Service Engineering. Analyse und Synthese systematischer Dienstleistungsentwicklungsmodelle zur Generierung von Innovationen

Hochschulausgründungen in Deutschland


Diplomarbeit, 2008

113 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1. Problemstellung und Vorgehensweise

2. Begriffliche und theoretische Grundlagen
2.1. Der Dienstleistungsbegriff
2.2. Der Innovationsbegriff
2.3. Begriff der Dienstleistungsinnovation
2.4. Grundlagen einer Hochschulausgründung
2.4.1. Begriff der Hochschulausgründung
2.4.2. Merkmale einer Hochschulausgründung
2.5. Einführung in das Service Engineering
2.5.1. Begriff und Ziele des Service Engineering
2.5.2. Problemfelder des Service Engineering
2.5.3. Service Engineering Vorgehensmodelle

3. Ein Service Engineering Vorgehensmodell für Hochschulausgründungen
3.1. Anforderungen an das Modell
3.2. Ein erster Modellentwurf

4. Empirischer Teil - Eine explorative Untersuchung zur Entwicklung von Dienstleistungsinnovationen an deutschen Hochschulen
4.1. Forschungsdesign
4.2. Erkenntnisleitende Fragen
4.3. Darstellung des Forschungssetting
4.3.1. Auswahl der Datenerhebungsmethodik
4.3.2. Ablauf und Inhalt der Untersuchung
4.3.2.1. Vorstellung und Bestimmung des Materials
4.3.2.2. Analysetechniken, -einheiten und -schritte
4.3.2.3. Kategorienbildung
4.4. Darstellung und Diskussion der Ergebnisse
4.4.1. Auswertung Kategorie Dienstleistungsidee
4.4.2. Auswertung Kategorie Marktanalyse
4.4.3. Auswertung Kategorie interne Anforderungsanalyse
4.4.4. Auswertung Kategorie Kundenbedürfnisanalyse
4.4.5. Auswertung Kategorie Service Konzept und Business Plan
4.4.6. Auswertung Kategorie Marketing
4.4.7. Auswertung Kategorie Test der Dienstleistung
4.4.8. Auswertung Kategorie Controlling der Markteinführung
4.4.9. Auswertung Kategorie Entwicklungsprozess

5. Das SEH-Modell
5.1. Die Orientierungsphase
5.2. Die Konzeptionsphase
5.3. Die Gründungsphase

6. Zusammenfassung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Anhang
Appendix 1: Service Engineering Vorgehensmodelle
Appendix 2: Übersicht Auswertung Interviews
Appendix 3: Interviewleitfaden

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Innovationstypologie

Abbildung 2: Lineare Vorgehensweise

Abbildung 3: Iterative Vorgehensweise

Abbildung 4: Phasen einer Unternehmensgründung

Abbildung 5: 1.-3. Phase einer Unternehmensgründung

Abbildung 6: SEH-Modell

Abbildung 7: Orientierungsphase im SEH-Modell

Abbildung 8: Konzeptionsphase im SEH-Modell

Abbildung 9: Gründungsphase im SEH-Modell

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Unterschiede zwischen Sachgütern und Dienstleistungen

Tabelle 2: Übersicht Definitionstypen Innovation

Tabelle 3: Vergleich von Service Engineering Vorgehensmodellen 31-

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Problemstellung und Vorgehensweise

Seit einigen Jahren hört man Schlagworte wie "Dienstleistungsgesellschaft" und "postindustrielle Gesellschaft" vermehrt. Sie verdeutlichen den nahezu in allen Industrienationen stattfindenden Prozess der Verschiebung der Beschäftigten und der Wertschöpfung vom verarbeitenden Gewerbe hin zum Dienstleistungsgewerbe (Fähnrich, Meiren 1999: 8). Der Dienstleistungsektor ist für viele Menschen inzwischen zur Beschäftigungshoffnung geworden. Er ist der Motor für Innovation, Wachstum und Beschäftigung in Deutschland (Catenhusen in Kreibich, Oertel 2004: 9). Die Chancen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze und zur Erschliessung neuer Geschäftsfelder, die sich vorallem im Dienstleistungssektor bieten, sind längst nicht ausgeschöpft. Es ist unbestritten, dass sich das Potential von Dienstleistungen längst nicht mehr nur auf Haareschneiden und Pizza-Service beschränkt (Bullinger in Kreibich, Oertel 2004: 13). Da stimmt es positiv und optimistisch, dass vorallem in Deutschland in den letzten Jahren ein Umdenken erkennbar geworden ist, indem der Wandel zu einer dienstleistungsorientierten Gesellschaft aktiv gestaltet wird. Innovationen werden, vorallem im Bereich immaterieller Leistungen, zunehmend zum Erfolgsfaktor und Wettbewerbsvorteil. Die Innovationsdynamik hat unverkennbar zugenommen. Die zentralen Herausforderungen bestehen darin, kontinuierlich verbesserte Leistungen auf den Markt zu bringen, dabei die Bedürfnisse und Wünsche der Kunden zu erfüllen und stets schneller als die Wettbewerber zu sein (Fähnrich, Meiren 1999).

Das systematische Entwickeln von neuen Produkten ist in der Produktentwicklung längst alltäglich. Analog dazu soll mit dem Service Engineering eine Entwicklungsdisziplin etabliert werden, die sich mit der systematischen Entwicklung von Dienstleistungen beschäftigt. Eine Forderung die berechtigt erscheint, scheitern doch jährlich 40 Prozent der neu am Markt eingeführten Dienstleistungen (Klein 2007: 3). Eine Vielzahl von Entwicklungsmodellen wurden seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts, dem Beginn des Service Engineering, bereits konzipiert. Ein Bereich, in den das Service Engineering bisher nur ansatzweise vorgedrungen ist, ist der Bereich der Unternehmensgründungen, speziell der Hochschulausgründungen.

