die Darstellung deutscher und afrikanischer Kollektive, die Rolle des Protagonisten Peter Moor und die dichotome Struktur des Romans.
Wie werden deutsche und afrikanische Kollektive im Roman dargestellt?
Deutsche Kolonialtruppen werden als aufopferungsbereites Kollektiv dargestellt, das für Fortschritt und Identität kämpft. Im Gegensatz dazu wird die afrikanische Bevölkerung oft diffamiert und negativ dargestellt, um Antipathie zu erzeugen.
Welche Rolle spielt Peter Moor bei der Sympathielenkung?
Die Rolle des Protagonisten Peter Moor wird untersucht, um zu verstehen, wie er die Empathie des Lesers beeinflusst. Aspekte wie sein Protagonistenbonus, seine Leidensbereitschaft und seine Passivität werden berücksichtigt.
Was sind die intermedialen Aspekte und Ergänzungen der 1998er Ausgabe?
Die Analyse befasst sich auch mit den intermedialen Aspekten des Romans und den Veränderungen, die in der 1998er Ausgabe vorgenommen wurden. Ziel ist es, zu untersuchen, wie diese Änderungen die Wirkung des Textes und die Sympathielenkung beeinflusst haben.
In welchen Kontext wird der Roman eingeordnet?
Der Roman wird in den Kontext der deutschen Kolonialgeschichte, insbesondere des Genozids an den Herero und Nama, sowie der Vergangenheitsbewältigung eingeordnet. Auch die ideologische Ausrichtung des Romans, seine Einordnung in die Heimatkunstbewegung und der Kontext des Nationalsozialismus werden kritisch diskutiert.
Welche Schlüsselwörter sind relevant für die Analyse?
Relevante Schlüsselwörter sind: Sympathielenkung, Rezeptionslenkung, Gustav Frenssen, Peter Moors Fahrt nach Südwest, Kolonialroman, Herero und Nama, Genozid, Narratologie, Deutsches Kaiserreich, Heimatkunst, Propaganda, ideologische Ansätze, Sozialdarwinismus, Vergangenheitsbewältigung.
Was ist das Ziel der Analyse?
Das Ziel ist es, die Wahrnehmung der deutschen Kolonialtruppen und der afrikanischen Bevölkerung durch den Roman zu untersuchen und die Mechanismen der Sympathielenkung aufzudecken.
- Quote paper
- Philipp Schönherr (Author), 2020, Sympathielenkung in Peter Moors Fahrt nach Südwest. Untersuchung zu Potenzialen der Empathie und Sympathie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1524300