Eine Annäherung an Hollywoods Whiteness durch die Analyse der Inszenierungen des vermeintlich „Anderen“

Wer fürchtet sich vorm "Weißen Mann"?


Mémoire (de fin d'études), 2006

312 Pages, Note: 1


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1 . VORWORT
1.1. Aufbau der Diplomarbeit
1.2. Schreibweise

2. theoretische verortung
2.1. Cultural Studies
2.1.1. Semiotik
2.1.2. Der Beitrag feministischer Medienwissenschaften
2.1.3. Repräsentation
2.1.3.1. Repräsentation von Differenz
2.2. Whitenesstheorie
2.2.1. Entwicklung der „W EißEN“ Kultur
2.2.1.1. US- amerikanische Whiteness
2.2.2. Whiteness und ihre Bedeutungen
2.2.2.1. Whiteness und Körperlichkeit
2.3. Hollywoods Whiteness
2.3.1. „W EIßE“ Körperästhetik und Filmtechnologie
2.3.1.1. Lichttechnologie
2.3.1.2. Die nachhaltige Entwicklung „Weißer“ Filmtechnologie
2.3.1.3. „Weiße“ ästhetische Konventionen
2.3.2. Hollywoods „WEIßES“ Starsystem
2.3.2.1. Die klassische Konstruktion „Weißer“ weiblicher Stars
2.3.3. „WEIßE“ filmische Selbstdarstellung
2.3.3.1. Klassische „Weiße“ Männlichkeit
2.3.3.2. Neune gefährliche Frauen?
2.3.3.3. Die Krise „Weißer“ Männlichkeit
2.4. Hollywoods Blackness
2.4.1. Das Spiegelbild des gebrochenen „W EißEN“ Selbst
2.4.1.1. Birth of a Nation
2.4.1.2. Gone with the Wind
2.4.2. Blackness in Zeiten von „political correctness“ und Multikulturalität
2.4.2.1. Zuökonomischen Motivationen
2.4.3. Stardom und Blackness
2.4.3.1. Dorothy Dandridge- die „Mutter“ aller weiblichen, afroamerikanischen „Stars“
2.4.3.2. Diskontinuitäten?
2.4.4. Whiteness in der Krise?

3. FILMANALYSE
3.1. Soziologische Filmanalyse
3.1.1. Der Filmtext
3.1.2. Qualitative Methode der Grobanalyse
3.1.2.1. Deutungsmusteranalyse
3.1.2.2. Deutung filmischer Codes
3.1.2.3. Die Filmerzählung
3.2. Vorgehen bei der Filmanalyse
3.2.1. Handlungsanalyse
3.2.2. Figurenanalyse
3.2.3. Analyse der Machart
3.2.4. Interpretation
3.2.4.1. Probleme des Verfahrens

4. EMPIRIE
4.1. The gods must be crazy (1980)
4.1.1. Erkenntnisinteresse, Fragestellung und Beschreibung des Datenmaterials
4.1.2. Auswertung
4.2. The Cider House Rules (1999)
4.2.1. Erkenntnisinteresse, Fragestellung und Beschreibung des Datenmaterials
4.2.2. Auswertung
4.3. Monster’ s Ball (2001)
4.3.1. Erkenntnisinteresse, Fragestellung und Beschreibung des Datenmaterials
4.3.2. Auswertung

5. resüme und Ausblick

6. REFLEXION

7. Bibliographie
7.1. Internet
7.2. Literaturempfehlungen
7.3. Abbildungsverzeichnis

8. KOMMENTIERTE FILMOGRAPHIE
8.1. Filmempfehlungen

9. ANHANG
9.1. The Gods Must Be Crazy
9.2. The Cider House Rules
9.3. Monster’s Ball

„Natürlich fußt die Wissenschaft auf dem Boden der Tatsachen! Nur war er vor jeder ihrer Fortschritte ein wenig festgefügter. “

Martin Gerhard Reisenberg ( *1949)

Ich danke meinen Eltern Eva und Kurt, die mich als Studierende emotional und finanziell unterstützt haben, meinem Bruder Markus, dessen konstruktive Kritik und Sachverstand mir immer Ansporn waren, sowie meinen FreundInnen und Cousinen, die mich durch Spaß und Ablenkung auch durch Zeiten des unergieben Forschens lotsten. Unter ihnen danke ich besonders den freiwilligen KorrektorInnen Hans und Sandra. In wissenschaftlicher Hinsicht danke ich Dr. Barbara Ossege, deren Ausführungen mir feministischen Geist einhauchten, Dr. Hanna Hacker, welche mir die Whitenesstheorie eröffnete, sowie meinem Betreuer Dr. Alfred Smudits, ohne dessen Geduld und Fürsprache zu selbstständigem Arbeiten diese Diplomarbeit nicht zustande gekommen wäre. Vielen Dank auch den vielen weiteren Personen in meinem Bekanntenkreis, deren Unterstützung und Ansprüche mich stets über mich hinaus wachsen liessen. Darüber hinaus widme ich diese Arbeit all jenen Personen, die dazu bereit sind ihre eigenen Identitäten, die Gesellschaftsverhältnisse in denen sie leben und auch bestehende Wissenschaftssysteme kritisch zu hinterfragen und konstruktiv zu verändern.

1. Vorwort

Diese Diplomarbeit geht im Wesentlichen der Frage nach, in welcher Art und Weise sich die „Weiße“, abendländische'[1] geschlechtsspezifische Selbstkonstruktion im Medium [2] der Hollywoodfilme durch die Re- und Misspräsentaionen „ethnisch Anderer“ im Laufe der Filmgeschichte gewandelt hat. Sie ist zu verstehen als ein postmoderner Versuch die filmische Darstellung von Whiteness zu rekonstruieren, dekonstruieren und zu untersuchen.

Mein Ziel ist es, neben einem groben Überblick des wissenschaftlichen Diskurses zum Thema „Whitness in Hollywoodfilmen“, drei ausgewählte Filme im Hinblick auf deren implizite Whiteness mittels grobanalytisch filmsoziologisch geleiteter Verfahren zu interpretieren, um deren immanente intersubjektive Sinnzusammenhänge zu entschlüsseln.

Ich konzentriere mich einerseits auf Hollywoodfilme, um der Arbeit in gewisser Weise einen Rahmen zu geben. Darüber hinaus sind Hollywood Filme im Allgemeinen populärer als andere, und deshalb aus soziologischer Perspektive von Interesse.[3] Blockbuster erreichen bei Weitem eine größere Anzahl an RezipientInnen als beispielsweise künstlerische Filme, und können von den meisten Menschen innerhalb der abendländischen Kultur ohne weitere Schwierigkeiten „gelesen“ werden.

Mit meinem Verständnis von Filmen als „lesbare Texte“ positioniert sich diese Diplomarbeit theoretisch in den Cultural Studies mit ihrer Filmsemiotik, in der ein Film durch Zeichen Bedeutungen produziert, die sich RezipientInnen in weiterer Folge kommunikativ angeeignen. „Die Logik eines Spielfilms [...] [erschließt] sich [den Cultural Studies] durch das Aufzeigen der Werte, die sich in der binären Logik von medialen Texten verstecken, der diskursiven Rahmungen, die mediale Wirklichkeiten strukturieren, oder der intertextuellen Bezüge, die ein medialer Text unterhält und die den mediatisierten Charakter unserer Wirklichkeitserfahrung und unseres Wissens hervorheben“ [S. Winter 2005: 50].

Des Weiteren lässt sich die Arbeit in der feministischen Medientheorie verorten, die Geschlecht als primäre, gesellschaftlich erschaffene Ordnungskategorie begreift. Dabei versteht sie Massenmedien als System, durch dass die kontinuierliche Wiederherstellung der binären heterosexuellen Geschlechtlichkeit gewährleistet wird [Vgl. Dorer 2002]. Auch die Theorien rund um Whiteness entsprangen dem feministischen Theoriediskurs, weshalb das Genderkonstrukt in dieser Diplomarbeit ständige Beachtung finden sollte.

Obgleich Whiteness nicht ausschließlich in Opposition zu Blackness zu begreifen ist, ist der Schwerpunkt der Analyse entlang der Repräsentationsdifferenz „Weiß: Schwarz“ gesetzt, da diese eine weitreichende und bedeutsame filmhistorische Vergangenheit aufweist und sich Brüche innerhalb der „Weißen“ Selbstkonstruktion an ihr am deutlichsten aufzeigen lassen sollten. Die Forschungsfragen, die sich an die zu interpretierenden Filme richten werden, lauten daher wie folgt:

- Welche Inszenierungsformen von Blackness sind erkennbar?
- Welchen Zweck erfüllen diese ?
- Welche Rückschlüsse erlauben diese auf die „Weiße“ Selbstkonstruktion?

Diese sind allerdings „nur“ als vorläufige Fragen zu verstehen, die dem jeweiligen Kontext des zu interpretierenden Filmes flexibel angepasst werden können.

Zuletzt bleibt einleitend noch eine bedeutende Frage im Voraus zu klären: Wie kann gerade ich als „Weiße“ objektiv diese Problematik behandeln?

Sowohl mein „Weiß-Sein“ als auch mein Interesse an den Gender Studies stellen ein Resultat meiner sozialen Verortung dar. Es scheint mir kaum möglich meine abendländische Sozialisation als „Weiße“ Frau vollständig abzulegen. Dies halte ich weder für möglich noch für notwendig, da wissenschaftliche Objektivität als oberstes Kredo schon vor einiger Zeit ins Wanken geriet, die Forscherin wird schon lange nicht mehr als tabula rasa betrachtet. Heute ist frau/man viel eher der Ansicht es sei wichtig „vorgefasste Meinungen“ der Forscherin zu dokumentieren und diese selbstreflektiv in die Analyse, im Rahmen eines Forschungstagebuchs, kritisch mit einzubeziehen. Auch wenn es mir nicht möglich ist mein „Weiß-Sein“ abzulegen, so kann ich es mir bei der Analyse der Filme doch unbehaglich und sichtbar machen.

1.1. Aufbau der Diplomarbeit

An dieser Stelle möchte ich den Aufbau dieser Diplomarbeit anhand eines Abrisses der folgenden Kapitel zu erläutern.

Im ersten Teil der Diplomarbeit, der Einbindung und Positionierung innerhalb der Medienwissenschaften, werde ich den Bezug der Arbeit zu den Cultural Studies und den feministischen Medienwissenschaften aufzeigen. Weiters erläutere ich im Kapitel „Whiteness“ die gesellschaftliche, geschlechtsspezifische Konstruktion von „Weiß­Sein“. Die Wirksamkeit der „Weißen“ Norm besteht in ihrem „normalen“ und unspezifischen Charakter; darin dass Weiße nicht als „rassisch“ spezifisch wahrgenommen werden. Zum Zusammenhang des Beziehungsgeflechts von Whiteness und Geschlecht merkt Stokes an, „whiteness and heterosexuality can be usefully seen as analogous structues- normative copartners in the coercions of racial and sexual power” [S. Stokes 2001: 191].

