Neuer Patriotismus und nationale Identität in Deutschland im Jahr der Fußball-WM 2006

Eine politikwissenschaftliche Untersuchung


Mémoire de Maîtrise, 2007

111 Pages, Note: 1


Extrait


Inhalt

Einleitung

1. Patriotismus oder Nationalismus?
1.1 Forschungs- und Definitionsschwierigkeiten
1.2 Grundthesen zum modernen Nationalismus
1.3 Die Vorstellung von Volk und Nation Oder: Die Konstruktion der Gemeinschaft
1.4 Nationale Identität: Selbstwahrnehmung über Abgrenzung
1.5 Kontroversen um historische Bezugspunkte und den Charakter des Patriotismus
1.5.1 Vom Reichspatriotismus zum nationalen Patriotismus
1.5.2 Das Verständnis von Volk und Nation im deutschen Sprachgebiet
1.5.3 Wissenschaftliche Nationalismustypologisierungen und ihre historische Anwendung auf den deutschen Nationalismus
1.5.4 Zur Ideologie des Nationalismus anhand seiner Entwicklung in Deutschland
1.5.4.1 Patriotismus und Nationalismus: Gegensatz- oder Geschwisterpaar?
1.5.4.2 Die Konstruktion partikularer Interessen als Gemeinwohl
1.5.4.3 Nationalismus als Integrationsideologie
1.6 Nationalismus als grundsätzlicher Widerspruch zum emanzipatorischen Universalismus

2. Nationalismus, Patriotismus, Identitäts- und Normalisierungsdiskurse in der BRD
2.1 Identitäts- und Normalisierungsdiskurse in der Bonner Republik
2.2 Die Last der Vergangenheit - Geschichtspolitische Normalisierungs- und Identitätsdebatten
2.3 Renationalisierung als Folge der deutsch-deutschen ‚Vereinigung’
2.3.1 Alte und neue Formen des Nationalismus in der BRD im Zeichen des ökonomischen Wandels
2.3.2 Vom erwachtem Nationalstolz und der ‚selbstbewussten Nation’
2.3.3 Normalisierungs- und Geschichtsdiskurse in der Berliner Republik
2.4 Die ‚Leitkultur’-Debatte als Identitäts- und Homogenisierungsdiskurs
2.4.1 Von Einwanderungs- und Asyldebatten zur ‚deutschen Leitkultur’
2.4.2. Zur Begriffsgrundlage der ‚Leitkultur’
2.4.3 Schönbohms ‚deutsche Leitkultur’
2.4.4 Die ‚Leitkultur’ im Kontext des ‚Zuwanderungsgesetzes’
2.4.5 Die ‚Leitkultur’-Debatte als neorassistische Identitäts- und Ausschlussdebatte
2.4.6 Kritik an der ‚Leitkultur’ - Zustimmung zur Identitätskonstruktion

3. Der Diskurs um den ‚neuen Patriotismus’ in Deutschland
3.1 Parteipolitische Positionen und die Bedeutungszunahme des ‚neuen Patriotismus’
3.2 Vom ‚Gemeinwohl’ des Patriotismus in einer globalisierten Welt
3.2.1 Wirtschaftspolitische Motivationsappelle an die Gemeinschaft
3.2.2 Du bist Deutschland - Weltoffener Standortnationalismus?
3.2.3 Traditioneller Nationalismus und Standortnationalismus im Wechselverhältnis
3.3 Vom Selbstverständnis des ‚neuen Patriotismus’ in Deutschland
3.3.1 Die historische Abgrenzung des Patriotismus vom Nationalismus
3.3.2 ‚Normalisierung’ durch Historisierung - Vom neuen historischen Selbstbewusstsein deutscher Patrioten
3.3.3 Die ‚neue’ Liebe zum Vaterland - Abkehr von Verfassungspatriotismus und post-nationaler Identität
3.3.4 Aufgeklärter Patriotismus - Fern von jeglichem Nationalismus?
3.4 Die Fußball-WM 2006: Ausdruck eines ‚neuen weltoffenen Patriotismus’?
3.4.1 „Die Welt zu Gast bei Freunden“
3.4.2 Fußball und Politik in Deutschland. Vom Spannungsverhältnis nationaler und transnationaler Identitäten
3.4.3 Die WM im Rückblick - Ein nationales Erweckungserlebnis
3.4.4 Ausgrenzender Nationalismus während der WM
3.4.5 Der ‚Hymnendiskurs’ als Ausdruck des nationalen Selbstverständnisses

Schlussbemerkung

Literatur

Einleitung

Als die Fußballweltmeisterschaft (WM) 2006 in Deutschland zu Ende ging, war dies auch das Ende einer 4-wöchigen Massen- und Medieneuphorie in Deutschland, die so kaum jemand erwartet hätte. Mit der Begeisterung der Deutschen für das deutsche Team als auch das Mega-Sportereignis ging ein unbeschwerter Umgang der Deutschen mit den Nationalstaatsfarben Schwarz-Rot-Gold einher, wie er seit der Wiedervereinigung nicht mehr zu beobachten war. Was war in den vier Wochen der WM geschehen? Handelte es sich nur um eine überdimensionale Party, deren Dynamik - mit Hilfe des ‚Volkssports’ Fußball - alle Bevölkerungsschichten mitriss? Oder verdeutlichte und verdichtete sich während der WM 2006 ein bereits zuvor vollzogener ‚Wandel’ im Umgang mit der Nation, der zudem als Ausdruck einer breiten Zustimmung zum so genannten ‚neuen Patriotismus’ verstanden werden kann?

Diskussionen darüber bestimmten noch Monate nach der WM die deutsche Medienlandschaft. Deutungs- und Anknüpfungsversuche gegenüber dem konstatierten ‚neuen Patriotismus’ bleiben vor allem durch Parteienvertreter[1] der so genannten Mitte sowie diverse Feuilletonpublizisten gegenwärtig. Dies verwundert insofern nicht, da die Debatten um jenen ‚neuen Patriotismus’ dem WM-Patriotismus faktisch vorausgingen und insbesondere von Politikern vornehmlich aus dem konservativen Spektrum als auch einigen populären Publizisten vorangetrieben wurden. In diesen zumeist aus einer affirmativen Position gegenüber den Entwicklungen geführten Debatten wird besonders die Frage nach der Nachhaltigkeit des ‚neuen Patriotismus’ in der Bevölkerung gestellt, die auch mehr als ein Jahr nach Beendigung der WM weiterhin nur spekulativ beantwortet werden kann. Aus diesem Grund wird die Frage nach der Nachhaltigkeit des ‚neuen Patriotismus’ nicht im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen, auch wenn in der Abschlussbetrachtung eine Einschätzung über sie ihren Platz finden soll.

Das Hauptaugenmerk dieser Arbeit ist vielmehr auf die Frage nach den Kennzeichen des ‚neuen Patriotismus’, der bereits einige Jahre vor Beginn der WM diskutiert wurde, gerichtet. Vorweggenommen werden kann, dass das übergreifende Interesse der ‚neuen Patrioten’ klassischerweise hauptsächlich darin liegt, ein positives Verhältnis zur Nation und deren Geschichte zu formulieren und zu fördern. Damit verbindet sich die Vorstellung von einer nationalen Identität der Deutschen, die es zu betonen und zu bewahren gelte. Für die Herstellung dieses positiven Bezugs auf die Nation und deren Geschichte wird vor allem auf die Ideen und Vorstellungen des nationalen Patriotismus des 18. und 19. Jahrhunderts zurückgegriffen. In diesem sehen viele ‚neue Patrioten’ ein aufgeklärtes und freiheitlich-demokratisches Gesellschaftsverständnis. Dieser Rückgriff auf die Geschichte macht es notwendig - will man dem Phänomen Patriotismus auf die Spur kommen - sich mit den historischen Begriffen und ihren Konzepten auseinander zu setzen.

Vor dem Hintergrund der historischen Erfahrungen mit dem Nationalismus in Deutschland - und speziell mit dessen Kulminationspunkt, dem Faschismus -, stellt sich die Frage, wie Patriotismus von diesen negativen Ausformungen unterschieden und abgegrenzt werden soll. Diese Fragen sollen ebenso im ersten Kapitel diskutiert werden wie die Definitionsproblematiken um die Begriffe Patriotismus, Nationalismus, Nation und nationale Identität. Bei der Thematisierung der Begriffe sollen zudem theoretische Grundlagen geschaffen werden, die für den weiteren Verlauf der Arbeit und den Umgang mit den Begriffen unabdingbar sind. Darüber hinaus soll der Frage nachgegangen werden, ob die positive Darstellung des Patriotismus im 18. und 19. Jahrhundert in ‚Deutschland’, wie sie von ‚neuen Patrioten’ vorgenommen wird, es überhaupt ermöglicht, diesen vom negativ verstandenen Nationalismus inhaltlich und zeitlich abzugrenzen. In diesem Zusammenhang stellt sich letztlich auch die Frage - insbesondere durch den Rückgriff auf die Geschichte -, was an dem jüngst diskutierten Patriotismus ‚neu’ sein soll.

Anschließend, im zweiten Kapitel der Arbeit, sollen zunächst jene diskursiven Grundlagen thematisiert werden, die für das Verständnis bezüglich der Auseinandersetzung mit dem ‚neuen Patriotismus’ als auch für verschiedene Unterdiskurse als notwendig erachtet werden. Es soll der Frage nachgegangen werden, wie es dazu kam, dass ein einst (mehr oder weniger) vorhandenes kritisches Verhältnis zur Nation in Deutschland jüngst einer unbefangenen Handhabung wich. Dass jedoch nach wie vor ein solch legerer Umgang mit Nationalstaatssymbolen (wie bspw. der Flagge) in der Öffentlichkeit nicht als Normalzustand betrachtet wird, wurde in Anbetracht der Reaktionen während der WM deutlich. Der nahezu gesamtgesellschaftliche Zuspruch zum ‚neuen Patriotismus’ und die Ausmaße der WM-Euphorie hatten die gesamte bundesrepublikanische Öffentlichkeit - von Politikern über das breite Medienspektrum bis in verschiedenste kulturelle Kreise - auffallend stark überrascht. Die Reaktionen waren jedoch spektrenübergreifend überwiegend positiv, galt bis dahin Deutschland doch weiterhin als „schwieriges Vaterland“ (Gustav Heinemann), welches von der historischen Last des deutschen Faschismus in seinem Verhältnis zur Nation belastet schien. Um zu verstehen, wie es trotz diesen Einschätzungen zum ‚neuen Patriotismus’ kommen konnte, sollen einige zentrale bundesrepublikanische Diskurse betrachtet werden. Der Schwerpunkt soll hierbei, nach einem kurzen einleitenden Blick auf die früh-bundesrepublikanische Entwicklung, auf den Renationalisierungs- und Identitätsdebatten sowie den geschichtspolitischen Diskursen infolge der Regierungsübernahme durch Helmut Kohl 1982 liegen. Anschließend sollen jene Diskurse mit den aktuellen Diskursen zum ‚neuen Patriotismus’ verknüpft werden. Dies soll vor allem anhand der Betrachtung jüngerer Identitäts- und Normalisierungsdebatten, die vornehmlich von der CDU/CSU-Union nach dem Gang in die Opposition 1998 initiiert wurden, geschehen. Denn viele dieser Kampagnen, insbesondere jene um eine ‚Leitkultur’, wurden kontinuierlich mit Forderungen nach einem ‚neuen Patriotismus’ verbunden. Einige der betrachteten Diskurse und Debatten können darüber hinaus als relevante inhaltliche (Teil-)Aspekte des ‚neuen Patriotismus’ verstanden werden als auch als Ausdruck des politischen und gesellschaftlichen Klimas.

Im dritten Kapitel soll schließlich eine qualitative Auseinandersetzung, anhand zahlreicher wissenschaftlicher Beiträge und parteipolitischer Patriotismusproklamierungen, mit dem ‚neuen Patriotismus’ vollzogen werden. Einhergehend mit der Betrachtung verschiedener zentraler Aspekte des ‚neuen Patriotismus’ soll den Fragen nachgegangen werden, wie die ‚neuen Patrioten’ die Abgrenzung zum Nationalismus vollziehen und ob der ‚neue Patriotismus’, dem - von Seiten der Befürworter - das Potential zur Förderung von Weltoffenheit, Toleranz und demokratischem Bewusstsein zugesprochen wird, dieses erfüllen kann. Dabei stellt sich insbesondere die Frage, wie die Protagonisten des ‚neuen Patriotismus’ die Forderungen zur Bewahrung der nationalen Identität mit Weltoffenheit, Toleranz und demokratischem Bewusstsein verknüpfen. Zudem gilt es zu fragen, welche Rolle die ‚Last der Vergangenheit’ in den gegenwärtigen Debatten noch spielt?

Ein besonderes Augenmerk gilt den Funktionen bzw. den Potentialen, die dem Patriotismus, von dessen Befürwortern zugesprochen werden. Vornehmlich handle es sich hierbei um die Möglichkeit, den Zusammenhalt einer scheinbar fragmentierten Gemeinschaft zu sichern als auch dem Interesse am Gemeinwohl verpflichtet zu sein. Doch inwiefern kann und soll der ‚neue Patriotismus’ dies leisten?

Im Anschluss daran, also im zweiten Teil des dritten Kapitels, soll der Blick auf die Fußball-WM 2006 in Deutschland gerichtet werden. Hierbei soll dargestellt werden, dass die - im Vorfeld geförderte und geforderte und letztlich zu verzeichnende - nationale WM-Euphorie und Partystimmung eine mehrfach bedeutsame Funktion für das gegenwärtig präsentierte Bild Deutschlands als weltoffene und gastfreundliche Nation hatte. Es gilt einerseits den Interessen zur Förderung des Nationalbewusstseins und der Akzeptanz gegenüber einem ‚neuen Patriotismus’ nachzugehen wie andererseits der Frage, ob das während der WM medial erzeugte Bild Deutschlands tatsächlich als Spiegelbild der Gesellschaft gedeutet werden kann. Die enorme Bedeutung der Konstruktion der modernen und weltoffenen Nation soll abschließend anhand der Betrachtung des Diskurses um die Kritik am ‚Lied der Deutschen’, die von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) während der WM geäußert wurde, verdeutlicht werden.