Im Zentrum dieser wissenschaftlichen Arbeit steht die systematische Entwicklung eines Service Engineering Vorgehensmodells für Hochschulausgründungen. Die Fachdisziplin "Service Engineering" wird damit um ein praxisnahes Modell erweitert. Damit geht die Hoffnung einher, diese Forschungsdisziplin weiter in das Licht der Wissenschaft und der Wirtschaft zu rücken. Mit dem Fokus auf Hochschulausgründungen wird erstmalig ein spezialisiertes Vorgehensmodell konzipiert.

Zu Beginn werden die theoretischen Grundlagen und notwendigen Begrifflichkeiten eingehend erläutert. Anhand der Besonderheiten einer Dienstleistung und den besonderen Merkmalen einer Hochschulausgründung wird deutlich, dass die Notwendigkeit ein eigenes, spezifisches Modell für diesen Gründungstypus zu konstruieren in jedem Fall gegeben ist. Trotz der Vielzahl der existierenden Service Engineering Vorgehensmodelle zeigt die Bewertung, dass keines von ihnen allen Anforderungen einer Hochschulausgründung genügt. Daraus erwächst der Anspruch, auf Basis einer explorativen Untersuchung unter zehn Hochschulausgründern, ein geeignetes Modell zu konstruieren. Diese Untersuchung bringt die notwendige Praxisnähe bei der Konstruktion eines Service Engineering Vorgehensmodells mit sich. Vernachlässigt jedoch in keinem Fall die wissenschaftlichen und theoretischen Grundlagen. Das Service Engineering Vorgehensmodell soll das tatsächliche Vorgehen bei der Entwicklung einer Dienstleistungsinnovation im Rahmen einer Hochschulausgründung widerspiegeln und dieses mit den aktuellen theoretischen Grundlagen des Service Engineering verknüpfen.

2. Begriffliche und theoretische Grundlagen

2.1. Der Dienstleistungsbegriff

Dienstleistungen werden in der modernen Welt jeden Tag in Anspruch genommen. Sie zählen nach der "Drei-Sektoren-Theorie" zum tertiären Sektor. Im primären Sektor finden sich die Land- und Forstwirtschaft, sowie die Fischerei und Viehzucht. Im sekundären Sektor finden sich Bergbau, verarbeitendes Gewerbe, Energie- und Wasserversorgung, sowie das Baugewerbe. Neben den Dienstleistungen werden im tertiären Sektor u.a. der Handel, der Verkehr, das Kredit- und Versicherungsgewerbe, sowie das Gesundheitswesen genannt (Haller 2005: 1).

In der Literatur finden sich unzählige Versuche Dienstleistungen zu definieren. Bislang fehlt eine konsensfähige Definition. Auf Grund ihrer Vielfältigkeit und Diversität werden Dienstleistungen in der Praxis vielfach als Problemgüter bezeichnet (Reichwald, Schaller, in Bullinger, Scheer 2003: 173). Das Spektrum möglicher Leistungen, die unter dem Begriff der Dienstleistung zusammengefasst werden, reicht von unmittelbar an Personen erbrachten Diensten (z.B. Haare schneiden), über Finanz- und Beratungsleistungen bis hin zu Wartungs- und Reparaturleistungen, die an materiellen Objekten vollzogen werden (Weissenberger- Eibl, Koch in Gleich, Russo 2007: 153) Die ausgeprägte Heterogenität des Dienstleistungssektors und die schwierige Abgrenzung der Dienstleistungen zum Sachgüterbegriff erschweren die eindeutige Definition (Haller 2005: 6).

Um einer allgemeingültigen Definition des Begriffs Dienstleistung näher zu kommen, ist die Klassifizierung der Definitionsversuche nach Corsten (Corsten 1985) hilfreich. Er unterteilt die in der Literatur auftretenden Definitionen in drei Gruppen:

- enumerative Definitionen
- Negativdefinitionen
- explizite Definitionen

Die Vertreter des enumerativen Definitionsansatzes versuchen eine Charakterisierung des Dienstleistungsbegriffes über die Aufzählung von Beispielen (Schreiner 2005: 11; Weissenberger-Eibl, Koch in Gleich, Russo 2007: 153).

Enumerative Definitionsansätze weisen keine Eigenschaften der zu kennzeichnenden Objekte auf und setzen die Kenntnis über begriffliche Abgrenzungen voraus (Schreiner 2005: 11).

Bei den Negativdefinitionen erfolgt die Abgrenzung, indem alle Objekte die keine Sachgüter sind, zusammengefasst werden (Schreiner 2005: 11; Weissenberger-Eibl, Koch in Gleich, Russo 2007: 153). Diesem Definitionsversuch kommt in der Literatur eine eher geringe Bedeutung zu, da die Gegenüberstellung von Dienstleistungen und Sachleistungen die Erscheinungsvielfalt der immateriellen Güter zu stark eingrenzt (Bruns 2006: 100).

Besser geeignet ist die Beschreibung der Merkmale einer Dienstleistung in der klassischen Leistungsdimension, dem Leistungspotential, dem Leistungserstellungsprozess und dem Leistungsergebnis.

Die potentialorientierte Dimension sieht die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft zur Erbringung einer Dienstleistung im Vordergrund. Die Dienstleistung ist eine potentiell vorliegende Leistung, welche noch erbracht werden muss (Rechwald, Schaller in Bullinger, Scheer 2003: 174). Das Potential bezieht sich auf die Ressourcen der Leistungserbringung (die Mitarbeiter, A.d.V.) und beinhaltet alle Aspekte materieller und immaterieller Potentiale, die zur Realisierung des Ergebnisses nötig sind (Weissenberger-Eibl, Koch in Gleich, Russo 2007: 155). In der potentialorientierten Dimension wird die Dienstleistung als Fähigkeit und Bereitschaft des Dienstleistungsanbieters zur internen Kombination von Potentialfaktoren definiert (Weissenberger-Eibl, Koch in Gleich, Russo 2007: 155). Das entscheidende konstitutive Element dieser Dimension ist die Intangibilität bzw. Immaterialität (Nichtgreifbarkeit) der Dienstleistung (Haller 2005: 7; Engelke 1998; Bruns 2006: 101). Immaterialität bedeutet, dass eine Dienstleistung nicht gefühlt, geschmeckt, gerochen oder gesehen werden kann (Bruns 2006: 101).