Im Weiteren gehe ich auf die Bedeutsamkeit von Whiteness für die Entwicklung des Hollywoodkinos ein. Dies gebietet es meine Aufmerksamkeit sowohl auf die Entwicklung der geschlechtsspezifischen „Weißen“ Filmtechnik, ästhetischen Ideale, der Starkkonstruktionen als auch auf die Filmerzählungen der Produktionen zu richten. Später fokussiere ich meine Betrachtung auf die filmhistorische Entwicklung der Funktionen von Blackness in Hollywoodproduktionen. In der Folge diskutierte ich die veränderten Bedingungen und „neuen“ Chancen „rassisch Anderer“ in Zeiten von

„Political Correctness“ und „Multikulturalität“ in der US- amerikanischen Populärkultur sowie deren gesellschaftspolitische Implikationen.

Darauf folgend erörtere ich die Methode der soziologischen Filmanalyse, deren Einbindung in soziologische Theorien des kommunikativen Handelns und der gesellschaftlichen Bedeutungskonstruktion. Hier wird der Kreis zwischen der Filmsoziologie und den Cultural Studies durch die Filmsemiotik geschlossen. Nachkommend soll durch eine genaue Beschreibung der „idealtypischen“ Vorgehensweise zur „schriftlichen Fixierung“ des Films die Nachvollziehbarkeit der später folgenden empirischen Filmanalysen gewährleistet werden. Die meist quantitativen Verfahren zur Verschriftlichung eines Films sollen die von mir gewählte Methode der qualitativen Grobanalyse, bezüglich des Verständnisses des Filmes als Ganzes, bereichern. Qualitativ Forschende gehen davon aus, dass während des Forschungsprozesses neue Aspekte erkennbar werden und sind, oder besser sollten, daher offen (sein) für unerwartete Gesichtspunkte, die den Forschungsablauf, die angewandte Methode oder sogar die Forschungsfrage umstrukturieren.

Anschließend gilt es, die von mir getroffene Filmwahl durch die Offenlegung eines konkreten Erkenntnisinteresses zu erläutern und darauf folgend filmspezifische Fragestellungen zu entwickeln. In diesem Teil der Diplomarbeit befindet sich ebenfalls die Beschreibung der gesammelten Datenbasis, die sich am Erkenntnisinteresse des gewählten Films orientiert. Die folgende Analyse der Filme befindet sich im Anhang[4], wobei sich deren Auswertung in der „eigentlichen“ Diplomarbeit befindet. [Vgl. Mikos 2005: 458ff.]

Schließlich werden im „Ausblick“ zunächst die wichtigsten Erkenntnisse der Arbeit resümierend zusammengefasst, um ihre Bedeutung anschließend im Kontext des momentanen wissenschaftlichen Diskurses zu betrachten.

1.2. Schreibweise

Einleitend möchte ich noch einige Worte zur Schreibweise dieser Diplomarbeit verlieren. Dies betrifft zunächst den „Gender1- gerechten Sprachgebrauch, der heute einerseits wissenschaftlicher Standard sein sollte und sich andererseits aus dem Gender- spezifischen Blickwinkel der Arbeit selbst ergibt. Sprache wird hier nicht nur als Mittel zur Verständigung verstanden, sondern auch als „Spiegelbild“ sozialer Strukturen und kultureller Werte, als Transportmittel von Überzeugungen, Einstellungen und Vorurteilen und somit auch als wirksames Instrument, um Bewusstseinsveränderungen in der Gesellschaft zu reflektieren, aber auch einzuleiten.

In den Richtlinien zur Vermeidung des sexistischen Sprachgebrauchs heißt es: „Wir wollen Frauen sichtbar machen, indem wir sie explizit nennen und anreden, indem wir sie an erster Stelle nennen, bis Frauen und Männer gleichrangig vorkommen, indem wir sie in anderen Rollen zeigen außer den üblichen und indem wir Degradierung in der Sprache nicht mehr dulden“ [S. Guentherodt u.a. 1981: 1]. Unter diesem Aspekt ist auch der Sprachgebrauch innerhalb dieser Arbeit zu verstehen. Konkret bedeutet dies grammatikalische Konstruktionen zu vermeiden, durch die Frauen „unsichtbar“ gemacht werden [Vgl. Müller/Fuchs 1993]. In der deutschen Sprache wären diese beispielsweise der Gebrauch des generischen Maskulinums, asymmetrischer Personenbezeichnungen und Diminutiva. In den letzten Jahrzehnten entstanden Vorschläge, die sich im öffentlichen Sprachgebrauch mehr oder weniger durchzusetzen scheinen, wie die geschlechtsspezifische Personenbezeichnung, durch das so genannte „Splitting1, mit Innen- Suffigierung oder Querstrich, geschlechtsabstrahierende Personenbezeichnungen, oder dem Differentialgenus und die Neutralisierung des Geschlechts durch Nominalisierung von Adjektiven [Vgl. Castillo Diaz 2003]. Pusch forderte darüber hinaus die Einführung des generischen Femininums, durch welches das Suffix „in“ aufgewertet und seine Verwendung erhöht würde [Vgl. Sirko 1999 nach Pusch]. Diese Anregungen sollen hier Anwendung finden.

Darüber hinaus ist es nötig einige Bemerkungen zu Problemen der Terminologie und Schreibweise in Bezug auf den „Whiteness“- Aspekt der Arbeit zu machen, die sich aus der vielfach verwendeten englischsprachigen Literatur ergeben und dadurch, dass durch die Schreibweise mancher Begriffe bestimmte Bedeutungen vermittelt werden sollen. So dient beispielsweise die Großschreibung von „Schwarz“ und „Weiß“, in der Tradition „Schwarzer“ FeministInnen, dazu, rassistische Bedeutungen sichtbar zu machen [Vgl. Fuchs/Habinger 1996: 7ff.]. Probleme ergaben sich auch aus den verschiedenartigen Konnotationen von race und „Rasse“. Während das deutsche Wort „Rasse“ aus historischen Gründen augenfällig negativ konnotiert ist, stellt race eine „soziale Einordnung“ dar, die positiv besetzt ist. Darüber hinaus sind im Bedeutungsrahmen von race auch Begriffe wie „Ethnie“, „ethnische Zugehörigkeit“, „Kultur“, „Volk“ und „Volkszugehörigkeit“ inbegriffen. Aus diesen Gründen werden in der Arbeit Begriffe wie „Rasse“ und „rassisch“ unter Anführungszeichen gefasst. Ebenso werden die Begriffe „Weiß“ und „Schwarz“ unter Anführungszeichen gesetzt, um sich von der Ansicht zu distanzieren, es handle sich hierbei um „Hautfarben“ und nicht um gesellschaftliche Konstruktionen.

2. Theoretische Verortung

2.1. Cultural Studies

Die Cultural Studies verstehen sich selbst als inter- und transdisziplinäres Projekt, als Set diskursiver Formationen. Die konstanten Merkmale des Projekts sind: seine radikale Kontexualität, sein Theorieverständnis, sein interventionistischer Charakter, seine Interdisziplinarität und Selbstreflexion [Vgl. Winter 2004 und Hepp 1999]. Die Cultural Studies begreifen Kultur als kontroversen Prozess: als ein von Macht durchtränktes, fragmentiertes Gefüge. Der Schwerpunkt der Betrachtung liegt auf der Verortung von Medien in gegenwärtigen soziokulturellen Verhandlungen. In der Auseinandersetzung mit Massenmedien liegt ihr Fokus darauf, wie mit diesen Erzeugnissen umgegangen wird. Die angeeignete Kultur, die Fragestellung, welchen Sinn die Medien für die RezipientInnen haben, steht im Zentrum. Medieninhalte verkörpern eine Menge denkbarer Bedeutungen, deren Konkretisierung sich erst in der Rezeption vollzieht. Die Frage der Bedeutungskonstruktion ist dabei aber immer in vorhandene hegemoniale Verhältnisse eingebunden [Vgl. Hipfl 2002: 195].

2.1.1. Semiotik

Die Cultural Studies basieren auf einer Vielzahl semiotischer Auffassungen. Die bedeutsamsten Grundbegriffe dieser Vorstellungen sind: Sprache, Zeichen und Repräsentation [Vgl. Hepp 1999: 25ff. und Baldwin 1999: 44ff.]. Bei der Sprache wird prinzipiell zwischen Parole, einem einzelnen Äußerungsakt, und Langue, einem Sprachsystem beziehungsweise einem System von Zeichen, unterschieden.

Bei den Zeichen[5] differenziert frau/man zwischen dem Signifikat, der Vorstellung die eine Sprecherin von einer Sache hat, und dem Signifkant, dem Lautbild/Wort welches dieser Vorstellung beigeordnet ist. Das Beziehungsverhältnis zwischen Signifikat und Signifikant ist arbiträr. Auf dieser Auffassung der Regellosigkeit von Zeichen basiert die kulturelle Konstituierung der Bedeutungen auf der Zeichenebene. Gegenstände, die in der Sprache benannt werden, sind von Menschen hervorgebrachte Kulturgüter. Es gibt sozusagen eine willkürliche Konventionalität von Zeichen, die Aspekte einer kulturellen Lokalisiertheit mit einbezieht.

Beim Index werden Schlüsse kausal gezogen. Der Index steht immer im unmittelbaren Bezug zu einer Sache. Indexalische Zeichen existieren erst in einer kulturell vermittelten Beobachtungsperspektive als Zeichen. Ikone sind Kommunikationsmittel, die von ZeichenbenutzerInnen gebraucht werden, um eine Empfängerin zu beeinflussen. Der dritte Typus von Zeichen (nach den Indexen und Ikonen) sind Symbole. Bei ihnen werden von der Adressierten Schlüsse auf der Grundlage von Übereinkünften gezogen [Vgl. Winter 1997: 52ff.]. Zeichen treten aber nicht abgesondert, sondern eben in Texten auf, die wiederum in Diskursen verankert sind. Texte werden in den Cultural Studies schließlich als Gesamtheit von unterschiedlichen, miteinander verschlungenen Elementen aufgefasst.

Die Entstehung der Filmsemiotik liegt in den 1960er Jahren in der Debatte um die Anwendbarkeit der linguistischen Beschreibungsform bezüglich des Films. Anliegen der Filmsemiotik ist es, den Film als Zeichensystem[6] aufzufassen, wobei zwischen filmischen Codes und kinematographischen Codes differenziert wird. Die, dem Film eigenen Codes bilden die spezifische Syntax, die systematische Anordnung eines Films. Untersuchungen, welche dem Film auf Ebene filmischer Codes als Text begegnen, unterstreichen hauptsächlich den Blickwinkel der Repräsentation, die auf

Materien aufbaut, die bestimmten Grundsätzen folgend Formationen bildet und Bedeutungen herstellt. Dieser ausgedehnte Textbegriff beinhaltet neben verbalen und niedergeschriebenen Äußerungen auch nicht- sprachliche Kommunikationserscheinungen [Vgl. Brait/Jutz 2002: 297f.].

