Starre und alternierende Fundamentalkurse im Rahmen preisinduzierter Preisanpassung


Diplomarbeit, 2010

63 Seiten, Note: 2,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

A. Abbildungsverzeichnis

B. Abkürzungsverzeichnis

C. Parameterverzeichnis
1. Einleitung
2. Das Modell
2.1 Theoretische Fundierung
2.1.1 Bestimmung des Fundamentalkurses
2.1.2 Feedback-Loop
2.2 Die Modellgleichungen
3. Die Ergebnisse
3.1 Die Startwerte
3.2 Die Marktdynamik der Basisvariante G
3.3 Untersuchung der neuen Komponenten des Modells
3.3.1 Vergleich mit dem Standardfinanzmarktmodell
3.3.2 Effekt der opportunistischen Fundamentalnachfrage
3.3.3 Die preisinduzierte Nachfrage mit dem Parameter i
3.3.4 Vergrößerung von i um den Faktor 10
4. Fazit

D. Literaturverzeichnis

A. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Preisanpassungsmechanismus mit Hervorhebung der durch i direkt oder indirekt beeinflussten Faktoren

Abbildung 2: Preisanpassung im Grundmodell G

Abbildung 3: Gewichtung der Marktteilnehmer im Basismodell G

Abbildung 4: Autokorrelation des Basismodells mit Lag 100

Abbildung 5: Histogramm und Punktwolke der Returns im Basismodell

Abbildung 6: Zeitserie der Returns im Basismodell G

Abbildung 7: Vergleich Modell G und Variante b ohne i und Fop

Abbildung 8: Preisunterschiede zwischen G und Variante b ohne i und Fop

Abbildung 9: Ausschnitt der Basisversion G und Variante b zw. 15000. und 16500. Periode

Abbildung 10: Gewichte Marktteilnehmer in Variante b

Abbildung 11: Differenz der Chartisten im Basismodell G und der Variante b: wct-bwct

Abbildung 12: Vergleich Modell G und Variante c mit i und nur Fop

Abbildung 13: Gewichte der Marktteilnehmer in der Variante c

Abbildung 14: Unterschied im Gewicht der Chartisten im Modell G und Variante c absolut (oben) und relativ als Differenz (unten)

Abbildung 15: Vergleich der Varianten b und e

Abbildung 16: Preisunterschied Variante b und e

Abbildung 17: Autokorrelationen der Variante b (links) und Variante e (rechts)

Abbildung 18: Vergleich Basismodell G mit Variante a ohne i aber mit Fop

Abbildung 19: Preisunterschied Basismodell G zu Variante a

Abbildung 20: Unterschied der Gewichtung der Chartisten im Basismodell G und in Variante a (oben) und die Differenz der der Gewichte wct-awct (unten)

Abbildung 21: Preis- und Gewichtungsunterschied Basismodell G zu Variante a (rot) und Preisabweichung G zu a (braun)

Abbildung 22: Vergleich Variante b (grün) und d (magenta)

Abbildung 23: Preisdifferenz der Variante b zu d: bSt-dSt

Abbildung 24: Vergleich der Variante c mit e

Abbildung 25: Differenz der Durchschnitte Variante c zu Variante e: cmeanforfo[t]-emeanforfo[t]..

Abbildung 26: Gewichte der Chartisten in Variante c (blau) zu e (gelb): oben Differenz der Gewichte cwct zu ewct (unten)

Abbildung 27: Vergleich von i und wct (oben) und i und cwct (unten)

Abbildung 28: Verläufe aller Fitnessfunktion des Basismodells G und der Varianten

Abbildung 29: Vergleich Variante c und e mit 10-fachem i

Abbildung 30: Ausschnittsvergrößerung der Preisanpassung Variante c und e im Bereich 2500. bis 4000. Periode (links) mit korrespondierendem i und cwct (rechts)

Abbildung 31: Ausschnittsvergrößerung der Preisanpassung Variante c und e im Bereich 14000. bis 15500. Periode (links) mit korrespondierendem i und cwct (rechts)

Abbildung 32: Vergleich i und cwct mit 10-fach i

Abbildung 33: Basisversion Gohne (oben) und mit 10-fachem i (unten)

B. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

C. Parameterverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

1. Einleitung

„Dieses Kursniveau ist fundamental gerechtfertigt" -unzählige Autoren.

Kommt es zu starken Bewegungen an Aktien oder Rohstoffmärkten, gibt es immer Analysten, die behaupten, die Entwicklung sei „fundamental gerechtfertigt". So kann man z.B. für die, im Frühjahr 2010 immer noch anhaltende Hausse1am Goldmarkt, aus den unterschiedlichsten Bereichen von den unterschiedlichsten Experten erfahren, warum der hohe Goldpreis gerechtfertigt sei.

Das Investmenthaus Craton Capital sieht die niedrigen Goldreserven der Notenbanken, vor allem in Schwellenländern als gering an und daher den Bedarf an Gold hoch. Goldman Sachs sieht dagegen in der lockeren Geldpolitik der US-Notenbank und der damit einher gehendenden Inflationsangst den Hauptgrund für die steigenden Notierungen (FTD, 04.01.2010). Gleiches Kredo findet auch Adam Farthing, Leiter des Metallhandels der Deutschen Bank AG in Asien. Doch nicht nur institutionelle Nachfrage treibt offensichtlich den Goldpreis, auch das steigende Wohlstandsniveau der Chinesen und Inder beeinflusst die Goldnachfrage und damit den Preis. Sogar die anstehende Hochzeitssaison in Indien und das bevorstehende Weihnachtsgeschäft treibe die Kurse, so die Analysten der LBBW im Oktober 2009 (FTD, 07.10.2009). Dabei helfe der Gold-Hausse auch der schwache Dollar, der laut David Barclay, Metall-Analyst bei Standard Chartered, für den Rest des letzten Jahres treibende Kraft zur Stärkung des Goldpreises gewesen sei (FTD, 04.09.2009).