Die prozessorientierte Dimension stellt eine Dienstleistung als einen sich noch vollziehenden Prozess dar, welcher erst durch die Integration des externen Faktors abgeschlossen werden kann (Haller 2005: 8; Bruns 2006: 102; Reichwald, Schaller in Bullinger, Scheer 2003: 174). Der externe Faktor kann der Kunde selbst sein (Bsp: Haare schneiden beim Friseur) oder ein Gegenstand des Kunden (Bsp: das Auto bei der Kfz-Reparatur). Der externe Faktor enthält existierende Kundenbeziehungen und Kundenwissen, organisatorische Strukturen und partnerschaftliche Netzwerke (Weissenberger-Eibl, Koch in Gleich, Russo 2007: 156). Entscheidend ist die Kombination des Leistungspotentials des Anbieters mit dem externen Faktor des Abnehmers. Die zeitliche Synchronität der Leistungserbringung und - inanspruchnahme wird als das "uno-actu" Prinzip bezeichnet (Haller 2005: 8; Bruns 2006: 101; Reichwald, Schaller in Bullinger, Scheer 2003). Aufgrund dieser Tatsache können Dienstleistungen nicht auf Vorrat produziert werden (Bruns 2006: 101).

Die ergebnisorientierte Dimension fokussiert das Resultat des Leistungserstellungsprozesses (Reichwald, Schaller in Bullinger, Scheer 2003: 174). Darauf aufbauend werden Dienstleistungen als für den Absatz produzierte immaterielle Wirtschaftsgüter definiert und als das (überwiegend) immaterielle Ergebnis (Reichwald, Schaller in Bullinger, Scheer 2003: 174) einer dienstleistenden Tätigkeit verstanden (Weissenberger-Eibl, Koch in Gleich, Russo 2007: 155).

Ergänzend zu den genannten konstitutiven Merkmalen werden in der Literatur noch weitere genannt. Dazu zählen Heterogenität, Verderblichkeit, Begrenzung in Economies of Scale (Skalenertrag), Arbeitsintensität und Schwierigkeiten in der Messung der produzierten Menge (Bruns 2006: 100). Diese Merkmale sind jedoch äusserst umstritten und werden stets diskutiert. Einigkeit herrscht nur bei den bereits erläuterten Merkmalen:

- Immaterialität
- Zusammenfallen von Leistungserstellung und -verwertung
- Integration des externen Faktors

Die drei beschriebenen Dimensionen, Potential-, Prozess- und Ergebnisorientierung, eignen sich nach Meffert und Bruhn (Meffert, Bruhn 2003) am besten für eine allgemein verständliche Definition des Dienstleistungsbegriffes:

Dienstleistungen sind selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind (Potentialorientierung). Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung ). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen oder deren Objekten nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung) (Meffert, Bruhn 2003: 45).

Diese Definition verdeutlicht die Eigenschaften einer Dienstleistung und wird grundlegend für diese Arbeit verwendet.

Um die Abgrenzung der Dienstleistungen zu den Sachgütern deutlich zu machen werden in der nachfolgenden Tabelle die typischen Charakteristika gegenübergestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Unterschiede zwischen Sachgütern und Dienstleistungen (Haller 2005: 10)

Die deutlichen Unterschiede zwischen Sachgütern und Dienstleistungen zeigen die Notwendigkeit gesonderter Dienstleistungsentwicklungmethoden und -werkzeuge auf.

Auch der Begriff der Innovation, ähnlich dem der Dienstleistung, ist ein viel gebrauchter und dennoch selten präzise bestimmter Begriff (Reichwald, Schaller in Bullinger, Scheer 2003: 175). Die verschiedenen Definitionsansätze werden im folgenden Abschnitt erläutert.

2.2. Der Innovationsbegriff

"To invent, you need a good imagination and a pile of junk" (Hargadon, Sutton 2001: 60). So beschrieb Thomas A. Edison seinen Erfindungsgeist. Neue Ideen sind die bevorzugte Währung der Wirtschaft, denn die Bedeutung von Innovationen ist für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes längst unumstritten. Das Bild des einsamen genialen Erfinders, der tüftelnd in seiner Dachkammer über seinen Modellen brütet, ist eine romantische Fantasie, die nur in den seltensten Fällen Realität wird (Hargadon, Sutton 2001: 55).

Eine Erfindung stellt die notwendige Vorstufe der Innovation dar. Eine Erfindung ist eine erstmalige technische Realisierung einer neuen Problemlösung. Sie kann zufällig oder geplant entstehen (Vahs, Burmester 1999: 42). Die Innovation hingegen, stellt die erstmalige wirtschaftliche Verwendung einer Erfindung dar (Vahs, Burmester 1999: 42).

Schumpeter definierte Innovation als Prozess der Umsetzung einer Erfindung in eine Marktanwendung (Schumpeter 1931). Die Innovation kann vereinfacht als die zielgerichtete Durchsetzung von neuen technischen, wirtschaftlichen, organisatorischen oder sozialen Problemlösungen verstanden werden (Vahs, Burmester 1999: 1).