2.1.2. Der Beitrag feministischer Medienwissenschaften

Fußend auf der konstruktivistischen Auslegung von Geschlechtlichkeit wird Gender, als Geschlechtsidentität, in den Gender Studies als sozial konstruiert betrachtet. Darauf bezieht sich vor allem das Konzept des „Doing Gender1, dessen Ansatzpunkt die Auffassung ist, dass sich Geschlecht im Alltagshandeln der Menschen alltäglich aufs Neue begründet und reproduziert, folglich also erst durch zwischenmenschliche Handlungen und Interaktionen in Erscheinung tritt. Aufbauend auf einer dekonstruktivistischen Perspektive stellen die Gender Studies also die Naturalisierung von Geschlecht radikal in Frage und betrachten Gender als diskursives gesellschaftliches Erzeugnis.

In der feministischen Beschäftigung mit Medien wurde diesen Konstruktionen eine bedeutsame Rolle in der Erhaltung frauendiskriminiender Strukturen beigemessen: Es wurde die Frage aufgeworfen, welches Gewicht Medien als Einrichtungen einer patriachalen Gesellschaft auf die Entstehung weiblicher Kongruenz haben [Vgl. Hipfl 2002: 193]. Die Anfänge waren inhaltsanalytisch geprägt, die filmische Darbietung der Frau wurde einer kritischen Betrachtung unterzogen. Kennzeichnend waren inhaltsorientierte, der Markierung und Bewertung von Rollenstereotypen verbundene Filmanalysen, wobei das Verhältnis von „Wirklichkeit“ und filmischer Erscheinung als „Eins-zu-Eins-Abbildverhältnis“ verstanden wurde. Einen Umbruch führte jene Auffassung herbei, welche Film nicht länger als „Reflexion“ der Lebenswahrheit, sondern als zeichen(re-)produzierende Praxis auffasste, in der „Wirklichkeit“ durch die Codes der Kamera, die Montage[7] und so weiter gestaltet und hervorgebracht wird. Dadurch verlagerte sich die Aufmerksamkeit vom Inhalt der filmischen Darstellung hin zur Sprache der Repräsentation [Vgl. Brait/Jutz 2002: 293f.].

Das Hauptanliegen der kommunikationswissenschaftlichen Geschlechterforschung besteht heute in der Beachtung der Kategorie Gender im vollständigen Bereich der theoretischen und empirischen Medien- und Kommunikationswissenschaft. Unter der Einflussnahme der Semiotik gilt heute die Beachtung dem Kino als bezeichnende Praxis sowie dem Problemfeld der filmischen Bedeutungserzeugung. Die Erkenntnis, dass nicht nur der Plot, sondern die Filmsprache selbst geschlechtsspezifisch chiffriert ist, führt zu einer Beschäftigung mit den Konventionen des Erzählkinos, besonders mit seinen filmsprachlichen Werkzeugen [Vgl. Brait/Jutz 2002: 298].

Die Einbindung der Gender Studies in die Cultural Studies geschah erst relativ spät, obgleich das Zusammenwirken der Disziplinen nahezu obligatorisch erscheint. Nicht nur die problemzentrierte Herangehensweise an soziale Formen der Abgesondertheit, sondern auch die Ambition, die hegemonialen Machtbedingungen, welche Prozesse und Praxen der Marginalisierung hervorbringen und erlauben, durch theoriegeleitetes politisches Entgegentreten aufzubrechen und eine transdisziplinäre Methode, verbindet die beiden Disziplinen [Vgl. Lutter 2001: 23]. Darüber hinaus vereint sie die dekonstruktivistische Infragestellung gesellschaftlich naturalisierter Gegensatzpaare. Den Filmwissenschaften gab Dyer, durch seine Studien bezüglich der Repräsentation „Weißer“ in den abendländischen Medien, eine theoretische Basis für die kritische Auseinandersetzung mit Whiteness und bereicherte mit seinen Whiteness- spezifischen Filmanalysen die wissenschaftliche Debatte.

2.1.3. Repräsentation

Repräsentation wird als Verlauf, den Mitglieder einer Kultur mittels Sprache und weiteren Zeichensystemen dazu gebrauchen, Bedeutung zu erschaffen, verstanden; dass heißt, Repräsentation wird als Teil des Prozesses der soziokulturellen Wirklichkeitskonstruktion begriffen. Repräsentation verbindet Bedeutung und Sprache mit Kultur. Repräsentation meint die Sprache zu benutzen, um etwas Bedeutsames über die Welt beziehungsweise die Welt selbst bedeutsam für andere Menschen darzustellen. Repräsentation ist von existentieller Wichtigkeit für den Prozess der Produktion und des Austausches von Bedeutungen zwischen den Mitgliedern einer Kultur. Sie schließt den Gebrauch von Sprache, Zeichen und Bildern, die für etwas stehen, mit ein. Repräsentation ist also quasi die Produktion von Bedeutung durch Sprache [Vgl. Hall 1980].

Es gibt drei verschiedene Theorien zu der Frage, wie die Sprache benutzt wird um die Welt zu repräsentieren: die reflektive, intentionelle und konstruktivistische Annäherung an die Repräsentation [Vgl. Du Gay/Hall u.a. 1997]. Die konstruktivistische Methode hatte allerdings den größten Einfluss auf die Cultural Studies, weshalb sie in dieser Arbeit ihre Anwendung finden soll. Im Grunde argumentieren die Konstruktivisten so, dass wir in der Repräsentation Zeichen - organisiert zu Sprachen auf unterschiedliche Arten- zur beutungsvollen Kommunikation mit anderen benutzen. Beutung wird in der Sprache- in und durch verschiedene repräsentative Systeme, die wir Sprache nennen- erzeugt. Bedeutung wird in der Praxis der Repräsentation durch signifikante Praktiken erzeugt.

Dies geschieht in/durch zwei Systeme(n) der Repräsentation:

1. Es fungieren die gedanklich konstruierten Konzepte als System der mentalen Repräsentation, das die Welt in bedeutsamen Kategorien organisiert.
2. Das zweite System ist die Sprache: Sprache besteht aus Zeichen, die in verschiedene Beziehungen gesetzt sind. Zeichen können Bedeutungen aber nur transportieren, wenn wir jene Codes beherrschen, die uns ermöglichen unsere gedanklichen Konzepte in Sprache zu „übersetzen“. Diese Codes, so wichtig sie für Repräsentation und Bedeutung auch sein mögen, sind das Ergebnis sozialer Konventionen.

Foucault hingegen bezieht sich auf die Produktion von Wissen und Bedeutung durch den Diskurs. Er konzentriert sich auf die Analyse einer ganzen, diskursiven Formation, zu der ein Text oder eine Praktik gehört. Da seine Definition des Diskurses viel weiter ist als Sprache, bezieht sie viele andere Elemente der Praxis und institutionellen Regulation ein. Für Foucault ist die Produktion von Wissen immer gepaart mit Fragen der Macht und Körperschaft, was den Spielraum dessen was Repräsentation betrifft erweitert. Dieser reflektive Ansatz schlägt eine direkte und transparente Beziehung zwischen Imitation/Reflektion und Worten (Zeichen)/Dingen vor. Die intentionelle Theorie reduziert Repräsentation auf die Absichten ihres Autors oder Subjekts.

2.1.3.1. Repräsentation von Differenz

Grundsätzlich lassen sich innerhalb des Diskurses, um die Bedeutsamkeit der Repräsentation von Differenz, vier theoretische Ansätze unterscheiden:

Der linguistische Ansatz besagt, dass Differenz wichtig ist, da sie essentiell für die Bedeutungskonstruktion ist; ohne sie könnten wir nicht existieren. Saussure etwa meinte, wir wüssten was „Schwarz“ bedeutet, nicht weil es ein Wesen der „Schwärze“ gebe, sondern weil wir es mit seinem „Gegenteil“ („Weiß“) vergleichen könnten. Dies sei der Unterschied zwischen „Weiß“ und „Schwarz“, der Bedeutung trägt. Er meint also, es seinen die binären Oppositionen, - wie „Weiß“: „Schwarz“ oder Männlichkeit: Weiblichkeit- von denen Bedeutung abhängt. Diese binären Oppositionen sind auch ein krudes und reduktionistisches Mittel um Bedeutungen zu etablieren. Es gibt sehr wenige neutrale binäre Oppositionspaare, erklärte Derrida. Er vertrat die Ansicht, ein binärer Pol ist normaler Weise der dominante- und zwar derjenige welcher den anderen Pol in sein Aufgabengebiet einschließt [Vgl. Derrida 1974].

Ein weiterer linguistischer Ansatz argumentiert, dass wir Differenz brauchen, weil wir Bedeutung nur im Dialog mit „dem Anderen“ konstruieren können. Bakhtin argumentierte, dass Bedeutung nur im „Geben und Nehmen“ zwischen verschiedenen SprecherInnen entstehen könne. Bedeutung entsteht durch die Differenzen der TeilnehmerInnen an einem Dialog. Dadurch kann eine Bedeutung niemals stetig sein und eine Gruppe kann nie völlig für eine Bedeutung verantwortlich sein [Vgl. Bakhtin 1981: 293ff.].

Der anthropologische Ansatz argumentiert, dass Kultur davon abhängt, Dingen durch das Zuweisen verschiedener Positionen in einem Klassifikationssystem, Bedeutungen zu geben. Das Markieren von Differenz ist also die Basis der symbolischen Ordnung, die wir Kultur nennen. Douglas argumentiert, dass soziale Gruppen ihrer Welt durch das Organisieren und Ordnen von Dingen in Klassifikationssystemen Bedeutung aufzwingen. Binäre Oppositionen seien (aufgrund der Notwendigkeit der klaren Trennung vor der Zuordnung) wichtig für die Klassifikationssysteme [Vgl. Douglas 1966].

Der vierte, psychoanalytische Ansatz geht von der Rolle der Differenz in unserer Psyche aus. Das Hauptargument in diesem Zusammenhang ist, dass „das Andere“ von existentieller Wichtigkeit für die Konstitution des Selbst als Subjekt ist [Vgl. Woodward 1997].

Stereotypisierungen reduzieren Menschen auf ein paar, simplifizierende, wesentliche Charakteristika, die als von der Natur determiniert repräsentiert werden. Stereotypisieren als bedeutungsgebende Praxis ist zentral für die Repräsentation von Differenz. Dyer macht eine wichtige Unterscheidung zwischen Typisieren und Stereotypisieren [Vgl. Dyer 1977: 27ff.]. Er argumentiert, dass es ohne den Gebrauch von Typen schwierig wäre- wenn nicht sogar vollkommen unmöglich- die Welt zu begreifen. Wir verstehen die Welt durch die Bezugnahme von individuellen Objekten, Menschen oder Erlebnissen auf generelle Klassifizierungen, in die sie (unserer Kultur nach) passen. Demnach ist das Typisieren essentiell für die Erzeugung von Bedeutungen.