Es scheint also jeder Faktor dafür zu sprechen, dass der Goldpreis immer weiter steigt. Die Rohstoff­experten der Commerzbank allerdings warnen Anfang des Jahres 2010 davor, dass die Metallpreise deutlich stärker gestiegen sind, als es fundamental zu rechtfertigen sei (FTD, 12.01.2010).

All diese Äußerungen und Denkanstöße führen zusammengefasst zu dem Ergebnis, dass die Preisan­stiege fundamental gerechtfertigt sein können - oder auch nicht. Je nach Argumentation, Betrach­tungswinkel und natürlich der Marktlage. So hat das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in seiner Oktoberausgabe im Jahr 2007 noch verkündet, eine Rezession in Deutschland sei unwahr­scheinlich, da das wirtschaftliche Umfeld, trotz Turbulenzen auf einigen Finanzmärkten, günstig und der Arbeitsmarkt und die Binnenkonjunktur in guter Verfassung seien. Fundamental gesehen also beste Voraussetzungen für weiteres, ungebremstes wirtschaftliches Wachstum.

Im Jahre 2010 wird im Nachgang der Finanzmarktkrise (Sub-Prime-Krise) immer noch mit den Turbu­lenzen auf „einigen" Finanzmärkten gekämpft. Es scheint, dass „fundamental gerechtfertigt" ein flie­ßender Begriff ist, der je nach Marktlage interpretiert wird. Die Akteure auf Finanzmärkten scheinen diesen je nach Lage zu definieren und sich danach zu richten.

So „fundamental gesund" die deutsche Volkswirtschaft auch war, sie ist doch in eine, über die Fi­nanzmärkte hinausgehende, Rezession geschlittert. Man hatte das Preisniveau und den positiven Ausblick auf den Finanzmärkten und damit die positive gesamtwirtschaftliche Entwicklung für „fun­damental gerechtfertigt" gehalten.

Psychologische Effekte wie der Herdentrieb, Vertrauen in Märke und der Glaube an „überzeugende Stories" (Shiller 2005: 150ff.) tragen dann ihr übriges dazu bei, dass die hohen (steigenden) Preise das Vertrauen und den Glauben an den realwirtschaftlichen Aufschwung noch bestärken und damit die Leute auch mehr reale Investitionen tätigen (Akerlof 2009: 135) und damit de facto für mehr reale Unternehmensgewinne sorgen. Dies betrifft dann die Realwirtschaft mit dem gesamten Brutto­inlandsprodukt, da das Einkommen, die Konsum- bzw. Investitionsfreude und das Marktvertrauen der Leute beeinflusst werden (Shiller 2005: 70). Dieses, Price-to-Price-Feedback genannte Phäno­men, trägt dazu bei, dass Preisveränderungen in beide Richtung weiter und weiter fortbestehen (Akerlof 2009: 134f.). Den Finanzmärkten kommt damit eine wichtige Rolle als Spiegel der allgemei­nen Wirtschaftserwartung zu (Piel 2003: 23f.).

Die Psychologie, im schwierigeren Marktumfeld mit der der Erkenntnis der, vielleicht doch nicht so „fundamentalen" Gesundheit des Gesamtmarktes, dürfte einen entscheidenden Aspekt bei der Neu­bewertung der Lage gespielt haben, als es zu den Turbulenzen an „einigen" Finanzmärkten kam. So schrieb die Financial Times Deutschland am 16.07.2008, die Angst vor dem Absturz und der Auswei­tung der Kreditkrise habe die Märkte weltweit erschüttert. Ohne, dass sich tatsächliche Veränderun­gen ergeben haben, sind die „fundamentalen" Faktoren durch die Angst neu bewertet worden.

Die aufkommenden Fragen, nämlich was passiert mit der Marktdynamik, wenn sich die Fundamen­talkurse anpassen und wie wirkt sich die preisinduzierte Nachfrage aus, sollen in dieser Arbeit unter­sucht werden. Die Untersuchung beschränkt sich aber auf den Finanzmarkt. Die Interdependenzen zwischen Finanzmärkten und Realwirtschaft sollen nicht näher analysiert werden, da eine ganzheitli­che Untersuchung den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde.

Zur Analyse der aufgeworfenen Fragen nach den alternierenden Fundamentalkursen und der preis­induzierten Nachfrage soll ein simulierter Finanzmarkt entwickelt werden.

Es werden die beiden Themenkomplexe im Vorlauf zu den Modellgleichungen der Simulation näher erläutert. Dazu soll die Problematik bei der Bestimmung des Fundamentalkurses näher betrachtet und das Price-to-Price Feedback vorgestellt werden. Danach werden die Modellgleichungen aufge­stellt und erläutert, die dann in dem simulierten Finanzmarktmodell zum Einsatz kommen. Nach der Definition der Startwerte wird zunächst das Basismodell G definiert, welches die Komponenten der angepassten, opportunistischen Fundamentalnachfrage und der chartistischen Preisinduzierung ent­hält. Zur Analyse und Untersuchung der Wirkungsweise der neuen, hinzugefügten Komponenten wird das Basismodell G mit unterschiedlichen Varianten mit divergierenden Parametersettings vergli­chen. Dazu wird das Basismodell zunächst mit dem Standardfinanzmarktmodell verglichen, welches ohne alternierende Fundamentalnachfrage und preisinduzierter Nachfrage programmiert wurde. Danach wird die Auswirkung angepasster Fundamentalkurse untersucht und abschließend die Preisinduzierung bei der chartistischen Nachfrage betrachtet. Um den Effekt der Preisinduzierung zu akzentuieren, wird in der Schlussbetrachtung die Induzierung mit dem Faktor 10 verstärkt.