Im Blickfeld dieser Arbeit stehen ausschließlich die Debatten, Diskurse und Positionen der Parteien sowie jene von Wissenschaftlern und Publizisten aus der so genannten gesellschaftlichen Mitte. Dies erklärt sich dadurch, dass der Diskurs um den ‚neuen Patriotismus’ von der traditionell-konservativen Parteienunion von CDU/CSU initiiert wurde und im öffentlich geführten Diskurs ausschließlich Positionen aus der so genannten demokratischen Mitte zu Wort kommen. Dass Positionen extrem rechter Parteien nicht in den öffentlichen Diskurs mit einfließen ist bereits als deutlicher Ausdruck der vorherrschenden Trennung eines Patriotismus der ‚Mitte’ vom Nationalismus der extremen Rechten zu werten. Doch weder soll in dieser Arbeit dieser vereinfachenden Trennung gefolgt werden noch die Relevanz verschiedener rechter Strömungen für diesen Diskurs und keineswegs die zunehmende Relevanz von extrem rechten Parteien, Spektren oder Einstellungen in der Bevölkerung - und damit auch für die politische Kultur - negiert werden. Sofern der Blick auf die Entwicklungen des Rechtsextremismus gerichtet ist, soll dies lediglich dazu dienen auf das Wechsel- bzw. Spannungsverhältnis von Rechtsextremismus und demokratischer Mitte zu verweisen.

Keine Beachtung soll in dieser Arbeit der inhaltlich-demokratischen Substanz der Parteien der so genannten Mitte zu Teil werden. Diese spannende Frage, u.a. im Hinblick auf die zahlreichen Grundgesetzänderungen, den damit einhergehenden Beschneidungen von Grundrechten in den vergangenen Jahren als auch die Gefahr für die Demokratie durch einen weit verbreiteten Zuspruch zu nationalistischen Einstellungsmustern, würde den Umfang dieser Arbeit schlicht sprengen. Jedoch soll zumindest die Frage angerissen werden, welche Bedeutung der Demokratie und dem Grundgesetz im gegenwärtigen Diskurs um den ‚neuen Patriotismus’ zugesprochen wird.

Da der Diskurs um den ‚neuen Patriotismus’ ein innerpolitischer bzw. innergesellschaftlicher Diskurs über das nationale Selbstverständnis ist, sollen Analysen über die bundesdeutsche Außenpolitik, trotz zunehmender geopolitischer Machtambitionen der BRD, ebenfalls in den Hintergrund der Betrachtung treten. Dies soll jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass verschiedene außenpolitische Entwicklungen ebenso wie vielfältige Globalisierungs- und Denationalisierungsprozesse (beispielsweise der zunehmende transkulturelle Austausch und die weltweit gestiegenen Migrationsströme als auch die Verlagerung von nationalstaatlichen Souveränitätsrechten auf supranationale Institutionen) eine direkte Rolle für den Diskurs spielen. Denn einerseits gehen mit diesen Entwicklungen vielfältige Warnungen gegenüber einem vermeintlichen Verlust von nationalstaatlicher Binde- und Integrationskraft einher; andererseits lassen sich in großen Teilen der Bevölkerung tatsächlich zunehmende Orientierungs- und Existenzängste registrieren. Wenn auch diese Entwicklungen in dieser Arbeit lediglich als Hintergrunderkenntnisse verbleiben, liegen doch hier vielfach die Anknüpfungspunkte für nationalistische Kampagnen.

1. Patriotismus oder Nationalismus?

1.1 Forschungs- und Definitionsschwierigkeiten

Wenn man sich mit dem Begriff des nationalen Patriotismus[2] auseinandersetzen will, kommt man am Begriff des Nationalismus nicht vorbei. Dies erklärt sich schlicht dadurch, dass unter beiden Begriffen - sowohl historisch als auch gegenwärtig - „mehrdimensionale spezifische nationsbezogene Überzeugungs-, Ideologie- und Verhaltenssysteme“ verstanden werden, „die nicht nur auf die Unterstützung spezifischer politischer Systeme und Regime, sondern auch im Hinblick auf die Unterstützung der gesamten Nation konzipiert“ (Blank 2002, 28) sind. Mit dieser Gemeinsamkeit von Patriotismus und Nationalismus ist - bezüglich der Fragen nach den Definitionen und einer möglichen Trennung der beiden Begriffe - gleichzeitig das zentrale Problem angesprochen: Wenn Patriotismus und Nationalismus in einem untrennbaren Verhältnis zum Gemeinschaftskonzept der Nation bzw. zum Nationalstaat stehen, was genau unterscheidet sie dann? Ist es überhaupt möglich beide Begriffe qualitativ und/oder zeitlich voneinander zu trennen? Erschwert wird diese Frage nach der Unterscheidung durch die Erkenntnis, dass beide Begriffe seit dem 18. Jahrhundert - dem Jahrhundert der Entstehung der Idee der modernen Nation - im politischen Sprachgebrauch vielfach synonym verwendet wurden. Das damit einhergehende Problem einer sowohl historischen als auch strukturellen Trennung hat sich bis heute kaum verändert.

In der deutschsprachigen Politikwissenschaft hat sich jedoch der Begriff des Nationalismus gegenüber dem älteren Begriff des Patriotismus durchgesetzt. Dies lässt sich insbesondere historisch begründen. Während der Begriff Nationalismus verdeutlicht, dass dieser stets auf die Idee von der Nation bezogen war, galt die Loyalität des Patrioten seit dem 16. Jahrhundert - also vor der Entstehung der Idee der Nation - zunächst den damaligen Fürstentümern (vgl. KLUGE 2002, 686). Das Vaterland war dabei vornehmlich der ‚eigene’ Herrschaftsbereich. Diesbezüglich spricht man rückblickend in Deutschland auch vom Reichspatriotismus. Erst mit dem Aufkommen der Idee der Nation - im 18. Jahrhundert - konnte sich überhaupt ein nationaler Patriotismus entwickeln. Die Übergange und Loyalitäten waren, wie zu zeigen sein wird, jedoch fließend. Um jedoch das Wort Nationalismus aufgrund der negativen historischen Erfahrungen mit diesem zu vermeiden, wird gegenwärtig wieder auf den älteren Begriff des Patriotismus zurückgegriffen. Dieser wird weitgehend als positive Vaterlandsliebe begriffen. Damit soll eine Abgrenzung zum vielfach negativ verstandenen Nationalismus vollzogen werden, da dieser zu autoritär-hierarchischen Gesellschaftsvorstellungen neigt. Diese Unterscheidung ermöglicht es, dem negativ verstandenen Nationalismus eine positive, als grundsätzlich demokratisch-orientiert dargestellte Variante gegenüber zu stellen. Dies wird sowohl im Diskurs zum ‚neuen Patriotismus’ als auch im Rekurs auf den Patriotismus des 18. und 19. Jahrhunderts, der die Grundlage des gegenwärtigen Patriotismusverständnisses darstellt, deutlich. Dieser Rekurs ist zugleich auch mit der Intention verbunden, nicht nur die Liebe zur Nation, sondern auch den Bezug zur Geschichte neu zu betonen. Daher erscheint - neben der Auseinandersetzung mit den Begriffen Patriotismus und Nationalismus - auch ein Blick auf das dazugehörige Begriffsnetz, in das die Begriffe Nation, nationale Identität, Volk und Ethnie eingebunden sind, notwendig. Die Klärung dieser Begriffe ist darüber hinaus auch deswegen von Relevanz, als damit der Frage nachgegangen wird, ob das von den Befürwortern des ‚neuen Patriotismus’ anvisierte Gemeinschaftskonzept einer „weltoffenen Nation“ (Kronenberg 2006a), welche die Grundlage für einen ‚aufgeklärten Patriotismus’ darstellen soll, möglich erscheint. Hierbei soll zudem der Frage nachgegangen welche Bedeutung bzw. Funktion die Vorstellung einer nationalen Identität, die vielfach als Ausdruck eines nationalen ‚Wesens’ verstanden wird, einnimmt.

In der historischen Auseinandersetzung mit Patriotismus und Nationalismus soll gezielt die Entwicklung der deutschen Nationalbewegung betrachtet werden. Da sich der positive Rekurs in der Diskussion zum ‚neuen Patriotismus’ lediglich auf die Entstehungsphase und die nachfolgende Entwicklung der Nationalbewegung im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation bis maximal zur Errichtung des ersten deutschen Nationalstaates 1871 richtet, wird der Blick in dieser Arbeit folglich ebenso nur auf diesen Zeitraum gerichtet sein. Darüber hinaus sollen jedoch nur die mit der Nationalstaatsgründung zusammenhängenden Besonderheiten beleuchtet werden. Auf eine detaillierte Beschreibung der Nationalstaatsentwicklung wird ebenso verzichtet wie auf eine genauere Betrachtung der Zeit nach der Entstehung des deutschen Nationalstaates, also auch der Weimarer Republik und des deutschen Faschismus[3].

Die hier vorgenommene Betrachtung des deutschen Nationalismus soll sich also insbesondere der Frage nach der Möglichkeit zur historischen Trennung von Patriotismus und Nationalismus widmen. Hierfür sollen zunächst verschiedene Nationalismus-typologisierungen betrachtet werden, die für die beschriebene gängige Unterscheidung kennzeichnend sind bzw. einen besonderen Stellenwert einnehmen. Bezüglich dieser Auseinandersetzung ist es meines Erachtens zwingend notwendig, stets auch auf die Interessen, Ideen und Ziele der sozialen Trägerschaften im deutschen Nationalismus bzw. Patriotismus einzugehen. Denn nur anhand dieser Betrachtung, wenn dies auch aus Platzgründen nur skizzenhaft möglich ist, erscheint die Auseinandersetzung mit der Charakterisierung des Nationalismus bzw. Patriotismus, wie sie von Patriotismusbefürwortern vollzogen wird, sinnvoll.

In dieser Arbeit wird - der Nationalismusforschung folgend - dem Begriff des Nationalismus der Vorzug vor dem Patriotismusbegriff gegeben. Folgerichtig erfolgt zunächst eine Definitionsgrundlage des modernen Nationalismus. Sofern in dieser Arbeit von Patriotismus gesprochen wird, dient dies der expliziten Unterscheidung und Abgrenzung des Patriotismus vom Nationalismus, wie sie von Patriotismusbefürwortern vorgenommen wird bzw. wie dieser historisch verwendet und definiert wird. Diese Patriotismusdefinitionen werden stets in der Auseinandersetzung mit dem Nationalismus und der geschichtlichen Entwicklung geführt, weshalb auf eine gesonderte Definition des Patriotismus verzichtet werden soll. Grundsätzlich kann diesbezüglich festgehalten werden, dass sowohl für die Begriffe Nationalismus und Patriotismus wie auch für die damit in Verbindung stehenden Termini Nation, nationale Identität und Nationalstaat innerhalb der Wissenschaft sich bis heute noch keine weitläufig anerkannten Definitionen durchgesetzt haben. Dies gilt insbesondere für den Begriff des Nationalismus, der, so Peter Alter, „einer der inhaltlich vieldeutigsten ist, den es heute in unserem politischen und wissenschaftlichen Sprachgebrauch gibt“ (Alter 1985, 10). Ein Blick auf die große historische und politische Spannbreite der Verwendung der Begriffe, die in Deutschland vom ‚Patriotismus’ in den Reichsgebieten bis zur Verwendung des Begriffs im Kontext des deutschen Faschismus reicht, macht die begriffliche Vieldeutigkeit ersichtlich. Bei der Auseinandersetzung mit den Begriffen ist allerdings deutlich geworden, dass gerade viele Patriotismusdefinitionen von affirmativen Haltungen gegenüber dem Gemeinschaftskonzept der Nation durchzogen sind. Dies versperrt jedoch, wie noch zu zeigen sein wird, einen kritischen Zugang zum Patriotismus (vgl. Herrmann 1996, 15).[4] Der Verdacht der Ideologie erscheint in diesem Kontext besonders dann gerechtfertigt, wenn es in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung um die „Rekonstruktion des historischen Patriotismus-Begriffs in gegenwartsbezogener Absicht“ (Kronenberg 2006a, 22) geht. Spätestens hierbei zeigt sich, dass die Erkenntnisse der ideologiekritischen neuen Nationalismusforschungen[5] in dieses Vorhaben nicht miteinbezogen werden.

1.2 Grundthesen zum modernen Nationalismus

Entgegen den Vorstellungen der alten Nationalismusforschung wird die Geburt des modernen Nationalismus[6] - von Seiten der neuen Nationalismusforschung - im 18. Jahrhundert verortet. Die Vertreter der neuen Forschung konnten nachweisen, dass der Nationalismus ein Geschöpf der Moderne ist, für die es keinerlei historische Präzedenzfälle gab (vgl. Hobsbawm 2005, 58ff.). Erst mit der Unabhängigkeitserklärung der USA (1776), vor allem jedoch in Folge der so genannten Großen Revolution in Frankreich (1789) konnte die Idee der souveränen Nation als zentrales Merkmal des Nationalismus ihren - aus heutiger Sicht - weltweiten Siegeszug antreten. Diesen Erkenntnissen folgend sollte die Entstehung des Nationalismus stets vor dem Hintergrund der zahlreichen Modernisierungsprozesse und -krisen des 18. Jahrhunderts betrachtet werden. Dabei stellen sowohl die Ideen der Aufklärung - inklusive des damit einhergehenden Verfalls der religiösen Hegemonie sowie der Hinterfragung der Legitimation der alten Ordnung - als auch die Industrielle Revolution - als Ausdruck der „Dynamik des kapitalistischen Entwicklungsprozesses“ (Fritzsche 2000, 183) und die damit verbundene Ausbildung der bürgerlichen Gesellschaft, samt der (schleichenden) Ablösung des Feudalismus - die entscheidenden Faktoren dar (vgl. bspw. Anderson 1988, Hobsbawm 2005, Gellner 1991, Deutsch 1972).[7] Die Erkenntnis, dass der Nationalismus also ein Produkt der Moderne ist, verhilft eine neue Perspektive einzunehmen, die verdeutlicht, dass „es der Nationalismus [ist], der die Nationen hervorbringt und nicht umgekehrt“ (Gellner 1995, 87). Damit brachen die genannten Vertreter der neuen Nationalismusforschung mit der bis dahin weitläufig verbreiteten Vorstellung, „Nationen seien historisch notwendige, aus dem geschichtlichen Prozeß gleichsam von selbst herausgewachsene Gebilde und der Nationalismus Begleiterscheinung dieser Entwicklung“ (Hermann 1996, 8).

