Effekte des Emissionshandels auf die Finanzmärkte - Chancen, Risiken, Produktinnovationen


Seminararbeit, 2009

24 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Das Emissionshandelssystem
2.1 Funktionsweise
2.2 Ziele
2.3 Risiken für Unternehmen
2.4 Handelsvolumina
2.5 Projektbasierte Mechanismen

3 Einflüsse des Emissionshandels auf der Unternehmensebene
3.1 Cash-Flow
3.2 Strategische Ansätze
3.3 Technologische Anforderungen
3.4 Bisherige Unternehmenserfahrungen

4 Auswirkungen des Emissionshandels auf die Finanzmärkte
4.1 Risikobeurteilung als Voraussetzung
4.2 Bankensektor
4.2.1 Projektfinanzierung
4.2.2 Investment Banking
4.2.3 Innovatives Hedging
4.3 Versicherungsbranche
4.4 Dienstleistungsgewerbe
4.4.1 Beratung
4.4.2 Zertifizierung

5 Ausblick

1 Einleitung

Die Veränderung des globalen Klimas und damit einhergehende Folgen durch extreme Wetterlagen sind in der heutigen Zeit unbestreitbar. Internationale klimapolitische Instrumente, die dem Klimawandel entgegen steuern sollen, sind dadurch adäquate und auch notwendige Mittel. Auf europäischer Ebene ist das Kyoto-Protokoll eines der bedeutendsten Vereinbarungen der letzten Jahre im Hinblick auf die Minderung der globalen Erderwärmung.

Seit Jahresbeginn 2005 ist der dem Kyoto-Protokoll zu Grunde liegende Emissionshandel im Gange. Obwohl es nicht das erste Emissionshandelssystem weltweit ist – Vorreiter gibt es bspw. in den USA mit dem SO2- und dem NOX-Handelssystem, in kleinerem Umfang aber auch unternehmensintern wie bei BP[1] -, so bringt er für die direkt und indirekt betroffenen Unternehmen dennoch bedeutende Änderungen mit sich und begründet für die Unternehmen vielfach Handlungsbedarf.

Im Vorfeld und seit Einführung des EU-Emissionshandels gab es einige Veröffentlichungen zu dieser Thematik. Diese beschäftigen sich jedoch überwiegend mit volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten des Handelssystems einhergehend mit Modellen zu Zertifikatepreisprognosen,[2] dem Vergleich von Kyoto-Instrumenten mit denen der US-Handelssysteme[3] oder politischen Fragestellungen.[4]

Diese Arbeit hingegen befasst sich nach einer einführenden Beschreibung des Emissionshandelssystem überwiegend mit den bisher kaum thematisierten Auswirkungen desselben auf die Unternehmen des Finanzsektors. Die lediglich über ihre Kunden, Kredit- und Versicherungsnehmer indirekte Betroffenheit der Finanzmärkte mit den neuen Regelungen und Möglichkeiten sollte nicht unterschätzt werden. Erörtert wird der bestehende Anpassungsbedarf an bestehenden Produkten, zudem werden in diesem Aufsatz Möglichkeiten zu neuen Produktentwicklungen theoretisch und auch an Hand von praktischen Beispielen aufgezeigt. In der Literatur hierzu vorhandene Hinweise werden aufgegriffen und weiter entwickelt. Soweit möglich, wird auf bereits eingeführte neue Produkte einzelner Finanzinstitute hingewiesen, wobei jedoch auf Grund des noch jungen Emissionsmarktes seitens der Finanzbranche weitgehend mit Zurückhaltung agiert wird und zudem nur zurückhaltend Informationen veröffentlicht werden. Ebenso werden Unternehmensbefragungen innerhalb des Finanzsektors aufgegriffen.

Ziel der Arbeit ist es, aufzuzeigen, dass die Relevanz des CO2-Emissionshandels sich nicht auf die unmittelbar gesetzlich betroffenen Unternehmen beschränkt, sondern sich überdies auch auf die Finanzmärkte erstreckt. Konkret sollen ein Bewusstsein für die Entwicklung innovativer Finanzprodukte geschaffen und Anregungen zur Partizipation an der Erreichung von Klimaschutzzielen gegeben werden.

2 Das Emissionshandelssystem

Die Grundlage des Emissionshandels wurde auf der Konferenz von Kyoto gelegt. In einem Protokoll[5] haben sich die Industriestaaten zur Reduktion ihrer CO2-Emissionen um 5,2% im Zeitraum 2008 bis 2012 verpflichtet. Als Vergleichsbasis wurde die Emissionsmenge des Jahres 1990 festgelegt.