Im abschließenden Fazit werden die Ergebnisse zusammengefasst und kritisch bewertet. Mit dem Ausblick auf weitere mögliche Forschungsthemen wird die Arbeit beendet.

2. Das Modell

Das nachfolgend beschriebene Modell soll die stilisierten Fakten von Finanzmärkten, also die Emer- genz von Blasen und Crashs, wechselnde Phasen von vorwiegend chartistisch oder fundamentalis­tisch geprägten Zeiten, „fat tails" usw., abbilden (Westerhoff 2009: 2).

2.1 Theoretische Fundierung

Auf der einen Seite betreiben Anleger technische Analyse, bei der zukünftige Preise aus vergangenen Kursen und Kursformationen abgeleitet werden und bei der der Extrapolation von Trends eine ent­scheidende Rolle zu kommt.

Auf der anderen Seite wird mit der Analyse von kurz- oder mittelfristigen Über- oder Unterbewer­tungen Fundamentalanalyse betrieben. Langfristig wird auf die Reduktion der Fehlpreisung spekuliert und man geht davon aus, dass der Preis dann gegen den, allen Markteilnehmern bekannten, Funda­mentalkurs konvergiert.

Dies wurde in vielen Untersuchungen bestätigt, wobei Westerhoff (2008: 197) die vorliegende empi­rische Literatur zu diesem Thema treffend zusammenfasst und darauf hinweist, dass beide Strategien im kurzfristigen Betrachtungszeitraum gleichwertig benutzt werden können. Prinzipiell wird die Char­tanalyse als kurzfristiger und die Fundamentalanalyse als langfristiger angesehen. Anleger verfolgen je nach Marktlage eine der beiden Strategien (Lui 1998: 536f.). Dabei kann ein und dieselbe Person zwischen der fundamentalen und der technischen Strategie wechseln (Menkhoff 2008: 4).

2.1.1 Bestimmung des Fundamentalkurses

Die Bestimmung des Fundamentalkurses, des „wahren" und fairen Wertes eines Assets, kann aber in der Realität als problematisch angesehen werden.

Durch die Untersuchung der gesamtwirtschaftlichen Lage und der Betrachtung und Berechnung von Kennzahlen kann ein annähernder Wert geschätzt werden. Doch z.B. im Bereich von Aktien werden auch zukünftige Dividenden und Geschäftsentwicklungen in den Kurs eingepreist und bei Rohstoffen zukünftige Verbräuche, Kapazitäten usw. mit ins Preiskalkül einbezogen. Damit ist die sichere Be­stimmung eines gerechtfertigten, „wahren" Fundamentalpreises schwierig bis unmöglich. Auch muss die Möglichkeit fundamentaler Schocks bedacht werden, wie z.B. eine neue Technologie oder be­deutsame Nachrichten, und die damit einhergehende Veränderung des „wahren" bzw. gerechtfertig­ten Fundamentalkurses.

Hommes (2008) konstatiert für echte Märkte, eine große Meinungsverschiedenheit über den „korrek­ten" Fundamentalkurs und daher ist es auch nicht einfach, diesen in einer Trading-Strategie abzubil­den. Zusätzlich werden die Fundamentalisten durch Beschränkungen in den Arbitragemöglichkeiten gehemmt, sehr langlaufende Positionen zu halten. Denn je mehr Anleger sich, bestärkt durch trend­basierten Erfolg, der Chartanalyse verschreiben und damit die Kurse vom Fundamentalkurs wegtrei­ben, umso größer werden die Verluste der Fundamentalisten (Hommes 2008: 52).

Ein weiterer Punkt den es zu bedenken gilt, ist, dass die Fundamentalanalyse im Vergleich zur simple­ren Trendextrapolation aufwändiger und damit teurer ist (Hommes 2008: 16). Dieser Effekt soll nicht explizit quantifiziert werden, kann aber grundsätzliche Erklärungen liefern, warum in realen Kursbla­sen die Chartanalyse zusätzliche Popularität gewinnt. Ähnliche Effekte kann man beim Auftreten fundamentaler Schocks beobachten, bei denen nicht klar ist, wie viel der neuen substanziellen Ver­änderung tatsächlich „gerechtfertigt" ist. Durch die Veränderung der fundamentalen Grundlage tre­ten durch das Momentum auch Chartisten auf den Plan, die zusätzliche, trendextrapolierende Nach­frage generieren (Hommes 2008: 40). Dieses Überschießen der Kurse macht die Bestimmung des neuen „wahren" Fundamentalkurses in realen Märkten noch schwieriger.

Die, schon von Simon (1955) und vielen anderen Autoren festgestellte, begrenzte Rationalität von Marktteilnehmern verschärft das Problem zusätzlich. Lux (2008: 22) geht sogar davon aus, dass die Markteilnehmer neben der begrenzten Rationalität die Preiseffekte ihrer eigenen Handelsaktivität nicht einkalkulieren. Glaubt man der Hypothese effizienter Märkte, müsste der Preis neben den In­formationen aus der Vergangenheit alle, über die Zukunft verfügbaren und relevanten, Informatio­nen reflektieren. Der Marktpreis würde sich nur bei relevanten, neuen Informationen ändern, welche sofort und ohne zusätzlichen Arbitragemöglichkeiten eingepreist werden würden (Malkiel 2010: 2).