Zusammengefasst sind Innovationen (Albers, Gassmann 2005: 25):

- Qualitativ neuartige Produkte oder Prozesse
- die sich merklich vom vorangegangenen Zustand unterscheiden
- die Neuartigkeit muss wahrgenommen werden
- Zwecke und Mittel werden in einer bisher nicht bekannten Form verknüpft
- diese Verknüpfung muss sich auf dem Markt oder im innerbetrieblichen Einsatz bewähren
- Verkauf oder Nutzung unterscheidet Innovation von Invention

Den Begriff Innovation mit einer einzigen Definition zu charakterisieren ist schier unmöglich angesichts der unzähligen Definitionen die sich in der Fachliteratur finden. Entscheidend ist dabei immer die Betrachtungsebene und/oder der Betrachtungsblickwinkel. In der Tabelle 2 sind diese Definitionen übersichtlich dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 2: Übersicht Definitionstypen Innovation. (Hauschildt, Salomo 2006: 4-6)

Sehr strukturiert und übersichtlich ist die Unterscheidung nach Innovationstypen von Fritzsche (2007):

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Innovationstypologie (Fritzsche 2007)

Es konnte gezeigt werden, wie vielfältig die Definitionsansätze des Innovationsbegriffes sind. Übereinstimmung besteht jedoch darin, dass es sich bei einer Innovation um etwas "Neues" handelt (Reichwald, Schaller in Bullinger, Scheer 2003: 175). Für die vorliegende Arbeit dient die Definition von Vahs und Burmester (Vahs, Burmester 1999: 1) als Grundlage, da sie das Wesen der Innovation leicht verständlich und klar darstellt.

Die Innovation ist die zielgerichtete Durchsetzung von neuen technischen, wirtschaftlichen, organisatorischen oder sozialen Problemlösungen.

Sowohl der Dienstleistungsbegriff, als auch der Innovationsbegriff liesen sich nur nach eingehenden Literaturrecherchen definieren. Die gewählten Definitionen erheben den Anspruch allgemein verständliche Erklärungen zu liefern.

Neben der Synthese der beiden Definitionen zur Definition der Dienstleistungsinnovation, werden zum besseren Verständnis die Formen von Dienstleistungsinnovationen erläutert. Diese sollen das große Spektrum und die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten von Dienstleistungsinnovationen verdeutlichen.

2.3. Begriff der Dienstleistungsinnovation

In den vorangegangen Abschnitten wurden die Begriffe "Dienstleistung" und "Innovation" definiert. Folgende Definitionen wurden grundlegend für diese Arbeit ausgewählt:

Dienstleistungen sind selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind (Potentialorientierung). Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen oder deren Objekten nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung) (Meffert, Bruhn 2003)

Die Innovation ist die zielgerichtete Durchsetzung von neuen technischen, wirtschaftlichen, organisatorischen oder sozialen Problemlösungen (Vahs, Burmester 1999: 1).

Als Synthese der beiden Definitionen wurde die folgende Begriffserklärung als grundlegend für diese Arbeit ausgewählt:

Dienstleistungsinnovationen sind all diejenigen Leistungen, die erstmalig durch einen Anbieter am Markt erbracht werden, derenüberwiegenden konstitutiven Merkmale die von Dienstleistungen sind und bei deren Konsumierung der Kunde mit den drei Leistungsdimensionen Potential, Prozess und Ergebnis des Anbieters in Berührung kommt (Hoffmann 2006: 21).

Unter der Entwicklung von Dienstleistungen fasst man häufig die Neuentwicklung von Dienstleistungen zusammen. Dies stellt zwar das klassische Einsatzgebiet des Service Engineering dar, beeinhaltet aber längst nicht alle Möglichkeiten. In der Summe ergeben sich vier Anknüpfungspunkte für Dienstleistungsinnovationen (Schmid 2005: 86).

1. Neuentwicklungen von Dienstleistungen

Als Dienstleistungsneuentwicklung bezeichnet man die erstmalige Entwicklung einer Dienstleistung (Hoffmann 2006: 22), sowie eine Markt- oder Unternehmensinnovation (Schmid 2005: 86). Die erstmalige Entwicklung einer Dienstleistung ist eine Dienstleistung die zwar bereits am Markt existiert, aber erstmalig von einem bestimmten Unternehmen entwickelt wird. Diese Dienstleistung ist also nicht neu für den Markt, sondern neu für das Unternehmen und seine Kunden. Unter einer Markt- oder Unternehmensinnovation versteht man eine Dienstleistung die sowohl neu für den Markt, als auch neu für das Unternehmen ist.

2. Hybride Dienstleistungen

Ausgangspunkt für hybride Dienstleistungen sind bereits existierende materielle Produkte, für die die Dienstleistung als Ergänzung dient. Hybride Dienstleistungen sind sehr häufig im Investitionsgüterbereich zu finden (Schmid 2005: 87; Hoffmann 2006: 22).

3. Dienstleistungsbündelung

Neue Dienstleistungen entstehen durch die Bündelung einzelner, bereits bestehender Dienstleistungen. Sie werden vorallem zur besseren Befriedigung von Kundenbedürfnissen entwickelt und sind häufig im Finanzdienstleistungssektor anzutreffen (Schmid 2005: 87).

4. Reverse Engineering und Reengineering

Beim Reverse Engineering werden bereits angebotene Dienstleistungen neu spezifiziert oder nochmals entwickelt, um eine effizientere Leistung zu erzielen (Hoffmann 2006: 22). Gegenstand der Entwicklung kann auch eine bereits vorhandene Dienstleistung eines Wettbewerbers sein (Schmid 2005: 88).

Die Bedeutung von Innovationen, insbesondere Dienstleistungsinnovationen, sind für die volkswirtschaftliche Entwicklung Deutschlands unumstritten (Meffert in Bullinger Scheer 2003: 261). Die Vermarktung von Innovationen geht oftmals einher mit der Gründung neuer Unternehmen. Diese Kombination findet sich vermehrt im innovationsfreundlichen Umfeld deutscher Hochschulen.