Die Vertreter der Aufklärung Mitte des 18. Jahrhunderts im (vor-)revolutionären Frankreich, die Fortschritt, Vernunft und Rationalismus proklamierten, waren von einem egalitären Gesellschaftsverständnis, der Idee der Volkssouveränität, angetrieben. Nicht mehr nur die herrschenden Stände wurden als Nationsmitglieder definiert, sondern alle Gesellschaftsmitglieder, besonders auch der ‚Untertanenverband’, der so genannte Dritte Stand (vgl. Döhn 2000, 402).[8] Das moderne Nationenverständnis[9] begriff folgerichtig alle Mitglieder der Nation als politisch gleichberechtigt. Allen Mitgliedern sollten die gleichen Menschen- und Bürgerrechte sowie die gleichen Pflichten zuteil werden[10]. Die nationale Idee mit ihren Forderungen zur Demokratisierung des Staates zielte damit auf nicht weniger ab als auf die Ablösung der ständischen Gesellschaftsordnung. Folglich hatte diese „Verschmelzung der Theorie des Nationalismus mit der viel älteren Lehre von der Volkssouveränität […] revolutionäre Implikationen, da sie das Aufkommen einer wesentlich weltlichen Gesellschaft mit einem universell anerkannten Wertesystem gestattete“ (Neumann 1984, 135). Die postulierten Gleichheits- und Partizipationsversprechen verhalfen dem Nationalismus zu einer Einheit stiftenden Kraft sowie zu einer neuen Sinngebungs- und Rechtfertigungsinstanz zu werden, vor allem nach der Ablösung der alten Dynastien (vgl. Wehler 1996, 166). Neben den politischen Gleichheitsversprechen sind jedoch auch die sozioökonomischen, vermeintlich klassenübergreifenden Integrations- und Sicherheitsversprechen ein wesentlicher Aspekt, die vor allem im Zuge der Industriellen Revolution dazu führten, dass immer mehr Menschen für die nationale Idee gewonnen werden konnten (vgl. Deutsch 1972, 27). Für Norbert Elias entwickelte sich im Nationalismus schließlich „eines der mächtigsten, wenn nicht das mächtigste soziale Glaubenssystem des 19. und 20. Jahrhunderts“ (Elias 1990, 194; Hervorhebung im Original). Diesem sollte es schließlich gelingen, sich weltweit als „Instrument [der] politischen Solidarisierung und Aktivierung von Menschen“ (Öner 2002, 24) durchzusetzen. Die enorme emotionale Binde- und Integrationskraft der Nation erklärt sich zudem mit der Suche der Menschen nach neuen Bindungen infolge der gesellschaftlichen Umwälzungen und der Modernisierungsprozesse (vgl. Anderson 1988, 21). Das vorrangige politische Ziel des Nationalismus war zunächst die Errichtung eines selbstbestimmten und souveränen Nationalstaates. Sofern ein Staat oder ein Reich bereits existierte, ging es vor allem um die Erlangung der vollständigen (Volks-)Souveränität und der Kontrolle über die staatlichen Institutionen durch die Nation. Es galt die Deckungsgleichheit politisch-territorialer Einheiten mit der Nation herzustellen (vgl. Deutsch 1972, 27f.). Die Vorstellungen darüber, was die Nation als soziale Großgruppe eine und begründe, artikulierte der Nationalismus stets anhand von objektivistischen politischen sowie auch ethnisch-kulturellen Merkmalen (vgl. Gellner 1995, 8). Diese Vorstellungen wurden durch die Vertreter der Nationalbewegung formuliert. Die soziale Trägergruppe des frühen Nationalismus des 18. Jahrhundert entstammte zunächst den Kreisen des aufsteigenden Bürgertums. Aufgrund seiner herausgehobenen Stellung und dem damit verbundenen Zugang zu Bildung und Literatur war es dem Bürgertum vorbehalten nicht nur die Ideen der Aufklärung, sondern auch die nationale Geschichts- und Mythenbildung zu verbreiten (vgl. Anderson 1988, S.27ff.). Insbesondere die Erfindung der Mythen, welche die Wurzeln der Nation in der Vergangenheit verortet, half der nationalistischen Ideologie die Identifikationslücke zu füllen, die die Ablösung der alten Gesellschaftsordnung hinterlassen hatte. Denn die Konstruktion einer gemeinsamen Geschichte diente, wie Eickelpasch und Rademacher darstellen, dazu „den einzelnen Individuen das Gefühl einer zeitlichen Einbettung in einen kollektiven Gang der Geschichte zu vermitteln, sie erklärt, warum etwas so und nicht anders ist und darum nicht verändert werden darf“ (Eickelpasch/Rademacher 2004, 69). So hat insbesondere das Verständnis von der Nation, als vorpolitische und „quasi-natürliche“ (Wehler 2001, 7) Einheit das Gefühl einer schicksalhaften Verbundenheit der einzelnen Nationsmitglieder untereinander hervorgerufen. Doch erst die Verbreitung der nationalen Ideen, Vorstellungen und Mythen lies den Nationalismus zu einer „von breiten Schichten getragenen politischen Bewegung [werden], welche die Bindung an die Nation zur höchsten gesellschaftlichen Bindung überhaupt erklärt[e]“ (Alter 1985, 60).[11] Damit wurde die Schaffung eines Nationalstaates, die Erlangung der nationalen Einheit gewissermaßen zu einer missionarischen Bestimmung. Indem diese vermeintlich natürliche Bindung zur Nation sich mit den postulierten Gleichheits- und Partizipationsversprechen verband, galt die Nation sowohl als Schicksals- wie auch als Solidargemeinschaft.

Aufgrund des postulierten Gleichheits- und Absolutheitsanspruchs der Idee der Nation wurde diese zu einem interessen- und ideologieübergreifenden Wertesystem. Aufgrund dieses Anspruchs konnten in der Folge alle sozialen, politischen, religiösen, kulturellen und ökonomischen Interessen und Differenzen sowie divergierende Solidarverbände ebenso wie abweichende Identitäten integriert, jedoch auch untergeordnet, überwölbt und homogenisiert werden (vgl. Langewiesche 1994a, 5). Indem diese Vorstellungen schließlich auf bereits existierende organisierte Herrschaftsgebilde bzw. gerade erschaffene (National-)Staaten übertragen wurden, konnte diesen damit eine weitreichende Legitimation verschafft werden.

Mit dieser nach innen gerichteten nationalen Homogenisierung gingen jedoch auch stets Konflikte einher, anhand derer schließlich auch das ambivalente Verhältnis des Nationalismus und der Nation zum modernen emanzipatorisch-demokratischen Universalismus und der Aufklärung deutlich wurde (vgl. Öner 2002, 26). Denn die revolutionären Ideale forderten zwar universelle Geltung, doch ihr zentraler Handlungsraum war und blieb die einzelne Nation (vgl. Langewiesche 1994a, 6). Wie Özgür Öner darstellt, führten die Vorstellungen von der jeweils eigenen nationalen Identität bzw. sich gegenüberstehenden, verschiedenen nationalen Identitäten - auf die an anderer Stelle eingegangen wird - und die Berufung auf die nationale Interessensvertretung zu einem „halbe[n] Zurücknehmen des universalistischen Menschenbildes“ (Öner 2002, 26). Dies, wie Öner weiter darlegt, „öffnete [...] die Möglichkeit soziale Interessen einander gegenüberzustellen und zu hierarchisieren“ (ebd.). Hierin liegt das viel diskutierte Spannungsverhältnis von Partikularismus und Universalismus, welches in Nationalismus und Nation wegen der Eingrenzung der Gemeinschaft angelegt ist. Die Hierarchisierung von politischen und sozialen Interessen der Nation begründet schließlich, wie Deutsch darstellt, die Intoleranz gegenüber den Angehörigen einer anderen Nation oder Gruppe (vgl. Deutsch 1972, 50 f.). So stellt für Deutsch die „Bevorzugung der Wettbewerbsinteressen der eigenen Nation und ihrer Mitglieder vor denen aller Außenstehenden“ (Deutsch 1972, 27) ein wesentliches Element des Nationalismus dar.

Mit der ethnisch-kulturellen Bestimmung der Nation ging sowohl die erwähnte inner-gesellschaftliche kulturelle Homogenisierung als auch eine Abgrenzung nach außen (vgl. Planert 2004, 18) einher. Die Folge dieser Selbstkonstituierung war, dass sowohl ‚Fremde’, Nicht-Nationsangehörige, als auch die Einheit gefährdende Faktoren ausgeschlossen oder assimiliert wurden. Für diesen Prozess nimmt Ethnizität, verstanden als soziales Konstrukt auf dem die Nationenbildung beruht, eine herausragende Bedeutung ein (vgl. Balibar 1990, 15; Öner 2002, 70 ff.). Es setzt „als Prinzip von Nation und Nationalstaat in Form einer politischen Ideologie […] die Norm, den Nationalstaat als kulturell homogenes Gebilde zu etablieren, was automatisch alle im Sinne der Nationalkulturen heterogenen Gruppen zu ethnischen Minderheiten macht“ (Öner 2002, 72). „Ethnizität“ ist Leggewie zufolge also „keineswegs ein vormodernes Traditionsrelikt, sondern (ebenso wie Rassismus und Antisemitismus) Produkt und Begleiterscheinung der Modernisierung“ (Leggewie 1996, 48)[12]. Folglich erwiesen sich Ethnizität, moderner Antisemitismus[13] und moderner Rassismus[14] als konstitutive Elemente des Nationalismus, die in den Nationalbewegungen als auch in den Nationsbildungsprozessen stets, wenn auch in unterschiedlichen Ausmaßen, gegenwärtig waren. Dem Nationalismus ist demzufolge die Funktion der strukturellen Ausschließungspraxis ebenso zueigen wie dem Rassismus (vgl. Wiegel 1995, 43; Balibar 1990, Holz 2001, Mosse 1990).

Das nationale Selbstverständnis leitete sich zudem „von der Vorstellung des ‚auserwählten Volkes’ [ab]. Jede Nation glaubte, daß in ihr höchste Werte verkörpert seien, die sie zu schützen habe“ (Jeismann 1993, 15). Aus dem daraus folgenden Glauben an eine nationale Mission verbunden mit dem nationalen Abgrenzungsprinzip, ging schließlich auch die Aggressionsbereitschaft der Nation nach Außen hervor (vgl. Planert 2004, 16). Vor allem in der Verbindung dieses nationalen Chauvinismus mit politischen und sozioökonomischen Interessenlagen liegen letztlich die Gründe für die „Wechselbeziehung“ (Planert 2004, 16) des Nationalismus zum Krieg. Denn die kriegerischen Auseinandersetzungen, die in nahezu allen Nationsbildungsprozessen zu beobachten waren, wurden zumeist mit der Behauptung von ‚nationalen Interessen’ oder der vermeintlichen Notwendigkeit zur Verteidigung der Nation legitimiert (vgl. Planert 2004, Hobsbawm 2005, Eickelpasch/Rademacher 2004). So wurde der Universalismus regelmäßig nationalistisch überformt und instrumentalisiert. „Denn wo immer die nationale Politik mit Erfolg universalistisch aufgeladen wurde, diente dies dazu, den Vorrang der eigenen Nation offen oder auch verhüllt zu begründen“ (Langewiesche 1994a, 6). Besonders deutlich wurde dies mit dem Beginn des Konkurrenzkampfes der Nationalstaaten, im so genannten Zeitalter des Imperialismus.

1.3 Die Vorstellung von Volk und Nation. Oder: Die Konstruktion der modernen Gemeinschaft

Wissenschaftlich betrachtet unterliegen die Begriffe Volk, Nation und Ethnie ebenso kontroversen Deutungen wie die Begriffe Patriotismus und Nationalismus. Die im Folgenden vorgenommene Auseinandersetzung mit den Begriffen Nation und nationale Identität stützt sich weithin auf die Erkenntnisse der neuen Nationalismusforschung. Dieser folgend soll eine Definition von Nation anhand von objektiven Merkmalen wie einer gemeinsamen Kultur (vor allem der Sprache und Literatur), Geschichte, Religion und Abstammung vermieden werden. Die Vorstellung von objektiven Kriterien geht schließlich mit der Gefahr einher in die ideologischen Fallen des Nationalismus zu tappen. Denn, wie Ernest Gellner darlegt, können „Nationen nur in Begriffen des Zeitalter des Nationalismus definiert werden“ (Gellner 1991, 86). Ebenso wie für die konventionelle Definition von Nation und dem weniger anstößig und wissenschaftlich wirkenden Begriff der Ethnie, gibt es, so Lothar Döhn, auch für den Begriff des ‚Volkes’ „bisher keinen verbindlichen allseits anwendbaren Begriff“ (Döhn 2000, 402). Lediglich der Begriff des Staatsvolkes könne klar definiert werden (ebd.). Dennoch dominiert in der deutschen Sprache „die Vorstellung vom Volk als einer Einheit, in dem die Individuen aufgehen, die vor den Individuen und vor dem Staat da ist“ (ebd., 403). Diese Vorstellung wird auch in weiten Teilen der Wissenschaften weiterhin unkritisch übernommen. Eine kritische sozialwissenschaftliche Analyse sollte m.E. jedoch zu der Auffassung kommen, „dass Volk bzw. Ethnie oder Nation nicht als ursprünglich soziale Einheit und objektiv gegebene Realität, sondern nur als subjektive Realität oder Vorstellung verstanden werden dürfen“ (Döhn 2000, 409; Hervorhebung im Original). Die Gemeinschaften, die unter den Begriffen Volk, Ethnie und/oder Nation gefasst werden, beruhen der neuen Nationalismusforschung nach nicht auf tatsächlich vorhandenen Gemeinsamkeiten der einzelnen Gemeinschaftsmitglieder, sondern lediglich auf der Vorstellung von diesen. Auf diesen Aspekt verweist auch Benedict Anderson indem er die Nation als eine „vorgestellte politische Gemeinschaft“ (Anderson 1988, 14) charakterisiert: „Vorgestellt ist sie deswegen, weil die Mitglieder selbst der kleinsten Nation die meisten anderen niemals kennen, ihnen begegnen oder auch nur von ihnen hören werden, aber im Kopf eines jeden die Vorstellung ihrer Gemeinschaft existiert“ (Anderson 1988, 14).