Dyer führt weiter aus, dass wir Dinge immer erst sinnvoll verstehen wenn wir sie in große Kategorien setzen. Demnach „wissen“ wir dann etwas über Personen, wenn wir an die Rollen denken, die sie spielen. Wir schreiben ihm oder ihr die Mitgliedschaft in verschiedenen Gruppen zu: nach Klasse, Geschlecht, Altersgruppe, Nationalität, „Rasse“[8], Sprachgruppe, sexuellen Vorlieben und immer so weiter. Wir ordnen Andere auch in Persönlichkeitstypen ein: ist er oder sie fröhlich, ernst, deprimiert, hyperaktiv, ängstlich oder sonst irgendwie? Unsere Vorstellung darüber wer eine Person ist, basiert auf der akkumulierten Information der Positionen, die wir der Person in unserem „Typisierungsbaukasten“ zuschreiben. Oder, wie Dyer es ausdrückt: „a type is any simple, vivid, memorable, easily grasped and widely recognized characterization in which a few traits are foregrounded and change or “development” is kept to a minimum” [S. Dyer 1977: 28].

Stereotypisierungen reduzieren alles an einer Person auf diese Typisierungen, überspitzen und simplifizieren diese noch weiter, und fixieren diese ohne Chance auf Veränderung. Stereotypisierungen reduzieren, naturalisieren, determinieren und fixieren Differenz. Darüber hinaus trennt es das Normale und Akzeptable vom Abnormen und Inakzeptablen: Es exkludiert alles, dass nicht angepasst, das anders ist. Dyer meint dazu, “a system of social- and stereo- types refers to what is, as it were, within and beyond the pale of normalcy“[S. Dyer 1977: 29]. In anderen Worten ist der Vorgang des Stereotypisierens also Teil der Erhaltung sozialer und symbolischer Ordnung. Es zieht eine symbolische Mauer zwischen dem Normalen und dem Devianten, dem Akzeptablem und dem Inakzeptablem, den In- und Outsidern, „UNS“ und „DEN ANDEREN“, auf. Weiters treten Stereotypisierungen besonders bei großen sozialen Machtgefällen auf. Macht wird üblicherweise gegen die untergeordnete oder exkludierte Gruppe ausgeübt. Ein Aspekt dieser Macht ist „the application of the norms of one’s own culture to that of others“[S. Brown 1965: 183].

2.2. Whitenesstheorie

Die Whitenesstheorie entsprang vor allem dem Unbehagen von Frauen aus nichtdominanten Gesellschaften angesichts des abendländischen Feminismus. Sie kritisierten die universalistische Idee einer „gemeinsamen Unterdrückung“ aller Frauen weltweit [Vgl. Fuchs/Habinger 1996: 7ff.]. Ausgangspunkt der

Whitenesstheorie war also die „Erkenntnis [...], dass die Beiträge „Weißer“ Frauen zur feministischen Theorie und Praxis durch jene privilegierten oder dominanten Positionen geformt und beschränkt sind, die sie in den [...] nationalen und globalen Beziehungen einnehmen“ [S. Frankenberg 1996: 51].

Den abendländischen Feministinnen war ihre Vormachtstellung bis zu dem Zeitpunkt, da sie von anderen Frauen in Frage gestellt wurde, nicht bewusst, da sie ihre „Privilegien als gegeben [hinnahmen], [indem ihre Vormachtstellung] durch Hegemonie [und nicht durch Zwang] aufrechterhalten [wurde]“ [S. Frankenberg 1996: 55].

Dies führte zu der weitreichenden Erkenntnis, dass solange „Rassenzugehörigkeit‘ nur „Nicht- Weißen“ zugeschrieben wird, „Weiße“ als Norm fungieren. Frankenberg definiert „Weiß- Sein“ unter anderem als einen Standpunkt „von dem aus das Selbst, die anderen sowie nationale und globale Ordnungssysteme [betrachtet] werden, [als einen] Ort, an dem sich eine Reihe von kulturellen Handlungsweisen und Identitäten herausbildet; diese sind aber selten gekennzeichnet und benannt, sie werden [...] nicht als spezifisch „rassisch“ bezeichnet“ [S. Frankenberg 1996: 56]. Während Andere einer „Rasse“ angehören, sind „Weiße“ lediglich Menschen. Es gibt keine mächtigere Position als einfach Mensch zu sein: Ihr Machtanspruch bedeutet für alle Menschen sprechen zu können. „Weiße“ repräsentieren nicht die Interessen einer „Rasse“, sondern die der Menschen im Allgemeinen.

„Weiß- Sein ist [aber] kein absoluter Ort von Privilegien, [...] es wird von einer Reihe von anderen Achsen relativer Begünstigung oder Benachteiligung durchschnitten“ [S. Frankenberg 1996: 56]. Die Norm zu sein, selbst innerhalb der Norm abzuweichen, das bedeutet folglich „Weiß“ zu sein. „Weiße“ werden in ihrer Whiteness als sehr unterschiedliche Individuen dargestellt. Stereotypisierungen charakterisieren die Repräsentationen „untergeordneter“ Sozialgruppen und sind ein Mittel, um diese zu kategorisieren und in Schacht zu halten, während hingegen „Weißen“ in einer „Weiß“ dominierten Kultur die Illusion der eigenen Vielfältigkeit gegeben wird. Sie begreifen sich nicht als „Weiß“, sondern als Menschen verschiedenen Geschlechts, unterschiedlicher Klasse und differenter Sexualität. Whiteness erschließt im Allgemeinen alle anderen sozialen Kategorien, außer „Rassenzugehörigkeit1. Aber nicht jeder „Weiße“ ist gleich- „Weiß“ im Vergleich zu anderen „Weißen“; es gibt auch interne Abstufungen von „Weiße“: Einige sind „Weißer“ (gleicher) als Andere. Iren, Juden und Hispano- AmerikanerInnen sind kulturhistorisch gesehen weniger „Weiß“ als „Weiße“ aus (nord-) europäischen Staaten und „Weiße“ US- AmerikanerInnen.

Weiters definiert Frankenberg „Weiß- Sein“ als „Produkt der Geschichte, [dass] keine eigentlichen, sondern nur sozial konstruierte Bedeutungen [hat]“ [S. Frankenberg 1996: 56].

2.2.1. Entwicklung der „Weißen“ Kultur

Dyer macht den Ursprung von Whiteness in der abendländischenlichen Kultur anhand dreier Ideologien fest. Schon das Christentum gründet auf der Vorstellung der Wiedergeburt, der Anwesenheit der Seele im Körper ohne an diesen gebunden zu sein. Das führt zu einer faszinierenden Kosmologie, einer lebendigen Bildhaftigkeit und einer Reihe narrativer Tropen, die als Charakteristika der abendländischen Kultur weiterleben. Alle Konzepte von „Rasse“, die aus dem Materialismus des 18. Jahrhunderts entstanden, sind Konzepte des Körpers; dennoch mussten diese Konzepte von Anfang an mit der Vorstellung der Wiedergeburt vereinbar sein [Vgl. Dyer 1997: 15ff.]. Sie werden zu dem, was „Weiße“ Menschen abhebt, was ihnen eine besondere Beziehung zum Begriff „Rasse“ verleiht. „Schwarze“ Menschen sind etwas anderes, etwas das im Körperlichen oder „Rassischen“ realisiert, und dennoch nicht darauf reduzierbar ist.

Ab einem bestimmten Punkt nahm das verkörperte „etwas Andere“ der Whiteness eine dynamische Beziehung zur physischen Welt an, als Geist oder Seele. Der „Weiße“ Geist organisiert „Weißes“ Fleisch ebenso wie „Nicht- Weißes“ Fleisch und andere materielle Dinge. Der Imperialismus ist die bedeutendste (historische) Form, in der dieser Prozess realisiert wurde. Der Imperialismus weist sowohl die Züge des „Weißen“ Geistes in der „Weißen“ Person, als auch seine expansive Beziehung zur Umwelt auf.

2.2.1.1. US-amerikanische Whiteness

Auch für Babb entspringt die Schwierigkeit der genauen Bestimmung von Whiteness daraus, dass sie keinen anderen Inhalt als einen kulturell konstruierten hat, welcher sich in einem unspezifischen Zeitrahmen entwickelte, beeinflusst durch eine Vielzahl von historischen und gesellschaftlichen Umständen. Unter anderem begründet sie den Ursprung der US-amerikanischen Whiteness durch das Bedürfnis nach eigener Geschichtsschreibung, nach nationaler Identität und nach einem Ende des Klassenkampfes [Vgl. Babb 1998: 16ff.].

Als die Kolonialmächte US- Amerika „besiedelten“ und Sklaverei zunehmend zum kulturellen Alltag der Kolonialherren gehörte, entwickelte sich die zunächst religiöse Differenzierung zu einer zivilisatorischen und später zu einer „rassischen“. Da sich die britischen SiedlerInnen als rechtmäßige Eigentümerinnen der „Neuen Welt“ betrachteten, begriffen sie sich nicht länger als religiöse MissionarInnen, sondern als „Weiße“. Als die Kolonien zu einer Nation verschmolzen, wurden die verschiedenen europäischen Gruppen zu einer „Weißen Rasse“, die sich als „typisch“ US- amerikanisch betrachtete. Wichtig für die Konstruktion einer „Weißen“ nationalen Identität war die Erschaffung einer „imaginären“[9] Vergangenheit, welche es den „Weißen“ erlaubte das Land einzunehmen. Dies verlieh den „Weißen“ gemeinsame Rituale und Bedeutungen, durch die sie auf die schnellen sozialen Veränderungen- wie der Bildung einer Nation und die Entstehung des industriellen Kapitalismus­adäquat zu reagieren.

In den unterschiedlichsten Perioden wurden mannigfache Symbole, Gesetze und Institutionen darauf verwendet, das Konzept von Whiteness zu stärken; mit der Zeit festigten bestimmte Repräsentationsmechanismen die „Weiße“ Identität. Durch diese Selbstauffassung als „überlegene Rasse“ rechtfertigte Whiteness hegemoniale, exkludierende Praktiken wie das eingeschränkte Wahlrecht, Sklaverei und Zwangsumsiedlungen für „Nicht- Weiße“.

2.2.2. Whiteness und ihre Bedeutungen

Dyer unterscheidet drei Bedeutungen von Whiteness als Farbe.

(1.) Als Farbkategorie: Einerseits als Teil des Farbspektrums und andererseits als „das Fehlen von Farbe“. Das Schwanken zwischen weiß als Farbe und als das Fehlen von Farbe ist Teil des Systems durch das „Weiße“ besonders und doch gewöhnlich sind: existent und nicht- existent. Das Gegenteil von weiß als Farbe ist schwarz. Dieser Dualismus ist besonders wichtig für die folgenden Ausführungen.