Da lange an diese Hypothese geglaubt wurde (He 1999: 2), ist es für die Fundamentalisten in realen Märkten noch schwieriger zwischen Überschießen und richtiger Einpreisung zukünftiger Ertragschan­cen zu unterscheiden. Es liegt nahe anzunehmen, dass sich zumindest ein Teil der Fundamentalisten ihrerseits am aktuellen Marktpreis orientieren und das Überschießen des Preises durch die Neuigkei­ten, zumindest in Teilen, als gerechtfertigt angesehen wird. Je länger eine Über- oder Unterbewer­tung anhält umso wahrscheinlicher ist dann die Beeinflussung des angepassten Fundamentalkurses.

2.1.2 Feedback-Loop

Die im vorherigen Abschnitt beschriebenen Effekte der durch die Preisänderung induzierten, chartis- tischen Folgeaufträge, können als Feedback-Loop oder Price-to-Price Feedback bezeichnet werden (Shiller 2005: 56).

Wie schon in der Einleitung beschrieben, führt dabei die Initialpreissteigerung zu weiterer Nachfrage und diese steigenden Preise führen zu mehr Investoren-Enthusiasmus, welcher die Nachfrage nach dem bestimmten Wertpapier erneut steigen lässt (Shiller 205: 68-70). Dadurch, dass mehr Investo­ren kaufen, steigt der Kurs und der Glaube an weitere steigende Notierungen nimmt zu. Durch den Erfolg anderer werden immer mehr Investoren von der „Story" (Shiller 2005: 167) überzeugt. Dabei spielt die Zuversicht des Anlegers eine wichtige Rolle und das positive Feedback fördert das Vertrau­en in die Investition und steigert weiter den Optimismus (Shiller 2000: 49-52).Die auftretende „bubble expectation", also die Wahrnehmung des Aufwärtstrends und das spekulative Kaufen vor dem Platzen der Blase ist dabei ein wichtiger Indikator (Shiller 2000: 49).

Je nach vorherrschender Meinung treten unterschiedliche Phasen am Markt auf. In fundamental dominierten Phasen ist der Kurs näher am Fundamentalkurs und Blasen entstehen mit der mehrheit­lichen Hinwendung zur Charttechnik (Lux 2008: 37).

Zusätzlich hat Rangvid (2009: 4) in einer empirischen Untersuchung festgestellt, dass Kursvorhersa­gen professioneller Analysten durch die Performance des jeweiligen Wertpapiers oder Index positiv bzw. negativ beeinflusst sind. Hier kann man die Vorhersagen der professionellen Marktteilnehmer spiegelbildlich für die Beeinflussbarkeit der Masse aller Finanzmarktakteure durch die Performance sehen. Dabei sollte von professionellen Marktteilnehmern ein rationaleres Verhalten erwartet wer­den können. Wenn sich die berufsmäßigen Trader von der jeweiligen Marktlage emotional beeinflus­sen lassen, kann man dies für „normale" Investoren auch annehmen. Wie Krugmann (2009: 61f.) feststellt, ist es selbst für weitsichtige Investoren schwer, dem mitreißenden Momentum zu wider­stehen und die lange Frist im Fokus zu halten und zuzusehen wie andere reich und reicher werden.

Dadurch verstärken sich der allgemeine Optimismus und das Vertrauen weiter, die Investoren glau­ben noch fester an die „Story" und werden durch das Feedback-Loop weiter bestärkt. Der erwartete Preisanstieg wird selbsterfüllend (Malkiel 2010: 3). Das Price-to-Price Feedback ist dabei sicherlich nicht der allein ausschlaggebende Faktor für das Auftreten von Blasen, kann diese aber verstärken (Akerlof 2009: 134f.).

Welchen Effekt dies auf die Wahrnehmung des „wahren" Fundamentalkurses hat, wurde bisher nicht explizit untersucht. Die fundamentalen Investoren auf realen Märkten dürften aber durch solche Entwicklungen beeinflussbar sein. Dieser Preismechanismus funktioniert aber nur, solange die Inves­toren von weiteren Preisanstiegen überzeugt sind. Der Preisanstieg kann nicht für immer andauern (Shiller 2005: 70ff.).

Die Internet-Blase um das Jahr 2000, um ein Beispiel zu nennen, kann nicht ausschließlich auf die positiven Feedback-Effekte zurückgeführt werden. Damals wurde die Internettechnologie als revolu­tionäre Technologie mit der Möglichkeit neuer Geschäftsfelder gefeiert. Durch die starken Kursan­stiege wuchs der Glaube an die Technologie und das Marktumfeld (Malkiel 2010: 11). Der extreme Optimismus fußte auf dem hohen Profitpotential, das die neue Technologie versprach und alte Wachstumsbeschränkungen außer Kraft zu setzen schien. Zusätzlich schwang ein Gefühl der ökono­mischen Sicherheit mit, da die letzten Rezessionen, auch dank geschickter Geldpolitik, allesamt glimpflich abgewendet werden konnten (Krugmann 2009:139-146).