2.4. Grundlagen der Hochschulausgründung

2.4.1. Begriff der Hochschulausgründung

Unternehmensgründungen sind für jede Volkswirtschaft bedeutend. Gründungen von Unternehmen führen zum Wandel von Wirtschaftssystemen und -strukturen. Sie ermöglichen gesellschaftliche Veränderungen und sie tragen durch Innovationen und Investitionen zum Wachstum einer Volkswirtschaft bei. In letzter Zeit wird der Ruf aus Politik und deröffentlichkeit nach neuen und innovativen Unternehmen laut (Fueglistaller, Müller, Volery 2008: 20).

Eine Unternehmensgründung ist die Schaffung eines gegenüber seiner Umwelt abgegrenzten und vorher in gleicher Struktur nicht existierenden Systems (originäre Gründung). Die Unternehmensgründung ist eine Funktion der Person des Gründers, seiner Geschäftsidee und des Umfeldes, in welchem die Gründung stattfindet

(Szyperski, Nathusius 1977: 27).

Für den Begriff der Hochschulausgründung lässt sich in der aktuellen Literatur keine eindeutige Definition finden. Eine gute Erläuterung ist bei Peisl und Hanny (Peisl, Hanny 2001: 3-4) zu finden. Sie definieren verschiedene Variablen einer Hochschulausgründung.

In einer engeren Definition kann von einer Hochschulausgründung nur dann gesprochen werden, wenn einerseits zur Entwicklung des Produktes bzw. der Dienstleistung die Infrastruktur der Hochschule genutzt wird. Andererseits muss in diesem engen Ansatz die Idee bzw. die Konzeption des von Hochschulangehörigen wie z.B. Studenten, Doktoranden oder Professoren entwickelt werden (Peisl, Hanny 2001: 3; Uebelacker 2005: 46). Als Nutzung der Infrastruktur der Hochschule kann die Erarbeitung eines Konzeptes im Rahmen einer wissenschaftlichen Arbeit oder eines Seminars gelten. Dazu zählt aber auch die Nutzung der technischen Infrastruktur der Hochschule oder die Zusammenarbeit mit gründungsfördernden Initiativen.

Ein weiter Definitionsansatz bringt zwei weitere Möglichkeit einer Hochschulausgründung.

Erstens liegt eine Hochschulausgründung im weiteren Sinn dann vor, wenn Hochschulangehörige eine Geschäftsidee entwickeln und zu einem Konzept ausarbeiten, jedoch hierfür keine Infrastruktur der Hochschule genutzt wird. Zweitens liegt eine Hochschulausgründung dann vor, wenn zur Entwicklung und Ausarbeitung des Produktes bzw. der Dienstleistung die Infrastruktur der Hochschule genutzt wird, jedoch nicht von Hochschulangehörigen (Peisl, Hanny 2001: 4).

In Anlehnung an Uebelacker (Uebelacker 2005: 46) wird die gängige Abgrenzung erweitert. Nach der für diese wissenschaftliche Arbeit geltenden Definition umfassen Hochschulgründungen alle Gründungen, die durch Studierende oder Absolventen einer Hochschule (Universität oder Fachhochschule in Deutschland) während des Studiums, direkt nach dem Studium oder zu einem bestimmten Zeitpunkt danach erfolgen. Inhaltlich kann dabei von einem direkten Zusammenhang mit den Studieninhalten durchaus abgesehen werden.

2.4.2 Merkmale einer Hochschulausgründung

Unternehmen müssen speziell in ihrer Anfangsphase viele Hürden nehmen, um dem Wettbewerbsdruck standhalten zu können. Insbesondere für junge und zum größten Teil unerfahrene Unternehmensgründer ist es sehr schwer diese allein zu bewältigen, da es in der Regel an den erforderlichen Mitteln dazu fehlt. Viele besitzen nicht das kaufmännische Wissen, um ein Unternehmen zu führen oder verfügen nicht über ausreichend finanzielle Mittel zur Deckung des Kapitalbedarfs (Kohlhaas 2007: 15). Junge Unternehmen weisen bestimmte Merkmale auf, die unabhängig von der Geschäftsidee sind. Hochschulgründungen weisen jedoch darüber hinaus noch einige spezielle Merkmale auf, die entsprechende Anforderungen an ein Service Engineering Modell stellen.

1. Hohes Sterberisiko

Junge Unternehmen haben ein signifikant höheres Risiko insolvent zu gehen, da sie aufgrund ihres geringen Alters und der damit einhergehenden Entwicklungsstufe intern neue ungewohnte Aufgaben und Prozesse definieren und erlernen müssen. Ausserdem gehen junge Unternehmer vertrauensbasierte Beziehungen und Abhängigkeiten mit externen, ex ante weitgehend unbekannten Partnern ein (Brettel, Heinemann, Hiddemann 2006: 3). Das Risiko zu scheitern ist in den ersten Jahren nach der Gründung am größten und sinkt mit zunehmendem Alter (Stinchcombe 1965: 148). Fehlende unternehmerische Erfahrung bedeutet, dass der Gründer erstmalig mit einem Unternehmen am Markt tätig wird. Dies trifft sowohl auf universitäre, als auch ausseruniversitäre Gründungen zu. Die fehlende Erfahrung zeigt sich in einer unzureichenden bis fehlenden Marktkenntnis, der Gründer kennt seine Wettbewerber kaum, kennt die Geflogenheiten in seinem Zielmarkt nicht. Eine Einschätzung der zukünftigen Risiken und Chancen, sowie der eigenen Stärken und Schwächen ist nicht ohne weiteres möglich. Das Unternehmen konnte noch nicht als Marke am Markt etabliert werden, daher fehlt ein Kundenstamm, sowie aussagekräftige Referenzen.

2. Geringe Größe

Junge Unternehmen verfügen meist über eine geringe Größe (Aldrich, Auster 1986: 180). Dieser Umstand macht das Unternehmen für den geschäftsführenden Eigentümer zumeist leicht überschaubar. Er kann sich über alle wesentlichen Teilbereiche seines Unternehmens eigenhändig und umfassend informieren. Die Übersichtlichkeit kleiner Unternehmensgründungen bedingt die besondere Nähe zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten. Diese Gegebenheit wird durch diverse persönliche Kontakte zwischen dem Gründer und seinen Investoren, Kunden und Lieferanten ergänzt. Diese Transparenz der Unternehmensorganisation in Verbindung mit kurzen Entscheidungswegen und flachen Hierachien bringt Flexibilität in die Entscheidungsprozesse (Hering, Vincenti 2004: 167).