(2.) Als „Hautfarbe“ (eigentlich Hautpigmentierung): „Weiß“ als eine „Haufarbe“ ist auch eine Kategorie, die innerlich variabel und unklar ist. Nicht wirklich von einer Farbe zu sein bedeutet, dass „Whiteness“ als vielfältig und dynamisch betrachtet werden kann. „Weiße“ sind jene, die „Weiß“ als weiß bestimmen. Das hat einen grundlegenden Kontrolleffekt. „Weiß“ als „Hautfarbe“ ist genauso instabil, wie weiß als Farbkategorie, worin eben ihre Stärke liegt. Somit ermöglicht „Whiteness“, sich als eine scheinbar erreichbare, flexible und vielfältige Kategorie zu präsentieren.

(3.) Als symbolische Konnotation der Farbe weiß: Die berühmteste Form ist die moralische Opposition von „Weiß“ als gleichbedeutend mit gut und „Schwarz“ als gleichbedeutend mit böse. „Weiß“ als Symbol, besonders im Vergleich zu „Schwarz“, scheint stabiler zu sein als weiß als Farbkategorie oder „Hautfarbe“ [Vgl.: Dyer 1997: 41ff.]. Dies zeigt sich besonders deutlich im alltäglichen Sprachgebrauch: Oft werden Dinge wie „alles hat auch eine dunkle Seite“, oder „auf eine schwarze Liste kommen“ und so weiter, gesagt. Der hohe moralische Wert der „Weiß“ als Symbol beigemessen wird, erlaubt eine Vereinigung von weiß als Farbkategorie und als „Hautfarbe“ in solchen Werten.

Obwohl die Macht von Whiteness ihren Ursprung vor allem in ihrer Instabilität und scheinbaren Neutralität hat, trägt die Farbe weiß ausdrücklich die Bedeutung der Moral und ästhetischen Überlegenheit mit sich. Es ist augenscheinlich der Fall, dass „Weiße“ nicht ausnahmslos als gut und schön repräsentiert werden, was ihre Besonderheit, ihre Einzigartigkeit ausmacht, so Dyer [Vgl.: Dyer 1997: 70ff.].

„Weiße“ betrachteten sich lange Zeit als die schönsten Menschen, was besonders für „Weiße“ Frauen galt. Die höfliche Bezeichnung für Frauen als „das schöne Geschlecht“ deutet das Zusammenspiel von „Weißer“ Haut und blondem Haar an. Die Idee, dass eine hellere oder blassere Haut schöner sei, wurde auch oft in Bezug auf „Nicht- Weiße“ angewandt. hooks bemerkt, dass selbst in „der schwarzen Gemeinschaft die hellhäutige „Schwarze“ Frau, die schon beinahe „Weiß“ war, als Lady betrachtet wurde und auf einem Podest stand, während dünklerhäutige „Schwarze“ Frauen als Huren angesehen wurden“ [S. hooks 1982: 110].

In der abendländischen Tradition gilt „Weiß“ vor allem auch deshalb schön, weil sie die Farbe der Tugend ist. Diese bemerkenswerte Verbindung beruht auf einer besonderen Definition von Güte. Alle Aufzählungen der moralischen Konnotation von „Weiß“ als Symbol in der abendländischen Kultur verlaufen mehr oder weniger gleich: Reinheit, Geistigkeit, Transzendenz, Tugend, Bescheidenheit und Keuschheit.

2.2.2.1. Whiteness und Körperlichkeit

Die Identifikation der Frauen mit Whiteness und der Männer mit den „Suchern nach Whiteness“ ist zentral für die Konstruktion „weißhäutiger“ Menschen. Die Jungfrau Maria ist ein gutes Beispiel für die Whiteness von Frauen. Sie verkörpert die Mutterschaft ohne Geschlechtsverkehr, denn sie reproduziert sich ohne sexuellen Kontakt. Dieses Beispiel verdeutlicht den Kern der Bedeutung von Whiteness als Tugend, nämlich Enthaltsamkeit [Vgl. Dyer 1997].

Das traditionelle Brautkleid hat zum Beispiel eine besondere Symbolik: Das weiße Brautkleid repräsentiert die Jungfräulichkeit der Braut, denn sexueller Kontakt bedeutet wortwörtlich und moralisch Schmutz. Andere körperbezogene Konnotationen mögen routinistierter und weniger offensichtlich sein, doch sie entspringen dem gleichen Ideal. Dieser Kult der Jungfräulichkeit drückt das Ideal der unbefleckten Weiblichkeit aus, welches durch das Aussehen der Frau verstärkt wird. Dies kann durch das christlich- traditionelle Fasten, welches einen blasser aussehen lässt und körperliche Abwesenheit repräsentiert, gesteigert werden.

„Nicht- Weiße“ werden hingegen in verschiedenster Weise mit Körperabfällen assoziiert, häufig durch die rassistische Wahrnehmung sie würden unangenehm riechen. „Weiß“ zu sein bedeutet demnach, allen Dreck von sich zu weisen: „Weiß“ auszusehen bedeutet rein auszusehen. Durch den Körper der „Nicht- Weißen“, können „Weiße“ bemerken was es bedeutet körperlich zu sein, und sich gleichzeitig von ihnen abgrenzen. Ellison verortete die Funktion der AfroamerikanerInnen darin, einen Signifikanten, also eine Grenze für „Weiße“ darzustellen, um ihnen bewusst zu machen, wer sie wirklich waren [Vgl. Trost 1975: 81]. So ist anzunehmen, dass sie die „Weißen“ natürlich auch darauf aufmerksam machten was sie nicht waren, nämlich existent als „Weiße“.

Seit dem neunzehnten Jahrhundert wird Kosmetik anstatt Farbe verwendet um „Weiße“ Haut „Weißer“ zu machen. Am Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurden neue Creams und Seifen aufgrund der Idee entwickelt, dass sie durch diese Kosmetika wirklich schön werden könnten, weil ihre Haut viel reiner werden würde. Elizabeth Arden vermarktete diese Reinigungsträume auf folgender Basis: „ The most elaborate toilette can be marred by tiny faults of your skin- cheeks that shine,

blemishes that flaunt an angry red, coarseness, wrinkles. But each of these faults can be overcome. Not hidden, mind you, but removed!” [S. Angeloglou 1970: 123]. Der Verweis auf das Glänzen ist deshalb interessant, weil es einerseits mit Schweiß assoziiert wird, was sich natürlich für „Weiße“ Ladies nicht geziemt und etwas mit „Körperdreck“ zu tun hat, und andererseits weil „Schwarze“ Haut unter starker Beleuchtung oft glänzt. Die rassistische Dimension von Werbung für Kosmetika begegnet uns täglich anhand der Illustrationen „Weißer“ Gesichter und Slogans in denen „Weiße“ Haut mit Alabaster und Milch verglichen wird.

Whiteness, wahre „Weiße“ Whiteness ist aber auch durch Kosmetika, nicht erreichbar. Ihre idealen Formen sind unmöglich zuwege zu bringen, nicht nur weil Haut nie die Farbe weiß haben kann, sondern auch weil das Ideal „Weiße“ (auch körperlich) nicht existent ist.

2.3. Hollywoods Whiteness

In einer visuellen Kultur müssen soziale Gruppen sichtbar, registrierbar und repräsentierbar sein, schließlich ist dies ein wichtiger Ausdruck von Macht. Das würde also eine Sichtbarkeit von „Weiße“ verlangen. Aber Whiteness benötigt, wie bereits erwähnt, eine gewisse Unsichtbarkeit. Dennoch sind diese beiden Prämissen vereinbar, denn die ultimative Position der Macht, in einer Gesellschaft die Menschen teilweise durch deren Sichtbarkeit kontrolliert, ist die der Unsichtbarkeit, der Beobachtern. Ansehen und Angesehenwerden reproduzieren so „rassische“ Machtverhältnisse [Vgl. Dyer 1997]. „Weiße“ müssen als „Weiße“ erkannt werden, auch wenn Whiteness als „Rasse“ unsichtbare Merkmale verlangt und als Macht auf Unsichtbarkeit basiert. Whiteness ist das Zeichen, dass „Weiße“ sichtbar weiß macht, während sie gleichzeitig den wahren Charakter „Weißer“ kennzeichnet, welcher unsichtbar ist.

Hollywoods Filmgeschichte veranschaulicht die Darstellung von Whiteness, Klassenunterschied, Geschlechtsdifferenz und unzähliger weiterer Kategorien der Identitätskonstruktion besonders deutlich. In Anbetracht der Tatsache, dass „Rasse“ keine biologisch existente Kategorie, sondern ein gesellschaftliches Konstrukt ist, ist es erstaunlich dass die filmische Darstellung von Whiteness, um die „Überlegenheit“ der „Weißen Rasse“ zu demonstrierten, seit Anbeginn der Filmindustrie vollzogen wurde [Vgl. Foster 2003: 2ff.]. Das Kino war bemerkenswert erfolgreich bei der Etablierung von Whiteness als kulturelle Norm, selbst wenn es dadurch die, den binären Oppositionspaaren- wie männlich: weiblich, „Weiß: Schwarz“ und heterosexuell: homosexuell- innewohnende, Instabilität dem „öffentlichen Blick“ aussetzt. Es scheint fast so, als ob das Kino diese Kategorien durch die Definition von Körpern durch deren Zurschaustellung beibehalten könnte. Auch eine oberflächliche Betrachtung des gegenwärtigen Mainstream- Kinos gibt Aufschluss darüber, dass Hollywoods Filmwelt eine „Weiße“, heterosexuelle ist.

Ein gutes Beispiel für die inhärente Whiteness Hollywoods seit Anbeginn der Filmindustrie ist der Film Making an American Citizen (1912), in dem es um die Einbürgerung eines russischen Paares geht. Der Ehemann Ivan (Lee Beggs) ist durch seine Unzivilisiertheit und Opposition zur US-amerikanischen Männlichkeit gekennzeichnet [Vgl. Foster 2003: 54ff.]. Seine (namenlose) Ehefrau muss lernen, was es heißt eine „Weiße“ US-Amerikanerin zu sein. Ivan wird während des gesamten Films gezwungen, die Leiter der US- amerikanischen Whiteness hinaufzusteigen: Zuerst verprügelt ihn ein Ire, um ihm beizubringen dass er seine Frau nicht schlagen darf, dann hält ihn ein Deutscher dazu an seiner Frau bei der Hausarbeit beizustehen. Schließlich wird Ivan von seinen Nachbarn, welche einem Ehestreit beiwohnen, angezeigt und folglich eingesperrt. Ivans Frau absorbiert die Rolle des „Heimchens am Herd“ deutlich schneller und „erfolgreicher“; bald kann sie nicht mehr für sich selbst sprechen und muss durch die allgemeine „Weiße“ Männlichkeit (in Form der Nachbarn und der Polizei) verteidigt werden. Gegen Ende des Films wird Ivan durch die institutionalisierte „Weiße“ Männlichkeit, in Form der Polizei, von seiner Unzivilisiertheit „geheilt“; er wird zum „braven, US-amerikanischen Christen“ und Ehemann.