Natürlich sind die Effekte, die zum Auftreten von Blasen führen, vielschichtiger. Die tiefere Psycholo­gie dieser soll jedoch nicht Gegenstand der Arbeit sein. Wichtig ist festzuhalten, dass der Herdentrieb und die soziale Interaktion, also der Austausch von Informationen und die Nachahmung anderer, ein wichtiges Phänomen auf Finanzmärkten im Generellen ist, und in überschwänglichen Haussen (Bais­sen2) besonders zum Vorschein kommt (Shiller 2005: 157-161). Das preisinduzierte Feedback funkti­oniert dabei nicht nur in die positive, sondern auch in die negative Richtung.

In der Gegenbewegung, also beim Kollaps von Blasen, ist eine Verschiebung der chartistischen Mehr­heit zur Fundamentalanalyse zu beobachten (Lux 2008: 37). Nach dem Platzen der Blase kann es dann wieder zur Trendextrapolation in die Gegenrichtung kommen. Dieser Effekt dürfte im Modell­rahmen größer sein, da es keine Shortselling-Restriktionen und Shorthandelsbarrieren gibt, die in realen Märkten durchaus bestehen. Dabei existieren direkte Verbote, wie die, die z.B. in den USA oder in U.K. im Zuge der Finanzkrise 2008 angewandt wurden, oder Restriktionen, die für eine er­schwerte Handelbarkeit sorgen (Hansson 2009: 1).

Durch diese Restriktionen, die aber nicht nur in der Finanzkrise erschaffen wurden, ist es teurer und schwieriger „short"3zu gehen als „long"4(Au et al 2009: 6f.). Das plötzliche Platzen von Blasen und die meist folgenden, starken Kursrückgänge dürften also nicht nur auf die dann einsetzenden, ver­mehrten Short-Spekulationen (Brady et al 1988: VI-79) zurückzuführen sein, sondern auch auf psy­chologisch motivierte Verkaufsorders (Shiller 2005: 99f.) und technische Faktoren, wie Auslösung von Stopp-Orders5(Galbraith 2005: 140) und das Fehlen von Anschlussorders (Brady et al 1988: 40). Dabei sollte man sich bewusst machen, dass aufkommender Verkaufsdruck auf realen Märkten mehr im Sinne von „Verkaufen vorher gehaltener Aktien", denn im Sinne von Shortselling, bei dem die Aktien geliehen werden und nicht vorher gehalten wurden, zu verstehen ist.

Durch stark fallende Kurse kann so starker Verkaufsdruck erzeugt werden, das sogar irrationale Angst ausgelöst werden kann, die weit über das Maß der gefühlt notwendigen Korrektur hinausgeht und auch, wie in der Einleitung beschrieben, die Gesamtvolkswirtschaft betreffen kann (Akerlof 2009: 67f.). Shiller (2008) sieht diese These in der aktuellen Subprime-Krise bestätigt. Diese aktuelle Krise, wie auch die Große Depression in den 30er Jahren, hat mehr bewirkt, als nur den Zusammenbruch von Unternehmen. Es hat das Vertrauen in den Markt als Ganzes erschüttert (Shiller 2008: 172) und Kollateralschäden auf allen gesellschaftlichen Ebenen verursacht (Shiller 2008: 20).

Die Finanzmarktteilnehmer scheinen im Allgemeinen interaktiv von der jeweiligen Mehrheit beein­flusst zu sein (Lux 2008: 36). Bei Crashs im Modellrahmen durch „Shorthandelssituationen", in realen Baisse-Märkten durch pessimistischere Ausblicke, Verkaufsdruck und der Rückbesinnung zur Funda­mentalanalyse. Wie oben schon beschrieben hängen Kursvorhersagen und Investitionstätigkeit im­mer von der aktuellen, auch emotionalen, Marktlage ab.

Die weitergehenden psychologischen Effekte sollen hier aber nicht im Fokus stehen. Es gilt festzuhal­ten, dass durch negatives Sentiment und Herdentrieb eine Beeinflussung der Marktteilnehmer auch in negativer Richtung stattfindet.

2.2 Die Modellgleichungen

Um diesen komplexen Sachverhalt untersuchen zu können, soll im nachfolgenden Modell versucht werden, die stilisierten Fakten abzubilden und die Effekte des Price-to-Price-Feedbacks, sowie die Effekte sich anpassender Fundamentalkurse einzubeziehen.

Dabei steht die Preisanpassung auf einem unregulierten, spekulativen Markt im Fokus, welcher di­verse, handelbare Wertpapiere oder Derivate abbilden kann. Vorstellbar wäre hier für ersteren Fall z.B. ein Aktienmarkt und im zweiten Fall das Geschäft mit Rohstoffen im spekulativen Sinne.

2.2.1 Preisanpassung

Der Preisanpassungsmechanismus sieht wie folgt aus:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

St steht für den logarithmischen Preis des Wertpapiers zum jeweils indizierten Zeitpunkt t. Der Preis der nächsten Periode hängt vom Preis der aktuellen Periode und den Preisanpassungsmechanismen ab.

Die Preisanpassung setzt sich zusammen aus den folgenden Parametern:

-a, einem positiven Reaktionsparameter,
-w, der jeweiligen Gewichtung der Nachfrage D,
-D, der Nachfrage der zwei Tradertypen Chartisten (Index C) und Fundamentalisten (Index F) und - dem Störparameter £.

Auf Grund der simplen Repräsentation eines realen Finanzmarktes wird der Störparameter £ addiert, der einen gewissen Teil „noise error" abdecken soll. £ ist normalverteilt mit £ ~ N(0, St) .