3. Knappe Ressourcen

Junge Unternehmen verfügen in der Anfangszeit meist über nur geringe finanzielle Ressourcen und sind nicht in der Lage Personal zu beschäftigen (Brettel, Heinemann, Hiddemann 2006: 3). Dienstleistungsunternehmen weisen, im Gegensatz zu Unternehmen des produzierenden Gewerbes, den Vorteil geringer Anlaufinvestitionen auf. Hohe Investitionen für Maschinen, Anlagen, Produktionsstätten und Lagerhallen sind nicht notwendig. Zusätzlich zu diesen sachlichen Aspekten umfasst die Begrenztheit junger Unternehmen darüber hinaus den Aspekt der zeitlichen Knappheit in der Gründungsphase. Diese Knappheit ersreckt sich in etwa bis zum Eintreten erster Markterfolge in der Amortisationsphase (Hering, Vincenti 2004: 168).

4. Gründerdominanz und -persönlichkeit

Junge Unternehmen werden in ihrem Aktionsradius entscheidend durch das Wissen und die Fähigkeiten der Unternehmensgründer bestimmt (Brettel, Heinemann, Hiddemann 2006: 3). Junge Gründer streben nach Unabhängigkeit, sie sind von ihrer Geschäftsidee überzeugt und besitzen Mut und Risikobereitschaft. Die Annahme, dass mit zunehmendem Alter auch die Risikoaversion ansteigt, impliziert eine gewisse Risikofreude gepaart mit einem starken Unabhängigkeitsdrang der jungen Unternehmensgründer (Werner, Kranzusch, Kay 2005).

5. Neuheitsgrad der angebotenen Leistungen

Die Dienstleistungsinnovation, mit der sich das junge Unternehmen am Markt etablieren will, weisst per Definition einen hohen Neuheitsgrad auf. Die Leistung wird in einem innovativen Markt angeboten, der sich durch ein hohes Maßan Dynamik und Komplexität auszeichnet (Brettel, Heinemann, Hiddemann 2006: 4). Innovationen und damit verbundene Unternehmensgründungen häufen sich in jungen und dynamischen Wirtschaftszweigen. Derartige Branchen sind fast kontinuierlich diversen Veränderungsprozessen ausgesetzt, die den Unternehmen Flexibiltät und Dynamik abverlangen (Hering, Vincenti 2004: 170).

6. Innovatives Umfeld

Innovative Ideen benötigen ein Umfeld, das innovatives Schaffen zulässt (Fueglistaller, Müller, Volery 2008: 80). Eine Universität oder eine Hochschule stellen in den meisten Fällen solch ein Umfeld dar. An deutschen Universitäten wird Foschung betrieben und Innovationen werden vorangebracht. An nahezu jeder deutschen Universität unterstützen Gründerinitiativen und -lehrstühle die innovativen Jungunternehmer bei ihren Vorhaben. Diese Unterstützung ermöglicht den Zugriff auf inner- und ausseruniversitäre Netzwerke. Die Initiativen werden von der Politik, der freien Wirtschaft und den Universitäten selbst unterstützt. Vorallem an wirtschaftlichen Universitäten werden Vorlesungen in den Bereichen Unternehmensgründung, Unternehmensführung und Innovationsmanagement angeboten (z.B. Universität Erlangen-Nürnberg).

7. Praxis und Theorie

Einige Studien belegen, dass zwischen Gründungswahrscheinlichkeit und Berufspraxis als Erfahrungshintergrund ein signifikanter positiver Zusammenhang besteht. Das gründungsspezifische Wissen sammeln Hochschulabsolventen schon vor und während des Studiums. Dazu gehören gründungsrelevante Kenntnisse , sowie Berufs- und Praxiserfahrung. Diese sammeln sie in Praktika, Werkstudententätigkeiten und Gründerseminaren und -vorlesungen. Denn schon für die Entwicklung einer innovativen Gründungsidee sind praktische Erfahrungen in der Branche vorteilhaft (Isfan, Moog, Wolff, Grzeskowiak 2003: 13). Nach einer Studie von Pinkwart et al. (2001 in Isfan, Moog, Wolff, Grzeskowiak 2003: 13) haben Gründungsentschlossene zu 34,9% eine abgeschlossene Ausbildung, waren zu 30,2% längere Zeit erwerbstätig und haben zu 38,1% sonstige praktische Erfahrungen sammeln können.

Diese sieben Merkmale charakterisieren eine Hochschulausgründung und stellen damit besondere Anforderungen an ein geeignetes Dienstleistungsentwicklungsmodell. Im folgenden Kapitel wird das Fachgebiet Service Engineering vorgestellt. Neben den Zielen und Problemfeldern, werden die bedeutendsten Vorgehensmodelle erläutert und bewertet.

2.5. Einführung in das Service Engineering

2.5.1. Begriff und Ziele des Service Engineering

Innovationen wurden und werden im Bereich der immateriellen Leistungen zunehmend zum Erfolgsfaktor. Die Zunahme der Dynamik ist unverkennbar. Der Wettbewerb wird immer härter und der Lebenszyklus von Produkten und Dienstleistungen immer kürzer. Die Differenzierung über innovative Produkte und Dienstleistungen wird damit mehr als Kostenführerschaft und Qualitätsvorsprünge zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Als zentrale Herausforderungen ergeben sich die kontinuierliche Weiterentwicklung bzw. Neuentwicklung von Dienstleistungen, wobei es gilt schneller und flexibler auf die Bedürfnisse und Erwartungen der Kunden zu reagieren (Fähnrich, Meiren 1999). Um dies zu gewährleisten reicht es längst nicht mehr die Dienstleistungen "ad hoc", also spontan auf den Markt zu bringen. Empirische Studien, wie die von Meiren und Fähnrich (Meiren, Fähnrich 1999) zeigen, dass Unternehmen die sich bestimmten formalisierten Modellen, Werkzeugen und Techniken bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen bedienen, wesentlich erfolgreicher am Markt agieren. Diese Tatsache wurde vorallem von der Wissenschaft erkannt und unter dem Begriff des "Service Engineering" zusammengefasst.