2.3.1. „Weiße“ Körperästhetik und Filmtechnologie

"To represent people is to represent bodies”, erklärt Dyer [S. Dyer 1997: 14]. Die Körper und Körperausschnitte, die wir auf der Leinwand sehen, sind das Ergebnis einer bewussten Inszenierung: Mit Hilfe der filmischen Technologien- Licht, Kameraführung und Montage- werden Körper modelliert, positioniert, zerschnitten und wieder zusammengesetzt. Hollywoods Köperkonstrukte haben nur sehr indirekt etwas mit den SchauspielerInnenkörpern zu tun; sie sind mehr als schlichte Aufnahmen oder Repräsentationen vorhandener Körper, ihre scheinbare Natürlichkeit ist das Resultat einer elaborierten und kontrollierten Filmästhetik und - technologie. Durch das Zusammenwirken technischer, räumlich -physischer und psychosozialer Faktoren in der konkreten Rezeptionssituation werden im Kino Realitätseffekte, Illusionen von Räumlichkeit und visueller Kontinuität, erzeugt, und es wird darüber hinweg getäuscht, dass das Gesehene eine aus Einzelbildern zusammengefügte, diskontinuierliche und zweidimensionale Projektion ist.

Die Politik von Hollywoods Körperdarstellung ist heute nicht mehr explizit rassistisch, sondern manifestiert sich in naturalisierten Darstellungsmustern, deren „rassische“ Strukturen implizit und unauffällig sind. Hall unterscheidet zwischen overt racism und inferential racism medialer Repräsentationen und hält inferential racism für wesentlich wirksamer, da er auf scheinbar wertfreien Prämissen basiert. „By inferential racism I mean those apparently naturalised representations of events and situations relating to race, whether ‘factual’ or ‘fictual’, which have racist premises and propositions inscribed in them as a set of unquestioned assumptions”[S. Hall 1990:13].

Solche Annahmen charakterisieren auch die Ästhetik und die Technologieentwicklung Hollywoods; es sind Vorstellungen über die menschliche Natur und Individualität, deren implizite Whiteness als „ethnische“ Kategorie höchstens im Kontrast zum Nicht- „Weißen“ sichtbar wird.

Photographie und Film sind Lichttechnologien, und Licht ist für alle photographischen Medien essentiell. Ein photographisches Bild ist das Ergebnis eines Prozesses, bei dem Licht durch eine Apparatur auf eine lichtempfindliche Oberfläche fällt und dort durch photochemische Prozesse Spuren hinterlässt. Und es sind vierundzwanzig dieser belichteten Oberflächen in der Sekunde, die im Kino von einer Projektionslampe erneut durchleuchtet werden, um ein Bild auf die Leinwand zu werfen. Im Kontext des Films spielt Licht demnach in vielerlei Hinsicht eine zentrale Rolle: auf der Ebene der aufzunehmenden Subjekte und Objekte, die Licht sehr unterschiedlich absorbieren und reflektieren, und, damit zusammenhängend, als Beleuchtungsdramaturgie auf dem Set. Darüber hinaus sind auch das zu belichtende Material, Belichtungszeit und Blendenwert, die Filmentwicklung und schließlich die Projektion, Parameter filmischer Lichttechnologie.

Theoretisch sind also die Möglichkeiten, Filmtechnologie auf diesen verschiedenen Ebenen zu variieren, mannigfaltig. Dyer erläutert ausführlich und detailliert die Entwicklung der weißen Licht- und Filmtechnologie.

2.3.1.1. Lichttechnologie

Die Entwicklung der verschiedenen Lichttechnologien war schon in der frühen Geschichte des US- amerikanischen Kinos weniger von Experimentierfreude und Variation bestimmt als von relativ fixen Vorstellungen über das, was Licht im Film leisten sollte. Diese Vorstellungen waren Maßstab und Ziel für viele technische Innovationen und Veränderungen. Schon in den 1920-ern hatte sich ein dominanter Beleuchtungsstil entwickelt, der Standards setzte und bis heute so verbreitet ist, dass allgemein von cinema lighting oder dem film look gesprochen wird. Eine kontrollierte Sichtbarkeit war das maßgebliche Prinzip dieses Beleuchtungsstils [Vgl. Dyer 1997: 82 ff.].

Kontrolle bedeutet in diesem Zusammenhang zunächst, dass alles, was als wichtig erachtet wird, im Film auch deutlich zu sehen ist. Und wichtig sind im Kino vor allem Menschen. Das was uns im Kino als normal erscheint ist das Ergebnis einer Technologieentwicklung, die sich von Anbeginn an einer bestimmten Norm orientierte. Und diese Norm war nicht einfach der Mensch oder etwa menschliche Gesichter, sondern „Weiße“ Gesichter.

Die Filmtechnologie erwies sich anfänglich als sperrig gegenüber der „Weißen“ Norm. Sowohl das erste Filmmaterial als auch frühe Beleuchtungstechniken waren Anfang des 20. Jahrhunderts noch nicht so weit entwickelt, dass sie befriedigende Ergebnisse in punkto Whiteness lieferten. Denn „Weiße“ Haut ist natürlich nicht weiß, sondern rosa, beige, gelblich oder von sonstiger Farbigkeit, die auf dem frühen Schwarzweißfilm oft ungewollt zum Vorschein kam. Um diese unerwünschten „ethnischen“ Effekte zu vermeiden, wurde der Whiteness mit einem dread white make-up nachgeholfen [Vgl. Dyer 1997: 94ff.]. Unangenehm war dieses Make -up vor allem, weil frau/man zu jener Zeit zur Beleuchtung Kohlebogen- Scheinwerfer benutzte, die sehr viel Wärme abstrahlten; sie bewirkten, dass die Schminke schnell wieder vom Gesicht floss, was ständiges Nachschminken erforderte. Außerdem führten die ultravioletten Strahlen der Lampen nicht selten zu roten, geschwollenen Augen, so genannten Klieg eyes, nach der Firma Kliegl benannt, deren Kohlebogenlampen damals in den Studios führend waren. Leichter handhabbar und weitaus verträglicher als Bogenlicht, da weniger heiß, wären zwar

Wolfrahmglühbirnen gewesen, aber letztere enthalten viel rotes und gelbes Licht und erzeugen diese Farben auch in den Gesichtern der damit beleuchteten SchauspielerInnen, was auf orthochromatischem Material einen schwärzenden Effekt hat.

Aber nicht nur die Reproduktion von „Weißer“ Haut bereitete Probleme, sondern auch die blondem Haars, denn es erschien ebenfalls dunkel. Dem half die in Hollywood früh etablierte Konvention des three- point lighting ab. Ein

Beleuchtungsstil mit mindestens drei Lichtquellen, der entwickelt wurde, um Figuren gut sichtbar zu machen, indem frau/man sie von schräg vorne (key light), von einer je anderen Seite (fill light) und von hinten (back light) beleuchtete. Durch das fill light wurden Schatten im Gesicht eliminiert, backlighting, bewirkte dass Figuren sich vom Hintergrund abhoben. Im Hinblick auf Whiteness diente es nicht nur als “lyrisches“ Stilmittel, sondern war die einzige Technik um blondes Haar auf orthochromatischem Material blond aussehen zu lassen. „The use of backlighting on blonde hair was not only spectacular but necessary- it was the only way filmmakers could get blonde hair to look light- colored on the yellow-insensitive orthochromatic stock” [S. Thompson 1985: 226].

Demnach war es zwingend, die Beleuchtungstechnik an bestimmten Zielvorgaben zu orientieren. In einem vermeintlich ideologiefreien Technikdiskurs fungierte die „Weiße“ Norm als unhinterfragte Grundannahme. Thompsons Einschätzung lässt erkennen, dass sichtbare Whiteness einen unverzichtbaren Richtwert darstellte. Erst die Einführung von panchromatischem Filmmaterial, das für ein viel breiteres Spektrum sichtbarer Farben sensibel war, erlaubte es, die extremen Kontraste des orthochromatischen Films zu vermeiden und Schattierungen von „Hautfarben“ naturgetreuer wiederzugeben. Dieses Material erfreute sich trotz einiger Nachteile, durch die geringe Lichtempfindlichkeit, nach 1925 schnell breiter Beliebtheit.

2.3.1.2. Die nachhaltige Entwicklung,, Weißer“ Filmtechnologie

Comolli nimmt an, dass die Entwicklung filmischer Ästhetik sich nicht an dem orientiert, was zu einem gegebenen Zeitpunkt technisch möglich ist, sondern dass sich technische Innovation und Entwicklung vielmehr an ökonomischen, kulturellen und ideologischen Vorgaben orientiert [Vgl. Comolli 1986: 421ff.]. Es ging also nicht nur darum, „Weiße“ Körper exakt im filmischen Bild zu reproduzieren, sondern auch darum, „rassisch“ eindeutige Körper hervorzuheben. Nicht helle Haut allein war das Maß der technischen Anstrengungen, sondern ein Ideal von Whiteness, dass über die Natur der SchauspielerInnenkörper hinausreichte. Bis heute wird „Schwarze Hautfarbe“ bei Aufnahmen oft als Problem angesehen, als Abweichung von der Norm. Doch trotz der technologischen Privilegierung von „Weißen“ ist es nicht unmöglich, dunkelhäutige SchauspielerInnen adäquat auszuleuchten. Eine wärmere Beleuchtung, reflektierendes Make- up, individuelle Lichtmessung und eine entsprechende Materialauswahl können dazu beitragen, dass „Schwarze“ im Film differenzierter und naturgetreuer wiedergegeben werden.

Selbst wenn die technischen Probleme heute weitgehend überwunden sind und es möglich ist, „Weiße“ und „Schwarze“ Gesichter angemessen auszuleuchten, zeigt Dyer, dass auch im gegenwärtigen Hollywoodkino afroamerikanischen Charakteren durch Licht oft nicht die gleiche Individualität verliehen wird wie „Weißen“ [Vgl. Dyer 1997: 98ff.]. Dies wird vor allem dann immer wieder offensichtlich, wenn ein „Weißer“ und ein „Schwarzer“ Körper in einem Frame zu sehen sind.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Rising Sun

Die Wirksamkeit der „Weißen“ Norm besteht in ihrem „normalen“ und unspezifischen Charakter; darin, dass „Weiße“ eben nicht als „Weiß“, als „rassisch“ spezifisch wahrgenommen werden. Es sind also nicht explizit rassistische Vorstellungen, welche die Entwicklung bestimmter Filmtechnologien geprägt haben, sondern unhinterfragte Normen und Ideale, die immanente Whiteness abendländischer Menschenbilder: Sie spiegeln sich in Hollywoods Darstellungsmodi und Beleuchtungscodes wider; darüber hinaus haben sie sich in die Technik selbst eingeschrieben und dominieren Hollywoods Körperästhetik bis heute.