Bei einer positiven Überschussnachfrage der Preisanpassung steigt der Preis in der nächsten Periode, bei einer negativen sinkt der Preis entsprechend. Im Modellrahmen gibt es keine Short-Selling Be- Schränkungen oder Limitierungen bei Kauf- oder Verkaufsorders. Diese Formulierung der Preisanpas­sung kann u.a. bei He (2005:5) und Westerhoff (2008:198) gefunden werden.

2.2.2 Nachfrage der Chartisten

Die Nachfragefunktion der Chartisten Dtc wird wie folgt definiert: (2)

Im vorderen Teil der Gleichung ist zu sehen, dass die Nachfrage der Chartisten auf der Extrapolation von Trends fußt. Hier wird der Trend aus dem Preis der Vergangenheit St.2 mit dem jetzigen Preis St mittels Subtraktion verglichen. Ist der Preistrend positiv, führt dies zu einer positiven Nachfrage (Kauf) der Chartisten und entsprechend zu negativer Nachfrage (Verkauf bzw. Shortselling) bei einem negativen Trend. Dies wird zudem durch den Reaktionsparameter ac beeinflusst. Im Modellrahmen stellen „long" und „short" zwei exakt gleichwertige Alternativen dar, da es, wie schon beschrieben, keine Shorthandels-Restriktionen gibt.

Die empirische Evidenz für die trendextrapolative Art der Nachfragegenerierung wurde von vielen Autoren belegt, u.a. von Murphy (2004) und diese Art der Formulierung für die charttechnische Nachfrage wurde von vielen Autoren genutzt, u.a. von Westerhoff (2009: 7) und deGrauwe (2007: 6).

Der Parameter it soll hier neu eingeführt werden und die bestehende Formel erweitern. Er soll die preisinduzierte Komponente bei der chartistischen Nachfrage darstellen. Die Idee ist, dass durch verstärktes Auftreten von trendfortschreibender Nachfrage, die Preise weiter steigen und ein wach­sendes Interesse weitere Nachfrage generiert. Durch diese weitere Nachfrage werden die Preisstei­gerungen selbsterfüllend. Da durch soziale Interaktion die handelnden Individuen beeinflusst wer­den, kann die Nachfrage überproportional (in beide Richtungen) steigen. Konträr dazu ist die Nach­frage bei stark übergewichteter Fundamentalnachfrage deutlich geringer, als es die „Standardnach­frage" vorhersagen würde.

Der Parameter it soll mit Hilfe der Exponentialfunktion ex dargestellt werden, da diese in den Wirt­schaftswissenschaften oft für Wachstumsprozesse benutzt wird. Diese Standardvorgehensweise soll auch hier angewandt werden. Die Besonderheit der Exp-Funktion liegt darin, dass sie beim Funkti­onswert 0 die 1 als Ergebnis hat. Diese ist bei einer multiplikativen Verknüpfung ergebnisneutral. Sinkt der Funktionswert unter 0, nimmt das Ergebnis ab, bleibt aber positiv (nähert sich asymptotisch der Null an). Da die Funktionswerte im Modell den Bereich -1 und +1 nicht überschreiten können, eignet sich die Modellierung mit der Exponentialfunktion hervorragend um den zusätzlich induzier­ten Wachstumsprozess zu beschreiben.

Dabei ist wichtig, dass i nur regulatorisch eingreift und nicht die Nachfragerichtung verändert.

Der Parameter it soll folgendermaßen definiert werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Dabei ist der Parameter i für die positiven und negativen Bereiche gleich definiert, der Platzhalter ig kann aber unterschiedliche Ausprägungen annehmen. Deswegen wurde der Faktor i explizit für den positiven und den negativen Bereich definiert. Dabei bemisst sich ig nach der jeweiligen Differenz der Handelsstrategiegewichtungen und ist wie folgt definiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die beiden Gewichte witc und witF sind die Gewichtungen wt der Preisanpassung um eine Zeitperiode t-1 nach hinten versetzt. Zur besseren Übersichtlichkeit und zur Vermeidung von Verwechslungen wird die Notation in dieser Weise eingeführt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Gewichte wtc und wtF werden im weiteren Verlauf der Arbeit noch genauer definiert.

Weil es sich bei dem Parameter i um einen Verhaltensparameter handelt und die soziale Interaktion einkalkuliert werden soll, kommt der Gewichtung in der Vorperiode eine wichtige Rolle zu. Da das Gewicht die Mehrheitsverhältnisse abbildet, diese aber (vom Anleger) nur ex-post festgestellt wer­den können, orientieren sich die Anleger zusätzlich zu den anderen genannten Faktoren in der Preis­anpassungsfunktion auch daran, welches Gewicht die Mehrheit in der Vorperiode hatte.

Durch die Differenz der Gewichtung, die niemals die 100% bzw. die 1.0 überschreiten kann, wird das Verhältnis von Chartisten zu Fundamentalisten klar. Im Falle eines chartistischen Übergewichts zieht dies weitere Nachfrage nach sich, da sich der Faktor i für positive Werte im Bereich +1 bis +» 2,72 bewegt. Durch die Subtraktion wäre der Nullpunkt der Funktion bei einer Gleichgewichtung beider Handelsstrategien der Fundamentalisten und Chartisten bei je ein Halb. Damit wäre der Preisindukti­onsparameter i = 1, da sich mit ig = 0 in der Exp-Funktion ein Wert von 1 ergibt. Ist das Gewicht der Fundamentalisten entsprechend groß, negiert sich der Wert von ig und reduziert analog die Nachfra­ge der Chartisten zusätzlich und zwar in den Bereich unter null der Exponentialfunktion. Dadurch kann die chartistische Nachfrage mit dem entsprechenden Faktor, bis auf den minimalst möglichen Funktionswert von Exp[-1] = 0,37 der ursprünglichen „blanken" Nachfrage, sinken.