Service Engineering stellt die Schnittstelle zwischen klassischer Dienstleistungsforschung und Ingenieurwissenschaften dar (Bullinger in Oertel, Kreibich 2004: 14). Im Service Engineering finden Erkenntnisse aus verschiedenen Fachdisziplinen Beachtung. Zu nennen sind die Betriebswirtschaftslehre, das Ingenieurwesen, das Industrial Engineering und die Entwicklung und Gestaltung soziotechnischer Systeme (Fähnrich, Meiren 1999).

Die Anfänge dieser Disziplin liegen in den achziger Jahren des 20. Jahrhunderts. Nachdem zunächst nur vereinzelt Veröffentlichungen erschienen, (z.B. Haaroff 1983, Lovelock 1984, Johne/Harborne 1985) wurden es im Laufe der 1990er Jahre immer mehr. Dabei wurden zwei Entwicklunglinien erkennbar, zum einen das "New Service Development", welches primär die Ergebnisse des angloamerikanischen Raums zusammenfasst und aus dem Forschungsfeld des Dienstleistungsmarketing heraus entstanden ist. Zum anderen das "Service Engineering", dass die Erkenntnisse aus dem zumeist deutschsprachigen Raum zusammenfasst und auf dem Transfer und der Adaption von ingenieurwissenschaftlichem und softwaretechnischem Know- How basiert (Klein 2007: 28). Als Pioniere dieser noch recht jungen Disziplin sind Shostack (ihr Iteratives Vorgehensmodell entstand 1991, A.d.V.), Ramaswamy (sein Phasenmodell entstand 1996, A.d.V.) und Scheuing/Johnson (ihr Phasenmodell entstand 1989, A.d.V.) zu nennen, die mit ihren Betrachtungen und Entwicklungsmodellen den Grundstein für das heutige Service Engineering legten. Die beiden Begriffe "New Service Development" und "Service Engineering" werden in den weiteren Betrachtungen synonym verwendet, da sie inhaltlich identisch sind.

Unter Service Engineering versteht man die systematische Entwicklung und Gestaltung von Dienstleistungsprodukten unter Verwendung geeigneter Vorgehensweisen, Methoden und Werkzeuge (Bullinger, Schreiner in Bullinger, Scheer 2003: 70) .

Dabei wird sowohl die Entwicklung einzelner Dienstleistungen, als auch das Entwicklungsmanagement für Dienstleistungen betrachtet (Fähnrich, Meiren 1999: 13). Service Engineering kann entscheidend dazu beitragen, die eigene Position am Markt explizit hervorzuheben und sich von anderen Unternehmen abzugrenzen (Scheer, Spath 2004: 5). Der interdisziplinär ausgerichtete Ansatz des Service Engineering impliziert die grundsätzliche Möglichkeit, Dienstleistungen ähnlich wie Sachgüter oder Software entwickeln zu können, wobei explizit auf die Notwendigkeit einer adäquaten Berücksichtigung sogenannter "weicher" Faktoren (z.B. Qualifikation der Mitarbeiter) hingewiesen wird (Klein 2007: 28). Fragen wie "Was lässt sich an Dienstleistungen überhaupt entwicklen?" und "Wie kann das geschehen?" stellen dabei die Kernfragen dar (Fähnnrich, Meiren 1999: 14). Um diese Fragen beantworten zu können ist es notwendig, sich die Definition von Dienstleistung nochmals zu veranschaulichen.

Dienstleistungen sind selbstständige, marktfähige Leistungen, die mit der Bereitstellung und/oder dem Einsatz von Leistungsfähigkeiten verbunden sind (Potentialorientierung). Interne und externe Faktoren werden im Rahmen des Erstellungsprozesses kombiniert (Prozessorientierung). Die Faktorenkombination des Dienstleistungsanbieters wird mit dem Ziel eingesetzt, an den externen Faktoren, an Menschen oder deren Objekten nutzenstiftende Wirkungen zu erzielen (Ergebnisorientierung) (Meffert, Bruhn 2003).

Aus dieser Definition ergeben sich 3 Dimensionen, die ergänzt um eine vierte Dimension bei der Entwicklung von Dienstleistungen zu beachten sind. Es müssen Ressourcenkonzepte (Potentialdimension), Prozessmodelle (Prozessdimension), Produktmodelle (Ergebnisdimension) und Marketingkonzepte (Marktdimension) entwickelt werden, die der Vielschichtigkeit von Dienstleistungen gerecht werden (Zahn, Foschiani, Lienhard, Meyer in Luczak 2004: 220).

Zu den wesentlichen Bestandteilen des Ressourcenkonzeptes zählen Humanressourcen, die Maschinen, die Planung der Infrastruktur und unterstützender Informations- und Kommunikationstechnik (Bullinger, Scheer 2003).

Prozessmodelle sollen bereits in der Planungsphase Transparenz schaffen und im Vorfeld Schnittstellen und Durchlaufzeiten reduzieren. Es werden Prozesse dokumentiert und Abläufe visualisiert, sowie erste Kostensimulationen als Basis für die Kostenkalkulation erstellt (Bullinger, Meiren in Bruhn, Meffert 2001: 165).

Die Definition der Leistungsinhalte und der Leistungsergebnisse erfolgt in der Erstellung des Produktmodells. Es werden Qualitätsstandards und Service Levels festgelegt, die sowohl internen (Orientierung der Mitarbeiter), als auch externen (für Kunden) Zwecken dienen (Bullinger, Meiren in Bruhn, Meffert 2001: 165).