Historisch betrachtet gibt es einen engen Konnex zwischen bestimmten Denkmustern und Darstellungskonventionen, und auch die Ästhetik des „Weißen“ im Film knüpft daran. Darüber hinaus macht Dyer klar: wirklich autonom waren in der abendländischenlichen Imagination lange Zeit nur „Weiße“ Subjekte; auch wenn das backlighting heute nicht mehr benötigt wird, um den Effekt von Whiteness zu erzeugen, wird es noch immer eingesetzt, um die Körper im Filmbild zu separieren Vgl. Dyer 1997: 98ff.]. Die historischen Anstrengungen, mittels Schminke und Licht „ethnische“ Effekte bei der Darstellung „Weißer“ Körper zu eliminieren, entsprechen nicht nur dem Wunsch, „rassisch“ eindeutige Körper darzustellen, sondern können auch als Versuch gedeutet werden, die Akzentuierung vom Körperlichen auf die symbolischen Qualitäten von Whiteness zu verlagern.

2.3.1.3. „Weiße“ ästhetische Konventionen

Dyer meint, es gebe eine direkte ästhetische Traditionslinie von den Engelsdarstellungen christlicher Ikonogarphie bis zu den strahlenden Gesichtern weiblicher Hollywoodstars. In Hollywoods Ikonographie des „Weißen“

heterosexuellen Paares spielt der Helldunkel- Kontrast eine fast ebenso signifikante Rolle wie für die Darstellung der „Rassenbeziehungen“. In den Filmen und film stills berühmter Leinwandpaare sind Gesicht und Erscheinung der Frau immer „Weißer“, das heißt heller und strahlender als die des Mannes, wodurch der Eindruck entsteht, Frauen seien selbst die Quelle des Lichts, die ihr Gegenüber mehr oder weniger illuminieren.

Hollywoods Ästhetik der Geschlechterdifferenz geht nach Dyer auf eine Darstellungskonvention der bildenden Künste zurück. Aquarellmalerei und Photographie haben gemein, dass das Abgebildete auf einem hellen oder weißen Hintergrund gezeigt wird. Dieses „Weiß“ ist keine Farbe, sondern Licht und Transparenz. An der Dia- oder Filmproduktion wird dies noch deutlicher: Helldunkel­Kontraste werden durch durchsichtige oder opake Punkte des filmischen Materials erzeugt, die für das Licht der Projektionslampe mehr oder weniger durchlässig sind. Die hellen Stellen verweisen auf die durchsichtige Qualität der dargestellten Farben und Figuren, durch welche die weiße Leinwand oder das weiße Papier hindurch scheint [Vgl. Dyer 1997: 122ff.].

Körper im Hollywoodfilm differieren also nicht nur durch ihre „Hautfarben“, sondern sind das Ergebnis einer Lichtästhetik, die Körper nach dem Grad ihrer Substanzlosigkeit unterscheidet. Diese Ästhetik der Substanzlosigkeit spielte schon in der frühen Portrait- Photographie eine entscheidende Rolle. Um die geistigen und charakterlichen Eigenschaften der aufzunehmenden Personen im Bild festzuhalten, wurden Gesichter durch eine leichte Unschärfe in ein weicheres Licht getaucht und harte Konturen diffundiert. Dieser Gegensatz zwischen Körperlichkeit einerseits und

Körperlosigkeit andererseits spielt auch in der Ikonographie des Hollywoodfilms eine entscheidende Rolle und fungiert, wie in der Geschichte der Photographie, als Merkmal sozialer Differenz. Aber neben ihrer Bedeutung als „ethnische“ Kategorie bildet diese Ästhetik das weite und polyvalente Spektrum für die Repräsentation von Whiteness.

Die Strahlkraft der Körper „Weißer“ Frauen scheint von innen zu kommen; nicht die Oberflächen schimmern, sondern die Erscheinung insgesamt. Dyer unterscheidet zwischen glow und shine. Was es unbedingt zu vermeiden gilt, ist der Glanz der Haut selbst, denn er erinnert an Schweiß und andere Körpersäfte, konnotiert physische Arbeit und betont Körperlichkeit. Glow aber ist das ästhetische Ideal, das nicht nur Hollywood, sondern auch die Kosmetikindustrie beschwor. Die diffusen Qualitäten des „Weißen“ Teints, radiance und transparency waren und sind Vokabeln, mit denen Kosmetika beworben werden und die Frauen die körperlose Ausstrahlung der movie queens versprechen. Der immaterielle Look „Weißer“ Frauen im Film wäre ohne elaborierte Lichttechnik (ohne movie lighting) nicht zu erreichen. Erst der kombinierte Einsatz von drei oder mehr Lichtquellen, Weichzeichnern und Retusche bringt die gewünschten Transzendenz- und Nimbus- Effekte hervor.

Die Diffusion des Bildes mittels spezieller Linsen und Filter, die seit Griffith bekannt war, kam nach 1923 richtig in Mode, so Salt, und die hauptsächliche Verwendung von Glühlampen statt Bogenlicht in den dreißiger Jahren ermöglichte eine weichere Modellierung der Gesichter [Vgl. Salt 1983: 187]. Gerade der Beleuchtungsstil, mit dem heterosexuelle Paare inszeniert werden, weist bei genauerem Hinsehen viele „unnatürliche“ Aspekte auf; zum Beispiel durch Licht erzeugte Akzentuierungen, die eindeutig nicht von den im filmischen Bild befindlichen Lichtquellen stammen. Auch in einem Raum, der scheinbar gleichmäßig ausgeleuchtet ist und in dem Fenster und/oder andere sichtbare Lichtquellen die Helligkeit motivieren, sind die darin gezeigten Figuren oft sehr unterschiedlich vom Licht begünstigt. Dies ist ein intendierter Effekt, bei dem die symbolischen Qualitäten von Whiteness im Vordergrund stehen.

2.3.2. Hollywoods „Weißes“ Starsystem

Das Hollywoodsystem beruht aber auch auf anderen Inszenierungstechniken als den filmischtechnischen; von großer Bedeutung sind auch (meist „Weiße“) „Stars und Sternchen“. Die Position der Stars in Hollywood kann nach Dyer aus verschiedenen Blickwinkeln verstanden werden [Vgl. Dyer 1979]. Sie treten in Filmen und anderen Formen medialer Texte auf, die zusammen das Image der Stars formen. Auf einer Betrachtungsebene formen diese Texte das allgemeine Image der Hollywoodstars als „Reiche und Schöne“. Auf einer anderen Ebene sind diese Texte durch ihren Verweis auf eine einzelne Person verbunden und konstruieren das Image des Stars als eine bestimmte Identität. Hollywoodstars arbeiten in der Filmindustrie und erfüllen so eine Rolle auf dem Arbeitsmarkt der Filmproduktion. In einem kommerziellen Kino wie Hollywood sind Stars wichtig für die Produktionspresse, aber ebenso für die Distribution und Ausstellung. Stars werden von der Industrie benutzt um die Bedürfnisse des Publikums zu lenken. Filmverleihe nützen das Auftreten von Stars, um Filme am nationalen wie internationalen Markt zu verkaufen. Es wird allgemein angenommen, dass die Präsenz von Stars hilft, das Publikum ins Kino zu locken. Dyer geht davon aus, dass das Image von Stars durch eine Reihe von Textkategorien konstruiert wird, welche neben Filmauftritten eines Stars auch Formen von Publicity und Werbung inkludiert. Darüber hinaus sind die Stars selbst auch Gegenstand von Filmkritiken.

Andere Faktoren, die zum Image von Stars beitragen, sind die Charaktere, die sie spielen und der schauspielerische Stil mit dem sie diese Rollen darstellen. Es ist ebenso wichtig, den Typ Film oder das Genre, in dem ein Star auftritt, zu berücksichtigen. Auch Klatsch und Gerüchte sind von Bedeutung- sie zeigen, wie ein Star in der Populärkultur und in den Alltag Eingang findet. Stars lassen sich ebenso nach sozialen Variablen kategorisieren- sie sind vermittelte Identitäten, textuelle Konstruktionen, denn das Publikum begreift niemals die „wirkliche“ Person, sondern eine Sammlung von Bildern, Worten und Geräuschen, die für die Person stehen. Aus der Vertrautheit mit einer Reihe von Star- Texten, bildet sich das Filmpublikum eine Meinung von der Person, so dass dem Star eine Sammlung von Bedeutungen zugeschrieben wird.

Ein Star ist niemals einzigartig, weil sie/er typisch ist. Das Image von Stars erscheint sowohl alltäglich, als auch außergewöhnlich. Stars werden als außerordentlich und in gewisser Weise abseits der Gesellschaft dargestellt. Ihr Aussehen hebt sie zum Beispiel von alltäglichen Menschen ab. Die Bedeutung des Images eines Stars aber kann erst in dem Moment erzeugt werden, in dem das Kinopublikum mit dessen Star­Texten interagiert. Demgemäß ist das Image von Stars für eine Reihe von differenzierten Lesarten offen, aber diese sind unvermeidlicher Weise beschränkt.

Da US- AmerikanerInnen und EuropäerInnen einen zunehmenden Anteil ihrer Freizeit mit Massenmedien verbringen, überrascht es nicht, dass ihre Wahl der öffentlichen und alltäglichen Heldinnen durch das ständige „den Massenmedien ausgesetzt sein“ bestimmt wird. Die heutigen HeldInnen, erlangen die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit durch „motion pictures“, Radio oder Fernsehen, und verstärken diese zusätzlich durch Präsenz in anderen Medien. Moderne Werbemethoden besagen, dass Film- Stars ihrem Publikum nicht nur durch Filmrollen, sondern auch durch diverse „Fanmagazine“, das Radio, Fernsehen und die Zeitung bekannt sind. Die Gesamtheit dieses Werbebaus dient dazu, die Person der Öffentlichkeit bekannter zu machen; diese reagiert, indem sie sich die Filme, in denen der Star spielt, ansieht.

Wie Dyer veranschaulichte, basiert das „Star- System“ auf der Vorraussetzung, dass ein Star von der Öffentlichkeit, in einem bestimmten Set an

Persönlichkeitsmerkmalen dargestellt wird dass alle ihre Filmrollen durchdringt, akzeptiert wird. Dieser Annahme folgend waren wohl die erfolgreichsten Stars immer diejenigen, deren Erscheinung in bestimmte Merkmale kategorisiert werden konnte. Der Star wird zu einem Symbol für ein unbekanntes Massenpublikum, dessen einziger Kontakt zu ihr durch die indirekten Mittel der Medien ist.