2.1 Funktionsweise

Die direkte Wirkung des Emissionshandelssystems entfaltet sich zunächst nur auf emissionsintensive Branchen, die einen festgelegten Grenzwert an Emissionen überschreiten, u.a. die Anlagen- und Energiewirtschaft, Eisen- und Stahlverarbeitung sowie die Papier-/Zellstoffindustrie.[6] Die darunter fallenden Unternehmen erhalten zunächst eine bestimmte Menge an Emissionsberechtigungen kostenlos zugeteilt. Diese werden benötigt, um Emissionen ausstoßen zu dürfen. Überschreitet ein Unternehmen die durch die zugeteilten Zertifikate abgedeckten jährlichen Emissionen, muss es weitere Zertifikate auf dem Emissionshandelsmarkt zukaufen. Behält das Unternehmen einen Überschuss an Zertifikaten auf Grund von niedrigen Emissionen, kann es diesen Überschuss auf dem Zertifikatemarkt verkaufen.[7]

2.2 Ziele

Zielsetzung ist, einen freien Handel für Emissionszertifikate herzustellen, an dem auch Unternehmen und Privatpersonen beteiligt sind, die nicht den im Ursprung direkt betroffenen Branchen angehören. Durch private Vermittler, Handelsplattformen und Börsen können Käufer und Verkäufer von Zertifikaten miteinander in Kontakt treten. Das Ziel eines liquiden Zertifikatemarktes liegt letztendlich in der Minderung von Emissionen, indem u.a. Unternehmen zur Investition in Emissionsminderungstechnologien und -projekte angeregt werden.[8]

2.3 Risiken für Unternehmen

Durch die Einführung des Emissionshandels entstehen für Unternehmen Risiken auf verschiedenen Ebenen.

Zunächst sehen sich die direkt betroffenen Unternehmen der emissionsintensiven Branchen der Gefahr einer Unterdeckung an Emissionsberechtigungen ausgesetzt, soweit ihre Emissionen den Bestand an Berechtigungen überschreitet. Sie sind dann zum Zukauf von Emissionen am freien Markt gezwungen, der nicht unerhebliche Kosten verursachen kann.

Des Weiteren riskieren diese Unternehmen die Verhängung von Bußgeldern, wenn sie nicht über die ihrer Emissionsmenge entsprechenden erforderliche Menge an Zertifikaten verfügen; die Bußgelder liegen zwischen 40 Euro pro Tonne CO2-Äquivalente in den Jahren 2005-2007 und 100 Euro im Zeitraum 2008-2012.[9]

Aber auch für indirekt betroffene Unternehmen, die durch ihre Tätigkeit keine Emissionen ausstoßen, entstehen Risiken. Fremdkapitalgebern wie Banken, deren Kreditnehmer der Gefahr genannter Bußgelder sowie der Notwendigkeit zur Investition in emissionsärmere Technologie ausgesetzt sind, entsteht ein neues Kreditrisiko. Die Anschaffung neuer Anlagen hat direkten Einfluss auf die Liquidität von Unternehmen und sorgt für weiteren Bedarf an Kapital.[10]

Voraussetzung für eine angemessene Risikoabschätzung ist ein funktionierender Zertifikatehandel. Ein liquider Markt bewirkt eine kalkulierbare Einschätzung über mögliche Zertifikatspreise und verringert damit die Gefahren steigender Preise für den ggf. notwendigen Zukauf von Zertifikaten.

2.4 Handelsvolumina

Ein hohes Marktvolumen an Emissionszertifikaten ist mithin obligatorisch für einen funktionierenden Markt. Des Weiteren entwickelt sich erst durch einen liquiden Markt neue Geschäftsfelder und Produkte auf den Finanzmärkten.[11]

Nach Einführung des Emissionshandels wurde seitens der Unternehmen zunächst mit Zurückhaltung agiert. Laut Marktuntersuchungen waren zu Beginn der ersten Handelsphase im deutschen Emissionshandelsmarkt lediglich zwischen etwa 20 und 50 Prozent der deutschen Unternehmen am Markt tätig; es wurde zunächst abgewartet, wie der Markt sich entwickele und untersucht, inwieweit das eigene Unternehmen sich am Markt beteiligen solle.[12]

Auf dem europäischen Markt existieren derzeit rund 12000 Konten zum Handel mit Emissionszertifikaten.[13] Im Folgenden sollen die historischen Handelsvolumina grafisch dargestellt werden. Um Vergleichbarkeit herzustellen, werden exemplarisch nur die auf dem Spotmarkt der European Energy Exchange (EEX) gehandelten CO2-Zertifikate im Zeitraum 2. Quartal 2005 bis 4. Quartal 2006 betrachtet.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenSSchaubild 1: Handelsvolumina von CO2-Zertifikaten am Spotmarkt der EEX[14]