Diese Perspektive lässt es zu, „[a]nders als die Vorstellung einer nationalen Kultur suggeriert“, „Nationen [als] heterogene Gebilde“ (Celik 2004, 194) zu betrachten. Dieser Sichtweise folgend bestehen Nationen aus disparaten ‚Ethnien’, Kulturen, Sprachgemeinschaften und sozialen Schichten, „in denen jedoch bestimmte vorherrschende Diskurse den Eindruck der Einheitlichkeit erzeugen“ (ebd.) und diese zudem institutionell erst hergestellt wurde bzw. wird. Für die Vermittlung der Grundlagen der kulturellen Homogenisierung im Zuge der Nationsbildungsprozesse spielte der Rückgriff des Nationalismus auf bestehende nicht-nationale, sondern lokale und regionale Traditionen wie auch die Vereinheitlichung der Sprachen, aufbauend auf „komplementären Kommunikationsgewohnheiten“ (Deutsch 1972, 27) eine herausragende Rolle (vgl. Hobsbawm 2005, Anderson 1988, Deutsch 1972).[15] Diese Traditionen wurden in die nationale Geschichtsschreibung integriert und somit nationalisiert. Der „Erfindung der Tradition“ (Eric Hobsbawm und Terence Ranger, zitiert nach: Eickelpasch/Rademacher 2004, 70) durch die Geschichtsschreibung messen daher diverse WissenschaftlerInnen eine besondere Bedeutung für die Glaubwürdigkeit der nationalen Geschichte bei. In Deutschland hat beispielsweise die „Erfindung von Traditionen [...] dazu geführt, daß die deutsche Nationalgeschichte bis ins Mittelalter zurückverlegt worden ist“ (Wehler 2001, 34). Der „enorme Konstruktionsaufwand“ (Eickelpasch/Rademacher 2004, 69) nationaler Erzählungen für die Konstituierung einer nationalen Identität basiert Rolf Eickelpasch und Claudia Rademacher zufolge zudem auch auf einem „massiven Vergessen“ (ebd.). Ein Vergessen nicht nur in Bezug auf die „Dauer der Existenz von Nationen, sondern vor allem auch darin, was den gewaltsamen Akt der Entstehung von Nationen betrifft“ (Mona Singer, zitiert nach: Eickelpasch/Rademacher 2004, 70). Nationale Vergemeinschaftungen gingen historisch nicht nur mit langen Prozessen gewaltsamer Eroberungen, sondern auch mit Unterdrückung kultureller Differenzen einher. Letzteres wird insbesondere am Beispiel der Sprache deutlich. So verweist Eric Hobsbawm darauf, dass es in fast keinem Land eine einheitliche Landessprache gab, die sich auf rein mündlicher Basis entwickelt hatte, sondern diese vielfach vereinheitlicht und somit im nationalen Kontext erst hergestellt wurde (vgl. Hobsbawm 1991, 66).[16] Mit Blick auf die deutsche Sprache betont Hans-Ulrich Wehler, dass diese „aus einem bestimmten Sprachstil der Hochkultur, aus der Privilegierung eines Dialekts (unter vielen anderen), aus der Anerziehung einer eigens selegierten Sprache“ (Wehler 2001, 47) hervorgegangen ist.

Indem der Nationalismus, so Michael Jeismann, mehr als andere politische Weltanschauungen traditionsfähig war bzw. ist, sei dieser auch besser geeignet gewesen auf die Modernisierungsängste der Menschen einzugehen (vgl. Jeismann 1993, 23). Dieter Langewiesche verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass Nationalismus nach sozialpsychologischen Überlegungen insbesondere immer dann auftrete, wenn eine Gesellschaft unter Modernisierungsdruck gerät - sowohl historisch als auch gegenwärtig (vgl. Langewiesche 1994a, 14).

Über die kulturellen Aspekte hinausgehend machen einige der genannten Vertreter der neuen Forschung darauf aufmerksam, dass bereits bestehende ökonomische und staatlich-institutionelle Beziehungen im Nationsbildungsprozess bedeutende Aspekte für die Bildung eines nationalen Gemeinschaftsgefühles innerhalb eines Territoriums darstellten.

Für Alfred Kosing stellt gar die Herausbildung nationaler Märkte - als Folge kapitalistisch-industrieller Produktionsprozesse und eines zunehmenden Handels - und die daraus folgende Konstituierung gemeinsamer Interessen im ökonomisch aufsteigenden, liberalen Bürgertum die zentrale Triebkraft für das Interesse des Bürgertums an der Nation dar (vgl. Alfred Kosing, nach: Öner 2002, 41). Die im liberalen Nationalstaat angestrebte Demokratisierung verfolgte damit nicht nur die Etablierung von Bürger- und Menschenrechten, sondern auch die Absicherung des Privateigentums. Die Nationalökonomen hatten erkannt, dass der liberale Nationalstaat bestens für ihre Interessenverfolgung geeignet ist: zur Produktionssteigerung und zur Förderung der Industrialisierung. Diesen funktionalen, interessengeleiteten Aspekt der Nation macht auch Hobsbawm deutlich, indem er auf die unter Nationalökonomen (wie bspw. Friedrich List) weit verbreite Forderung nach der Einführung des so genannten ‚Schwellenprinzips’, verweist. Das ‚Schwellenprinzip’ wurde von Nationalökonomen als Grundlage für eine ‚lebensfähige Nation’ verstanden. Diesem Prinzip zufolge sollte eine Nation sowohl wirtschaftlich lebensfähig als auch zur Selbstverteidigung bzw. zur militärischen und ökonomischen Expansion fähig sein. Damit war bereits der ökonomische Drang zur Expansion formuliert (vgl. Hobsbawm 2005, 45 ff.).

Insgesamt gesehen ist die Existenz eines Volkes oder einer Nation im modernen Verständnis also nur unter der Betrachtung politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Herrschafts- und Organisationsstrukturen im geschichtlichen Prozess verständlich. „Wichtigstes Moment […] ist hier das Bewusstsein, einem Volk anzugehören“ (Döhn 2000, 409; Hervorhebung im Original). Denn, so Hoffmann:

„Erst durch die subjektive Vorstellung von Gemeinsamkeiten konstituiert sich ein ‚Volk’ als die Summe aller Menschen mit der gleichen Volkszugehörigkeit. Die objektiven Merkmale, auf die sich diese Vorstellung beruft, begründen diese nicht, sondern werden von dieser als ihre sekundären Objektivationen hervorgebracht. Indem eine Gesellschaft als ‚Volk’ zu einem Begriff von sich selbst gelangt, bekommt der Volksbegriff eine politische Funktion. Weil dadurch die Abgrenzungen und Ordnungen legitimiert werden, unterliegt die konkrete Definition des jeweiligen ‚Volkes’ stets Interessen (Hoffmann, zitiert nach: Döhn 2000, 409).

Wenn auch diese Interessen stets heterogen sind, besteht die Attraktivität des Nationalismus doch gerade in den Partizipations- und Gleichheitsversprechen. Diese Ansicht teilt auch Anderson, für den „die Nation als Gemeinschaft vorgestellt [wird], weil sie trotz realer Ungleichheit und Ausbeutung als ‚kameradschaftlicher’ Verbund von Gleichen verstanden wird“ (Anderson 1988, 14). Aufgrund dieser Integrationsleistung lässt sich mit Döhn sagen, dass die Nation

„[a]ls politisch-sozial, emotional und transzendental entpersonalisierte, lediglich vorgestellte Gemeinschaft […] genau die Funktion [erfüllt], wie sie die Moderne verlangt. Der Nationalismus ist dazu beschaffen, Problemlösungen zu versprechen oder erwarten zu lassen, wie sie konkret von personalen Gemeinschaften geleistet werden. […] Das Suggestive jeglichen Nationalismus besteht schon darin, dass im Verständnis von Nation gesellschaftliche Unterschiede und daraus resultierende politische Konflikte einschließlich jener um politische Herrschaft aufgehoben scheinen, zumindest vor dem Anspruch der Nation als Gemeinsames zurücktreten sollen, so wie es in traditionellen Gliederungen und Gruppen der Gesellschaft der Fall ist. Die Nation ist insofern mit der Familie vergleichbar“ (Döhn 2000, 445; Hervorhebung im Original).

In diesem Zusammenhang macht Döhn darauf aufmerksam, dass diese Integration sowohl dem Nationalismus des Ethnos gelingt (mittels der konstruierten Ethnizität als auch dem Nationalismus des Demos, dem die Integrationsleistung mittels seiner politischen Herrschaftskonstruktion, aufbauend auf dem Gedanken und der Akzeptanz der Demokratie, gelingt (vgl. ebd.).[17]

Die in diesem Unterkapitel kritisierten essentialistischen Betrachtungen gegenüber den genannten Begriffen lassen sich jedoch gegenwärtig auch weiterhin in Teilen der Nationalismusforschung, der Geschichtswissenschaften und der Ethnologie nachweisen. Vor allem sofern ein affirmativer Bezug zur Nation besteht (vgl. Döhn 2000, 405; Herrmann 1996, 8 ff.; Kunze 2005, 17). Eine solche Nationsvorstellung insistiert weiterhin darauf, dass diese seit archaischen Urzeiten Bestand habe. „Allenfalls sei sie einmal überdeckt, überfremdet, oder eingeschläfert worden, bis sie erneut erwachte oder erweckt wurde und damit wieder zum Bewusstsein ihrer selbst kam. Sie gilt mithin als ein ahistorisches, sozialontologisches Kollektiv“ (Wehler 2001, 36).

In Deutschland findet diese Vorstellung insbesondere in der vielfach zu beobachtenden Unterscheidung in ‚Staatsnation’ und ‚Kulturnation’ ihren Ausdruck, auf die weiter unten eingegangen wird. Hier gilt es jedoch darauf zu verweisen, dass auch im gegenwärtigen Rekurs auf die Nation die Vorstellung der gemeinsamen Geschichte, Tradition und Herkunft, die die Individuen zu einer ‚Schicksalsgemeinschaft’ zusammenschweißt, zu beobachten ist. Damit ist jedoch stets auch die Forderung nach Loyalität und Opferbereitschaft verbunden. Zur Erhellung gegenwärtiger Diskurse um Nation, Nationalismus und Patriotismus gilt es also stets auf die essentialistischen (Miss-)Deutungen im chronologischen Verhältnis von Nationalismus und Nation hinzuweisen als auch auf den stets artikulierten Absolutheitsanspruch.

1.4 Nationale Identität: Selbstwahrnehmung über Abgrenzung

Der Begriff der nationalen Identität wurde historisch - ebenso wie gegenwärtig - vielfach dazu verwendet, ein vermeintliches ‚Wesen’ bzw. einen ‚Charakter’ einer Nation als Ganzes zu beschreiben. Wie im Laufe dieser Arbeit zu zeigen sein wird, nimmt dieser Begriff auch eine besondere Rolle für den Diskurs um den ‚neuen Patriotismus’ ein. Es geht nachfolgend also um die Verwendung des Begriffs und dessen Funktion in diesem Kontext.

In Politikwissenschaft und Soziologie dominiert hingegen ein Begriff von ethnischer oder nationaler Identität, die auf einzelne Personen bezogen ist. Diese individuelle Identität wird dabei als „Produkt gesellschaftlich-ökonomischer und historisch-politischer Entwicklungen“ (Döhn 2000, 412) verstanden. In dieser konstruktivistischen Betrachtung wird daher die individuelle ethnische oder nationale Identität nicht als gegeben, sondern als eine Folge der emotionalen und normativen Aufladung „durch das Wahrnehmen der als Charakteristika einer bestimmten Ethnie (oder eines Volkes/einer Nation) interpretierten Merkmale und der Abgrenzung gegen als fremd hingestellte Merkmale“ (ebd., 413) betrachtet. Die Identifizierung des Individuums mit der Nation und deren „kulturellen Codes“ (Giesen 1991, 352) geht daher zumeist mit der individuellen Akzeptanz und/oder (unbewussten) Reproduktion „der in nationalen Identitätsdiskursen vorherrschenden sozialen und kulturellen Argumenten, d.h. der diskursiven Angebote und Strategien, einher“ (Celik 2004, 193). Das einzelne Individuum der Gemeinschaft identifiziert sich dann mit jenem „fiktive[n], imaginierte[n] ‚Wir’[...], das von der realen Differenz und Ungleichheit ihrer Mitglieder abstrahiert“ (Eickelpasch/Rademacher 2004, 68). Dies fördert ein nationales ‚Wir’-Gefühl und damit die Nationalisierung von Lebenswelten und Verhaltensnormen, wie sie sich in allen Gesellschaften, die im 19. und 20. Jahrhundert vom Modernisierungsprozess erfasst worden sind, vollzogen haben (vgl. Elias 1992, 200).

In der „umgangssprachlichen Bedeutung“, so Siebo Siems, ist der Begriff in Bezug auf Gruppenzugehörigkeiten „breitenwirksam etabliert“ (Siems 2007, 8). Wie zu zeigen sein wird, ist dies auch in aktuellen tagespolitischen Diskursen der Fall. Auch in einigen Bereichen der Wissenschaft, in denen eine traditionelle Vorstellung von Volk und Nation vorherrscht, findet der Begriff weiterhin in dieser Form seine Verwendung. Was unter kollektiver oder nationaler Identität verstanden wird, bleibt dabei häufig unklar. In einem kollektivistischen Verständnis wird der Begriff vielfach als vermeintlich-charakteristischer Ausdruck der Nation, des Volkes oder der Ethnie verwendet. Das Kollektiv wird hierbei wie eine Person, mit einer nur ihr eigenen Identität betrachtet und insofern gilt als ein Ganzes, ein ‚organischer’ Gesamtkörper mit nur ihm spezifischen Merkmalen und Eigenschaften (vgl. Döhn 2000, 410). Dieses Verständnis knüpft an die Entstehung der Idee der Nation und des damit einhergehenden ethnizistischen Verständnisses an. Als Kennzeichen der Identität des Kollektivs werden wiederum die vermeintlich objektiven Merkmale der Gemeinschaft angeführt. Die kollektive Identität wird schließlich auf die Individuen übertragen.