McDonald beschreibt wie der dreifach hierarchisierte Werbeapparat der Studios die Leitungen für das Mitteilen solcher symbolischen Bilder zur Verfügung stellt [Vgl. McDonald 2000: 15ff.]. Das Bild, welches das Studio von sich selbst hat, hat großen Einfluss auf seine Werbung. Die Programme, die von den Hauptstudios verwendet werden, sind im Allgemeinen dieselben. Sie umfassen einen „build- up“ Werbebau, Monate beziehungsweise Jahre bevor der Star am Bildschirm erscheint. Diese

Werbung findet einen Primäranschluss in Klatschspalten und Kino- Fan- Magazinen. Sobald die Schauspielerin tatsächlich eine Filmrolle bekommen hat, beauftragt das Studio Zeitschriften um Betriebseinzelheiten über den Dreh zu verbreiten. Dazu gehören zum Beispiel auch Trailer, die im Fernsehen, vor dem Start in den Kinos, ausgestrahlt werden. Vor und während des Drehs stammt die gesamte Werbung aus Hollywood. Die Werbebüros der Studios in New York übernehmen dann den Film und fahren mit der Werbung während der Verkaufs- und Vorführphase fort. In diesem Gesamtprozess ist die Beibehaltung des Star- Stereotyps besonders wichtig.

2.3.2.1. Die klassische Konstruktion „Weißer“ weiblicher Stars

Harris hat versucht anhand zweier in Hollywood konstruierter, „Weißer“ weiblicher Superstars den „image- making‘ Prozess zu rekonstruieren. Um den thematischen Inhalt ihrer einzelnen Rollen wieder aufzubauen, sollten alle möglichen Artefakte (zum Beispiel Filme, Berichte und Studiowerbung) analysiert werden [Vgl. Harris 1991: 40ff.]. Während der Werbekampagnen beider Stars, Marilyn Monroes und Grace Kellys, wurden bestimmte thematische Verbindungen konserviert. In den frühen Phasen des „build- ups“ der Star- Images wurde zu einem äußergewöhnlich hohen Grad tatsächlich biographisches Material eingesetzt. Dass die Publizisten sich hauptsächlich mit deren Herkunft beschäftigten führte zu einer weiteren Dimension des „Screen- Images“ und erleichterte dem Publikum die Stereotypisierung und Identifikation noch zusätzlich.

Das weit verbreitete „Lady- Image“ Grace Kellys beruhte auf ihrer tatsächlichen Herkunft. Von reicher und vornehmer Herkunft mit engen Familienbanden abstammend, wurde sie weithin als Repräsentantin der idealen Frau innerhalb der Familie wahrgenommen. Obwohl ihr Publikum, wie bei allen weiblichen Stars, vorwiegend männlich war, wurde das gleiche Image auch in „Frauenzeitschriften“ präsentiert. Berichte zu Grace Kellys „Person“ wurden zumindest einmal in Zeitschriften wie „Cosmopolitan“, „Vogue“, „Woman’s Home Companion“, „Mademoiselle“ und „Good Housekeeping“ veröffentlicht.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Grace Kelly

Die beiden am häufigsten angewandten Techniken um ihr Image zu konstruieren waren (1) das Hauptaugenmerk auf ihre reiche und vornehme Abstammung zu legen und (2) der Gebrauch der Aussagen ihrer Kollegen über ihr gutes Benehmen, auch hinter den Kulissen. Beide Techniken dienten dazu Stereotype zu verstärken und waren durch ihre immer ähnlichen Rollen verbunden. Im Gegensatz zu dem Material zu Monroe sind Artikel zu Kelly durch einen Mangel an Anmerkungen des Stars gekennzeichnet, als wäre es unter ihrer Würde gewesen einen Kommentar abzugeben, was ihrem Image alles andere als widersprach. Dennoch wurde eine vorsichtige Angleichung an andere Stars beibehalten, um den Eindruck zu verhindern, sie wäre arrogant.

So war wiederholt der Fokus darauf gerichtet, wie sie ihren eigenen Weg im „Entertainmentbusiness“ machte, nämlich ohne die Hilfe ihrer Familie. Erzeugten die Filmemacher mit Grace Kelly das ideale „Weibchen“, erschufen sie mit Marilyn Monroe das ideale „Playmate“. Es war das Playmate- Image, genährt von der Akzeptanz ihrer Bilder, dass sie in eine fast allegorische Position als das symbolische Objekt der männlichen Begierde emporsteigen ließ. Ihr Image resultierte aus ihrer „Vorfilmerfahrung“ als Covergirl verschiedener „Frauenmagazine“. Twentieth Century- Fox gab eine Reihe Pinup ähnlicher Fotos frei, die ihre körperlichen „Reize“ zeigten. Sowie Vogue die „Ankunft“ Grace Kellys gefeiert hatte, fand Coronet seinen Prototyp in Marilyn Monroe.

[...]


[1] Das „Abendland“ bezeichnete ursprünglich Europa, da in Richtung Westen die Sonne untergeht. Das Abendland war vor allem der hellenistisch- römisch- christlich geprägte Teil Europas. Heute ist mit dem „abendländischen“ Kulturkreis die „westliche Welt“ (und vor allem die NATO- Mitglieder) gemeint. Der Begriff veranschaulicht auch das kulturelle Konzept eines gemeinsamen, „Weißen“ Kulturkreises [Vgl. http://wikipedia.orgl.

[2] Der Medienbegriff an sich ist relativ unpräzise. Die Medien sind zunächst Mittel der Kommunikation, Systeme mit dem Zweck, Informationen zu übertragen. Medien sind aber nicht nur als Mittel zur Kommunikation, sondern auch als System, das Verständigung erst möglich macht, zu betrachten [Vgl. Schanze 1976: 26]. Durch das Medium werden Zeichen kommuniziert, die durch Medientechniken und schließlich durch bestimmte Institutionen verwaltet werden [Vgl. Schmidt/Zurstiege 2000: 170]. „Film muss als Medium im Kontext der breiten Kommunikations- und Unterhaltungsindustrie betrachtet werden“ [S. Monaco 2005: 456]. Film ist als ein Medium der Massenkommunikation, der „indirekten Kommunikation zu verstehen“ [Vgl. Maletzke 1963: 28].

[3] Eine Ausnahme bildet meine Beschäftigung mit dem Film „The gods must be crazf, der zwar keine Hollywoodproduktion darstellt, sich aber in US- Amerika und Europa eines hohen Bekanntheitsgrades und großer finanzieller Erfolge erfreute. Siehe Kapitel „The gods must be crazy S. 95

[4] Siehe “Anhang“ S. 174

[5] „Heterogenes kann für einander stehen, einander zum Ausdruck bringen, vorstellig machen, präsentieren. [...] Ein empirisch zugänglicher Sachverhalt verweist auf einen anderen, den eigentlich pathologischen, der sich der Wahrnehmung entzieht, ohne dass der letzte kausal für den ersteren haftbar gemacht werden könnte. Nur weil beide Sachverhalte gesetzmäßig aus einem gemeinsamen Ursprung hervorgehen, ihn diachron „entwickeln“, kann synchron der eine zur Anzeige des anderen werden“ [S. Blumenberg 1986: 44].

[6] „Die Struktur eines Films wird durch Codes definiert, mit denen er arbeitet und die in ihm wirken. Das Medium, durch das der Film Bedeutung ausdrückt, ist eine Vielzahl von Codes. Es gibt Codes, die sich aus der Kultur ergeben und solche, die auch in anderen Künsten auftreten“ [S. Monaco 2005: 180f.]. Siehe dazu auch Kapitel “Der Filmtext” S. 80

[7] Das Zusammensetzen einzelner Film- Aufnahmen

[8] Ideologische Rassentheorien entwickelten sich vor allem im kontinentalen Europa des 18. und 19. Jahrhunderts. Der eigentliche Anstoß zur Formulierung von Rassentheorien erfolgte durch französische Aristokraten, die ihre durch die Französische Revolution verlorenen feudalen Privilegien restaurieren wollten [Vgl.: Rieger in Nohlen 1995: 497]. Die Theorien waren sozialdarwinistisch geprägt und sollten angeblich biologisch- naturgesetzliche Ungleichheiten der verschiedenen Gesellschaftsgruppen in scheinbar wissenschaftlich begründeter Weise politisch-autorativ suggerieren. Gobineau veröffentlichte das zur Entstehung und Verbreitung von Rassenideologien bedeutsame, vierteilige Werk „Essais ur l’ Inegalite des Races Humaines“, welches von der apriorischen Ungleichheit und Reinheit (dreier) „Rassen“ ausging. Er argumentierte dass nur die „Weiße Rasse“ aufgrund ihrer biologischen Ausstattung dazu bestimmt sei, eine Hochkultur zu entwickeln; kulturelle Entwicklung könne hingegen nur durch die Unterwerfung der „farbigen Rassen“ erfolgen [Vgl.: Clausen 1994: 41]. „[Aber] die klassische Argumentation des biologischen Determinismus versagt beim Menschen, da alle Merkmale, auf die er sich zur Unterscheidung von Gruppen beruft, gewöhnlich Produkte der Kulturentwicklung sind. [...] Die Kultur der Menschen entwickelte sich mit wenig oder ohne Bezug auf genetische Variationen zwischen Menschengruppen weiter“ [S. Gould 1988: 360ff.]. Tatsächlich ist der genetische Unterschied zwischen den so genannten “Rassen” so klein, dass im Vergleich der genetische Unterschied zwischen Individuen „einer Rasse“ überwiegt.

[9] Natürlich trug die britische Abstammung zur Erfindung der US- amerikanischen „Weißen Rasse“ bei, aber sie beinhaltete vor allem ein imaginäres Vermächtnis und nicht ein faktisches.

Fin de l'extrait de 312 pages

Résumé des informations

Titre
Eine Annäherung an Hollywoods Whiteness durch die Analyse der Inszenierungen des vermeintlich „Anderen“
Sous-titre
Wer fürchtet sich vorm "Weißen Mann"?
Université
University of Vienna
Note
1
Auteur
Année
2006
Pages
312
N° de catalogue
V152829
ISBN (ebook)
9783640666638
ISBN (Livre)
9783640666874
Taille d'un fichier
6347 KB
Langue
allemand
Mots clés
Hollywood, Geschlecht, Gender, Whiteness, Rassismus, Film, Weiß, Schwarz, Filmanalyse
Citation du texte
Lena Rheindorf (Auteur), 2006, Eine Annäherung an Hollywoods Whiteness durch die Analyse der Inszenierungen des vermeintlich „Anderen“, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/152829

Commentaires

  • Pas encore de commentaires.
Lire l'ebook
Titre: Eine Annäherung an Hollywoods Whiteness durch die Analyse der Inszenierungen des vermeintlich „Anderen“



Télécharger textes

Votre devoir / mémoire:

- Publication en tant qu'eBook et livre
- Honoraires élevés sur les ventes
- Pour vous complètement gratuit - avec ISBN
- Cela dure que 5 minutes
- Chaque œuvre trouve des lecteurs

Devenir un auteur