Bei der Erstellung des Marketingkonzeptes sollte bereits zu Beginn des Entwicklungsprozesses eine Abstimmung mit den Marketingkonzepten der bereits existierenden Dienstleistungen erfolgen. Desweiteren werden erste Markt- und Kundenbedürfnisanalysen (Reichwald, Schaller in Bullinger, Scheer 2003: 189) durchgeführt und Eckpunkte des Marketingkonzeptes definiert (Fähnrich, Meiren 1999).

In welcher Intensität und Tiefe die einzelnen Konzepte bearbeitet werden, hängt von der zu entwickelnden Dienstleistung, der Größe des Unternehmens (Bsp.: Anzahl Mitarbeiter die für Entwicklung zur Verfügung stehen), der Art des Unternehmens (Existenzgründung oder etabliertes Unternehmen) und dem damit verbundenen Erfahrungsschatz der Mitarbeiter auf dem Gebiet des Service Engineering ab.

Um zukunftsfähige und erfolgreiche Dienstleistungen zu entwickeln, darf nicht der Fehler gemacht werden klassische Produktentwicklungsmodelle eins zu eins zu übernehmen. Den besonderen Merkmalen einer Dienstleistung ist in entscheidendem Maße Rechnung zu tragen. Als bedeutende Faktoren sind hier erneut die Immaterialität und die Einbindung des externen Faktors zu nennen (Bruns 2006: 100). Besteht in der klassischen Produktentwicklung die Möglichkeit Sachgüter oder auch Software bereits in der Entwicklung nahezu komplett über Prototypen abzubilden, wird dies bei der Konzeption von Dienstleistungen durch die Intangibilität enorm erschwert. So haben Prototypen in der Dienstleistungsentwicklung einen überwiegend modellhaften Charakter und wirken kaum plastisch (Reckenfelderbäumer, Busse in Bullinger, Scheer 2003: 161). Die Demonstration vor Kunden oder Partnern ist nur schwer möglich. Aber auch der Einbindung des Kunden (externer Faktor) in den Dienstleistungserstellungsprozess muss besondere Beachtung geschenkt werden. Zu fokussieren sind das Design der Kundenschnittstellen und -interaktion, die Gestaltung der Dienstleistungsprozesse, die Qualifikation und Auswahl der Mitarbeiter, sowie die Unterstützung der Mitarbeiter mit Kundenkontakt (Reckenfelderbäumer, Busse in Bullinger, Scheer 2003: 161; Bruhn in Bullinger, Scheer 2003: 247).

Neben zahlreichen Vorteilen, die die systematische Dienstleistungsentwicklung mit sich bringt, treten vorallem aufgrund der spezifischen Merkmale von Dienstleistungen Probleme auf. Nur die Kenntnis dieser Problembereiche und der sensible Umgang mit ihnen hat erfolgreiche Dienstleistungen zur Folge.

2.5.2. Problemfelder im Service Engineering

Einen ersten Problembereich stellt die Integration des externen Faktors dar. Attraktive und kundenfreundliche Dienstleistungen resultieren aus dem Dialog mit kompetenten und anspruchsvollen Kunden (Hinterhuber, Matzler 1999: 459). Die Integration des Kunden in die Entwicklungsprozesse erfordert auf beiden Seiten ein hohes Maßan Integrationsfähigkeit und -bereitschaft. Durch das Zusammenwirken der verschiedenen Wissensträger wird bestehendes Wissen kombiniert, neue Wissensstrukturen entstehen und dieses Wissen kann in neue Dienstleistungskonzepte fliessen (Kleinaltenkamp, Hellwig in Gouthier, Coenen, Schulze, Wegmann 2007: 199). Der "Not-Invented-Here-Effekt" beschreibt die Ablehnung unternehmensexterner Einflüsse durch die Mitarbeiter (Reckenfelderbäumer, Busse in Bullinger, Scheer 2003: 163). Um diese Ablehnung zu überwinden, müssen die Mitarbeiter mit zielgerichteten Anreizsystemen zur Steigerung der Motivation, sowie Schulungs- und Trainingsmaßnahmen unterstützt werden. Aber auch die Motivation des Kunden, sich gezielt in den Entwicklungsprozess einzubringen, muss gefördert werden. Hier haben sich ebenfalls Anreizsysteme als erfolgreichstes Instrument etabliert. Sind beide Seiten von der Notwendigkeit einer Zusammenarbeit überzeugt, können noch Schwierigkeiten in der Kommunikation auftreten. Äusserungen des Kunden können falsch oder verfälscht wahrgenommen werden, wenn bei der Erfassung der Kundenwünsche ein planvolles und objektives Vorgehen fehlt. Aber auch mangelnde Transparenz des Entwicklungsprozesses und mangelndes Prozessbewusstsein können zu Kommunikationsstörungen führen. Wenn dem Kunden sein Einfluss auf den Entwicklungsprozess nicht in vollem Umfang bewusst ist, kann dies auch auf mangelnde Aufklärung und mangelnde Prozessevidenz des Anbieters zurückzuführen sein.

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Ende der Leseprobe aus 113 Seiten

Details

Titel
Service Engineering. Analyse und Synthese systematischer Dienstleistungsentwicklungsmodelle zur Generierung von Innovationen
Untertitel
Hochschulausgründungen in Deutschland
Hochschule
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
Note
2,0
Autor
Jahr
2008
Seiten
113
Katalognummer
V152621
ISBN (eBook)
9783640643530
ISBN (Buch)
9783640643165
Dateigröße
793 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Service Engineering, Dienstleistungsinnovation
Arbeit zitieren
Nadine Sauerzapfe (Autor:in), 2008, Service Engineering. Analyse und Synthese systematischer Dienstleistungsentwicklungsmodelle zur Generierung von Innovationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152621

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