„Es ist dann die Identität des Volkes, der Nation, welche die Identität seiner Angehörigen konstituiert und nicht umgekehrt. Dies schon, weil sie bereits durch Geburt zwangsläufig Bestandteil der Ethnie, des Volkes, seien und damit zwangsläufig dessen Identität haben würden. Ein Volk, das sich seiner Identität und damit der kollektiven Identität seiner Angehörigen bewusst sei, werde hierdurch zur Nation“ (Döhn 2000, 410).

Diese Personalisierung des Volkes bzw. der Nation entspricht dem traditionellen, auf Johann Gottfried Herder und die Romantik zurückgehenden Begriff der ’Volksseele’, auf den an anderer Stelle eingegangen werden soll (vgl. Döhn 2000, 412).

Die nationale Semantik ist insbesondere über das nationale ‚Wir’, welches durch die Unterscheidung zwischen einer ‚eigenen’ Nation und ‚den anderen’ Nationen entsteht, gekennzeichnet. Nur unter dieser Prämisse macht der Nationalismus Sinn. Denn, wie Anderson betont, setzt sich „keine Nation [...] mit der Menschheit gleich. Selbst die glühendsten Nationalisten träumen nicht von dem Tag, da alle Mitglieder der menschlichen Rasse ihrer Nation angehören werden“ (Anderson 1988, 14 f.). Der Nationalismus forciert und etabliert also die Einteilung der Menschen in verschiedene, sich gegenüberstehende Gruppen. „Er [der Nationalismus, Anmerkung S.S.] etabliert die Unterscheidung zwischen ‚Nationen’, dichotomisiert diese und zeichnet die eine Seite der Dichotomie als den Bereich des Eigenen und Vertrauten aus, während auf der anderen Seite die Fremden verortet werden“ (Holz 2000, 271). Da ein ‚Wir’-Gefühl nur über die Abgrenzung gegenüber einer anderen Gruppe entstehen kann, dient die Konstruktion von Fremdbildern der Konstruktion von Selbstbildern (vgl. ebd. 271 f.). Für die Mitglieder der Gemeinschaft gibt es, wie Zygmunt Bauman formuliert, „kein ‚Wir’-Gefühl ohne eine Empfindung gegenüber ‚denen-da’ und umgekehrt“ (Bauman 2000, 61).

Da wie beschrieben nicht ‚Natürlichkeit’ oder ‚historisch Gewachsenes’ die Gründe für die innere Kohärenz der Gemeinschaft darstellen, muss die kulturelle Einheitlichkeit als „ein Produkt der Macht: einerseits der physischen Macht in Form gewaltsamer Unterdrückung kultureller Differenzen, andererseits der kulturellen Macht starker nationaler Diskurse und Erzählungen“ (Eickelpasch/Rademacher 2004, 73) verstanden werden. Die Strategie der Homogenisierung, die das nationale Gemeinschaftsgefühl im Nationsbildungsprozess durch die Abschwächung der innerstaatlichen Differenzen fördern sollte, war stets ein langwieriger Prozess (vgl. Gellner 1991, 59f.). Die Anwesenheit kultureller Minderheiten scheint jedoch diese Strategie zu untergraben. Minderheiten werden durch die gesellschaftlich dominierende Mehrheit zumeist nur unter der Bedingung gebilligt, dass diese „unermüdlich ihre Akzeptanz der vorgegebenen Werte versicher[n] und nach den herrschenden Regeln zu leben streb[en]“ (Bauman 2000, 77). Das heißt nichts anderes als dass in den allermeisten Nationen eine Mentalität vorherrscht, in der sich Minderheiten der Mehrheitskultur in einer Nation anpassen bzw. sich assimilieren müssen. Wie weit diese Mentalität, die das Andere ablehnt, in der Bevölkerung verbreitet ist, wird am drastischsten im häufig anzutreffenden Rassismus, der Xenophobie oder dem Kulturalismus deutlich.

Im politischen Diskurs findet der Begriff der nationalen Identität, in Verbindung mit einem traditionellen Verständnis von Volk und Nation, derzeit vielfach im Kontext einer vermeintlichen Identitätskrise der Nation seine Verwendung. Sofern jedoch über den Zustand einer Nation als Ganzes philosophiert wird, vermittelt dies den Eindruck einer „Völkerpsychologie“ (Döhn 2000, 412). Mit der kollektiven Besinnung auf eine angeblich ‚wahre’ nationale Identität und dem Schutz und der Erhaltung dergleichen soll dieser Identitätskrise entgegengewirkt werden. Ein Grund der Gefährdung der ‚eigenen’ nationalen Identität, die als wandelbar gilt, wird häufig in der „freiwilligen oder erzwungenen Übernahme oder Anpassung an Eigenschaften oder Merkmale einer anderen Nation oder Kultur“ (ebd., 411) gesehen. Mit dieser Darstellung gehen vielfach Forderungen „gegen die Übernahme fremder identitärer Elemente“ (ebd.) einher. Nur durch die stetige Reproduktion und bewusste ‚Reinhaltung’ des ‚Eigenen’, mittels der Akzentuierung bekannter Sinndeutungen, symbolischer Ordnungen und Vorstellungen, könne dieser Gefährdung entgegengewirkt werden (vgl. ebd.). „Hierin“, so Döhn, „besteht zugleich die Möglichkeit nicht nur für die Bestätigung, sondern auch für Veränderungen, Neuinterpretationen und Manipulationen, die politisch-instrumentell vor allem vom Nationalismus genutzt werden können“ (ebd., 413).

Die Attraktivität des Begriffs der nationalen Identität für den politischen Sprachgebrauch liegt sowohl in seiner Unscheinbarkeit wie auch in seiner konzeptionellen Einfachheit. Der Begriff schafft für Siems „die Vermittlung zwischen offizieller Sprache und subjektiven Bedürfnissen, indem durch sie gesellschaftsgeschichtliche Komplexität auf scheinbar eindeutige Zusammenhänge reduziert wird, die subjektiven Ängsten und Unsicherheiten unmittelbare Lösungen und Antworten entgegensetzen können“ (Siems 2007, 177). Die „stabile[n] unüberbietbare[n] und unhinterfragbare[n] Bezugspunkte“, die der Begriff vermittelt, erweisen sich besonders, wie Bernhard Giesen darstellt, „in einer Gesellschaft, deren Grenzen in Bewegung geraten ist“ (Giesen 1991, 341) wirkungsvoll für die gewünschte Sicherheit. Mit der damit stattfindenden Grenzziehung geht jedoch deutlich eine Abgrenzung gegenüber Nicht-Dazugehörigen/m einher. Denn dadurch wird das Innere vom Äußeren unterscheidbar.

1.5 Kontroversen um historische Bezugspunkte und den Charakter des Patriotismus

1.5.1 Vom Reichspatriotismus zum nationalen Patriotismus

Mit dem Begriff Patriotismus war noch zu Beginn des 18. Jahrhunderts lediglich eine „emotionale Bindung an eine Landschaft, an einen dynastischen Staat oder einen Herrscher“ (Alter 1994, 17) verbunden.[18] Im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, war der Begriff Patriotismus „auf Heimat, Region, Territorium oder Reich bezog[en]“ (Birtsch 1993, 2; siehe auch Dann 1993, 39). Träger des Reichspatriotismus waren zumeist die kleinen Fürsten, der alte Reichsadel, neu geadelte Staatsmänner und Teile des aufsteigenden Bildungsbürgertums (vgl. von Arentin 1993, 7). Nach Michael Stolleis war das Aufkommen des Reichspatriotismus in der Neuzeit vor allem ein „Indikator für Krisen des Reiches“ (Stolleis 1993, 21). Stolleis zufolge wird dies darin deutlich, dass der Reichspatriotismus vor allem sowohl in Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen als auch in den Debatten über die unzeitgemäße Reichsverfassung Konjunktur hatte. Stolleis versteht dies als Ausdruck der „Liebe in Zeiten der Agonie“ (ebd.).

Einhergehend mit den oben genannten Modernisierungsprozessen verbreitete sich im Kreise des deutschen Bürgertums auch zunehmend die Idee der modernen Nation. Bereits seit der Mitte des 18. Jahrhundert existierte im Deutschen Reich die literarische ‚Sturm und Drang’-Phase von Dichtern und Publizisten. Das dort vertretene Bildungsbürgertum förderte durch die Betonung der deutschen Sprache die Entstehung einer ‚deutschen Nationalliteratur’ und damit letztlich auch frühzeitig die Vereinheitlichung der Sprache. Damit verbunden waren jedoch bereits deutliche „Abgrenzungen gegen[über der] […] französischen Kultur und Sprache“ (Planert 2004, 14). Mit der Entstehung der ersten Debatten um einen deutschen ‚Nationalgeist’, ‚Nationalstolz’ und ‚Vaterlandsliebe’, so bspw. im Kontext des Siebenjährigen-Krieges zwischen Preußen und Österreich Mitte der 1760er, waren zugleich auch Aufrufe zum „Tod für das Vaterland“ (Planert 2004, 14) verbunden. Diese Debatten, so Dorothea Weidinger, seien bereits von der Vorstellung geprägt gewesen, dass für ein „nationales Bewusstsein eine Besinnung auf besondere Eigenschaften und Wertvorstellungen einer Nation unabdingbar sei“ (Weidinger 2000, 25). Einhergehend mit dieser Entwicklung lässt sich auch erstmals der Gebrauch des Begriffs Nationalismus im deutschsprachigen Raum, nämlich 1776 bei Herder, nachweisen (vgl. Alter 1985, 12).[19]

Vor der Loyalitätsbindung an die Nation kann der Patriotismus jedoch Günther Birtsch zufolge als „eine Frühform politischer Bewusstseinsbildung“ betrachtet werden, die die „Bindung an traditionelle Werte, an lokale und regionale Institutionen regelmäßig [mit] eine[r] kosmopolitische[n] Grundeinstellung“ (Birtsch 1993, 2) verbunden habe. Wenn auch die frühneuzeitliche Geschichte verschiedene Spielarten des Patriotismus kenne, so sei „nahezu allen eine ideale freiheitliche und zeitkritische, sich an den sozialen und politischen Zuständen reibende Komponente eigen“ (ebd.) gewesen. Damit verweist Birtsch auf jene Kreise des Bildungsbürgertums die den Ideen der Aufklärung und des Humanismus zusprachen. Vielen deutschen Philosophen, die den Nationsgedanken vorantrieben, wie bspw. Johann Gottfried Herder und Johann Gottlieb Fichte, war, wie Elias darstellt, „ein Glaube an moralische Prinzipien, an die Rechte der Menschen als solcher und an den natürlichen Fortschritt der Menschheit gemeinsam“ (Elias 1992, 174). Auch Peter Alter betont, dass sich „die Liebe zum Vaterland [...] mit allgemeinmenschlichen Idealen [verband]: Man konnte sehr wohl Patriot und Weltbürger zugleich sein“ (Alter 1985, 17). Hans Peter Herrmann, Hans-Martin Blitz und Susanna Moßmann konnten jedoch anhand einer Auswertung deutscher patriotischer Schriftsteller des 18. Jahrhunderts (die über die genannten Philosophen hinausgehen) nachweisen, dass bereits in den vierziger Jahren des 18. Jahrhunderts „mitten in der freiheitssüchtigen, vernunftorientierten, ‚hellen’ Aufklärung, [...] ‚dunkle’ irrationale und machtorientierte Selbstbehauptungswünsche und militante Aggressionsphantasien zu Papier gebracht“ (Herrmann 1996, 12ff.) wurden. So wird bspw. anhand der Schriften von Thomas Abbt, Justus Möser, Friedrich Gottlieb Klopstock u.a., die in den so genannten ‚Patriotischen Gesellschaften’ organisiert waren - und auf die sich auch hier betrachtete Patriotismusbefürworter immer wieder beziehen -, die Dialektik des modernen Nationalismus deutlich (vgl. Planert 2004, 11). Der moderne Nationsgedanke bewirkte nicht nur das Voranschreiten des Partizipationsvorhabens, sondern zugleich auch eine neue, manifestere Form von Ausgrenzung. Dieser, emanzipatorischen Bestrebungen zuwider laufende Mechanismus des Nationalismus wird von unkritischen Patriotismusforschern zumeist ausgeblendet. Herrmann weist darauf hin, dass zahlreiche Autoren wie Otto Dann und Heinrich August Winkler eine idealisierende Darstellung des Patriotismus bzw. frühen Nationalismus reproduzieren, indem sie sich vor allem einseitig auf bestimmte Textpassagen beziehen, während dem entgegenstehende ausgeblendet werden (vgl. Herrmann 1996, 13). Herrmann fasst diesbezüglich zusammen:

„das bürgerliche, gegen fürstlichen Despotismus gerichtete Emanziaptionsstreben eines Autors wie Klopstock schien ihnen ein hinreichender Garant dafür, daß er gegen die bösen Versuchungen eines aggressiven Nationalismus gefeit war. Entgegenstehende Textpassagen wurden dabei übersehen oder umgedeutet, vage Freiheitsformeln schnell mit politischen oder sozialen Emanzipationszielen gleichgesetzt“ (ebd.).

Einer solchen positiven Darstellung eines „aufgeklärte[n] Patriotismus“ ist Günther Birtsch zufolge eine „soziale Integrationsideologie“, welche „die Bürgertugenden für das Zusammenleben in politischer, sozialer und geistiger Kultur zu mobilisieren suchte“ (Birtsch 1993, 2) immanent. Für Otto Dann stellt der Patriotismus diesbezüglich „ein sozialpolitisches Verhalten“ dar, „in dem nicht die eigenen, die individuellen Interessen - oder die einiger weniger Mitglieder einer politischen Gemeinschaft - handlungsleitend sind, sondern das Wohl aller, das bonum commune“ (Dann, 1993, 16). In seiner Auseinandersetzung mit den Ideen des Patriotismus des 18. und 19. Jahrhunderts verweist Dann auf die besondere Bedeutung der emotionalen Komponente. Das Gemeinwohlinteresse beruhe auf der Liebe zum Vaterland und dem Verbundenheitsgefühl gegenüber seinen Mitbürgern (vgl. ebd.). Während die vorhandene emotionale Komponente des frühen Patriotismus bei Patriotismusbefürwortern immer wieder betont wird, bleiben jedoch die Fragen bezüglich der demokratischen Orientierung der frühen Patrioten ungeklärt und vage. Karl von Arentin verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass zahlreiche Vertreter des Reichspatriotismus die Idee der Volkssouveränität gar ablehnten. Der Reichspatriotismus „am Ende des 18. Jahrhunderts [sei im Kern lediglich] ein Versuch [gewesen] am absolutistischen Machtstaat vorbei zum Ideal einer ständisch beschränkten Monarchie zu gelangen“ (von Arentin 1993, 9).