Die veränderte Nachfrage betrifft aber nicht nur die aktuelle Periode. Wie später genauer definiert wird, hat die Nachfrage auch noch weiteren Einfluss auf die Fitness-Funktion Kxt und damit wieder auf die Gewichtung wxt (Gleichungskomplex 5). Damit spielt die Veränderung der Nachfrage eine deutliche, über mehrere Perioden spürbare Rolle. Hier gilt es zu beachten, dass durch den „Timelag" von einer Periode bei der Bestimmung der Mehrheitsverhältnisse, die Nachfrage auch immer durch die Entwicklung der letzten, vorletzten und vorvorletzten Periode beeinflusst ist. Dies soll in folgen­der Abbildung 1 verdeutlicht werden, auf der die von i direkt oder indirekt beeinflussten Faktoren hervorgehoben sind. Zur Vereinfachung wurden alle sonstigen, zur Preisanpassung notwendigen Mechanismen unter „sonstige Faktoren" zusammengefasst. Dabei soll die exemplarische Zeitstruktur fortlaufend bei St beginnen. Die jeweils zur Zeitphase gehörenden Werte sind mit jeweils einer ande­ren Farbe durchgängig gekennzeichnet.

2.2.3 Nachfrage der Fundamentalisten

Wie eingangs beschrieben, versuchen die Fundamentalisten kurz- und mittelfristige Fehlpreisungen auszunutzen, in der Überzeugung, der Preis tendiert langfristig gegen den jeweiligen Fundamental­kurs. Die Nachfrage der Fundamentalisten wird wie folgt formalisiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die fundamentale Nachfrage teilt sich in zwei Hälften auf und wird durch die Abweichung des jewei­ligen Fundamentalkurses Ft* bzw. Ft0P vom aktuellen Assetpreis St determiniert und mit dem positi­ven Reaktionsparameter d multipliziert. Zur leichteren Unterscheidung wird im Folgenden bei ers­tem Teil (Ft*-St) von der ersten Gruppe Fundamentalanleger und beim zweiten Teil (Ft0p-St) entspre­chend von der zweiten Gruppe von Fundamentalanlegern gesprochen.

Die erste Gruppe kann man als „Standardfundamentaltrader" oder „normale" Fundamentalisten bezeichnen, da die Funktion ihrer Nachfrage in vielen Modellen exakt oder sehr ähnlich in der Form zu finden ist, u.a. in Westerhoff (2008: 198), deGrauwe (2005: 128). Bei der zweiten Gruppe handelt es sich um „opportunistische Fundamentalisten", die neu eingeführt werden sollen.

Da der Modellrahmen zwei Varianten des Fundamentalkurses vorsieht, wird zunächst der fixe, allen Marktteilnehmern bekannte, Fundamentalkurs F* definiert, als:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Fundamentalkurs F* pendelt um den Startwert, wobei £* die Eintrittswahrscheinlichkeit für normalverteilte Schocks darstellt mit £ *~ N(0,öt*). Diese Schocks sollen kleine Wahrnehmungsfeh­ler darstellen und die perfekte Modellwelt zumindest in kleinen Teilen stören.

Der zweite Fundamentalkurs, der der „Opportunisten", wird definiert als:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die Grundkonzeption sieht vor, dass sich der wahrgenommene Fundamentalkurs, an dem die Oppor­tunisten ihre Tradingstrategie ausrichten, an die Marktgegebenheiten anpassen kann.

Der Kurs Ftop passt sich immer dann einem Durchschnittswert der letzten 200 Preisfeststellungen an, wenn die aktuelle Periode t ohne Rest durch 100 teilbar ist - also jede 100. Periode. Für die anderen Zeitschritte bleibt der opportunistische Fundamentalkurs für die nächsten 99 Perioden konstant auf dem Niveau des meant und verändert sich erst wieder bei obiger Bedingung der Teilbarkeit durch 100. Meant ist definiert als: (4.3)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bei der Summation ist zu beachten, dass durch die Konstruktion der Summe die Periode „Null" mit­gezählt wird und dadurch jeweils bis zur Periode t+199 aufsummiert wird, dies aber je 200 Beobach­tungen darstellt.

Die Opportunisten passen zwar „ihren" Fundamentalkurs in höherer Frequenz an, nämlich mit jeder 100. Periode - kalkulieren aber den längerfristigen Durchschnitt der letzten 200 Perioden ein. Durch diese Betrachtung der letzten 200 Werte „hängt" der Durchschnitt dem Markt ein bisschen hinterher und die Anpassung an die aktuelle Preisveränderung verläuft langsamer und überlappend mit den jeweils letzten opportunistischen Fundamentalkursen. Diese Argumentation dürfte für reale Märkte zutreffend sein, da durch die Betrachtung des längeren Zeitraumes die Preisentwicklung besser er­fasst und nachhaltiger ist. Wie im Rahmen der Funktion des Feedback-Loops beschrieben wurde, passen auch professionelle Analysten ihre Vorhersagen dem Markt an, und daher ist davon auszuge­hen, dass mit den Preisen bzw. Preistrends auch die Fundamentalkurse revidiert werden. Aber eben, da Fundamentalkurse eher den längerfristigen Horizont abbilden, auch entsprechend verzögerter. Die Überlappung der jeweiligen Kurse dürfte deshalb auch nicht unrealistisch sein, da dann zum Teil vom Markt schon akzeptierte „Informationen" in die Berechnung des opportunistischen Fundamen­talkurses aufgenommen werden.