Das Schaubild verdeutlicht die starke Zunahme der Handelsvolumina. Zwischen dem 2. Quartal 2005 und dem 4. Quartal 2006 ist eine Steigerung um über 550% festzustellen. Lediglich das 3. Quartal weist einen Rückgang auf, der auf die überraschende Nachricht der Überdeckung an Zertifikaten und damit einem starken Preisrückgang zurückzuführen war, in dessen Folge mit Handelszurückhaltung reagiert wurde.[15] Im Jahre 2005 wurden Emissionszertifikate im Wert von 8,2 Milliarden US-Dollar an den Börsen insgesamt gehandelt, im 1. Quartal 2006 alleine 6,6 Milliarden US-Dollar.[16]

Die beträchtlichen und ansteigenden Handelsvolumina und –werte zeigen die Bedeutung des Handels mit Emissionszertifikaten auf und verdeutlichen, welche Rolle der Markt für Wirtschaft und Finanzmärkte spielt.

2.5 Projektbasierte Mechanismen

Neben dem beschriebenen Emissionshandel im engeren Sinne existieren auf der Grundlage des Kyoto-Protokolls weitere Instrumente, die sich auf emissionsmindernde Projekte beziehen: Das Programm „Joint Implementation“ (JI) erlaubt Unternehmen durch Investitionen in Umweltschutzprojekte in anderen am Kyoto-Protokoll beteiligten Staaten Emissionsberechtigungen zugeteilt zu bekommen, welche dann zur Verwendung oder zum Verkauf genutzt werden können. „Clean Development Mechanism“ (CDM) hingegen ermöglicht es Investoren, in nicht am Kyoto-Protokoll beteiligten Staaten zu investieren und damit ebenfalls zusätzliche Emissionsberechtigungen zu erlangen.[17]

Die Möglichkeiten für Unternehmen, Emissionsberechtigungen zu erhalten, gehen damit über die Anpassung interner Betriebsprozesse zum Zwecke der Emissionsminderung und den Ankauf über den Zertifikatehandel hinaus.

Die Instrumente als solche sollen an dieser Stelle nicht näher diskutiert werden. Allerdings stellen sie zusätzliche Möglichkeiten auch für die Finanzbranche dar, neue Produkte und Geschäftstätigkeiten zu entwickeln[18] und bleiben hier deshalb nicht unerwähnt.

[...]


[1] Vgl. zu CO2-Reduktionsmaßnahmen von BP Victor, D.; House, G. (2006).

[2] Vgl. hierzu Springer, U.; Varilek, M. (2004).

[3] Vgl. zu dieser Thematik Liski, M.; Montero, J.-P. (2006).

[4] Dazu z.B. Ströbele, W. (2005).

[5] Protokoll von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom 11.12.1997, BGBl. 2002 II, S. 966.

[6] Vgl. Busch, T. (2006), S. 259.

[7] Vgl. Schafhausen, F. (2004), S. 243f.

[8] Vgl. Merrill, A.; Jain, V. (2005), S. 47.

[9] Vgl. Lafeld, S.; Hüwener, M.; Sandhövel, A. (2004), S. 43; vgl. hierzu auch Busch, T. (2006), S. 260.

[10] Vgl. Merrill, A.; Jain, V. (2005), S. 47; vgl. hierzu auch Janssen, J. (2000), S. 607.

[11] Vgl. Stern, N. (2006), S. 270.

[12] Vgl. Verf. unbek., EuroHeat&Power (2006), S. 34.

[13] Laut Suchergebnis im zentralen Register CITL, http://ec.europa.eu/environment/ets; vgl. hierzu auch Verf. unbek., EuroHeat&Power (2006), S. 35.

[14] Eigene Grafik; Datenquelle: EEX

[15] Vgl. Rettberg, U. (2006), S. 29.

[16] Vgl. Capoor, K.; Ambrosi, P. (2006), S. 13.

[17] Vgl. Europäische Kommission (Hrsg.) (2006), S. 17ff.

[18] Vgl. Busch, T. (2006), S. 264f.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Effekte des Emissionshandels auf die Finanzmärkte - Chancen, Risiken, Produktinnovationen
Hochschule
Universität Siegen
Note
1,7
Autor
Jahr
2009
Seiten
24
Katalognummer
V153466
ISBN (eBook)
9783640656691
ISBN (Buch)
9783640656745
Dateigröße
420 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Inklusive umfangreichem Literaturverzeichnis
Schlagworte
Emissionshandel, Kyoto, Versicherungsbranche, Finanzmärkte, Hadging, Investment Banking, Cashflow, Emissionhandelssystem, CO2-Handel, CO2-Zertifikate
Arbeit zitieren
Diplom-Wirtschaftsjurist Jonas Lehmann (Autor:in), 2009, Effekte des Emissionshandels auf die Finanzmärkte - Chancen, Risiken, Produktinnovationen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/153466

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