Als schließlich im Zuge der Französischen Revolution die Idee der modernen Nation an Bedeutung gewann, wurde der Patriotismus auf die Bindung zur modernen Nation und zum Nationalstaat übertragen. Doch von einem weit verbreiteten nationalen Einheitsgedanken kann keineswegs gesprochen werden. Dieser verbreitete sich erst durch die Auseinandersetzung mit den napoleonischen Truppen in dem letzten der Koalitionskriege, den so genannten Befreiungskriegen 1813-1815. Und auch in diesem Konflikt zielten, so Planert, nicht alle „patriotischen Hoffnungen […] ausschließlich auf die geeinte Nation, sondern konnten sich auch […] auf das Reich unter habsburgischer Führung und später auf den Rheinbund richten“ (Planert 2004, 15).[20] Dies verdeutlicht, dass keineswegs, wie vielfach von Patriotismusbefürwortern vorgenommen, jegliche Form des Patriotismus als Ausdruck der Loyalität gegenüber der Nation gedeutet werden kann.

Mit dem zunehmendem Bezug auf die Nation nahm die Rede vom Patriotismus vielmehr ab. Es setzten sich zusehends die Begriffe Nationalismus und Nationalbewusstsein durch (vgl. Alter 1994, 12). Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts verbreitete sich der Nationalismusbegriff schließlich bis in die Alltagssprache hinein (vgl. Kunze 2005, 8). Damit vollzieht sich nicht nur eine Änderung der Begriffe, sondern auch ein Wandel bezüglich der Loyalität. Mit diesem Loyalitätswandel wächst auch, darauf verweist Dirk Richter, das Spannungsfeld zwischen Universalismus und Partikularismus, wie es in Kapitel 1.2. beschrieben wurde. Richter sieht im Bezug des Patriotismus auf die Nation, aufgrund „der Konstruktion der Welt als ‚eigene/andere Nationen’ […], die Übergänge vom kosmopolitischen Patriotismus, in dem die Außenseite nicht abgewertet wird, zum Rassismus“ (Dirk Richter, zitiert nach: Holz 2001, 109). Auch für Richter ist damit im nationalen Patriotismus ein aggressives Moment angelegt, das den emanzipatorischen Ideen der Aufklärung widerspricht. Zahlreiche andere Autoren - zumeist jene mit einer deutlich erkennbaren affirmativen Haltung gegenüber dem Nationskonzept und dem Patriotismus - sehen jedoch den nationalen Patriotismus weiterhin in Einklang mit den humanistischen und universellen Zielen der Aufklärung (vgl. Dann 1993; Kronenberg 2006a; Weidinger 2000).[21] Wie in Kapitel 1.5.3. thematisiert wird, nehmen viele Patriotismusbefürworter eine begriffliche Unterscheidung vor, die den Patriotismus als positive und erstrebenswerte Variante vom Nationalismus als seiner negativen Spielart, trennt. Die hier dargelegten kritischen Positionen machen jedoch deutlich, dass eine „beruhigende Aufteilung in einen friedlichen, aufklärerischen Patriotismus während des 18. Jahrhunderts einerseits und einen militant-aggressiven, romantischen Nationalismus um 1800 andererseits“ (Herrmann 1996, 12) ebenso eine enorme affirmative Vereinfachung darstellt, wie der einseitige Bezug auf progressive Literaten. Eine kritische Analyse sollte jedoch im Blick haben, „wie wenig bürgerliches Freiheitsstreben und aggressiver Nationalismus einander ausschließen müssen“ (ebd., 14).

Das zweite Problem in dieser Auseinandersetzung tritt in dem unklaren Bezug der Literaten oder ‚Patrioten’ zur Nation oder dem Reich auf. Wenn Kronenberg schreibt, dass der Patriotismus eine „Bürgertugend“ war, die „in Deutschland seit dem 18. Jahrhundert ein nationszentriertes und zugleich dem aufklärerischen Universalismus verpflichtetes Emanzipations- und Selbstbestimmungsrecht einer freiheitlichen res publica“ (Kronenberg 2006a, 26) gewesen sei, verkennt dieser einerseits die deutlich aggressiven Züge in den unterschiedlichen Patriotismen. Andererseits erscheint dessen Generalisierung der offenbar fortschrittlichen Patrioten als ‚nationszentriert’, wie mit Planert erläutert, als zu vereinfachend.

Vor der weiteren Betrachtung der Entwicklung von Patriotismus respektive Nationalismus in den deutschsprachigen Gebieten soll zunächst eine kurze Darstellung des deutschen Nationsverständnisses vorgenommen werden, die den ambivalenten Charakter von Patriotismus bzw. Nationalismus zum Universalismus verdeutlichen soll.

1.5.2 Das Verständnis von Volk und Nation im deutschen Reichsgebiet

Während ‚Nation’ und ‚Volk’ in der französischen Begriffsgeschichte im Kontext der revolutionären Ereignisse politisch aufgeladen wurden und als Träger der Souveränität Eingang in die Verfassungen fanden, weist die Begriffsgeschichte von ‚Nation’ und ‚Volk’[22] in den benachbarten deutschen Territorialstaaten markante Unterschiede auf (vgl. Hentges/Reißlandt 2001, 173). So sprach man - aufgrund des Fehlens eines zentralen Staates im deutschen Reichsgebiet und mit Blick auf die zahlreichen Fürstentümer im Reich - bis zur Zeit der Französischen Revolution „durchgehend von den ‚Völkern Deutschlands’“ (Hoffmann 2001, 104). Weil die Vorstellung von dem einen Volk nicht vorherrschte, appellierte man in den Koalitionskriegen gegen Frankreich ab 1792 an den Reichspatriotismus. Ebenso wie in Frankreich konnte zu dieser Zeit von einem Nationalbewusstsein noch keine Rede sein. Die ständische Gesellschaft war aufgrund der großen Klassenschranken so weit voneinander entfernt, dass die Idee einer alle Menschen verbindenden Nation unvorstellbar erschien (vgl. Wiegel 1995, 16f.). Im Kampf gegen Napoleon musste jedoch eine einigende Identität und Kraftquelle gefunden werden, um die Bevölkerung gegen die Feinde von Außen zu mobilisieren. Dabei ging es allerdings nicht um die Idee der Volkssouveränität, die, wie Franz Neumann darstellt, den meisten Theoretikern und Politikern zuwider war (vgl. Neumann 1984, 136). Für die Gelehrten, die sich als Nationalerzieher verstanden und den Nationalgeist beschworen, war zuallererst die Sprache der Träger des nationalen Codes. Über die gemeinsame Sprache entstand eine Kultur, die das Bildungsbürgertum miteinander verband. Dieses „nobilitierte“ schließlich „den Volksbegriff und band […] die Deutschsprechenden an eine unentrinnbare Sprach- und Kulturnation“ (Planert 2004, 15). Herder, der bereits vor den revolutionären Entwicklungen in Frankreich gegen „die Übernahme der französischen Hofkultur und Sprache durch die deutsche Aristokratie wetterte“ (Öner 2002, 108), betrachtete das Volk als eine „Wesenseinheit“, „als eine kollektive, mit Sprache, Seele und Charakter begabte Individualität von gleicher Abstammung, die [...] aber nicht auf einer Rasse beruht“ (Döhn 2000, 404).[23] Ähnliche organizistische Betrachtungen gegenüber dem vorgestellten deutschen Volk, dem nunmehr eine nationale Identität zugesprochen wurde, finden sich bei zahlreichen anderen Vordenkern der deutschen Nation, so auch bei dem Jakobiner Fichte, der von einem ‚Urvolk’ der Deutschen sprach und dieses als auserwähltes Volk verstand (vgl. Hentges/Reißlandt 2001, 174). Erst um 1800 erhielt jedoch der Begriff Volk mit dem Aufkommen des frühen deutschen Nationalismus auch eine politische Qualität. Diese entwickelte sich “[v]or allem in negativer Reaktion auf die Französische Revolution und auf die von ihr ausgelöste Neugestaltung der territorialen und herrschaftlichen Verhältnisse in der napoleonischen und nachnapoleonischen Zeit [...]“ (Döhn 2000, 404) als auch in Abgrenzung zum revolutionären Gehalt des französischen Begriffs der Nation. Die Weiterentwicklung der geistigen Grundlage die den Begriff des ‚deutschen Volkes’ inhaltlich füllten, wurde erst nach dem Sieg Napoleons und der Besetzung ‚Deutschlands’ 1806 von den Vertretern der so genannten ‚Politischen Romantik’ vollzogen. Die ‚Politische Romantik’ war beherrscht von einem leidenschaftlichen Protest gegen den Rationalismus der Aufklärung und verstand sich als Entdecker des vermeintlich vorhandenen Organischen, das das Volk miteinander verbinde (Hoffmann 2001, 114ff.). Fichte, der als Vertreter der ‚Politischen Romantik’ angesehen werden kann, verfasste 1807/08 die Schrift ‚Reden an die deutsche Nation’. Diese kann als das erste Manifest eines völkisch-bestimmten Nationalchauvinismus betrachtet werden (vgl. Alter 1994, 131). Der Begriff des Volkes wurde schließlich „zum Schlüsselbegriff des populistischen Getöses, das dem Aufstand gegen die napoleonische Fremdherrschaft seine Motivation verschaffte“ (ebd., 104). Damit begann die Phase eines aggressiven deutschen Nationalismus, in dessen Zuge sich auch eine deutliche Zunahme antisemitischer Äußerungen feststellen ließ (vgl. Neumann 1984, 144; Wiegel 1995, 18).

Die ‚Romantiker’ definierten das ‚deutsche Volk’ nicht nur durch die gemeinsame Sprache und Kultur, sondern zusätzlich auch durch dessen gemeinsame Abkunft und dessen ‚reines Blut’. Für Ernst Moritz Arndt, aber auch für Fichte, Friedrich Ludwig Jahn, Jakob Friedrich Fries und andere Ideologen der ‚Politischen Romantik’, waren die Deutschen weder eine ‚Staats’- noch eine ‚Kultur’-, sondern eine ‚Blutsnation’ (vgl. Wippermann 1999, 14). Allerdings war, wie aus Arndts frühen Schriften hervorgeht, zu diesem Zeitpunkt das Bewusstsein darüber, ein vermeintliches ‚Urvolk’ zu sein, im Volk selber kaum verbreitet.[24] Arndt glaubte das mangelnde Bewusstsein gegenüber der Gemeinschaft durch die Betonung der gemeinsamen Sprache erwecken zu können. Doch erst im „Vereinigungspunkt“ (Ernst Moritz Arndt, zitiert nach: Hoffmann 2001, 109ff.) der so genannten Befreiungskriege findet die Vorstellung von einem ‚deutschen Volk’ und das Bekenntnis zur nationalen Identität einen zunehmenden Anklang unter den Massen (vgl. Hoffmann 2001, 109ff.). Die sich dabei herausschälende Identifikation mit dem ‚deutschen Volk’ beinhaltete daher die vehemente Abgrenzung gegenüber den Franzosen bzw. hat diese, wie Hoffmann darlegt, gar als Bedingung: „Das Bewusstsein, ein ‚deutsches Volk’ zu sein, hat daher den Hass auf die Franzosen zu seiner Voraussetzung“ (Hoffmann 2001, 110). Offensichtlich erfolgte die Konstruktion des ‚Eigenen’ in Abgrenzung gegenüber dem ‚Fremden’. Die Forderung nach Freiheit war in breiten Teilen der Gesellschaft lediglich als Wunsch nach Freiheit von der Fremdbestimmung und nach nationaler Selbstbestimmung zu verstehen, nicht jedoch als Freiheit von den deutschen Fürsten (vgl. Wiegel 1995, 18). Wie Alter beschreibt, dominierte schließlich im 19. Jahrhundert - in bewusster Abgrenzung zu den Werten der französischen Aufklärung - ein Nationsverständnis, in dem „der Einzelne nicht länger, wie z.B. noch die Philosophie der Aufklärung postulierte, in erster Linie Weltbürger [ist], sondern [sich] vielmehr als Angehöriger einer bestimmten Nation [versteht]“ (Alter 1985, 15).