2.2.4 Die Gewichtungsfunktionen

Nachdem die jeweiligen Nachfragen Dt definiert wurden, müssen nun die Gewichtungsfunktionen wtc und wt definiert werden, haben diese doch durch die multiplikative Verknüpfung mit der Nachfrage einen maßgeblichen Einfluss auf die Preisanpassung. Zunächst wird das Gewicht der Chartisten wtc in Anlehnung an Westerhoff (2006: 7) in Kombination mit deGrauwe (2005: 130) definiert, als:

Das Gewicht der technischen Strategie definiert sich als anteilige Profitabilität der letzten Periode an der Gesamtprofitabilität aller Strategien in Kombination mit einer Risikoadjustierungskomponente. Dazu wird die Fitnessfunktion der Chartisten Ktc mit dem Rationalitätsparameter g multipliziert. Der Parameter g > 0 justiert die Rationalität der Anleger und es gilt: je größer g, umso besser diskrimi­nieren die Anleger zwischen den Strategien und wechseln umso schneller in die Profitablere.

Bei g = wären die Anleger perfekt rational und würden sofort und bei kleinsten Profitabilitätsun- terschieden die Strategie wechseln, während sie für g = 0 ohne Beachtung der Profitabilität je zur Hälfte die fundamentale und die charttechnische Strategie verfolgen würden.

Mit dem Multiplikator wird in Anlehnung an deGrauwes Risikoadjustierung der vordere Term noch mit einer Risikokomponente „nachjustiert". Dabei ist der Risikowahrnehmungsparameter z > 0 mit einem negativen Vorzeichen versehen, da das Risiko der Chartanalyse mit größeren z-Werten immer stärker wahrgenommen wird und dadurch das Gewicht auf Kosten der Fundamentalanalyse entspre­chend reduziert wird. Für Werte von z=0 wäre die Risikowahrnehmung mit dem Multiplikator e0=l ergebnisneutral und die Verzerrung würde keine Rolle spielen.

Der Logik der Standardfundamentalisten folgend, wird die Abweichung vom Fundamentalkurs, mit dem Hintergrund der langfristigen Konvergenz, als Risiko bzw. als Opportunitätskosten des Chartistendaseins gesehen. Als Maßstab soll hier die Varianz der Verzerrung vom, allen Marktteil­nehmern bekannten, Fundamentalkurs Ft* zum Assetpreis St dienen. Abweichend zu deGrauwe wird allerdings der Reaktionsparameter der Fundamentalisten als Maßstab zur theoretischen Preisanpas­sung zusätzlich mit ins Kalkül gezogen.

In dieser Arbeit soll die Risikoadjustierung in die Gewichtungsfunktion aufgenommen werden, aber nicht der eigentliche Gegenstand der Untersuchung werden. Die Risikowahrnehmung im Allgemei­nen stellt aber einen wichtigen Faktor dar und sollte einkalkuliert werden. Wie beispielsweise Piel (2003: 64ff.) festgestellt hat, war die Risikowahrnehmung in der Blase des Neuen Marktes um die Jahrtausendwende in den Hintergrund gerückt und damit wurden die Kursübertreibungen weiter begünstigt.

[...]


1Hausse: Börsenbegriff für nachhaltig steigende Kurse - meist in allen Marktsegmenten (Börsenlexikon der Deutsche Börse AG 2007: 91).

2Baisse: Börsenbegriff für nachhaltig fallende Kurse - meist in allen Marktsegmenten (Börsenlexikon der Deut­sche Börse AG 2007: 20).

3short: Börsenbegriff für eine Anlagesituation, bei der der Anleger Wertpapiere verkauft, die er noch nicht besitzt, mit der Absicht diese zu einem späteren Zeitpunkt günstig einzukaufen (Börsenlexikon der Deutsche Börse AG 2007:154).

4long: Börsenbegriff für eine Anlagesituation, bei der der Anleger Wertpapiere besitzt und mit steigenden Kursen rechnet (Börsenlexikon der Deutsche Börse AG 2007:120)

5Stopp-Orders: Börsenbegriff für Verkaufsorders, die ab einem bestimmten Preis zum nächstmöglichen Kursni­veau ausgeführt werden (Börsenlexikon der Deutsche Börse AG 2007:158)

Ende der Leseprobe aus 63 Seiten

Details

Titel
Starre und alternierende Fundamentalkurse im Rahmen preisinduzierter Preisanpassung
Hochschule
Otto-Friedrich-Universität Bamberg
Note
2,7
Autor
Jahr
2010
Seiten
63
Katalognummer
V153251
ISBN (eBook)
9783640655540
ISBN (Buch)
9783640656226
Dateigröße
2472 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Abschlussarbeit über die Effekte sich anpassender Fundamentalkurse und selbstentstehende Preiseffekte. Die Note 2,7 wurde auf Grund der zu großen zufallsgetriebenen Preisanpassungskomponente gegeben.
Schlagworte
Fundamentalkurs, Preisinduktion, preisinduzierte Preisanpassung, alternierende Fundamentalkurse, Anpassung Fundamentalkurse, Herdentrieb, simulierter Finanzmarkt, Price-to-price Feedback, sich verändernde Fundamentalkurse
Arbeit zitieren
Simon Martin (Autor:in), 2010, Starre und alternierende Fundamentalkurse im Rahmen preisinduzierter Preisanpassung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153251

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