Mit dem Sieg über die napoleonischen Truppen setzte sich in der Folgezeit die Vorstellung der Kulturnation als Kontrapunkt gegen die französische Staatsnation durch. Mit der Idee einer seit Jahrtausenden bestehenden Kulturnation geht auch die Vorstellung der Verbundenheit ihrer Mitglieder durch Blutsabstammung einher. „Das Volk“, so Alter, „geht diesem Verständnis nach im ethnischen Sinne aus dem Boden der Nation hervor“ (Alter 1984, 19). Damit ist von Anfang an im deutschen Verständnis die Verbindung von Nationalismus und rassischer Begründung gegeben. Dieses Blutsrechtsverständnis (Ius Sanguinis) fand schließlich auch in verschiedenen deutschen Staatsbürgerrechten, wie bspw. 1842 im Norddeutschen Bund und 1871 im Deutschen Reich (dem ersten deutschen Nationalstaat) seinen Ausdruck. Dieses Staatsbürgerrecht wurde 1913 schließlich als ‚Reichs- und Staatsangehörigkeitsrecht’ ausformuliert und manifestiert. Dieses Blutsverständnis fand im deutschen Faschismus seine radikalste Zuspitzung. Dazu Wiegel: „Die extremste Konsequenz dieses auf völkischer Grundlage aufbauenden Nationalstaates zeigte sich während des deutschen Faschismus, der die Gesellschaft nach ‚Rassekriterien’ aufteilte und die aus der national-völkischen Gemeinschaft herausdefinierten Menschen schließlich ermordete“ (Wiegel 1995, 20f.). Bis zur Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes in der BRD - die zu Beginn des Jahres 2000 in Kraft trat - hatte das ‚Reichs- und Staatsangehörigkeitsrecht’ von 1913 - mit Ausnahme der Zeit von 1933-45 - durchgehend Bestand in Deutschland.[25]

Das lange Zeit dominierende - und auch gegenwärtig noch weit verbreitete - Verständnis der deutschen Nation als Kulturnation rührte daher, dass sich das deutsche Nationalbewusstsein in seiner Entstehungsphase auf eine Nation bezog, die in keinem einheitlichen Staat zu verorten war.[26] Die französische Nation wurde demgegenüber - aufgrund dessen, dass deren Bevölkerung in einem Staat, nämlich dem des französischen Absolutismus, verortet wurde - als Staatsnation betrachtet die von der Idee der individuellen und kollektiven Selbstbestimmung ausgehend politisch motiviert war. Verbunden mit dem deutschen Nationsverständnis wurde die vorgestellte Kulturnation weniger als politische Gemeinschaft betrachtet, als vielmehr mit der Vorstellung verbunden, dass die „Entwicklung zur Nation keimhaft in den europäischen Völkern angelegt gewesen ist“ (Wehler 1996, 163) und im Nationalstaat ihre Vollendung finden solle. Dies wird auch in der Rede vom ‚Erwachen’ der Nation deutlich: der Begriff suggeriert die Immanenz einer quasi-natürlichen und vor-politischen Existenz.

Die Typologisierung in Staatsnation und Kulturnation stellt jedoch idealtypische Artefakte dar. So kann weder die französische Nation als reine Staatsnation noch die deutsche als reine Kulturnation betrachtet werden. Während die französische Nation auch auf der Vorstellung von sprachlichen, kulturellen und geschichtlichen Gemeinsamkeiten beruht, lassen sich die politischen, ökonomischen und sozialgeschichtlichen Motivationen, Interessen und Entwicklungen der deutschen Kulturnation ebenso wenig leugnen.

Ohne vertiefend auf die Unterscheidung der beiden Typologisierungen - Staatsnation versus Kulturnation - einzugehen, soll jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Vorstellung der Kulturnation „unüberprüft und undifferenziert eine verschiedene Gesellschaften, verschiedene Staaten und Regionen übergreifende Kultur einfach behauptet“ (Döhn 2000, 31). Problematisch an diesem Verständnis ist nicht nur die Behauptung objektiver Kriterien, sondern auch das Beharren darauf, es bestünde ein gemeinsames Bewusstsein aller Nationsmitglieder, Teil dieser zu sein bzw. ein gemeinsamer Wille, Teil dieser sein zu wollen.

Da das Abstammungsmoment der Kulturnation „dem Individuum nur wenig Spielraum [lässt], über seine nationale Zugehörigkeit selbst zu entscheiden“ (Alter 1985, 20), wird die Kulturnation für den Einzelnen zu einer Schicksalsgemeinschaft. Damit erweist sie sich als hochintegrative Ideologie.

Sofern sich in der Gegenwart auf diese Vorstellung von Nation berufen wird, muss dies als Reproduktion der - aus einer emanzipatorischen Perspektive problematischen - Ideen des frühen Nationalismus betrachtet werden.

1.5.3 Wissenschaftliche Nationalismustypologisierungen und ihre historische Anwendung auf den deutschen Nationalismus

Während die neue Nationalismusforschung primär auf die Gemeinsamkeiten der verschiedenen Nationalismen - insbesondere auf die strukturellen Ausgrenzungsmechanismen im Gemeinschaftskonzept der Nation - verwiesen hat, richtete die ältere Schule ihr Hauptaugenmerk darauf, anhand von verschiedenen Typologisierungen des Nationalismus die vermeintlich qualitativ-unterschiedlichen Charakterzüge von Nationen und Nationalismen erfassen zu können (vgl. Jeismann 1993, 11). Das Ziel dieser Typologisierungen bestand darin - mit Blick auf die verheerenden Folgen des Nationalismus für Europa im 19. und 20. Jahrhundert - anhand der vermeintlichen Wandlungen in den Funktionen und den Charakteristiken des Nationalismus eine Trennung in ‚gute’ und ‚schlechte’ Nationalismen vornehmen zu können. So konnten die aus dem Nationalismus hervorgegangenen Kriege und Vertreibungen in Europa als „Umkehrungen, einer Abweichung, kurz als Degenerationsprodukt einer ursprünglich ‚vernünftigen’ und harmonisierenden Gestalt der Nation verstanden werden“ (ebd.). „Tatsächlich“, so Jeismann weiter, habe man lediglich „ganz unterschiedliche, ja entgegengesetzte politische Stoßrichtungen angegeben, die der Nationalismus sukzessive, zuweilen auch gleichzeitig in sich vereinen konnte“ (ebd.). Der Begriff des Nationalismus wurde somit zu einer mit verschiedensten Inhalten zu füllenden Chiffre.

In der Auseinandersetzung mit der Nationalismusforschung fällt auf, dass die Vertreter der Typologisierungen sich von den Ansätzen der neuen Forschung weitgehend unbeeindruckt zeigen. Dies zeigt sich nicht nur in Bezug auf die zeitliche Entwicklung des Nationalismus (indem die frühe Form idealisiert wird), sondern auch bezüglich des stetigen Spannungsfeldes von Partikularismus und Universalismus im Nationskonzept. Eine solche Missachtung wird auch von den wenigen hier exemplarisch betrachteten Autoren vorgenommen. Es handelt sich dabei um Nationalismusforscher, die entweder gegenwärtig an den Diskursen beteiligt sind (Volker Kronenberg und Heinrich August Winkler) bzw. jene, die innerhalb der Diskussion oder der Forschung immer wieder rezipiert werden (Otto Dann und Peter Alter). Die von diesen Autoren vorgenommenen bzw. reproduzierten Typologisierungen sind im Kontext dieser Arbeit insofern relevanter als andere, als dass diese sich insbesondere auf den Nationalismus in Deutschland beziehen, während Autoren wie bspw. Theodor Schieder oder Hans Kohn einen europäischen Vergleich vornehmen.

Die Gemeinsamkeit in der Vorgehensweise der hier betrachteten Autoren liegt in der bereits erwähnten Unterteilung in einen ‚guten’ und einen ‚schlechten’ Nationalismus. Insbesondere Dann und Kronenberg übertragen diese Einteilung auf die Begriffe Patriotismus und Nationalismus. Dabei stellt der Patriotismus die gute und erstrebenswerte Version dar, während der Nationalismus die schlechte und zu vermeidende Variante bezeichnet. Dann unterscheidet in diesem Zusammenhang zwischen den fortschrittlichen „freiheitlich-emanzipatorischen Nationalbewegungen und organisiertem [aggressiv-chauvinistischen; Anm. S.S.] Nationalismus, zwischen nationalem Verfassungspatriotismus und nationalistischen Verhaltensweisen“ (Dann 1993, 19). An Dann anknüpfend verfolgt Kronenberg das Ziel, das „Dilemma“ der „Ausdehnung des Begriffs ‚Nationalismus’ auf alle nationalen Bewegungen“ zu vermeiden. Denn nach Kronenberg bedeutet der gemeinsame Bezug von Patrioten und Nationalisten zur Nation nicht zwangsläufig, „dass Patriotismus gleich Nationalismus ist“ (Kronenberg 2006a, 22; Hervorhebung im Original). Beide Formen unterscheiden sich für ihn wesentlich voneinander. Diese Unterscheidung wird jedoch nicht automatisch in der Begriffsverwendung deutlich. So stellen für Dann, an dessen Thesen Kronenbergs Theorie anknüpft, die nationalen Bewegungen des 19. Jahrhunderts keine nationalistischen, sondern „patriotische Bewegungen“ (Dann 1993, 16) dar. Er begründet dies damit, dass diese in der „Tradition des modernen Patriotismus [stehen], der sich im Bürgertum der Aufklärungszeit durchgesetzt hatte“ (ebd.).[27] Dem entgegen versteht Dann den ‚organisierten Nationalismus’ als „Steigerung und Radikalisierung eines nationalen Verhaltens“ (Dann 1993, 17). In Danns Definition wird dieses Verhalten „nicht von der Überzeugung einer Gleichwertigkeit aller Menschen und Nationen getragen“, sondern es schätzt „fremde Völker und Nationen als minderwertig ein“ (ebd.) und behandelt sie auch so. Die von Dann lediglich im ‚organisierten Nationalismus’ konstatierte „inhumane und antidemokratische“ Ausrichtung, wird von ihm als „Gefährdung jeder Nationalbewegung“ und eines „jeden Patriotismus und Regionalismus“ (ebd., 21) gewertet. Für Kronenberg stellt sich Patriotismus gegenüber Nationalismus als „heterogen und nicht homogen, noch gar völkisch fixiert“ (Kronenberg 2006a, 27) dar. Und, so Kronenberg, „während der Nationalismus zur Abwertung von Fremdgruppen führt, vermag der Patriotismus die Toleranz gegenüber Fremdgruppen und Minderheiten zu stärken“ (ebd., 46). Im Patriotismus scheinen „Nation und Integration“ (ebd., 27) also grundsätzlich keine Gegensätze zu sein.

Im Unterschied zu Autoren wie Kronenberg und Dann, die zwischen Nationalismus und Patriotismus unterscheiden, verbleibt Winkler in seiner Ausdifferenzierung beim Begriff des Nationalismus. Seine Unterscheidungen kennzeichnet Winkler durch die Verwendung verschiedener Attribute. So differenziert er zwischen einem ‚progressiven’ bzw. ‚linken’ Nationalismus und einem ‚nicht-progressiven’ bzw. ‚rechten’ Nationalismus (vgl. Winkler 1978, 14ff., 28f.).[28] Wie Dann und Kronenberg unterscheidet Winkler jedoch ebenso zwischen einer nationalstaatlich-orientierten und bürgerlich-liberal verstandenen Nationalbewegung und dem als chauvinistisch betrachteten Nationalismus, der nach Bismarcks Trennung von den Nationalliberalen 1878/79 seinen Anfang nahm (vgl. Winkler 1978, 28f.).

Auch die Typologisierung von Alter, auf dessen Argumentation im nachfolgenden Kapitel verstärkt das Augenmerk liegen wird, folgt einer vermeintlichen Links-Rechts-Dichotomie des Nationalismus (vgl. Alter 1985, 54).[29] Alter verwendet für den frühen Nationalismus bzw. (nach Dann und Kronenberg) Patriotismus in den deutschsprachigen Fürstenbünden des Heiligen Reichs Deutscher Nation den Begriff ‚Risorgimento-Nationalismus’[30] (vgl. Alter 1985, 43). Dieser ziele auf die „Befreiung von politischer und sozialer Unterdrückung“ (Alter 1985, 33ff) ab und verfolge sowohl die Demokratisierung als auch die Bildung des Nationalstaates. Die darin enthaltene Betonung des Rechts jeder Nation auf autonome Entfaltung und die Verbreitung „allgemeinmenschlicher Ideale der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ (Alter 1985, 34) machen für Alter den liberalen Charakter dieser Bewegung in dieser Zeit deutlich. Für Alter stellt der ‚integrale Nationalismus’ den Gegentypus zum positiven „liberalen Nationalismus“[31] dar. Dieser habe in den späten 1870ern und insbesondere im deutschen und italienischen Faschismus seinen Ausdruck gefunden. Die Vertreter des ‚integralen Nationalismus’ sind Alter zufolge bereit, „die Interessen der eigenen Nation skrupellos auf Kosten anderer Nationen durchzusetzen“ (Alter 1985, 44). Dabei wird, so Alter, die Existenz anderer Nationen in Frage gestellt (vgl. ebd.). Wie Alter weiter ausführt, stellt der Nationalismus durch seine soziale Trägerschaft (in Form konservativer Machthaber) ein wirkungsvolles Mittel sowohl zur Festschreibung des innenpolitischen Status quo als auch zur Erlangung außenpolitischer Ziele mittels Feindbilderschaffung dar (ebd., 47). Dadurch gelingt es diesem ‚Nationalismus von ‚oben’ „von sozialer Unzufriedenheit und inneren Konflikten […] in einer Zeit krisenhafter Erschütterung“ abzulenken - dies gilt bspw. für die Zeit der Großen Depression (vgl. ebd., 54).

[...]


[1] Da in dieser Debatte um Patriotismus nahezu ausschließlich Männer zu Wort werde ich die Akteure im Allgemeinen in rein männlicher Form, also ohne jenes große ‚I’, das beide Geschlechter in der Sprache präsent machen will, bezeichnen. Hierbei geht es keineswegs um das Verschweigen der Beteiligung von Frauen am Diskurs, als vielmehr auf die absolute Männerdominanz in diesem Diskurs hinzuweisen. Die Verwendung des großen ‚I’ wird in diesen Fällen als sinnvoll erachtet, in denen Frauen tatsächlich auch beteiligt sind.

[2] Nachfolgend wird auf das Adjektiv national verzichtet. Gemeint ist jedoch stets der an der Nation orientierte Patriotismus - entgegen dem vor-nationalem Verständnis von Patriotismus, auf das jedoch in Kapitel 1.5.1 eingegangen wird.

[3] In dieser Arbeit wird der Begriff des deutschen Faschismus dem des Nationalsozialismus vorgezogen. Der Begriff des Faschismus kennzeichnet m. E. wesentlich eindeutiger als die nazistische Eigenbezeichnung das von 1933-45 in Deutschland existierende System. Dennoch wird auch der Begriff des Nationalsozialismus hier aufgrund seiner Geläufigkeit im deutschen Sprachgebrauch zwangsläufig seinen Einzug finden.

[4] Hans Peter Herrmann hat diesen problematischen Umgang anhand verschiedener Versuche der Wissenschaft beobachten können, in den es um neue Erkenntnisgewinne über den Patriotismus in Deutschland ging (vgl. Herrmann 1996, 15)

[5] Zeitlich können die Anfänge der neuen Nationalismusforschung in den 1980ern verortet werden. Zu bahnbrechenden Erkenntnissen kamen die auch hier zitierten Arbeiten von Benedict Anderson, Ernest Gellner und Eric Hobsbawm.

[6] Nachfolgend wird der Begriff stets ohne das Attribut ‚modern’ verwendet. Der einmalige Gebrauch an dieser Stelle soll lediglich auf die Verwendung des Begriffs im Kontext der Moderne (und als Phänomen dieser) hinweisen.

[7] Eine ausführliche Analyse des Zusammenhangs von Nationalismus und Modernisierung würde über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen.

[8] Als Begründer des modernen Nationenbegriffs gilt Jean-Jacques Rousseau. Dieser lehnt in seiner Schrift Du contrat social ou principes du droit politique (1762) die Identifikation der Nation mit dem Monarchen und dem Adel ab und befürwortet die Identität von Volk und Nation (vgl. Öner 2002, 19). Diese Perspektive brachte nicht nur Forderungen nach Volkssouveränität auf den Weg, sondern sie initiierte auch die grundlegende Hinterfragung der bis dahin „anerkannten soziokulturellen Muster der Weltdeutung“ (Wehler 1996, 165). Insbesondere die im absolutistischen Frankreich 1789 verfasste Schrift Qu’est-ce que le Tiers État? von Emmanuel Joseph Sieyès, die auf den bis dahin faktischen Ausschluss des Dritten Standes (der etwa 98% der Bevölkerung ausmachte) von gesellschaftspolitischen Entscheidungen aufmerksam machte, wird ein weit reichender Einfluss auf die Entwicklung der Französischen Revolution zugesprochen. Sieyès stellte die Forderung diesen in die politische Organisation zu integrieren. Die Nation sollte zur obersten Legitimationsinstanz der modernen bürgerlichen Gesellschaften werden.

[9] Vom Mittelalter bis zur frühen Neuzeit bedeutete Nation, abgeleitet vom lateinischen Begriff nasci (geboren werden) soviel wie Stamm oder Abstammungsgemeinschaft. In dieser Zeit wurde der Begriff Nation sowohl als grobe Herkunftsbezeichnung verwendet, als auch für die Ständische Vertretung (wie bspw. die Generalstände in Frankreich oder die Reichsstände im Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation) benutzt (vgl. Weidinger 2002, 11).

[10] In vielen Staaten bzw. Nationalstaaten ließ die Gleichberechtigung jedoch noch lange auf sich warten bzw. musste von Frauen erst erkämpft werden.

[11] Die Sinnstiftung durch die Nation entwickelte sich zu einer Art Religionsersatz. Die „Sakralisierung des ‚Vaterlandes’“ (Wehler, 2001, 27f.) erklärt für Wehler die Bereitschaft das eigene Leben für die Nation zu opfern. Auch Anderson sieht in der propagierten Natürlichkeit der Nationszugehörigkeit den Grund zur Opferbereitschaft für die Nation. „Auch alte Dynastien“, so Anderson, „wurden in ihrer Blütezeit als unhinterfragbar gegebene Bezugssysteme betrachtet, ganz so wie die Nation heutzutage“ (Anderson 1985, 19).

[12] Weiter hält Leggewie fest, dass Ethnien weder „‚natürlicher’ als Nationen, also näher an tatsächlichen Abstammungsgemeinschaften oder biosozialen Elementarstrukturen [sind], noch sind sie ‚älter’ als Nationen in dem Sinne, daß sie historisch gewissermaßen den Rohstoff der evolutionär weiterentwickelten Nationsbildungsprozesse darstellen, als primordialer Inhalt der formalen Struktur des modernen Nationalstaates und eine sich im Evolutionsprozess transformierende Universalie“ (Leggewie 1996, 54). Dieser Perspektive folgend stellen Ethnien nicht das natürliche Rohmaterial dar, auf das die nationale Idee zurückgreift, sondern die Konstruktion von Ethnien und Nationen kann als gleichursprünglich betrachtet werden.

[13] Neben den Varianten des christlich geprägten und des biologischen Antisemitismus, der dem 19. Jahrhundert entstammt, verweist Klaus Holz darauf, dass mit dem Aufkommen des Nationalismus auch ein nationaler Antisemitismus einherging. In diesem wurden ‚die Juden’ als Negation des Nationalen beschrieben. ‚Die Juden’, vielfach als nationsloses ‚Wandervolk’ dargestellt, werden nicht als Mitglieder einer anderen Nation verstanden, sondern als „dritte Form“, als ein „Volk im Volke, ein Staat im Staate“ (Holz 2000, 271).

[14] Für Étienne Balibar geht der im 18. Jahrhundert entstandene Rassismus, aufgrund dessen dass der Nationalismus eine fiktive Ethnizität produziert, ebenso aus dem Nationalismus hervor wie der Nationalismus aus dem Rassismus (Balibar, nach Öner 2002, 96). Demzufolge können Rassismus und Nationalismus als zwei Seiten einer Medaille betrachtet werden. Die „[n]ationale Homogenisierung benutzt den ‚Rassendiskurs’ ebenso wie die ‚rassische’ Eingrenzung die geschichtlichen Mythen der Nation sich zu eigen macht, um die eine Gruppe zu definieren“ (Wiegel 1995, 85). Es gilt zudem zu betonen, dass die Verbreitung und Durchsetzung der Aufklärung - und der damit einhergehenden sich weiterentwickelnden Naturwissenschaft - als eine der wichtigsten Voraussetzungen des Rassismus angesehen werden muss. Im Zuge der Aufklärung stand die Erforschung der Naturgesetze unter der Maßgabe der Rationalität; die Klassifikation der natürlichen Elemente stand dabei im Vordergrund (vgl. Wiegel 1995, 48; Mosse 1990, 9). Diese Klassifikation jedoch ordnete nicht nur in der Natur Vorgefundenes, sondern sie erfand auch Kategorien, auf dessen Grundlage sich sowohl rassistische Ideologien als auch Nationalismus ableiten ließen (und lassen).

[15] Für Anderson stellt die Entwicklung von Bucherzeugnissen (wie bspw. der Bibel) und die Ablösung des Lateinischen als Gelehrtensprache ein Schlüsselereignis für die Entstehung neuer Vorstellungen von Gleichheit dar. Nach Sättigung des lateinischsprachigen Marktes griff der Markt auch auf die Massen in den Bevölkerungen Europas zurück. Die Durchsetzung und Akzeptanz von Landessprachen im Zuge administrativer Vereinheitlichungen stellte häufig die Grundlage zur Vorstellung der Gemeinschaft dar. In diesem Kontext habe die auf ein Sprach- bzw. Staatsgebiet konzentrierte Berichterstattung in Tageszeitungen bei den Menschen innerhalb dieses Gebietes ein nationales Verbundenheitsgefühl entstehen lassen (vgl. Anderson 1988, 14 ff.).

[16] Hobsbawm bestreitet jedoch keineswegs, „dass Sprachen oder sogar Sprachfamilien nicht ein wesentlicher Teil der alltäglichen Realität“ (Hobsbawm 2005, 72) gewesen sind.

[17] Der Nationalismus des Demos integriert die Bevölkerung eines Staates ungeachtet der Unterschiede von Sprache, Kultur, Herkunft und sozialem Rang. Man ist Angehörige weil man Staatsbürger im politischen Sinne ist. Jedoch produzierte faktisch jede Nation - auch die, die aus dem Nationalismus des Demos heraus entstanden ist, ethnisch-fiktive Gründungsmythen, die sich in den Einbürgerungsgesetzen oder nationalen Gedenkfeiern und somit vielfach in den Vorstellungen ihrer Bevölkerung ausdrücken können. So akzeptierte der Nationalismus der Französischen Revolution die Zugehörigkeit von Juden zur Nation, was der Wirkungsmächtigkeit des Antisemitismus keinen Abbruch tat (vgl. Döhn 2000, 434). Auch der gegenwärtige Rassismus in den klassischen Einwanderungsländern wie den USA und Frankreich geht mit diesen Gründungs- und Geschichtsmythen einher, wenn auch aufgrund des explizit politischen Gründungsausdrucks der Nation weitaus weniger stark als im Nationalismus des Ethnos.

[18] Das Wort „patrie“ wurde von der Académie Francaise 1776 noch lokal definiert (vgl. Hobsbawm 2005, 108).

[19] Johann Gottfried Herder gilt als einer der ersten in Deutschland, der auf die besondere Bedeutung der Sprache, der Literatur und der Geschichte für die Bildung einer nationalen Identität verwiesen hat.

[20] Planert verweist darauf, dass ein großer Teil der nationalen Lieder aus den ‚Befreiungskriegen’ von „propreußischen Publizisten [stammten], die ‚deutsch’ und ‚preußisch’ oft bis zur Unkenntlichkeit miteinander verquickten“ (Planert 2004, 15). Auch dies verdeutlicht, dass eine saubere Trennung in nations- und reichsbezogene Patrioten schwierig erscheint.

[21] Diese Sichtweise wird Hermann zufolge auch von Helmut Scheuer, Ernst Schulin, Bernhard Giesen und Rudolf Vierhaus vertreten (vgl. Herrmann 1996, 15).

[22] Volk und Nation waren bis dahin schichtspezifische Beschreibungen, mit denen die unteren bzw. herrschenden Gesellschaftsschichten gemeint waren (vgl. Hoffmann 2001, 103).

[23] Gottfried Herder vermied zwar Wertigkeiten und Hierarchien, forderte jedoch die Reinheit einer jeden nationalen Kultur (vgl. Wiegel 1995, 17).

[24] Ernst Moritz Arndt gilt als einflussreicher Vertreter der Idee der deutschen Sprachgemeinschaft. Verbunden mit einem ausgeprägten Hass gegenüber Franzosen und antisemitischen Zügen propagierte Arndt die Einheit des deutschen Reiches in den Grenzen der deutschen Sprachgemeinschaft. In Arndts Schriften, die auch großen Einfluss auf die Studentenverbindungen dieser Zeit hatten, sind bereits alle Elemente angelegt, die später als ‚völkisches Denken’ verstanden werden (vgl. Hoffmann 2001, 108 ff.).

[25] In der Zeit des NS-Faschismus wurde zunächst 1933 Juden und Jüdinnen die Staatsangehörigkeit abgesprochen und 1935 sowie 1941 Unterscheidungen zwischen „Reichsbürgern“ und „Staatsangehörigen“ vorgenommen (vgl. Hentges/Reißlandt 2001, 181).

[26] In der deutschsprachigen Nationalismusforschung wurde die Unterscheidung von Friedrich Meinecke geprägt, dessen Denkfigur von einem „fundamentalen politischen Gegensatz zwischen Deutschland und ‚dem Westen’“ (Kunze 2005, 29) verpflichtet war. Eine mangelnde Distanz gegenüber dem Konzept der Nation drückte sich zudem dadurch aus, dass Meinecke die Nation als ahistorischen, organischen Zusammenschluss anhand der genannten objektiven Merkmale des frühen Nationalismus, beschreibt, zu denen er auch eine „ähnliche Blutmischung“ (Meinecke, zitiert nach Weidinger 2000, 16) zählte.

[27] Wie in Kapitel 1.5.1 dargestellt ist diese Vereinfachung jedoch äußerst problematisch. Bereits Danns Annahme, dass, die „Revolution von 1789 im aufklärten Deutschland zunächst [auf] ein durchweg zustimmendes Echo“ (Dann 1993, 51) gestoßen sei, verdeutlicht jedoch dessen Simplifizierung der Geschichte.

[28] Wenn auch diese Erkenntnisse Winklers vor dem Aufkommen der neuen Nationalismusforschung formuliert wurden, so zeigen sich Winklers pro-patriotische Positionen in dessen Plädoyer für einen aufgeklärten Patriotismus von 2007.

[29] Auf die von Alter zusätzlich verwendeten Kategorien des ‚Reform-Nationalismus’ sowie des ‚Befreiungsnationalismus’ soll im Kontext dieser Arbeit nicht eingegangen werden.

[30] Seinen Ursprung findet der Begriff im italienischen Nationalismus. Dort sprach er sich als Kampfbegriff gegen Fremdbestimmung und für einen freien und nationalen Einheitsstaat aus. Der Begriff ist insofern ideologisch, da er sowohl eine Wiederauferstehung des italienischen als auch des deutschen Volkes verkündet, es diese politische Einheit jedoch bis dahin nicht gegeben hatte. In diesem Nationalismus liegen die Grundlagen der Mythen für den italienischen Faschismus (vgl. Döhn 2000, 425).

[31] Der Begriff geht auf den französischen Schriftsteller Charles Maurras zurück, „einen der einflussreichsten geistigen Väter dieser Form des Nationalismus“ (Alter 1985, 43). Dieser findet unter verschiedenen Zuschreibungen wie: radikaler Nationalismus, rechter Nationalismus, partikularer Nationalismus, militanter Nationalismus uvm. eine ähnliche Verwendung (vgl. Alter 1985, 43).

Fin de l'extrait de 111 pages

Résumé des informations

Titre
Neuer Patriotismus und nationale Identität in Deutschland im Jahr der Fußball-WM 2006
Sous-titre
Eine politikwissenschaftliche Untersuchung
Université
Justus-Liebig-University Giessen  (Institut für Politikwissenschaften)
Note
1
Auteur
Année
2007
Pages
111
N° de catalogue
V152584
ISBN (ebook)
9783640653966
ISBN (Livre)
9783640654437
Taille d'un fichier
1077 KB
Langue
allemand
Annotations
Diese Arbeit stellt eine umfangreiche Diskursanalyse zum 'neuen Patriotismus' im Kontext der WM 2006 dar (eine Beachtung findet auch der Diskurs um die Wiederauflage der GEW-Broschüre "Argumente gegen das Deutschlandlied" im Juni 2006 und die Kampagne "Du bist Deutschland"). Eingangs wird der Frage nach den konzeptionellen Gemeinsamekeiten und Unterschieden von Patriotismus und Nationalismus (auf historischer Grundlage)nachgegangen. Des Weiteren erfolgt eine Betrachtung der bundesrepublikanischen Diskurse um Patriotismus und nationale Identität von 1949-2006. Abgabe der Arbeit: November 2007.
Mots clés
Nationalismus, Fussball, Deutschlandlied
Citation du texte
Sascha Schmidt (Auteur), 2007, Neuer Patriotismus und nationale Identität in Deutschland im Jahr der Fußball-WM 2006, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152584

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